Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 4.April 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Felzmann und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schwab als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl A und einen anderen wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 2, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Karl A und Rudolf B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23.November 1984, GZ 5c Vr 6793/84-51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:
Spruch
1. Die Nichtigkeitsbeschwerde sowie die Berufungen wegen Schuld werden zurückgewiesen.
2. über die Berufungen der Angeklagten Karl A und Rudolf B gegen den Strafausspruch wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
3. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem bekämpften Urteil wurden der 32-jährige Karl A und der 35- jährige Rudolf B des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 2, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach haben sie in der Nacht zum 19.April 1984 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) fremde bewegliche Sachen in einem 100.000 S übersteigenden Wert, nämlich Leder- und Textilwaren im Gesamtwert von rund 350.000 S Verfügungsberechtigten der Firma 'SILVER CORNER' (Peter SAUER) durch Öffnen einer Geschäftseingangstüre mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug, somit durch Eindringen in einen abgeschlossenen Raum, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Rechtliche Beurteilung
Die von den Angeklagten dagegen aus der Z 5, von Karl A auch aus der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden sind teils offenbar unbegründet, zum Teil entbehren sie einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.
1. Zur Beschwerde des Karl A:
Das Erstgericht hat den von diesem Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung gestellten Antrag, die Eigentümerin des Hauses in Wien 23., Breitenfurterstraße 386 als Zeugin zum Beweis dafür zu vernehmen, daß A ihr gegenüber erklärt habe, gegen Herbert C eine Forderung für Warenübergabe zu haben im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen (S 427 f), die Durchführung des begehrten Beweises könne allenfalls ergeben, daß der Beschwerdeführer gegenüber der Zeugin die behauptete öußerung getan habe, nicht aber, daß diese Behauptung auch den Tatsachen entspreche. Abgesehen davon, sei selbst bei Zugrundelegung der vom Erstangeklagten deponierten diesbezüglichen Behauptung für diesen nichts zu gewinnen, weil dahingestellt werden könne, ob die beiden Angeklagten den Herbert C aufforderten und bedrohten, ihnen - wie es C behaupte - Geld zu borgen, oder aber eine Forderung wegen Warenübergabe zu begleichen. Für die vom Gericht festgestellte Tatsache, daß die beiden Angeklagten in Gesellschaft den fraglichen Einbruchsdiebstahl durchgeführt hätten, sei es von keinerlei Bedeutung, ob die beiden Angeklagten allenfalls tatsächlich einen Teil ihrer Diebsbeute an C übergeben hätten.
Der Beschwerde zuwider wird mit dieser Begründung keineswegs ein Akt der antizipierenden Beweiswürdigung gesetzt, sondern unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß das Schöffengericht die Schuldfrage auch bei Unterstellung der Richtigkeit der vom Beschwerdeführer aufgestellten und durch die beantragte Zeugin zu beweisende Behauptung keiner anderen Lösung zugeführt hätte. Unter diesem Aspekt verfiel der Antrag zu Recht der Ablehnung und wurden Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers hiedurch nicht geschmälert (vgl hiezu auch Mayerhofer-Rieder StPO 2 Nr 77 zu § 281 Z 4). Der Mängelrüge (Z 5) des Beschwerdeführers, in der er dem Urteil unzureichende und unvollständige Begründung zum Vorwurf macht, ist zunächst generell zu erwidern, daß es nach der in der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO zitierten Bestimmung des § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht erforderlich ist, im Urteil jeden einzelnen von einem Angeklagten oder Zeugen vorgebrachten Satz einer besonderen Erörterung zu unterziehen und sich mit jedem gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen einer Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im voraus auseinanderzusetzen (vgl Mayerhofer-Rieder aaO Nr 6 ff zu § 281 Z 5).
Im vorliegenden Fall hat das Schöffengericht in freier Würdigung (§ 258 Abs 2 StPO) der Aussage des Zeugen Herbert C Glauben geschenkt (vgl S 413) und konnte hieraus die für den Schuldspruch relevanten tatsächlichen Konstatierungen ableiten, ohne mit den Denkgesetzen oder der forensischen Erfahrung in Widerspruch zu geraten. Hiebei war es nach den eingangs erwähnten Grundsätzen nicht gehalten, sich mit Details der insgesamt für unglaubwürdig erachteten Verantwortung des Beschwerdeführers (vgl S 413) auseinanderzusetzen - so etwa mit dem, was der Angeklagte hinsichtlich eines 'Kurtl WINDISCH' vorbrachte und worüber er sich mit C in der Haft unterhielt. Daß C sich dem Polizeibeamten D anvertraute, weil er sich von B bedroht fühlte, wurde - entgegen der Beschwerde - im Urteil ausdrücklich konstatiert (vgl S 412); desgleichen, daß eine Pistole (richtig: ein Bestandteil einer solchen samt Munition, S 73) in der auch vom Beschwerdeführer benützten Wohnung seines Vaters im dritten Wiener Gemeindebezirk vorgefunden wurde und daß jener behauptete, es handle sich dabei um das Eigentum seines Schwiegersohns Ewald E (vgl S 419 f).
Daß C erst vor dem Untersuchungsrichter (ON 16) behauptet habe, die beiden Angeklagten hätten gemeinsam einen Einbruch durchgeführt, widerspricht den Akten; denn daraus ist zu ersehen (vgl S 69), daß C einen derartigen Hinweis bereits bei seiner polizeilichen Einvernahme am 8.Juni 1984 gegeben hatte.
Daß der Beschwerdeführer den Helmut C während einer gemeinsamen Haftzeit mitgeteilt hatte, er pflege beim Aufbrechen von Zylinderschlössern einen speziell angefertigten Stempel zum Abbrechen der Zylinder zu verwenden (vgl S 59), im gegenständlichen Fall aber das Schloß unbeschädigt blieb, mußte nicht speziell erörtert werden. Betraf doch der bezeichnete modus operandi in der Vergangenheit liegende Vorfälle; im übrigen wurde im Urteil ohnedies zum Ausdruck gebracht (S 417), daß im vorliegenden Fall das Schloß der (unbeschädigt gebliebenen) Glastüre von den Tätern geöffnet worden war und nach der Tat die Türe lediglich klemmte. Letztlich hat das Gericht überdies dem Umstand, daß sich der Beschwerdeführer gegenüber C als 'Spezialist für Zylinderschlösser' bezeichnete, im Rahmen der Beweiswürdigung ersichtlich bloß illustrative Bedeutung beigelegt (vgl S 424 f).
Ob die fragliche Geschäftseingangstür auch schon vor dem Einbruch klemmte, konnte gleichfalls dahingestellt bleiben, weil die Tatrichter die widerrechtliche Öffnung der Tür nicht daraus, sondern aus der Tatsache, ableiteten, daß sie am Abend des 18.April 1984 fest verschlossen worden war (vgl S 425).
Zur Beschwerde des Rudolf B:
Die von diesem Angeklagten in seiner Mängelrüge (Z 5) aufgestellte Behauptung, die tatrichterlichen Annahmen in bezug auf die widerrechtliche Öffnung der Geschäftseingangstür ermangle einer zureichenden Begründung, läßt in prozeßordnungswidriger Weise unberücksichtigt, daß die Zeugin Gabriele F vor der Polizei erklärte (vgl S 81), sie habe die Eingangstür zum Geschäftslokal vorschriftsmäßig abgeschlossen, womit allein schon die bekämpfte Konstatierung hinreichend gedeckt wird. Daß die genannte Zeugin in der Hauptverhandlung deponierte, sie wisse nicht, wie die Täter hineingekommen seien, mußte in diesem Zusammenhang nicht erörtert werden, weil dieses Nichtwissen der von ihr aufgestellten positiven Behauptung, die Tür versperrt zu haben, keinen Abbruch tut. Desgleichen mußte der dem Urteil ersichtlich ohnehin zugrundeliegende (siehe dazu S 407 'unversperrt', S 425 'geöffnet') Umstand, daß die Tür keine Beschädigungen aufwies und daß daran keinerlei Gewalteinwirkung ersichtlich war, nicht besonders betont werden, da es notorisch ist, daß Schlosser und Einbruchspezialisten dies ohne Mühe zuwegebringen.
Das Motiv des Angeklagten B, zu Geld gelangen zu wollen - Bestreitung von Anwaltskosten - ist entgegen der Beschwerde irrelevant, findet aber im übrigen in der vom Erstgericht für glaubhaft befundenen Aussage des Zeugen C volle Deckung (vgl S 321); auch hat sich das Erstgericht mit den Angaben der Zeugin Rosa B - der Mutter des Beschwerdeführers - eingehend auseinandergesetzt und sie insgesamt als bedenklich befunden. Letzterer Umstand machte es entbehrlich, speziell auf ihre Behauptung einzugehen, sie habe ihrem Sohn gegenüber geäußert, er könne jederzeit von ihr Geld erhalten. Der Beschwerde zuwider hat das Erstgericht die Täterschaft des Angeklagten B keineswegs im wesentlichen daraus hergeleitet, daß bei seiner Gattin Diebsgut (Lederröcke) vorgefunden wurden. Vielmehr wurde diese Annahme namentlich auf die Bekundungen des Zeugen Herbert C gestützt (S 419).
Folgt man aber diesem Zeugen, dann ergibt sich daraus unter anderem der denkfolgerichtige Schluß, daß die beiden fraglichen, beim Beschwerdeführer sichergestellten Lederröcke aus dem Diebsgut stammen, und zwar selbst dann, wenn sie keinerlei Signaturen aufgewiesen hätten. Wenn die Beschwerde schließlich zu diesem Punkte vermeint, es widerspräche jeglicher Logik, daß B - als Mittäter - Sachen aus der Beute kaufen müsse, entfernt sie sich vom Urteilssachverhalt. Demnach hat nämlich der Angeklagte B zwei Damenlederröcke seiner Gattin geschenkt (vgl S 408) und wurde seine Verantwortung, er habe diese Röcke vom Erstangeklagten gekauft, als unglaubwürdig erachtet (vgl S 413, 415).
Daß gegen den Zeugen C zunächst ein Verfahren wegen Verdachtes der Hehlerei anhängig war ist aktenkundig und mußte daher im Rahmen der Würdigung der Aussage des Genannten nicht besonders betont werden. Daß er sich dem Polizeibeamten D anvertraute, weil er sich von den beiden Angeklagten, namentlich von B, bedroht fühlte, wurde vom Erstgericht ausdrücklich konstatiert (vgl S 412). Die von ihm in der Hauptverhandlung in diesem Zusammenhang gemachte öußerung, er habe mit seiner Anzeige erreichen wollen, daß der Beschwerdeführer 'hinter Gittern sitze' (S 386) mußte im Rahmen der gedrängten Urteilsbegründung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht speziell gewürdigt werden, zumal sich aus diesem Anzeigemotiv eine Falschbezichtigung umso weniger ableiten läßt, als es offen zugestanden wurde. Alle übrigen Ausführungen des Beschwerdeführers B stellen sich nach Inhalt und Zielsetzung als Versuch dar, die Beweiskraft der Aussage des Zeugen C in Zweifel zu setzen und bedürfen mithin als unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung keiner detaillierten Erwiderung.
Die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten waren nach dem Gesagten sonach teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. Desgleichen auch die Schuldberufungen, weil diese unzulässig sind. über die Berufungen der beiden Angeklagten gegen den Strafausspruch wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung abgesprochen werden.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E05531European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0090OS00051.85.0404.000Dokumentnummer
JJT_19850404_OGH0002_0090OS00051_8500000_000