Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Alexander A, geboren am 12.Oktober 1971, und des mj. Martin A, geboren am 23.Dezember 1972, infolge Revisionsrekurses des Vaters Josef B, Kirchgasse 11, 9100 Völkermarkt, vertreten durch Dr. Heinz Walther, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 14.November 1984, GZ 43 R 1393/84-96, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 27.August 1984, GZ 8 P 371/77-91, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht wies den am 6.3.1984 gestellten Antrag des Vaters, die für seine ae. Kinder Alexander und Martin A, geboren am 12. Oktober 1971
bzw. 23.Dezember 1972, mit jeweils monatlich S 1.600,-- festgesetzten Unterhaltsbeiträge ab 1.3.1984 auf jeweils monatlich S 600,-- herabzusetzen, ab.
In teilweiser Stattgebung des Rekurses des Vaters setzte das Rekursgericht die Unterhaltsbeiträge ab 1.4.1984 mit monatlich jeweils S 1.400,-- fest und wies das weitere Herabsetzungsbegehren ab.
Beide Unterinstanzen gingen davon aus, daß der Vater wegen seiner am 17.3.1984 erfolgten Verehelichung mit der in Kärnten wohnhaften und dort eine Stelle als Turnusärztin anstrebenden Dr. Danica B seine mit einem Monatsbezug von netto S 9.618,-- (exclusive Aufwandsentschädigungen etc.) entlohnte Tätigkeit als Beamter der Bundespolizeidirektion Wien am 29.2.1984
freiwillig aufgab und nach Kärnten verzog, in der Folge zwischenzeitig als arbeitslos gemeldet war und - mit Unterbrechung - bis zum 9.6.1984 eine Arbeitslosenunterstützung von monatlich S 4.980,-- erhielt. Die Mutter der beiden bei ihrer Großmutter in Pflege und Erziehung befindlichen unterhaltsberechtigten Kinder ist im Haushalt tätig und einkommenslos. Sie hat ihr weiteres dreijähriges Kind zu betreuen.
Das Erstgericht verwies auf die Bestimmung des § 140 Abs 1 ABGB, zufolge welcher die Eltern nach ihren Kräften zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse der Kinder beizutragen haben, und vertrat die Ansicht, daß der Antragsteller im Sinne der sogenannten 'Anspannungstheorie' verpflichtet sei, alle seine Kenntnisse und Fähigkeiten einzusetzen, um seiner Unterhaltspflicht angemessen nachzukommen. Demgemäß wäre es ihm aber oblegen, sich vor der freiwilligen Aufgabe seines Dienstpostens einen geeigneten anderen Arbeitsplatz und damit den Unterhalt seiner Kinder zu sichern. Es sei daher von einem fiktiven Einkommen in Höhe des letzten Bezuges als Polizeibeamter auszugehen.
Das Rekursgericht pflichtete dem Erstgericht bei, daß vorliegendenfalls die Voraussetzungen für die Anwendung des sogenannten Anspannungsgrundsatzes vorlägen und bei der Unterhaltsbemessung somit von einem fiktiven Einkommen des Antragstellers auszugehen sei. Unter Bedachtnahme auch auf die Sorgepflicht des Antragstellers für seine Ehefrau hielt es die Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge auf jeweils S 1.400,-- monatlich für angemessen.
Die rekursgerichtliche Entscheidung wird in ihrem bestätigenden Teil vom Vater mit einem Revisionsrekurs angefochten, in welchem er insbesondere ausführt, das Rekursgericht habe bei seiner Entscheidung 'einen gesetzlichen Bemessungsgrundsatz (wie die Berücksichtigung der Lebensverhältnisse der Eltern) überhaupt nicht beachtet' und somit gegen einen Grundsatz der Unterhaltsbemessung verstoßen, sodaß das Rechtsmittel zulässig sei. Auch liege hinsichtlich der Annahme des Rekursgerichtes, die Mutter der beiden Kinder sei zu einer Unterhaltsleistung nicht in der Lage und es sei der Unterhaltsbemessung ein fiktives Einkommen in Höhe seines früheren Gehaltes als Polizeibeamter zugrundezulegen, offenbare Gesetzwidrigkeit der Entscheidung vor. Im weiteren verweist der Rekurswerber darauf, daß seine Ehefrau nunmehr in Villach eine Stelle als Turnusärztin bekommen habe und daß er keine Notstandsunterstützung mehr beziehe.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Nach der Bestimmung des § 14 Abs 2 AußStrG ist der Rekurs gegen eine Entscheidung der zweiten Instanz über die Bemessung der gesetzlichen Unterhaltsansprüche unzulässig und schließt diese Bestimmung nach ständiger Rechtsprechung auch einen Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG aus (6 Ob 129/74, 6 Ob 588/78, 4 Ob 557/78 u.a.). Im Sinne der dem Judikat 60 neu (SZ 27/177) folgenden ständigen Rechtsprechung betrifft die Frage der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten - hier, ob er im Sinne seines Herabsetzungsantrages statt bisher jeweils S 1.600 monatlich nur mehr jeweils S 600 monatlich leisten kann - den Bemessungskomplex. Die Beurteilung, ob die von der Bestimmung des § 140 Abs 1 ABGB geforderte Anspannung der Kräfte erfolgt ist oder nicht, bezieht sich ausschließlich auf die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (SZ 53/54; EFSlg 34.994 u.v.a., zuletzt 2 Ob 581/84, 6 Ob 514/85).
Inwieweit die Lebensverhältnisse der Eltern nicht beachtet und solcherart Grundsätze der Unterhaltsbemessung verletzt worden sein sollten, wird im Revisionsrekurs nicht konkretisiert und ist auch nicht erkennbar. Der Bedarf eines Kindes an Nahrung, Kleidung, Wohnung, Schulunterricht usw. richtet sich nach seinem Alter und ist insoweit jedenfalls auch unabhängig von den Lebensverhältnissen der Eltern (vgl. Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 140). Der Revisionsrekurs war somit als unzulässig zurückzuweisen.
Anmerkung
E05442European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00533.85.0416.000Dokumentnummer
JJT_19850416_OGH0002_0020OB00533_8500000_000