TE OGH 1985/4/18 7Ob536/85

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Veröffentlicht am 18.04.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Dr. Kurt Walter A, Arzt. Wien 14., Töpfelgasse 16/1/10, vertreten durch Dr. Herbert Grün, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Helga A, Hausfrau, Wien 18., Gentzgasse 38/9, vertreten durch Dr. Otto Philp und Dr. Gottfried Zandl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse (Streitwert S 50.000 s.A.), infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 31.Oktober 1984, GZ 43 R 1006/84-35, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 30.April 1984, GZ 2 F 5/81-27, teilweise abgeändert wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes in der Hauptsache wiederhergestellt und dem Antragsteller aufgetragen wird, der Antragsgegnerin an Verfahrenskosten S 15.000,- binnen 14 Tagen zu ersetzen. Der Antragsteller ist weiters schuldig, der Antragsgegnerin die mit S 4.594,91 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin S 406,81 an Umsatzsteuer) und die mit S 2.460,50 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 223,65 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die am 5.3.1976 geschlossene Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 12.5.1981, 9 Cg 275/80, aus dem Alleinverschulden des Antragstellers geschieden. Die beiden der Ehe entstammenden Kinder, der am 20.6.1976 geborene Christoph und der am 2.2.1979 geborene Stefan, befinden sich in Pflege und Erziehung der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin bewohnt mit den Kindern die 126 m 2 große Ehewohnung in Wien 18, Gentzgasse 39/9, die aus 4 Zimmern und Nebenräumen besteht und bis zur Eheschließung des Antragstellers und der Antragsgegnerin von den Eltern des Antragstellers benützt wurde. Hauptmieter der Ehewohnung ist der Antragsteller; der Hauptmietzins beträgt monatlich S 2.298. Von den Parteien wurde mittels eines Wohnungsverbesserungskredites eine Gasetagenheizung eingebaut. Die Kreditrückzahlungsraten und die Heizungskosten von 5 x jährlich je S 3.000 trägt die Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin ist nicht berufstätig. Sie erhält für sich und die Kinder vom Antragsteller monatlich S 10.000 Unterhalt. Teile der Wohnungseinrichtung stehen im Eigentum des Vaters des Antragstellers. Die Schlafzimmereinrichtung hat die Antragsgegnerin bereits den Eltern des Antragstellers ausgefolgt. Der Vater der Antragsgegnerin zahlte auf ein gemeinsames Konto der Parteien am 31.5.1976 S 100.000 und am 31.1.1977 S 300.000 ein. Bereits am 2.4.1976 hat die Antragsgegnerin von ihm S 100.000 in bar erhalten. Aus ihrem Bausparvertrag erlöste die Antragsgegnerin S 21.000. Mitte 1977 erhielt sie als Abfertigung S 60.000. Der Antragsteller verdiente vom 1.7.1976 bis 31.10.1976 monatlich S 20.000, vom 4.10.1976 bis 31.5.1977 monatlich S 10.000 und ab dem 1.6.1977 wieder monatlich S 20.000. Die Parteien haben ein Grundstück in Wien 21, Schwarzlackenau, um S 275.000, einen Pkw 'Passat' - der der Antragsgegnerin verblieben ist - um S 100.000 und einen Perserteppich, sowie Wertpapiere für die Kinder mit einem Nominale von je S 38.267 und für die Antragsgegnerin von S 95.667 erworben. In der Ehewohnung wurden verschiedene Verbesserungsarbeiten durchgeführt. Als Hochzeitsgeschenk haben die Parteien ein 12-teiliges Tee- und Kaffeeservice Marke Augarten erhalten.

Der Antragsteller, der bei seiner Lebensgefährtin in Brunn am Gebirge wohnt, hat in der im Eigentum seiner Mutter stehenden Wohnung in Wien 14, Töpfelgasse 16, eine ärztliche Praxis eingerichtet, übt diese Praxis jedoch nicht aus.

Der Antragsteller beantragte die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelchen Ersparnisse in der Weise, daß

1.) seine Hälfte an der Liegenschaft in Wien 21, den beiden Kindern übertragen werde, 2.) die eheliche Wohnung der Antragsgegnerin verbleibe, 3.) die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Reihe von Gegenständen, die sich in der Wohnung befänden, insbesondere ein 'Augarten'-Teeservice für 6 Personen, eine Teekanne und eine Kuchenplatte, ausfolge und 4.) der Antragsgegnerin eine Ausgleichszahlung von S 100.000 an den Antragsteller auferlegt werde, damit der Antragsteller sich eine Wohnmöglichkeit beschaffen könne. Die Antragsgegnerin besitze eigenes Vermögen und Wertpapiere von mehr als S 200.000. Der Antragsteller sei unter Berücksichtigung des von ihm zu leistenden Unterhalts nicht in der Lage, für sich eine Wohnmöglichkeit zu beschaffen. Die Ehewohnung, die der Antragsteller in die Ehe mitgebracht habe, sei zum Zeitpunkt der Eheschließung vollständig eingerichtet gewesen. Es sei ein sehr günstiger Hauptmietzins zu entrichten.

Der Wiederbeschaffungswert dieser Wohnung betrage unter Berücksichtigung der von den Parteien während der Ehe getätigten Investitionen S 500.000 abzüglich des Wohnungsverbesserungskredites von S 70.000. Außer der Schlafzimmereinrichtung stehe auch die Einrichtung des Eßzimmers und des Vorzimmers im Eigentum der Eltern des Antragstellers.

Die Antragsgegnerin stimmte der in den Punkten 1 und 2 des Antrages vorgeschlagenen Regelung zu. Sie erklärte sich auch bereit, die Einrichtung des Eßzimmers und eine Kleiderablage aus dem Vorzimmer auszufolgen, nicht jedoch - wie vom Antragsteller begehrt - die Hälfte des 'Augarten-Geschirrs', und lehnte die Leistung einer Ausgleichszahlung ab, da der Antragsteller ohnedies eine Wohnmöglichkeit bei seiner Lebensgefährtin besitze. Die Antragsgegnerin - die im Einvernehmen mit dem Antragsteller infolge der Geburt der Kinder ihren Beruf aufgegeben habe - habe keinerlei Einkünfte. Mit den vom Antragsteller geleisteten Untehaltsbeträgen müsse sie für sich und ihre Kinder sorgen, den Mietzins und die Heizkosten bezahlen und die beiden nun leeren Zimmer einrichten. Aus Anlaß der Eheschließung habe die Antragsgegnerin von ihren Eltern S 500.000 geschenkt erhalten. Es handle sich dabei um keine Mitgift, an der der Antragsteller Rechte hätte erwerben können. Mit diesem Betrag seien das Grundstück in Wien 21, der Pkw, ein Perserteppich, sowie Wertpapiere von S 100.000 angeschafft worden, die die Antragsgegnerin als 'Notgroschen' benötige.

Das Erstgericht stellte den bereits wiedergegebenen Sachverhalt fest und sprach aus, daß 1.) die Antragsgegnerin in die bestehenden Hauptmietrechte des Antragstellers an der Ehewohnung eintrete, 2.) der Hälfteanteil des Antragstellers an der Liegenschaft in Wien 21, den beiden ehelichen Kindern je zur Hälfte in das Eigentum zugewiesen werde und 3.) dem Antragsteller ein 6-teiliges Teeservice der Marke Augarten zugewiesen werde.

Den Antrag des Antragstellers auf Leistung einer Ausgleichszahlung von S 100.000 und auf Aufteilung weiterer Hausratsgegenstände wies das Erstgericht ab (Punkt 4 des Beschlusses).

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, daß im gegenständlichen Verfahren das Verschulden des Antragstellers an der Auflösung der Ehe zu berücksichtigen sei. Es sei unbillig, dem an der Zerstörung der ehelichen Lebensgemeinschaft schuldlosen Teil eine seinen Vorstellungen und Interressen widersprechende Auseinandersetzungsart aufzuzwingen. Bei der Frage der Berechtigung einer Ausgleichszahlung und der Herausgabe weiterer Hausratsgegenstände sei zu berücksichtigen gewesen, daß die Antragsgegnerin kein eigenes Einkommen habe und daß ein beücksichtigungswürdiger Bedarf an Möbeln und Hausrat gegeben sei. Der Antragsgegnerin sei lediglich die Herausgabe eines Teils des 'Augarten-Geschirrs' zumutbar, nicht jedoch auch die Leistung einer Ausgleichszahlung für die Ehewohnung. Als an der Eheauflösung schuldloser Teil habe die Antragsgegnerin, die voll auf die Unterhaltsleistungen des Antragstellers angewiesen sei, Anspruch auf Erhaltung dieser wesentlichen Lebensgrundlage. Die Wertpapiere stellten nur eine geringfügige Aufbesserung der minderen Zuwendungen dar.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß teilweise ab. Es trug der Antragsgegnerin eine Ausgleichszahlung von S 50.000 in monatlichen Raten zu S 700 an den Antragsteller auf und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Das Rekursgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und schloß sich in seiner rechtlichen Beurteilung der Ansicht an, der Umstand, daß ein Teil an der Auflösung der Ehe allein schuldig sei, könne nicht ohne jede Bedeutung für die Aufteilung sein. Es müsse vermieden werden,daß der völlig schuldlose Teil infolge der durch das ehewidrige Verhalten des anderen Teils ausgelösten Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens in unzumutbare wirtschaftliche Schwierigkeiten komme. Bei Beurteilung der Frage, ob und in welcher Höhe der Antragsgegnerin eine Ausgleichszahlung einerseits für die überlassung der Ehewohnung an sie, andererseits für die Beschaffung einer neuen Wohnung durch den Antragsteller zuzumuten sei, müsse berücksichtigt werden, daß es nicht der Billigkeit entsprechen würde, wenn die Antragsgegnerin eine Ausgleichszahlung an den Antragsteller aus den Unterhaltsleistungen des Anstragstellers entrichten müßte. werde aber auch der Antragsgegnerin zugestanden, daß sie die in ihrem Eigentum stehenden Wertpapiere als Notgroschen behalten wolle, sei doch nicht zu übersehen, daß diese Wertpapiere einen gewissen Zinsenertrag abwerfen und die Antragsgegnerin Hälfteeigentümerin der Liegenschaft in Wien 21 sei. Die Auferlegung einer Ausgleichszahlung von S 50.000 in monatlichen Raten von S 700 - dieser Betrag übersteige kaum den Zinsenertrag der Wertpapiere - erscheine deshalb zum Wertausgleich für die überlassung der Ehewohnung angemessen. Bei den festgelegten Zahlungsmodalitäten komme die ausgleichspflichtige, an der Ehescheidung schuldlose Antragsgegnerin nicht in unzumutbare Bedrängnis.

Die Antragsgegnerin bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes, soweit ihr damit eine Ausgleichszahlung von S 50.000 auferlegt wird, mit Rekurs und beantragt, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Antrag auf Leistung dieser Zahlung abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Antragsteller beantragt in der von ihm erstatteten Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Die Antragsgegnerin macht geltend, sie habe bereits eine 'übergroße' Anzahl von Hausratsgegenständen, nämlich die Einrichtung des Eßzimmers und des Schlafzimmers sowie die Kleiderablage im Vorzimmer, herausgegeben. überdies sei dem Antragsteller ein Teil des 'Augarten-Geschirrs' zugewiesen worden, obwohl er in einen eingerichteten Haushalt komme, da er bei seiner neuen Lebensgefährtin wohne. Die Unterhaltszahlungen des Antragstellers reichten kaum für die dringendsten Bedürfnisse der Antragsgegnerin und der beiden Kinder, zumal die Antragsgegnerin, solange dies nur möglich sei, die Kinder selbst erziehen und keinen Beruf ergreifen wolle. Die Antragsgegnerin sei bereits genötigt gewesen, für besondere Aufwendungen wie Schikurse, Erholungsaufenthalte und die notwendige Erneuerung der Wohnungseinrichtung ihre Ersparnisse (Wertpapiere) anzugreifen, sodaß diese nur mehr einen Nominalwert von S 66.000 besäßen. Dadurch stimme auch die Zinsenrechnung des Rekursgerichtes immer weniger. Durch die auferlegte Ausgleichszahlung komme die Antragsgegnerin, obwohl sie an der Auflösung der Ehe kein Verschulden treffe, in unzumutbare wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die Verpflichtung zu einer Ausgleichszahlung entspreche daher nicht der Billigkeit. Dazu komme, daß zwar der Antragsteller die Hauptmietrechte an der Ehewohnung auf die Antragsgegnerin übertragen habe, doch sei auch die Quartierfrage des Antragstellers geklärt, da er bei seiner Lebensgefährtin wohne und überdies als der wirtschaftlich wesentlich stärkere Teil jederzeit in der Lage wäre, sich eine Ersatzwohnung zu beschaffen. Die Ehewohnung habe im übrigen als Hauptmietwohnung keinen 'käuflichen' Wert, der sich mit S 50.000 festlegen ließe. Der Oberste Gerichtshof schließt sich diesen Ausführungen der Antragsgegnerin im Ergebnis an.

Der Antragsteller begehrt die Leistung einer Ausgleichszahlung durch die Antragsgegnerin, um sich eine Wohnmöglichkeit beschaffen zu können. Er trägt damit der Ansicht Rechnung, daß der Betrag von S 500.000 allein der Antragsgegnerin von ihrem Vater geschenkt wurde, sodaß dieser Betrag, bzw. die hiemit angeschafften Sachen (Liegenschaft in Wien 21, Pkw, Wertpapiere) gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG nicht der Aufteilung unterliegen (Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 10 zu §§ 81, 82 EheG).

Keine weitere Berücksichtigung kann es - entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung - bei der Beurteilung der Frage, ob der Antragsgegnerin zum Ausgleich für die Zuweisung der Ehewohnung gemäß § 94 Abs 1 EheG eine billige Ausgleichszahlung an den Antragsteller aufzuerlegen ist, allerdings finden, daß die Antragsgegnerin die Einrichtung des Eßzimmers und des Schlafzimmers sowie die Vorzimmerwand an die Eltern des Antragstellers ausgefolgt hat. Denn nach den Verfahrensergebnissen waren diese und nicht die Parteien Eigentümer der angeführten Teile des ehelichen Gebrauchsvermögens.

Das Eigentum eines Dritten am Gebrauchsvermögen schließt aber seine Zuteilung als Eigentum an einen der Ehegatten aus. Auch die übertragung von Rechten daran kann nur mit Zustimmung des Dritten erfolgen (Pichler aaO, Rdz 4 zu § 86 EheG; Schwind, EheG 2 , 308). Nach den Verfahrensergebnissen haben aber die Eltern des Antragstellers die in ihrem Eigentum stehenden, den Parteien nur vorläufig zum Gebrauch überlassenen Einrichtungsgegenstände nach der Scheidung der Ehe zurückverlangt.

Der Antragsgegnerin kann bei der Beurteilung der Frage der Auferlegung einer Ausgleichszahlung auch nicht zugute gehalten werden,daß die Hälfte des vorhandenen 'Augarten-Geschirrs' dem Antragsteller zugewiesen wurde. Dieses Geschirr war nach den Verfahrensergebnissen ein Hochzeitsgeschenk an beide Parteien. Seine Aufteilung war durchaus tunlich und kann nicht als Leistung eines Ausgleichs für die Zuweisung einer anderen Sache angesehen werden (vgl. SZ 54/79).

Der Aufteilungsgrundsatz ist der der Billigkeit nach den in § 83 EheG beispielsweise aufgezählten Kriterien. Das Verschulden an der Ehescheidung wird unter den bei der Aufteilung zu berücksichtigenden Gründen nicht erwähnt.

Dies bedeutet nicht, daß die Ursachen der Eheauflösung für die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse jegliche Bedeutung verloren hätte (SZ 55/26). Das Verschulden an der Auflösung der Ehe kann dann ein Kriterium für die Billigkeitsentscheidung nach § 83 EheG darstellen, wenn es für die vermögensrechtliche Entwicklung während der Ehe im weitesten Sinn bedeutsam war, z.B. Verschwendungssucht, eine kostenverursachende Vernachlässigung der Kindererziehung oder der Haushaltsführung oder die Setzung von Scheidungsgründen in der Absicht, bei der Aufteilung gerade jetzt besonders gut abzuschneiden (Pichler aaO, Rdz 1 zu §§ 83, 84 EheG, 7 Ob 515/84). Im übrigen aber kann der Verschuldensentscheidung nur eine untegeordnete Bedeutung zukommen. Der Gesetzgeber wollte die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nicht zu einem Instrument der Bestrafung oder Belohnung für ehegerechtes oder ehewidriges Verhalten machen (EvBl 1981/49, SZ 55/45).

Die Antragsgegnerin kann deshalb das Begehren des Antragstellers nach einer Ausgleichszahlung nicht mit dem Hinweis abwehren, es treffe sie an der Scheidung kein Verschulden, und ebensowenig mit der Behauptung, der Antragsteller besitze ohnedies eine Wohnmöglichkeit bei seiner Lebensgefährtin und sei überdies finanziell jederzeit in der Lage, sich eine Wohnung zu beschaffen. Denn selbst der Umstand, daß sich der geschiedene Ehegatte inzwischen bereits eine andere Wohnung verschafft hat, kann grundsätzlich nicht von der Leistung einer angemessenen Ausgleichszahlung für die Zuweisung der Ehewohnung befreien (7 Ob 794/82).

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist jedoch bei Festsetzung einer Ausgleichszahlung im Sinne des § 94 Abs 1 EheG darauf Rücksicht zu nehmen, daß nach dem konkreten Stand der beiderseitigen Lebensverhältnisse die wirtschaftliche Grundlage der nunmehr getrennten Lebensführung für beide Teile, soweit dies möglich ist, gesichert bleibt. Jede Ausgleichszahlung eines vormaligen Ehegatten, die diesen selbst in seiner neuen wirtschaftlichen Lage nicht wohl bestehen ließe, widerspräche der nach § 94 Abs 1 EheG zu beachtenden Billigkeit (6 Ob 702/81, 7 Ob 667/83 u.v.a.).

Bei der Beurteilung der Frage der Billigkeit der Leistung einer Ausgleichszahlung durch die Antragsgegnerin ist es deshalb von wesentlicher Bedeutung, daß der Antragsgegnerin eine Erwerbstätigkeit der Kinder wegen nicht zugemutet werden kann, sodaß sie nur über geringe Einkünfte - die vom Antragsteller an sie und die Kinder zu leistenden Unterhaltszahlungen -

verfügt. Bei den - noch - vorhandenen Wertpapieren der Antragsgegnerin handelt es sich, wie bereits ausgeführt wurde, nicht um Sachen, die der Aufteilung unterliegen. Es wäre daher nicht gerechtfertigt, die Billigkeit einer Ausgleichszahlung auf der Grundlage dieser Papiere zu bejahen. Dies umsoweniger, als der Antragsteller dadurch einen Vorteil aus der Ehe erlangt hat, daß er aus dem der Antragsgegnerin von ihren Eltern geschenkten Geldbetrag die Hälfte der Liegenschaft in der Schwarzlackenau erhalten hat und diese Hälfte mit Zustimmung der Antragsgegnerin auf die beiden Kinder übertragen wurden und damit aus dem Vermögen der Antragsgegnerin ausgeschieden ist (die dem Antragsteller von der Antragsgegnerin offensichtlich geschenkte Liegenschaftshälfte unterlag gemäß § 82 EheG der Aufteilung - EFSlg 38.862). Auch mit Rücksicht auf diesen Umstand, vor allem aber bei Bedachtnahme darauf, daß die Unterhaltszahlungen des Antragstellers die wesentliche Lebensgrundlage der Antragsgegnerin und der Kinder der Parteien bilden, wäre es unbillig, einen Teil dieser Einkünfte zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages an den Antragsteller heranzuziehen, da in diesem Fall die wirtschaftliche Grundlage der Lebensführung der Antragsgegnerin nicht mehr als gesichert angesehen werden könnte. Nicht übersehen werden darf auch, daß die ehemalige Ehewohnung nunmehr dem Wohnbedarf nicht nur der Antragsgegnerin, sondern auch jenem der Kinder dient.

Der Revisionsrekurs erweist sich damit als berechtigt, sodaß in Abänderung des angefochtenen Beschlusses die Entscheidung des Erstgerichtes in der Hauptsache wiederherzustellen war. Zufolge Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes in der Hauptsache erweist es sich als notwendig, auf den Kostenrekurs der Antragsgegnerin ON 28 einzugehen. Das Rekursgericht hatte auf Grund seiner Sachentscheidung keine Veranlassung, über diesen Rekurs zu entscheiden. Da jedoch der Oberste Gerichtshof die erstinstanzliche Entscheidung wiederhergestellt hat, hat er auch über den Kostenrekurs zu entscheiden (Fasching II 354, 7 Ob 657/84 ua). Die Antragsgegnerin macht in ihrem Rekurs gegen die Kostenentscheidung des Erstgerichtes, in der die Verfahrenskosten gegenseitig aufgehoben wurden, geltend, sie sei in der Frage der Leistung einer Ausgleichszahlung, die einen wesentlichen Streitpunkt gebildet habe, erfolgreich gewesen; überdies sei der Antragsteller zufolge seines Berufes leichter imstande, für die Kosten des Verfahrens aufzukommen. Sie beantragt, dem Antragsteller den Ersatz der gesamten von ihr verzeichneten Kosten aufzuerlegen. Da im wesentlichen im Verfahren erster Instanz nur mehr die Frage der geklagten Ausgleichszahlung von S 100.000 strittig war, entspricht der Zuspruch eines Kostenbetrages von S 15.000 an die Antragsgegnerin der Billigkeit (§ 234 AußStrG), bei dessen Berechnung von einer Bemessungsgrundlage von S 100.000 ausgegangen wird. Für das Verfahren zweiter Instanz waren der Klägerin Kosten für ihren Rekurs (ON 29) auf der Basis des ersiegten Kostenbetrages (S 1.440,96) und für ihre Rekursbeantwortung (ON 33) bei einer Kostenbemessungsgrundlage von S 100.000 (S 3.153,95) insgesamt daher S 4.594,91 (hievon Umsatzsteuer S 406,81) zuzusprechen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens erfolgte nach § 234 AußStrG.

Anmerkung

E05783

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00536.85.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19850418_OGH0002_0070OB00536_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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