TE OGH 1985/4/23 2Ob546/85

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.04.1985
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1.) Friederike L***, Hausfrau, 8054 Graz, Fassollweg 35, 2.) Alois A, Pensionist, 8120 Peggau 34, beide vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, gegen die Antragsgegnerin REPUBLIK ÖSTERREICH (Bundesstraßenverwaltung), vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Festsetzung einer Enteignungsentschädigung, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 18. Jänner 1985, GZ 3 R 369/84-28, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 3. Oktober 1984, GZ 18 Nc 207/83-19, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit ihrem am 2. September 1983 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehren die Antragsteller, ihnen für die mit Bescheid des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 22. März 1983 erfolgte Enteignung der in ihrem jeweiligen Hälfteeigentum gestandenen, bebauten Liegenschaft EZ 740

KG Webling eine Enteignungsentschädigung von insgesamt 2,837.626 S zuzuerkennen. Hiezu brachten sie u.a. vor, die im Enteignungsbescheid vorgenommene Bewertung des Grundstückes mit S 430,--/m 2 sei zu gering. Die Grundstückspreise in der KG Webling und in den umliegenden Katastralgemeinden Graz hätten die Höhe von 800 S bis 900 S erreicht und nur im Nahbereich der Verkehrsträger Kärntnerstraße und Phyrnautobahn sei ein gewisses Absinken dieses Preises festzustellen. Bei der Wertermittlung müsse jedoch so vorgegangen werden, als ob die Phyrnautobahn, für deren Bau das den Antragstellern gehörende Grundstück enteignet worden sei, nicht vorhanden wäre. Die durch den Autobahnbau erfolgte Entwertung der nahegelegenen Grundstücke dürfe also nicht berücksichtigt und solcherart müsse ein angemessener Preis von S 750,--/m 2 zugrundegelegt werden. Weiters hielten sie den Zuspruch einer beim Ankauf einer Ersatzliegenschaft aufzuwendenden Vermittlungsprovision in der Höhe von 6 % für gerechtfertigt.

Das Erstgericht setzte die Enteignungsentschädigung mit insgesamt 1,575.385 S fest, wobei es von einem Grundstückspreis von S 400,--/m 2 , einer aufzuwendenden Vermittlungsgebühr in der Höhe von 4 % und von Vertragserrichtungskosten in der Höhe von 3 % ausging. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht, hingegen jenem der Antragsgegnerin teilweise Folge. Es setzte die Enteignungsentschädigung mit 1,503.250,70 S fest, da es den Zuspruch einer 4 %igen Vermittlungsprovision nicht und an Vertragserrichtungskosten nur solche im Ausmaß von 2 % für gerechtfertigt hielt.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrage auf Zuerkennung der begehrten Vermittlungsprovision in der Höhe von 69.249,12 S sowie, ausgehend von einem Grundstückspreis von mindestens S 650,-- /m 2 , einer Mehrentschädigung für das Grundstück in der Höhe von

173.500 S, somit eines Gesamtbetrages von 242.749,12 S. Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen liegt das enteignete Grundstück der Antragstellerin ostseitig des Autobahnzubringers Graz-West und verläuft parallel zu diesem in Richtung Nord-Osten. Für die nach der Vergleichswertmethode erfolgte Bodenpreisbestimmung für Grundstücke in der KG Webling wurden 11 Vergleichskäufe berücksichtigt, der Mittelpreis für bebauungswürdige Grundstücke liegt aufgerundet bei S 440,--/m 2 . Hievon wurde hinsichtlich des gegenständlichen, 694 m 2 großen Grundstückes wegen seiner bereits erfolgten Bebauung ein Abschlag von 10 % vorgenommen, sodaß der Verkehrswert 277.600 S beträgt. Diesen legte das Erstgericht seiner Berechnung des Gesamtverkehrswertes der Liegenschaft samt Haus von 1,442.690 S zugrunde.

Hinzu kamen Nebenentschädigungen für 4 % Vermittlungsprovision, 3 % Kaufvertragskosten, 1 % Grundbuchsgebühren und übersiedlungskosten im Gesamtbetrage von 132.695 S.

Das Rekursgericht trat der erstgerichtlichen Festsetzung des Verkehrswertes des enteigneten Grundstückes mit 1,442.690 S bei. Es hielt die Rekursausführungen, wonach die vom Sachverständigen bei seiner Wertberechnung herangezogenen 11 Vergleichskäufe nicht repräsentativ seien, nicht für überzeugend und übernahm die diesbezüglichen erstgerichtlichen Wertfeststellungen. Soweit ein Minderwert des Enteignungsgegenstandes durch die Enteignung vorbereitende Maßnahmen, wie die Festlegung und Bekanntgabe des Trassenverlaufes nach § 4 Abs 1 BStG 1971, eintrete, bleibe dieser zwar grundsätzlich unbeachtlich. Die von den Rekurswerbern angeführten Umstände über eine bei der Preisfestsetzung zu berücksichtigende Vorwirkung oder Vorwegnahme der Enteignung lägen aber nicht vor. Der erstgerichtliche Zuspruch einer Vermittlungsprovision von 4 % entbehre jeder Grundlage, da mit dem Ankauf einer Ersatzliegenschaft nicht notwendig die Entrichtung einer solchen Vermittlungsprovision verbunden sei. Somit beliefen sich die Ersatzbeschaffungskosten nur auf 60.560,70 S (2 % Vertragserrichtungskosten

= 28.853,80 S; 1 % Grundbuchsgebühr = 14.426,90 S;

übersiedlungskosten 17.280 S).

In ihrem Revisionsrekurs bringen die Antragsteller vor, die Kosten einer Vermittlung durch Immobilienmakler seien hier mit der Enteignung notwendig verbunden, weil die Erstantragstellerin mit ihrem Ehegattten die enteignete Liegenschaft bewohne und somit die Beschaffung eines Ersatzobjektes unumgänglich notwendig sei. Im weiteren verweisen sie darauf, daß Ansprüche aus Vorwirkungen oder aus der Vorwegnahme der Enteignung von der Rechtsprechung durchaus bejaht würden. Bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung sei somit aber nicht von jenen Grundstückswerten auszugehen, die Grundstücke nach ihrer Erklärung zum Bundesstraßenbaugebiet hätten, also einem Minderwert, sondern von jenem fiktiven Wert, der sich ergeben hätte, wenn die Verordnung über die Trassenführung nicht erlassen worden wäre. Vorliegendenfalls habe sich die Wertermittlung im Wege des Vergleichswertverfahrens auf einen sehr kleinen Raum beschränkt, wobei sämtliche Vergleichsliegenschaften im Nahbereich der Phyrnautobahn gelegen seien. Eine davon ausgehende Wertfestsetzung erscheine aber unbillig, es müßten auch außerhalb des Bezirkes Webling gelegene Grundstücke berücksichtigt werden, in welchem Falle sich ein Vergleichspreis von mindestens S 650,--/m 2 ergebe.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, steht dem Enteigneten auch der Ersatz jener Kosten zu, die er aufwenden muß, um ein dem enteigeneten Grundstück gleichwertiges Grundstück zu erwerben. Zu diesen jedenfalls notwendigen Kosten gehören insbesondere die Vertragserrichtungskosten und die Eintragungsgebühren (Grünhut, Enteignungsrecht 105; SZ 50/158; 5 Ob 584/77; 7 Ob 649/78; auch SZ 48/54).

Nicht jedenfalls aufzuwenden sind aber Maklergebühren, weil die Wiederbeschaffung einer Ersatzliegenschaft im Hinblick auf die - auch hier gegebene - lange Dauer des Enteignungsverfahrens grundsätzlich durchaus auch ohne Beteiligung eines Maklers möglich ist. Diesbezüglich muß daher im Einzelfalle ein Nachweis solcher wegen der erfolgten Einschaltung eines Vermittlers tatsächlich zu erwartenden Auslagen gefordert werden, soll der Enteignete nicht über den ihm zustehenden Ausgleich für das wegen der Enteignung erbrachte Sonderopfer hinaus begünstigt werden.

In der Frage der unter einverständlicher Anwendung des Vergleichswertverfahrens erfolgten Ermittlung des Wertes des Grundstückes der Antragsteller ist davon auszugehen, daß der Sachverständige in seinem Gutachten genau dargelegt hat (AS 113 ff), warum von 20 in der KG Webling im erheblichen Zeitraum erfolgten Grundverkäufen 11 als Vergleichsfälle geeignet sind und warum die in den angrenzenden Katastralgemeinden Wetzelsdorf und Straßgang liegenden Grundstücke nicht vergleichbar seien (AS 139 f). Die Antragsteller haben hierauf beantragt (AS 327), der Sachverständige möge 6

weitere aus dem Grundbuch ersichtliche Grundverkäufe überprüfen, welchem Antrag der Sachverständige auch nachkam. Er legte in seinem Ergänzungsgutachten die Gründe für die Unvergleichbarkeit dieser Grundstücke mit jenen der Antragsteller - letzteres weist keinen Wasser- und Kanalanschluß auf, sondern ist mit Brunnen sowie Senk- und Sickergrube ausgestattet - dar (AS 328 ff) und verwies darauf, daß die 11 von ihm herangezogenen Vergleichsgrundstücke mit einer Ausnahme weit von der Autobahn entfernt gelegen seien (AS 330). Aus dem seinem Gutachten angeschlossenen Stadtplan, in welchem die enteignete Liegenschaft der Antragsteller und die 11 Vergleichsgrundstücke gekennzeichnet sind, ist diese Lage auch eindeutig ersichtlich. Den Ausführungen des Sachverständigen wurde von den Antragstellern nicht widersprochen.

Die von den Unterinstanzen auf das Sachverständigengutachten gestützten Tatsachenfeststellungen könnten in dritter Instanz nur angefochten werden, wenn die Schlußfolgerungen des Sachverständigen, der auf S 99 des Gutachtens ausdrücklich die im einzelnen berücksichtigten Faktoren darlegte, gegen zwingende Denkgesetze oder gegen die zwingenden Gesetze des sprachlichen Ausdruckes verstießen (SZ 22/126; JBl 1982, 491 u.v.a.); dies ist jedoch nicht der Fall. Der nach der Vergleichswertmethode ermittelte Wert des Grundstückes der Antragsteller stellt somit, weil der Wert der Vergleichsliegenschaften wegen ihrer Entfernung von der Autobahn durch deren Projektierung nicht beeinflußt worden war, entgegen der Ansicht der Antragsteller keinen durch die bevorstehende Enteignung bzw. die Autobahnnähe beeinflußten Minderwert dar.

Demgemäß war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E05576

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00546.85.0423.000

Dokumentnummer

JJT_19850423_OGH0002_0020OB00546_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten