Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl und Dr. Kuderna sowie die Beisitzer Hermann Peter und Dr. Dollinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Artur A, Hilfsarbeiter, zuletzt Voitsberg, Erzherzog-Johann-Straße 27, vertreten durch Dr. Wolfgang Bader, Referent der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark in Graz, Hans-Resel-Gasse 8-10, wider die beklagte Partei Erich B, Gartenbaumeister in Voitsberg, Grazerstraße 26, vertreten durch Dr. Harold Schmid, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 77.229,75 brutto s.A. (Revisionsstreitwert S 67.202,75) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 31. Jänner 1984, GZ 2 Cg 2/84-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Voitsberg vom 6. April 1983, GZ Cr 45/82-9, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der seit dem Frühjahr 1981 beim Beklagten als Gartenarbeiter beschäftigte Kläger wurde Ende Juli 1981 in den Wahlvorstand zur Vorbereitung und Durchführung einer Betriebsratswahl in diesem Betrieb gewählt. Am 7.August 1981 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers unter Verzicht auf dessen weitere Arbeitsleistung zum 13.August 1981 auf.
Der Kläger verlangt vom Beklagten die Zahlung von S 77.229,75 brutto sA.
Die Kündigung vom 7.August 1981 sei ohne Zustimmung des Einigungsamtes ausgesprochen worden und deshalb rechtsunwirksam gewesen. Im Verfahren Cr 30/81 des Arbeitsgerichtes Voitsberg habe das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht mit Urteil vom 9.September 1982
rechtskräftig festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers zum Beklagten über den 13.August 1981 hinaus aufrecht fortbestehe. Obgleich der Kläger mehrfach seine Arbeitsbereitschaft bekundet habe, habe der Beklagte eine solche Weiterbeschäftigung ebenso abgelehnt wie die Fortzahlung des vereinbarten Arbeitslohnes. Der Kläger selbst habe schließlich das Arbeitsverhältnis am 3.November 1982 unter Einhaltung der kollektivvertraglichen Kündigungsfrist aufgekündigt. Seine Entgeltforderung für die Zeit vom 1.September 1981 bis 31.März 1982 (einschließlich der anteiligen Sonderzahlungen) belaufe sich auf S 62.149,75; außerdem habe er Anspruch auf eine Urlaubsentschädigung von S 15.080,--. Der Beklagte hat das Klagebegehren nur dem Grunde nach bestritten.Der Kläger habe schon am 18.August 1981 um Gewährung des Arbeitslosengeldes angesucht und damit zu erkennen gegeben, daß auch er das Arbeitsverhältnis als aufgelöst betrachte. Davon abgesehen, sei der Saisonbetrieb des Beklagten am 20.Oktober 1981 'aus Witterungsgründen bzw. Auftragslage' eingestellt worden. Das Erstgericht verurteilte den Beklagten - insoweit rechtskräftig - zur Zahlung von S 10.027,-- brutto sA. und wies das Mehrbegehren von S 67.202,75
brutto sA. ab. Da der Beklagte dem Kläger gegenüber wiederholt erklärt habe, daß er auf weitere Arbeitsleistungen in seinem Betrieb verzichte, habe sich der Kläger als mit Ablauf der Schutzfrist des § 120 Abs 4 Z 2 ArbVG schlüssig (§ 863 ABGB) gekündigt zu betrachten. Sein restlicher Lohnanspruch bis zum Ende der Kündigungsfrist am 2. Oktober 1981 betrage S 10.027,-- brutto;
darüber hinaus habe er vom Beklagten nichts mehr zu fordern. Das Urteil des Erstgerichtes wurde in seinem abweisenden Teil vom Kläger mit Berufung angefochten. Im Berufungsverfahren brachte der Beklagte neu vor, er habe im Oktober 1981 einigen Arbeitnehmern zugleich mit dem Ausspruch ihrer Kündigung den Auftrag erteilt, dem Kläger auszurichten, daß diese Kündigung 'wegen Betriebssperre zum 20. Oktober 1982' (richtig: 20.Oktober 1981) auch für ihn gelte. Das Berufungsgericht gab dem Zahlungsbegehren des Klägers im vollen Umfang statt. Es führte die Verhandlung gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG von neuem durch und nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
Der Kläger hatte sich noch vor Ablauf der Kündigungsfrist im August 1981
arbeitsbereit erklärt; der Beklagte verzichtete aber ausdrücklich auf seine weitere Dienstleistung.
Der Gärtnereibetrieb des Beklagten wird jeweils über die Wintermonate geschlossen; das war auch dem Kläger bekannt. Im Jahre 1981 wurde der Betrieb am 21.Oktober 1981 geschlossen. Trotz dieser Wintersperre schloß der Beklagte die Dienstverträge mit seinen Arbeitnehmern nicht befristet ab.
Außer der Kündigung im August 1981 erhielt der Kläger vom Beklagten keine weitere förmliche Kündigung.
In dem zwischen den selben Parteien zu Cr 30/81 des Arbeitsgerichtes Voitsberg geführten Rechtsstreit wurde die mündliche Berufungsverhandlung am 9.September 1982 geschlossen. Mit rechtskräftigem Urteil vom selben Tag stellte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht fest, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers zum Beklagten über den 13.August 1981 hinaus fortbestehe.
Nachdem der Kläger von August 1981 bis Ende März 1982 Arbeitslosengeld bezogen hatte, trat er in der Folge eine neue Stellung an.
Mit Schreiben vom 3.November 1982 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis 'unter Einhaltung der kollektivvertraglichen Kündigungsfrist zum nächstmöglichen Termin' auf.
Rechtlich meinte das Berufungsgericht, durch das rechtskräftige Urteil der zweiten Instanz im Vorprozeß sei auch für den vorliegenden Rechtsstreit bindend festgestellt worden, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers zum Beklagten jedenfalls noch im Zeitpunkt des Schlusses der damaligen mündlichen Berufungsverhandlung (9.September 1982) aufrecht fortbestanden habe. Auf das nunmehrige Vorbringen des Beklagten, wonach das Arbeitsverhältnis noch im Jahr 1981 aufgelöst worden sei, brauche deshalb nicht weiter eingegangen zu werden, mache doch der Kläger Entgeltansprüche nur für die Zeit vom 1.September 1981 bis 31.März 1982 und damit für einen Zeitraum geltend, in welchem nach dem rechtskräftigen Feststellungsurteil im Vorprozeß sein Arbeitsverhältnis zum Beklagten noch aufrecht gewesen sei. Da der Kläger während dieser Zeit keiner anderen Beschäftigung nachgegangen sei, bestehe der eingeklagte, der Höhe nach unbestrittene Entgeltanspruch in vollem Umfang zu Recht.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird vom Beklagten 'seinem gesamten Inhalt nach' (gemeint offenbar: in seinem abändernden Teil) mit Revision aus dem Grunde der 'Mangelhaftigkeit des Verfahrens' bekämpft. Der Beklagte beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Einen wesentlichen Mangel des Berufungsverfahrens sieht der Beklagte in der Ablehnung einer Beweisaufnahme über die von ihm in zweiter Instanz neu behauptete Kündigung (auch) des Klägers zum 20.Oktober 1981; da im Vorprozeß noch nicht festgelegt worden sei, bis zu welchem Endtermin das Arbeitsverhältnis 'zumindest aufrecht fortbesteht', wäre eine solche Kündigung im Oktober 1981 noch durchaus möglich gewesen. Der mit diesem Vorbringen der Sache nach gerügte materiellrechtliche Feststellungsmangel liegt aber nicht vor; das Berufungsgericht hat vielmehr den festgestellten Sachverhalt auch rechtlich richtig beurteilt:
Im Verfahren Cr 30/81 des Arbeitsgerichtes Voitsberg hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht mit Urteil vom 9.September 1982 rechtskräftig festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers zum Beklagten über den 13.August 1981 hinaus fortbesteht. Da § 406 ZPO auch für Feststellungsklagen nach § 228 ZPO gilt (ZBl.1927/55; Rsp.1929/384;
ZAS 1971/22; ebenso Fasching, Komm III 664 § 406 ZPO Anm.6) und das Berufungsgericht in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten seiner Entscheidung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Berufungsverhandlung zugrunde zu legen hat (§ 25 Abs 1 Z 3 ArbGG;
siehe dazu Fasching a.a.O. 661 Anm.4), steht damit zwischen den Parteien rechtskräftig fest, daß das im Frühjahr 1981 begründete Arbeitsverhältnis des Klägers über den 13.August 1981 hinaus jedenfalls bis zum 9.September 1982
(Schluß der mündlichen Berufungsverhandlung im Vorprozeß) fortbestanden hatte.
Dieser Ausspruch ist für den vorliegenden Rechtsstreit insoweit bindend, als die Entscheidung über das hier erhobene Zahlungsbegehren von der Beantwortung der Vorfrage abhängt, ob der Kläger während des hier in Betracht kommenden Zeitraumes vom 1. September 1981 bis 31.März 1982 in einem aufrechten Arbeitsverhältnis zum Beklagten gestanden ist. Die Bindungswirkung des rechtskräftigen Feststellungsurteils schließt eine abermalige Prüfung dieser Frage aus; das im Vorprozeß festgestellte Rechtsverhältnis ist vielmehr ohne weiteres der neuen Entscheidung zugrunde zu legen (RZ 1977, 105;
MietSlg33.409 u.a.; Fasching a.a.O. 694 f. § 411 ZPO Anm.7, 705 f. Anm.18;
Fasching, Lehrbuch 694 RN 1501). Bei dieser Sachlage ist das Berufungsgericht auf die im Berufungsverfahren neu vorgebrachte Behauptung des Beklagten, das Arbeitsverhältnis des Klägers sei spätestens im Oktober 1981 durch Kündigung zum 20.Oktober 1981 aufgelöst worden, richtigerweise nicht weiter eingegangen. Es hat vielmehr dem - der Höhe nach unbestrittenen - Begehren auf Zahlung von Arbeitsentgelt und Urlaubsentschädigung für die Zeit vom 1. September 1981 bis 31.März 1982 mit Recht stattgegeben. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO. Der Kläger hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Anmerkung
E05469European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00067.84.0423.000Dokumentnummer
JJT_19850423_OGH0002_0040OB00067_8400000_000