TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/21 2002/06/0133

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.06.2005
beobachten
merken

Index

L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Tir 2001 §36 Abs4;
BauO Tir 2001 §36;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde 1. der MP und 2. des Dr. FP, beide in X, beide vertreten durch Dr. Lukas Purtscher, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 42/II (Servitenkloster), gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 8. Juli 2002, Zl. II-AL- 00033e/2002, betreffend Benützungsbewilligung nach der Tiroler Bauordnung 2001 (mitbeteiligte Partei: K Ges.m.b.H. in X), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Stadtmagistrates X vom 27. Dezember 2001 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 36 der Tiroler Bauordnung 2001 die Benützungsbewilligung für die mit Bescheiden vom 20. Dezember 1999, vom 15. Mai 2000 und vom 25. Oktober 2000 genehmigte Wohnanlage in X erteilt. Die Beschwerdeführer stellten mit Schreiben vom 18. Februar 2002 den Antrag, ihnen diesen Bescheid zur Wahrung ihrer Parteienrechte zuzustellen. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Stadtmagistrates X vom 22. März 2002 gemäß § 8 AVG i.V.m. § 36 der Tiroler Bauordnung 2001 mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in welcher sie ausführten, dass die Baubehörde erster Instanz die privatrechtliche Vorfrage, ob für das gegenständliche Bauvorhaben eine Zufahrt bestehe und ob der Art und Weise, wie gebaut worden sei, privatrechtliche Vereinbarungen entgegenstünden, unrichtig gelöst habe. Auch gegen den Bescheid vom 27. Dezember 2001 erhoben die Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Juli 2002 wurden die Berufungen der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und die Bescheide der Behörde erster Instanz vollinhaltlich bestätigt. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Erteilung der Benützungsbewilligung noch nicht bedeute, dass nicht festgestellte Konsenswidrigkeiten als geheilt anzusehen wären. Aus einer Benützungsbewilligung könne kein anderes Recht als das auf Benützung abgeleitet werden. Eine konsenswidrige Nutzung von Räumlichkeiten werde auch durch jahrzehntelange Dauer dieser Benützung nicht vom Konsens erfasst. Im Verfahren über die Benützungsbewilligung komme den Nachbarn keine Parteistellung zu. Auch hätten die Nachbarn keinerlei Anspruch auf Belassung eines der Bauordnung oder dem Konsens nicht entsprechenden Zustandes.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 36 der Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94,

lautet:

"§ 36

Benützungsbewilligung

(1) Gebäude, die öffentlichen Zwecken dienen, betrieblich genutzte Gebäude, für die eine gewerbliche Betriebsanlagengenehmigung nicht erforderlich ist, und Wohnanlagen dürfen in den Fällen des § 20 Abs. 1 lit. a und b erst aufgrund einer Benützungsbewilligung benützt werden. Dies gilt auch für Gebäudeteile, die einer entsprechenden Verwendung zugeführt werden. Einer Benützungsbewilligung bedürfen solche Gebäude oder Gebäudeteile auch dann, wenn die Baubewilligung für sie aufgrund früherer baurechtlicher Vorschriften erteilt wurde.

(2) Der Eigentümer des Gebäudes hat gleichzeitig mit der Anzeige über die Bauvollendung bei der Behörde schriftlich um die Erteilung der Benützungsbewilligung anzusuchen. Die Benützungsbewilligung kann auch hinsichtlich in sich abgeschlossener Teile eines Gebäudes beantragt werden (Teilbenützungsbewilligung).

(3) Die Behörde hat die Benützungsbewilligung innerhalb von drei Monaten nach dem Einlangen des Ansuchens zu erteilen, wenn das betreffende Gebäude entsprechend der Baubewilligung und den bautechnischen Erfordernissen ausgeführt wurde und die Voraussetzungen nach § 35 Abs. 2 erfüllt sind. Liegen nur unwesentliche Baumängel vor oder sind zur Vollendung des Gebäudes nur noch geringfügige Bauarbeiten erforderlich, so kann die Benützungsbewilligung mit entsprechenden Auflagen oder unter entsprechenden Bedingungen erteilt werden. Eine Teilbenützungsbewilligung ist erforderlichenfalls mit Auflagen oder unter Bedingungen im Sinne des § 29 Abs. 1 zweiter Satz zu erteilen.

(4) Wurde das betreffende Gebäude abweichend von der Baubewilligung ausgeführt und stellt diese Abweichung eine Änderung des Gebäudes dar, zu deren selbstständigen Vornahme eine Baubewilligung nicht erforderlich wäre, so kann diese Änderung gleichzeitig mit der Erteilung der Benützungsbewilligung bewilligt werden. Bei sonstigen Abweichungen von der Baubewilligung hat die Behörde die Benützungsbewilligung zu versagen und gleichzeitig eine angemessene Frist festzulegen, innerhalb der nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung für die Änderung des Gebäudes anzusuchen ist. Verstreicht diese Frist ungenützt oder wird die Baubewilligung versagt, so hat die Behörde dem Eigentümer des Gebäudes dessen Beseitigung aufzutragen. Auf sein begründetes Verlangen kann ihm jedoch statt dessen die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes aufgetragen werden.

(5) Liegen wesentliche Baumängel vor, so hat die Behörde die Benützungsbewilligung zu versagen und gleichzeitig eine angemessene Frist für die Behebung dieser Mängel festzulegen. Werden die Mängel innerhalb dieser Frist nicht vollständig behoben, so hat die Behörde dem Eigentümer des Gebäudes dessen Beseitigung aufzutragen."

Die Beschwerdeführer wiederholen ihr bereits im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen, dass für das gegenständliche Bauvorhaben in ihrer Nachbarschaft, für welches eine Benützungsbewilligung erteilt worden sei, nach ihrer Auffassung keine ausreichende Zufahrt bestehe und dass dieses Bauvorhaben dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan widerspreche.

Mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Nach den Baurechtsvorschriften und der hg. Rechtsprechung (vgl. die Erkenntnisse vom 13. September 1983, Zl. 05/0203/80, BauSlg. Nr. 86, vom 24. September 1992, Zl. 91/06/0233, vom 30. Juni 1994, Zl. 93/06/0029, BauSlg. Nr. 154, und vom 23. Jänner 1997, Zl. 96/06/0274) kommt dem Nachbarn im Benützungsbewilligungsverfahren keine Parteistellung zu, es sei denn, es wäre in Wahrheit auch eine Baubewilligung erteilt worden, die ein Nachbarrecht beeinträchtigen kann. Diese Beurteilung trifft auch für das vorliegende Verfahren zur Erteilung der Benützungsbewilligung gemäß § 36 der Tiroler Bauordnung 2001 zu, weil auch durch die Benützungsbewilligung nach dieser Gesetzesstelle ein bewilligungswidriger Zustand nicht saniert wurde und daraus kein Recht auf die Belassung eines der Bauordnung oder dem Baukonsens nicht entsprechenden Zustandes abgeleitet werden kann, zumal auch ein Ausspruch nach § 36 Abs. 4 TBO 2001 nicht erfolgt ist. Die gegenständliche Benützungsbewilligung stellte keine Abänderung des Baubewilligungsbescheides dar und bewirkte keine Abänderung des Bauvorhabens in einem Bereich, durch welche in Rechte der Beschwerdeführer als Nachbarn eingegriffen worden wäre. Auch den Beschwerdeführern allenfalls gegenüber der Mitbeteiligten zustehende privatrechtliche Ansprüche wurden durch die Erteilung der Benützungsbewilligung nicht verändert.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. Nr. 333.

Wien, am 21. Juni 2005

Schlagworte

Baurecht Nachbar Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002060133.X00

Im RIS seit

01.08.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten