Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Kuderna, Dr.Resch und Dr.Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien Heinrich und Hedwig A, Unternehmer und Prokuristin, beide Mattighofen, Schloßbauerweg 3, und vertreten durch Dr.Walter Ratt, Rechtsanwalt in Mauerkirchen, wider die beklagten Parteien Heinz und Renate B, Angestellter und Hausfrau, beide Schalchen, Landstraße Nr. 17, und vertreten durch Dr.Manfred Lirk, Rechtsanwalt in Braunau am Inn, wegen 2.460 S und Räumung, infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgerichtes vom 27. November 1984, GZ R 353/84-12, womit der Beschluß des Arbeitsgerichtes Braunau am Inn vom 14.August 1984, richtig 27.Juli 1984, GZ Cr 36/84-7, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Klägern zur ungeteilten Hand die mit 2.948,18 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (davon 257,20 S Umsatzsteuer und 120 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Begründung:
Der Erstbeklagte war zunächst bei der Firma A Heiz- und Kochgeräte in Mauerkirchen (kurz: Firma A) angestellt, deren Inhaber der Erstkläger ist. Ab 2.Jänner 1980 war er als Verkaufsleiter bei der A, Heiz- und Kochgeräte Gesellschaft m.b.H. (kurz: A GesmbH) beschäftigt, die ihren Sitz in Simbach/Inn (Bundesrepublik Deutschland) hat. Gesellschafter dieses ausländischen Unternehmens sind die beiden Kläger. Das Dienstverhältnis des Erstbeklagten zur A GesmbH wurde zum 26.April 1984 beendet. Die beiden Beklagten bewohnen in dem den Klägern je zur Hälfte gehörenden Haus Schalchen, Landstraße Nr. 17 eine Wohnung. Zwischen den Parteien ist strittig, ob die Wohnung als Mietwohnung oder als Naturalwohnung zur Verfügung gestellt wurde und ob die Zurverfügungstellung im Zusammenhang mit dem früheren inländischen Dienstverhältnis zur Firma A oder dem späteren ausländischen Dienstverhältnis zur A GesmbH erfolgte. Das zunächst angerufene Bezirksgericht Mattighofen überwies die auf Räumung der Wohnung und Zahlung offener Betriebskosten von 2.460 S
s. A gerichtete Klage über Einrede der sachlichen Unzuständigkeit durch die Beklagten an das Arbeitsgericht Braunau.
Vor diesem Erstgericht wendeten die Beklagten das Fehlen der inländischen Gerichtsbarkeit mit der Behauptung ein, die Dienstgeberin des Erstbeklagten habe ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, wo auch der Lohn bezahlt worden sei. Das Erstgericht wies die Klage wegen Fehlens der inländischen Gerichtsbarkeit zurück und erklärte das bisherige Verfahren für nichtig. Da keiner der im § 3 ArbGG aufgezählten Anknüpfungspunkte vorliege, sei kein österreichiches Arbeitsgericht örtlich zuständig und damit auch die inländische Gerichtsbarkeit nicht gegeben. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Kläger Folge, verwarf die von den Beklagten erhobene Einrede der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit und sprach aus, daß der vom Rekurs betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes 2.000 S übersteigt. Die zweite Instanz war der Ansicht, daß bei der Prüfung des Bestehens der inländischen Gerichtsbarkeit nicht nur von den Angaben in der Klage auszugehen, sondern der gesamte, im Zeitpunkte der Entscheidung bekannte Sachverhalt zugrundezulegen sei. Der Erstbeklagte habe selbst vorgebracht, die Wohnung bereits vor Beginn des Dienstverhältnisses zur (ausländischen) A GesmbH gemietet zu haben. Für die Beurteilung der Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes sei daher jenes Dienstverhältnis heranzuziehen, das im Zeitpunkte der überlassung der Wohnung bestanden habe.
Danach sei aber gemäß § 3 ArbGG das Arbeitsgericht Braunau örtlich zuständig, da der Erstkläger (als ursprünglicher Arbeitgeber) seinen Wohnsitz im Sprengel dieses Gerichtes habe.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs der Beklagten ist nicht berechtigt.
Die Revisionsrekurswerber bestreiten einen Zusammenhang zwischen der Benützung der Wohnung und dem früheren inländischen Dienstverhältnis des Erstbeklagten zur Firma A, weil er zuletzt Dienstnehmer eines ausländischen Unternehmens (A GesmbH) gewesen sei, sodaß auch die die Wohnung betreffenden Rechtsbeziehungen auf dieses Unternehmen übergegangen seien.
Für die Beurteilung der inländischen Gerichtsbarkeit ist diese Frage nicht entscheidend. Wohl begründet selbst bei einem ausländischen Arbeitsverhältnis das Vorhandensein eines örtlichen Zuständigkeitstatbestandes nach § 3 ArbGG zugleich die sachliche Zuständigkeit der österreichischen Arbeitsgerichte und damit die inländische Gerichtsbarkeit (Arb. 9.724). Daraus ist aber nicht der Umkehrschluß zu ziehen, daß beim Fehlen eines örtlichen Zuständigkeitstatbestandes nach § 3 ArbGG die inländische Gerichtsbarkeit stets zu verneinen sei. Dann muß vielmehr beim ordentlichen Gericht geklagt werden, sofern nur überhaupt ein Gerichtsstand nach der Jurisdiktionsnorm und damit (oder sonst) die inländische Gerichtsbarkeit vorliegt (SZ 47/101 mwN). Es ist daher - unabhängig davon, daß die gegenständliche Rechtssache, was die sachliche Zuständigkeit betrifft, bindend (vgl. zum Umfang der Bindung SZ 47/101, Arb. 9.766) einem Arbeitsgericht überwiesen wurde - zu prüfen, ob - auch außerhalb der im § 3 ArbGG normierten Zuständigkeitstatbestände - zufolge eines durch die inländische Verfahrensordnung anerkannten Anknüpfungspunktes an das Inland die österreichische inländische Gerichtsbarkeit besteht (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht, RZ 76). Diese Voraussetzung ist aber hier schon deshalb gegeben, weil die Beklagten im Sprengel des Erstgerichtes wohnen und damit ihren allgemeinen Gerichtsstand (§ 66 JN) im Inland haben. Zudem kommt der nicht auf Bestandsstreitigkeiten (§ 83 JN) beschränkte Wahlgerichtsstand der gelegenen Sache nach § 91 Abs 3 JN, der durch die C 1983 geschaffen wurde, in Betracht.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.
Anmerkung
E05468European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00046.85.0423.000Dokumentnummer
JJT_19850423_OGH0002_0040OB00046_8500000_000