TE OGH 1985/4/10 3Ob542/85

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Veröffentlicht am 10.04.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Pflegschaftssache des mj. Rene A, geboren am 8.November 1976, infolge Rekurses des Vaters Hans A, Graz, Kärntnerstraße 457/21, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 21.November 1984, GZ 44 R 3623/84-62, womit der Rekurs des Vaters gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 27.Juli 1984, GZ 4 P 598/80-61, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird aufgehoben und diesem die Entscheidung über den Rekurs des Vaters Hans A unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung:

Der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 27.Juli 1984, ON 61, mit dem der Antrag des Vaters Hans A, seine derzeitige Unterhaltsverpflichtung gegen den mj. Rene von monatlich S 1.010 auf monatlich S 700 herabzusetzen, abgewiesen wurde, wurde dem Vater am 31. August 1984 zugestellt.

Am 14.September 1984 gab der Vater, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Graz hat, beim Bezirksgericht für ZRS Graz einen Rekurs gegen diesen Beschluß zu gerichtlichem Protokoll. Das Bezirksgericht für ZRS Graz übermittelte das Protokoll dem Erstgericht, bei dem es am 17.September 1984 einlangte. Das Rekursgericht wies den Rekurs als verspätet zurück. Ein bei einem unzuständigen Gericht zu Protokoll gegebener Rekurs gelte nur dann als rechtzeitig erhoben, wenn er noch innerhalb der Rechtsmittelfrist beim zuständigen Gericht einlange. Im gegenständlichen Fall sei der Rekurs erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist beim Erstgericht eingelangt. Gemäß § 11 Abs 2 AußStrG könne auf verspätete Rekurse nur dann Bedacht genommen werden, wenn sich die Verfügung noch ohne Nachteil eines Dritten ändern lasse. Dies sei hier nicht der Fall, weil der Unterhaltsberechtigte aus dem Beschluß bereits das Recht erlangt habe, Unterhalt in der bisherigen Höhe von seinem Vater zu erhalten. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Rekurs des Vaters.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Gemäß § 520 Abs 1 Satz 1 ZPO müssen zwar Rekurse bei dem Gericht überreicht werden, dessen Beschluß angefochten wird. Daraus folgt aber nicht, daß das im bezirksgerichtlichen Verfahren bestehende Recht, gemäß § 520 Abs 1, Satz 2, ZPO einen Rekurs mündlich zu Protokoll 'anzubringen', ebenfalls nur beim erkennenden Gericht wirksam ausgeübt werden kann. Eine Protokollaranbringung läßt sich nicht unter den Begriff des 'überreichens' einordnen, sondern stellt ein mündliches 'Anbringen' dar. Für diesen Fall enthält das Gesetz keine Bestimmung darüber, bei welchem Gericht dies zu erfolgen habe. Auch beim Wohnsitzgericht kann daher ein Rekurs wirksam zu Protokoll erklärt werden, gleichgültig ob die betreffende Partei Verfahrenshilfe genießt oder nicht; in diesem Fall hängt die Rechtzeitigkeit des Rekurses nur vom Zeitpunkt der Protokollaufnahme und nicht vom Zeitpunkt des Einlangens des Protokolls beim erkennenden Gericht erster Instanz ab (ebenso SZ 21/48, EvBl. 1971/139, Fasching IV 419, sowie erst kürzlich 3 Ob 61/84, in der die gegenteilige Entscheidung EvBl. 1963/33 ausdrücklich und mit ausführlicher Begründung abgelehnt wird).

Der Oberste Gerichtshof tritt daher der vom Rekursgericht vertretenen Rechtsauffassung, daß ein innerhalb der Rechtsmittelfrist beim Wohnsitzgericht zu Protokoll gegebener Rekurs, der erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist beim erkennenden Gericht erster Instanz einlangt, verspätet sei, nicht bei, zumal die hiefür zitierte Entscheidung EFSlg. 42.226 einen Fall der Postaufgabe betraf.

Dem gegen den Zurückweisungsbeschluß erhobenen Rekurs des Vaters war deshalb Folge zu geben, der Beschluß der zweiten Instanz aufzuheben und dieser die Entscheidung über den an sie gerichteten Rekurs unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

Anmerkung

E05108

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00542.85.0410.000

Dokumentnummer

JJT_19850410_OGH0002_0030OB00542_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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