TE OGH 1985/4/18 7Ob537/85

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Veröffentlicht am 18.04.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Theodor A, Rechtsanwalt, Wien 1., Wiesingerstraße 6, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der prot. Firma Christine E*** Gesellschaft mbH, wider die beklagte Partei B C, reg.Genossenschaft m. b.H., vertreten durch Dr. Johannes Blume und Dr. Reinhard Schäfer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 210.000,- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 14.Dezember 1984, GZ 2 R 238/84-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 27.Juli 1984, GZ 16 Cg 5/84-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.812,05

bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.920,- Barauslagen und S 626,55 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Herta D tätigte im Jahre 1982 bei der beklagten Partei eine Spareinlage über S 200.000,-, über die ein auf ihren Namen lautendes Sparbuch mit dem Losungswort 'Johannes' ausgestellt wurde. Am 2.11.1982 übergab sie das Sparbuch unter Bekanntgabe des Losungswortes dem Kläger. Die beklagte Partei verweigerte die Auszahlung des Sparguthabens an den Kläger, weil auch Herta D Anspruch auf das Guthaben erhebe und zwischen ihr und dem Kläger ein Rechtsstreit über das Sparbuch anhängig sei.

Der Kläger begehrt das Sparguthaben im Betrage von S 210.000,- s.A. Er vertritt den Standpunkt, daß es sich bei dem Sparbuch um ein Inhaberpapier handle, sodaß die beklagte Partei an ihn jedenfalls zu leisten habe und das das Sparbuch betreffende Rechtsverhältnis zwischen ihm und Herta D bedeutungslos sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach seinen Feststellungen langte der Auftrag des Klägers zur Realisierung des Sparbuches bei der beklagten Partei zwischen dem 28.12.1983 und dem 2.1.1984 ein. Am 2.1.1984

wurde der Geschäftsleiter der beklagten Partei telefonisch darüber informiert, daß auch Herta D Ansprüche aus dem Sparbuch stelle. Der Geschäftsleiter ordnete daraufhin an, das Sparbuch nicht zu realisieren. Am 3.1.1984 wies der rechtsfreundliche Vertreter der Herta D dem Geschäftsleiter eine Gleichschrift der von Herta D gegen den Kläger beim Landesgericht für ZRS Wien am gleichen Tage eingebrachten Klage auf Zahlung von S 200.000,- s.A. vor. Diese Klage wurde vom angerufenen Gericht wegen sachlicher Unzuständigkeit in der Folge zurückgewiesen. Am 5.3.1984

brachte Herta D gegen den Kläger beim Handelsgericht Wien eine Klage auf Herausgabe des Sparbuches ein. Das Guthaben auf dem Sparbuch betrug im Zeitpunkt der versuchten Realisierung durch den Kläger mindestens S 210.000,-.

Eine Meldung über den Verlust der Sparurkunde, ein behördliches Verbot oder eine behördliche Sperre waren nicht vorhanden. Auf der Rückseite des Sparbuches ist ein Auszug aus den allgemeinen Bestimmungen für die Einlagen auf Sparbüchern (Sparordnung) Fassung 1976 abgedruckt, dessen Punkt 7) folgenden Wortlaut hat: 'Sollen Rückzahlungen an die Nennung eines Losungswortes oder bei auf Namen lautenden Sparbüchern an die Ausweisleistung und die Unterschrift dessen, auf den das Sparbuch lautet, geknüpft sein, so muß diesbezüglich ein Hinweis auf diese Bedingungen im Sparbuch vorgemerkt werden. Der Inhaber eines solchen Sparbuches hat bei jeder Kapital- oder Zinsenbehebung das Losungswort zu nennen und bei auf Namen lautenden Sparbüchern sich zu legitimieren und seine persönliche Unterschrift zu leisten.' Nach der Rechtsansicht des Erstgerichtes handle es sich bei dem Sparbuch um ein Inhaberpapier. Der Vorbehalt der Angabe eines bestimmten Losungswortes mache ein Sparbuch noch nicht zum Rektapapier. Die Bestimmung des § 18 Abs 8 KWG 1979 sei auf Inhabersparurkunden nicht anzuwenden. Auch sei eine Klage gegen den Inhaber der Sparurkunde kein Grund für eine Auszahlungshemmung im Sinne des § 18 KWG.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab und erklärte die Revision für zulässig. Das Berufungsgericht ordnete das Sparbuch der zweiten im § 18 Abs 1 KWG 1979

genannten Kategorie der Sparbücher zu, die auf eine bestimmte Bezeichnung, insbesondere einen Namen lauten. Bei solchen Sparbüchern sei die Kreditunternehmung gemäß § 18 Abs 8 KWG zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, an jeden Vorleger der Sparurkunde Zahlung zu leisten. Sie könne den Nachweis der materiellen Berechtigung verlangen. Den Papierinhaber treffe somit die Beweislast für sein Recht. Einen solchen Beweis habe der Kläger nicht einmal angetreten. Bei den Bestimmungen des § 18 KWG handle es sich um zwingendes Recht. Davon abgesehen könne aber auch nicht aus Punkt 7) der Sparordnung die Vereinbarung der Schaffung eines Inhaberpapiers entnommen werden.

Die Zulassung der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob ein auf Namen lautendes Sparbuch als Inhaberpapier angesehen werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht hat zu Recht der Beurteilung der Frage, ob die beklagte Partei auf Grund der im Jahre 1982 ausgestellten Sparurkunde eine unbedingte Zahlungspflicht treffe, die Bestimmungen des am 1.3.1979 in Kraft getretenen KWG 1979 zugrundegelegt. Daß die Bestimmungen dieses Gesetzes auch privatrechtlichen Gehalt aufweisen, entspricht der Absicht des Gesetzgebers (844 BlgNR 14.GP 46) und der im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung (Zawischa, Zur Rechtsnatur des Sparbuches nach dem KWG 1979 in BankArch 1983, 205; Avancini, Das Spareinlagengeschäft im Entwurf für ein neues Kreditwesengesetz in Slaik-Fuchs-Schinnerer, Aktuelle Probleme des Kreditwesens 1978, 75). Zutreffend hat auch das Berufungsgericht bereits dargelegt, daß § 18 Abs 1 KWG zwei Typen von Sparurkunden unterscheidet:

Sparurkunden, die auf den Überbringer lauten, und Sparurkunden, die auf eine bestimmte Bezeichnung, insbesondere auf einen Namen lauten. Bei der zuletzt genannten Kategorie ist die Kreditunternehmung nach § 18 Abs 8 KWG, unbeschadet eines vereinbarten Vorbehaltes der Unterschriftsleistung oder eines bestimmten Losungswortes, berechtigt, aber nicht verpflichtet, an jeden Vorleger der Urkunde Zahlung zu leisten, soweit nicht eine Meldung über den Verlust der Sparurkunde, ein behördliches Verbot oder eine behördliche Sperre die Auszahlung hemmt. Eine Sparurkunde dieser Kategorie legitimiert somit nur zugunsten des Schuldners, nicht auch zugunsten des Inhabers der Urkunde, sodaß die Kreditunternehmung keine Prüfungspflicht trifft. Sie kann zwar an den Präsentator der Sparurkunde Zahlung leisten, und diese Leistung wirkt bei Gutgläubigkeit der Kreditunternehmung schuldbefreiend, es trifft die Kreditunternehmung jedoch keine unbedingte Zahlungspflicht. Sie kann vielmehr den Nachweis der materiellen Berechtigung des Inhabers verlangen (Zawischa aaO 206, Avancini aaO 76 f). Im vorliegenden Fall kann es nach dem Inhalt der Sparurkunde nicht zweifelhaft sein, daß sie der zweiten Kategorie zuzuordnen ist. Dem Vorbehalt des Losungswortes kommt für diese Zuordnung keine Bedeutung zu. Ein solcher Vorbehalt könnte auch einem auf Überbringer lautenden Sparbuch beigesetzt werden, und es käme ihm diesfalls nur die Bedeutung eines zusätzlichen Legitimationserfordernisses zu (Avancini aaO; vgl. auch Kastner, Zur Rechtsnatur des Einlagebuches (Sparbuches) nach österreichischem Recht in JBl. 1966 58). Die Frage, inwieweit § 18 KWG dispositives Recht enthält (vgl. Fremuth-Laurer-Pötzelberger, Handkommentar zum KWG Anmerkung 12), ist hiermit nicht zu erörtern, weil sich aus Punkt 7) der Sparordnung, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ohnedies nicht die Vereinbarung einer materiellen Inhaberklausel ableiten läßt. Diese Bestimmung enthält nichts anderes als die Möglichkeit der Vereinbarung von Vorbehalten, wie sie auch § 18 Abs 6 KWG vorsieht. Von dieser Möglichkeit wurde hier durch Vereinbarung eines Losungswortes Gebrauch gemacht, welchem Umstand aber, wie schon oben dargelegt wurde, für die Qualifikation der Sparurkunde im Sinne des § 18 Abs 1 KWG keine Bedeutung zukommt. Die Revisionsausführungen über eine darüber hinausgehende Parteienabsicht entfernen sich vom festgestellten Sachverhalt und sind daher unbeachtlich.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E05500

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00537.85.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19850418_OGH0002_0070OB00537_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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