TE OGH 1985/4/16 10Os31/85

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Veröffentlicht am 16.04.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.April 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Köhl als Schriftführer, in der Strafsache gegen Erich A wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems/Donau als Schöffengericht vom 7.Februar 1985, GZ. 10 c Vr 912/84-19, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufung wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch seine Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6.Jänner 1944 geborene, zuletzt beschäftigungslose Hilfsarbeiter Erich A des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB schuldig erkannt;

darnach hat er am 7.November 1984 in Krems a.d. Donau eine fremde bewegliche Sache, nämlich 5.100 S Bargeld dem Vinzenz B mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die lediglich auf § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, mit der er unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe dem Erstgericht zunächst zum Vorwurf macht, es habe widersprechende Beweisergebnisse mit Stillschweigen übergangen. Dabei greift der Beschwerdeführer gewisse Divergenzen zwischen den Aussagen der vom Erstgericht als glaubwürdig erachteten 'Belastungs'-Zeugen Vinzenz B und Veronika B heraus und gründet darauf schließlich seine Behauptung, das Gericht hätte bei gehöriger Auseinandersetzung mit 'all diesen Widersprüchlichkeiten' allenfalls zu einer anderen Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugen gelangen können (S. 96).

Rechtliche Beurteilung

Solcherart bringt der Beschwerdeführer aber den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, sondern bekämpft in Wahrheit nur nach Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes, übergeht er doch hiebei, daß dieses ohnehin 'geringfügige Widersprüche' der Zeugenaussagen untereinander in seine Erwägungen miteinbezogen, sie aber nicht für so wesentlich erachtet hat, den Zeugen deshalb den Glauben zu versagen (S. 85). Dabei war das Gericht zufolge seiner Verpflichtung zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO) aber keineswegs gehalten, alle im Beweisverfahren hervorgekommenen Umstände und jeden von den Zeugen vorgebrachten Satz einzeln einer besonderen Erörterung zu unterziehen, sowie sich mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen Einwand im voraus auseinanderzusetzen (vgl. Mayerhofer-Rieder 2 , § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO ENr. 7 und 8 u.a.). Der behaupteten innere Widerspruch, der darin gelegen sein soll, daß das Schöffengericht einerseits die Möglichkeit einer Aussöhnung zwischen dem Zeugen B und dem Angeklagten trotz eines bereits einmal gegen den letzteren bestandenen Diebstahlsverdachts angenommen hat (und damit eine verleumderische Belastung seitens des Zeugen ausschloß), andererseits als belastend ansieht, daß der Angeklagte nach dem hier in Rede stehenden Vorfall von sich nichts mehr hören ließ (also trotz erwiesener Versöhnlichkeit eine Begegnung mit dem Ehepaar B scheute), betrifft keine Tatsachenfeststellung, sondern Erwägungen zur Beweiswürdigung und vermag schon deshalb weder den relevierten noch einen anderen Nichtigkeitsgrund darzutun. Ganz abgesehen davon widersprechen sich überdies die überlegungen des Erstgerichtes in diesem Punkt in Wahrheit gar nicht. Offenbar unbegründet ist der Einwand der Aktenwidrigkeit in Ansehung der (auch) mit der Aussage der Zeugin Veronika B begründeten Feststellung, daß Vinzenz B beim Heuringen in Rohrendorf den gesamten Geldbetrag noch bei sich hatte (S. 86). Zwar kann der Aussage der Zeugin in der Hauptverhandlung eine unmittelbare Wahrnehmung darüber nicht entnommen werden, doch wurde dies vom Schöffengericht auch gar nicht in dieser Form als Begründung angeführt.

Immerhin ergibt sich aus dieser Aussage mittelbar, daß der Zeuge Vinzenz B beim Bezahlen von Zigaretten (S. 71, vgl. auch S. 67) das Fehlen des Geldes noch nicht bemerkt hat, sondern erst zu Hause, nachdem der Angeklagte die Wohnung unter ungewöhnlichen Umständen verlassen hatte (S. 72). Vor allem hat aber die Zeugin bereits vor der Gendarmerie die insoweit eindeutige Aussage ihres Ehemannes sinngemäß bestätigt (S. 14). Da diese in der Anzeige enthaltene Deposition in der Hauptverhandlung verlesen worden ist (S. 76) und damit zur Urteilsgrundlage wurde (§ 258 Abs. 1 StPO), durfte sich das Schöffengericht ohne Verstoß gegen Verfahrensnormen auch darauf stützen.

Damit ist gleichermaßen der weitere Vorwurf entkräftet, daß die oberwähnte, für das angenommene ausschließliche Gelegenheitsverhältnis des Angeklagten wesentliche Feststellung nur scheinbar begründet worden sei, steht doch die insofern gerügte Wendung 'ohne jeglichen Zweifel' (S. 85 unten) in den Urteilsgründen nicht für sich allein, sondern ist im Zusammenhang mit den Einleitungssätzen zur Beweiswürdigung zu lesen, wonach sich das Schöffengericht auf die im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der Eheleute B stützte (S. 84, 85). Die Angaben des Zeugen Vinzenz B sind aber in diesem entscheidenden Punkt derart eindeutig (S. 13 und 67), daß es das Gericht mit dem Hinweis auf dessen Aussage genug sein lassen konnte.

Schließlich releviert der Beschwerdeführer, daß eine dem Zeugen Vinzenz B nach dessen Deposition vor dem Untersuchungsrichter (S. 39 unten) zugekommene Mitteilung noch näher erhoben hätte werden müssen, weil es dabei um ein mit der vom Zeugen geschilderten zeitlichen Abfolge allenfalls unvereinbares (angebliches) Verhalten des Angeklagten nach der Tat gegangen wäre. Auch dieses Vorbringen erweist sich als nicht zielführend.

Eine Unvollständigkeit von Erhebungen kann im Rechtsmittelverfahren gegen Urteile von Kollegialgerichten nur mit dem Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO unter den dort normierten - hier nicht vorliegenden - Voraussetzungen mit Aussicht auf Erfolg gerügt werden. Eine Unvollständigkeit im Sinne der Z. 5 hinwieder ist darin aber hier umsoweniger zu erblicken, als das Gericht unter diesem Aspekt nur verpflichtet ist, wichtige und in der Hauptverhandlung vorgeführte Verfahrensergebnisse zu erörtern, nicht aber gehalten ist, sich mit unsubstantiierten Andeutungen eines Zeugen im Vorverfahren auseinanderzusetzen.

Nach dem Gesagten war mithin die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als offenbar unbegründet schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z. 1 und 2 i.V.m. § 285 a Z. 2 StPO).

über die Berufung des Angeklagten wird in einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs. 3 StPO).

Anmerkung

E05674

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00031.85.0416.000

Dokumentnummer

JJT_19850416_OGH0002_0100OS00031_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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