TE OGH 1985/4/24 3Ob90/84

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Veröffentlicht am 24.04.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei D*****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wider die verpflichtete Partei Dr. W*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Ing. G*****, (S 134/83 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien), wegen 1.556.800 S samt Zinsen, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. Juni 1984, GZ 46 R 882/83-20, womit der Beschluss des Exekutionsgerichts Wien vom 27. September 1983, GZ 18 E 3184/83-13, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei werden mit 18.306,68 S (darin 1.800 S Barauslagen) als weitere Kosten des Exekutionsverfahrens bestimmt.

Text

Begründung:

Am 13. 11. 1979 gelangte bei der 626. Kunstauktion der betreibenden Auktionsgesellschaft des Ölgemälde „Fährboot bei Schloss Nijenrode“ des holländischen Malers Salomon von Ruysdael (1601 - 1670) zum Rufpreis von 1.700.000 S zur Versteigerung. Der nunmehrige Gemeinschuldner bot durch einen Beauftragten mit und erhielt als Meistbietender den Zuschlag.

Er leistete eine Anzahlung und Teilzahlungen auf das Meistbot.

Das Gemälde blieb in der Gewahrsame der betreibenden Partei, die ihre Restforderung zu AZ 40 b Cg 312/82 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien einklagte. In diesem Rechtsstreit kam es am 21. 1. 1983 zum Abschluss des gerichtlichen Vergleichs GZ 40 b Cg 312/82-5: Der Ersteher verpflichtete sich, der Auktionsgesellschaft 1.556.800 S samt 11 % Zinsen seit dem 16. 12. 1979 zuzüglich 18 % Umsatzsteuer aus den Zinsen und 47.433 S Kosten in Teilbeträgen bei Terminsverlust zu bezahlen.

Zur Hereinbringung dieser ihrer vollstreckbaren Forderung beantragte die betreibende Partei am 14. 3. 1983, ihr die Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf der beweglichen Sachen des Verpflichteten, insbesondere des in seinem Eigentum stehenden bei der betreibenden Partei in Verwahrung befindlichen Gemäldes, zu bewilligen und erklärte nach § 262 EO ihre Zustimmung zur Pfändung und Verwertung.

Die Fahrnisexekution wurde am 16. 3. 1983 bewilligt, die Pfändung des Gemäldes in den Räumen der Kunstabteilung der betreibenden Partei jedoch erst am 24. 6. 1983 vollzogen. Die Versteigerung sollte am 16. 11. 1983 im Rahmen der Kunstauktion der betreibenden Partei stattfinden.

Am 13. 7. 1983 wurde über das Vermögen des Verpflichteten zu GZ S 134/83-1 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien der Konkurs eröffnet und am gleichen Tage das Konkursedikt an der Gerichtstafel des Konkursgerichts angeschlagen. Am 21. 7. 1983 fand die Schätzung des Pfandgegenstands statt. Der Schätzwert des Gemäldes wurde mit 2.400.000 S angegeben.

Am 8. 9. 1983 beantragte der Masseverwalter die Einstellung des Verwertungsverfahrens nach § 12 Abs 2 KO, weil das in den letzten sechzig Tagen vor der Konkurseröffnung durch Exekution zur Befriedigung neu erworbene Pfandrecht nach § 12 Abs 1 KO erloschen sei.

Die zum Nachweis, dass das Pfandrecht für die vollstreckbare Forderung von den Konkurswirkungen nicht betroffen sei, aufgeforderte betreibende Partei trat am 21. 9. 1983 dem Einstellungsantrag des Masseverwalters entgegen. Sie behauptete, ihr stünden schon seit dem Jahr 1979 an dem Bild Absonderungs- und Verwertungsrechte zu, die durch die Konkurseröffnung nicht berührt wurden. Sie führe nach den Bestimmungen der §§ 295 bis 302 GewO den Verkauf beweglicher Sachen auf eigene und fremde Rechnung im Wege öffentlicher Versteigerungen durch. Der Ersteher habe sich den Bestimmungen der Geschäftsordnung (§ 299 Abs 1 GewO) unterworfen, als er durch den Beauftragten das Bild am 13. 11. 1979 erstand. Danach werde der versteigerte Gegenstand nur gegen Abgabe des mit der Zahlungsbestätigung versehenen Verkaufsscheins ausgefolgt (§ 29 Abs 4 GO) und es sei die Gesellschaft berechtigt, zur Hereinbringung ihrer Forderung gegen den säumigen Ersteher nach erfolgloser Mahnung die Wiederversteigerung des Gegenstands vorzunehmen, wenn ein gestundeter Kaufpreis nicht innerhalb der festgesetzten Frist bezahlt sei. Der Verpflichtete habe auch die im Katalog der 626. Kunstauktion abgedruckten Versteigerungsbedingungen zur Kenntnis genommen und als Vertragsinhalt akzeptiert. Danach konnte die Zahlung des Bruttopreises gestundet werden. Nach Ablauf dieser Frist war die Gesellschaft berechtigt, nicht voll bezahlte Gegenstände wieder zu versteigern. Vor Bezahlung des Bruttopreises würden die erstandenen Gegenstände nicht ausgefolgt. Der Verpflichtete habe einige Teilzahlungen geleistet und bei der betreibenden Gesellschaft am 11. 11. 1980 ein inzwischen zurückgezahltes Darlehen aufgenommen, um seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können, und so eine weitere Teilzahlung finanziert. Bei der Darlehensaufnahme habe er die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen als Vertragsinhalt zur Kenntnis genommen, wonach die in die Innehabung irgendeiner Stelle der Kreditunternehmung gelangten Gegenstände für alle gegenwärtigen und künftigen Ansprüche der Kreditunternehmung verpfändet sind (Punkt 23 Abs 2) und der Kreditunternehmung verpfändete Werte für sämtliche Forderungen der Kreditunternehmung gegenüber dem Kunden haften (Punkt 23 Abs 4). Der Verpflichtete habe wiederholt um Stundung des aushaftenden Bruttopreises und darum ersucht, das Gemälde nicht zur Wiederversteigerung einzuteilen. Er habe damit das vereinbarte Zurückbehaltungsrecht, Pfandrecht und Wiederverwertungsrecht der betreibenden Partei anerkannt. Diese stützte sich bei der Forderung nach Fortgang des Verwertungsverfahrens auf die Bestimmungen ihrer Geschäftsordnung (§ 29 Abs 4 und § 30 GO), auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditinstitute in der Fassung vom 1. 10. 1979, auf ihr vertraglich vereinbartes Zurückbehaltungs- und Verwertungsrecht und auf ihr gesetzliches Pfand- und Verwertungsrecht als Kommissionär nach den §§ 397 ff HGB, sodass ihre außerhalb der 60 Tage-Frist vor Konkurseröffnung begründeten älteren Rechte durch diese nicht berührt würden.

Das Erstgericht wies den Einstellungsantrag des Masseverwalters ab, weil es als erwiesen annahm, dass durch die Begründung des richterlichen Pfandrechts innerhalb der 60 Tage-Frist kein neues Befriedigungsrecht erworben wurde, sondern nur ein schon zuvor bestandenes vertragliches Zurückbehaltungs- und Verwertungsrecht sowie ein gesetzliches Pfand- und Verwertungsrecht eines Kommissionärs durchzusetzen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Masseverwalters Folge, änderte den erstgerichtlichen Beschluss ab und stellte auf Antrag des Masseverwalters das Verwertungsverfahren gemäß dem § 12 Abs 2 KO ein. Das Gericht zweiter Instanz erwiderte auf die Rekursausführungen des Masseverwalters, die betreibende Partei habe keineswegs schon im Exekutionsantrag auf bestehende Absonderungs- und Verwertungsrechte hinweisen müssen, weil damals der Konkurs noch nicht eröffnet war. Die betreibende Partei habe ihr Absonderungsrecht oder gleich zu behandelndes Recht auch noch nachweisen können, als der Masseverwalter die Einstellung des Verwertungsverfahrens beantragte. Dies sei ihr allerdings nicht gelungen. Absonderungs- und Aussonderungsrechte würden durch die Konkurseröffnung nicht berührt (§ 11 KO). Absonderungsrechte seien Pfandrechte, Zurückbehaltungsrechte und die Rechte aus einer Sicherungsübereignung oder Sicherungsabtretung (§ 10 KO). Aus der Inanspruchnahme von Kredit bei der betreibenden Bankgesellschaft und den zugrundegelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen könne ein Pfandrecht der betreibenden Partei an dem Gemälde nicht abgeleitet werden, weil sich aus deren Punkt 23 ergebe, dass die Pfandsachen nur für mit der Kreditgewährung in Zusammenhang stehende Forderungen haften nicht aber auch für Forderungen der betreibenden Partei als Auktionsgesellschaft. Da das Pfandrecht vom Bestand der Hauptforderung abhängig sei, das vom Gemeinschuldner seinerzeit in Anspruch genommene Darlehen nach dem eigenen Vorbringen der betreibenden Partei jedoch schon zurückbezahlt sei, wäre ein Pfandrecht erloschen (§ 469 ABGB). Ein Pfandrecht würde auch voraussetzen, dass sich die Pfandsache im Eigentum des Verpflichteten befunden hätte. Nach § 1 Abs 3 der Geschäftsordnung für den Versteigerungsbetrieb der betreibenden Partei trete sie bei Versteigerung von Sachen, die ihr zur freiwilligen Feilbietung übergeben werden, als Kommissionär auf. Bei einer Verkaufskommission erwerbe der Kommissionär kein Eigentum an der Ware, das Kommissionsgut bleibe im Eigentum des Kommittenten, bis es der Kommissionär dem Dritten verkauft und übergeben habe. Das versteigerte Gemälde sei dem Ersteher bisher nicht übergeben worden. Es fehle daher an dem zum Erwerb des Eigentums erforderlichen Übertragungsakt.

Nach ihrer Geschäftsordnung und den der 626. Kunstauktion zugrundegelegten Versteigerungsbe-dingungen habe die betreibende Partei zwar vor Bezahlung des Bruttopreises den erstandenen Gegenstand nicht auszufolgen und könne ihm der Wiederversteigerung zuführen, doch handle es sich dabei nicht um ein wie ein Absonderungsrecht zu behandelndes Zurückbehaltungsrecht iSd § 10 Abs 2 KO. Denn nach § 471 ABGB könne der zur Herausgabe einer Sache Verpflichtete sie wegen eines für die Sache gemachten Aufwands oder des durch die Sache ihm verursachten Schadens mit der Wirkung zurückbehalten, dass er zur Herausgabe nur gegen die Zug um Zug zu bewirkende Gegenleistung verurteilt werden könne. Nur dieses Zurückbehaltungsrecht im engeren Sinne sei im Konkurs wie ein Pfandrecht zu behandeln und gewähre daher ein Absonderungsrecht iSd § 10 KO. Dies treffe bei einem „Zurückbehaltungsrecht“ im weiteren Sinne, wie das der Anordnung des § 1062 ABGB nachgebildete Recht der Auktionsgesellschaft, die Übergabe zu verweigern, bis der Kaufpreis bar bezahlt sei, nicht zu. Die Forderung der betreibenden Partei auf Zahlung des offenen Teils des Bruttokaufpreises gehöre nicht zu den Forderungen, zu deren Sicherung § 471 ABGB ein Zurückbehaltungsrecht gewähre. Das Recht auf Wiederversteigerung bilde nur ein obligatorisches Recht und sei einem Pfandrecht nicht gleichgestellt. Der Kommissionär wieder habe bei der Verkaufskommission nur ein Pfandrecht wegen der auf das Gut verwendeten Kosten, der Provision, der auf das Gut gegebenen Vorschüsse und Darlehen, der mit Rücksicht auf das Gut gezeichneten Wechsel oder in anderer Weise eingegangenen Verbindlichkeiten sowie wegen aller Forderungen aus laufender Rechnung in Kommissionsgeschäften (§ 397 HGB). Die der betreibenden Partei als Kommissionär gegen den Verpflichteten als Partner des Ausführungsgeschäfts zustehende Kaufpreisforderung zähle nicht dazu. Es habe daher auch kein gesetzliches Pfandrecht der betreibenden Partei bestanden, wenn sie bei der Versteigerung Kommissionär des Verkäufers war. Die betriebene Forderung und das für diese am 24. 6. 1983 begründete Pfandrecht wären daher von den Konkurswirkungen betroffen. Das Verwertungsverfahren sei einzustellen. Das Bestehen von Ansprüchen nach § 37 EO sei nicht von Amts wegen zu beachten.

Diese abändernde Entscheidung des Rekursgerichts bekämpft die betreibende Partei mit ihrem nach § 78 EO, § 528 Abs 2 und § 502 Abs 4 Z 2 ZPO zulässigen Revisionsrekurs mit dem Antrag, den Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen, allenfalls die Entscheidung aufzuheben und die Sache in eine Vorinstanz zu neuer Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens zurückzuüberweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Soweit die betreibende Partei Feststellungen des Rekursgerichts über die von ihr behauptete Begründung von Absonderungs- und/oder Zurückbehaltungsrechten zu einer mehr 60 Tage vor der Eröffnung des Konkurses zurückliegenden Zeitpunkt vermisst und dies als Mangel rügt, verkennt sie, dass das Rekursgericht durchaus von dem Inhalt der vorgelegten Urkunden und den Tatsachenbehauptungen in der Äußerung zum Einstellungsantrag ausgehen konnte, aber meinte, schon die vorgebrachten Tatsachen könnten zur Dartuung eines von den Wirkungen der Konkurseröffnung unberührt gebliebenen Absonderungs- oder gleich zu behandelnden Rechts nicht führen.

Die betreibende Auktions-, Versatz- und Bank-Gesellschaft führt nach den Bestimmungen der §§ 295 bis 302 GewO sowie den Bestimmungen ihrer mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 29. 6. 1979, Zl MA 63-D 111/79, genehmigten Geschäftsordnung für den Versteigerungsbetrieb öffentliche Versteigerungen durch (§ 1 Abs 1 GO). Versteigert werden unter anderem bewegliche Gegenstände, deren Verkauf gestattet ist und die ihr zur freiwilligen Versteigerung übergeben werden (§ 1 Abs 2 lit a GO). Die Versteigerung kann kommissionsweise oder im Namen und auf Rechnung des Einbringers erfolgen (§ 1 Abs 3 GO). Die Gesellschaft macht an allen ihr zur Versteigerung übergebenen Gegenständen ein Pfandrecht zu Gunsten aller Forderungen geltend, die der Gesellschaft aus diesem Rechtsgeschäft gegen den Einbringer zustehen (§ 17 GO). Die Gesellschaft kann auf den zu erwartenden Erlös für die zur Versteigerung eingebrachten Gegenstände Vorschüsse gewähren (§ 18 Abs 1 GO). Der Ersteher, dem in der Versteigerung der Zuschlag erteilt wurde, ist verpflichtet, den Kaufpreis (Meistbot zuzüglich Erstehergebühr und Umsatzsteuer) sofort nach dem Zuschlag zu bezahlen (§ 29 Abs 1 GO). Dem Ersteher kann ausnahmsweise die Bezahlung des Kaufpreises ganz oder teilweise gestundet werden (§ 29 Abs 2 GO). Als Bestätigung des Ankaufs erhält der Ersteher bei Barzahlung einen Verkaufsschein (Boilete), bei Stundung des Kaufpreises einen Rückstandsbeleg (§ 29 Abs 3 GO). Der Gegenstand wird nur gegen Abgabe des mit der Zahlungsbestätigung versehenen Verkaufsscheins ausgefolgt (§ 29 Abs 4 GO). Wird ein gestundeter Kaufpreis nicht innerhalb der festgesetzten Frist bezahlt, ist die Gesellschaft berechtigt, zur Hereinbringung ihrer Forderung gegen den säumigen Ersteher nach erfolgloser Mahnung die Wiederversteigerung des Gegenstands vorzunehmen. Bei der Wiederversteigerung kann der Gegenstand ohne Rücksicht auf das bei der ersten Versteigerung erzielte Meistbot auch zu einem niedrigeren Ausrufspreis angeboten werden. Für die Wiederversteigerung gelten die allgemeinen Versteigerungsgebühren. Der säumige Ersteher wird hinsichtlich der Gebühren wie ein Einbringer behandelt. Wird durch das Ergebnis der Wiederversteigerung die Forderung der Gesellschaft nicht gedeckt, haftet der säumige Ersteher für den Ausfall, dagegen gebührt ihm ein allfälliger Mehrerlös (§ 30 GO).

Im Katalog der betreibenden Partei für die 626. Kunstauktion sind die Versteigerungsbedingungen abgedruckt: Danach ist der Bruttopreis vom Ersteher bei der Auktion bar zu bezahlen. Die Zahlung kann ausnahmsweise auf längstens acht Tage, gerechnet vom Tage der Versteigerung an, gestundet werden, jedoch ist bei der Auktion eine angemessene Anzahlung, mindestens die Hälfte des Bruttopreises, zu erlegen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Gesellschaft berechtigt, nicht voll bezahlte Gegenstände wieder zu versteigern und einen etwa hiebei entstehenden Ausfall sowie Spesen und Zinsen dem ursprünglichen Ersteher anzulasten. Vor Bezahlung des Bruttopreises werden die erstandenen Gegenstände nicht ausgefolgt.

Nach § 425 ABGB gibt der Titel der mittelbaren Erwerbung noch kein Eigentum. Dieses kann, außer den in dem Gesetz bestimmten Fällen, nur durch die rechtliche Übergabe und Übernahme erworben werden. Bei der Zwangsversteigerung einer Liegenschaft erwirbt der Ersteher schon mit dem Zuschlag das Eigentum (§ 237 Abs 1 EO; Petschek-Hämmerle-Ludwig, Zwangsvollstreckungsrecht, 127; Holzhammer2, 164; Koziol-Welser II7 80; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 425). Ob der Zuschlag auch bei beweglichen Sachen den Eigentumsübergang bewirkt oder ob dieser erst mit der Übergabe eintritt, wird nicht so einhellig beantwortet (Koziol-Welser II7 80; Holzhammer2 212; Heller-Berger-Stix 1768; Rechberger, Die fehlerhafte Exekution, 119; Spielbüchler in Rummel, ABGB Rdz 7 zu § 367 und Rdz 8 zu § 425; SZ 9/30, SZ 26/281; GlUNF 6859 ua), doch herrscht die Ansicht vor, dass beim gerichtlichen Verkauf beweglicher Sachen durch die Barzahlung bedingtes Eigentum des Erstehers schon durch den Zuschlag begründet wird, ist doch die ihm zugeschlagene Sache im selben Termin neuerlich auszubieten, wenn der Ersteher den Kaufpreis nicht bis zum Schlusse der Versteigerung erlegt (§ 278 Abs 3 EO). Ob der Vorgang bei der Kunstauktion der betreibenden Partei den Übergang des Eigentums an dem Gemälde auf den Ersteher bewirkte und allenfalls eine Übergabe durch Erklärung stattfand, sodass die Auktionsgesellschaft die zugeschlagene Sache nur mehr für den Ersteher in Verwahrung hält, bis er den Bruttopreis vollständig bezahlt (§ 428 ABGB), bedarf hier deshalb nicht der weiteren Untersuchung, weil das Bestehen von Exszindierungsansprüchen amtswegig nicht wahrzunehmen ist und ein Widerspruch Dritter nach § 37 EO nicht vorliegt (Heller-Berger-Stix 449).

Da die betreibende Partei erstmals im Revisionsrekurs behauptet hat, sie habe dem Einbringer den Kaufpreis für das Gemälde bevorschusst und daher auf die Sache einen Aufwand getätigt, und das Neuerungsverbot im Rechtsmittelverfahren die Berücksichtigung dieses Vorbringens hindert, liegen die Voraussetzungen für die Annahme eines Zurückbehaltungsrechts nach § 471 ABGB oder eines Pfandrechts nach § 397 HGB nicht vor.

Zu den Zurückbehaltungsrechten, die im Konkurs „wie Pfandrechte zu behandeln sind (§ 10 Abs 2 KO), also Absonderungsrechte gelten (ohne deshalb ein Pfandrecht zu verschaffen), zählen wohl nur Zurückbehaltungsrechte „im engeren Sinn“ wie etwa das Retentionsrecht nach § 471 ABGB zugunsten der Ansprüche auf Ersatz von Aufwand auf oder Schaden durch die herauszugebende Sache, die Zurückbehaltungsrechte nach § 392 ABGB, § 403 ABGB, § 970c ABGB, § 19 RAO, § 5 GEG, oder das kaufmännische Retentionsrecht nach den §§ 369 ff HGB oder § 18 HVG), nicht aber bloß der Bestimmung des § 1062 ABGB nachgebildete Rechte auf Verweigerung der Übergabe der Sache, bis der bar abzuführende Kaufpreis vom Käufer bezahlt ist (vgl Petschek-Reimer-Schiemer, 544 f, Bartsch-Heil, Grundriss des Insolvenzrechtes4 Rz 78). Das hier festgestellte aus der Geschäftsordnung und den Versteigerungsbedingungen ersichtliche Recht der betreibenden Auktionsgesellschaft, die Ausfolgung der zugeschlagenen Sache von der Barzahlung des Bruttokaufpreises abhängig zu machen, wird durch ihr Recht, nach erfolgloser Mahnung des säumigen Erstehers sogleich die Wiederversteigerung selbst vorzunehmen, derart verstärkt, dass es einem Zurückbehaltungsrecht im engeren Sinne gleichzuhalten und deshalb im Konkurs des Erstehers gleich einem Absonderungsrecht zu behandeln ist. Es bleibt der betreibenden Partei nicht nur erhalten, sondern gibt ihr auch das Recht, die Fortsetzung des Verkaufsverfahrens unabhängig davon zu betreiben, dass ihr richterliches Pfandrecht erst innerhalb der 60-Tage-Frist des § 12 Abs 1 KO begründet wurde. Die Pfändung am 24. 6. 1983 begründete nicht erstmals ein Absonderungsrecht, das nach § 12 Abs 1 KO erloschen wäre und für sich allein die Fortsetzung des Verwertungsverfahrens nach dem Einstellungsantrag des Masseverwalters nicht rechtfertigen könnte, sondern dahinter steht das lange vor dem 60. Tag vor der Eröffnung des Konkurses erworbene Recht auf Zurückbehaltung und Wiederversteigerung, das im Konkurs des Erstehers wie ein Absonderungsrecht behandelt wird und daher bewirkt, dass die Konkurseröffnung auf das Verwertungsverfahren ohne Einfluss bleibt. Entscheidend ist nämlich, dass dieses der betreibenden Partei zustehende besondere Zurückbehaltungsrecht verhindert, dass das versteigerte Gemälde in die Konkursmasse fällt. Das an der Sache bestehende Recht kann daher gleich einem Pfandrecht auch dadurch durchgesetzt werden, das der gerichtliche Verkauf stattfindet. Die betreibende Partei muss nicht von ihrem Recht, selbst die Wiederversteigerung vorzunehmen, Gebrauch machen, sie kann vielmehr zufolge der gegen den Gemeinschuldner erwirkten Exekutionsbewilligung trotz späterer Konkurseröffnung auf das Gemälde gerichtliche Exekution führen, also das Exekutionsverfahren ohne Rücksicht auf die Konkurseröffnung gegen den Masseverwalter fortsetzen.

Darauf, ob ungeachtet der bereits erfolgten Kreditrückzahlung die am 11. 11. 1980 erfolgte Inanspruchnahme von Kredit bei der betreibenden Partei nach Punkt 23 Abs 3 der im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 210 vom 12. 9. 1979 veröffentlichten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen ein Pfandrecht an dem vom Ersteher erworbenen in der Gewahrsame der betreibenden Partei verbliebenen Gemälde begründet wurde und aufrecht ist, braucht nicht mehr eingegangen werden, weil schon das unzweifelhaft feststehende besondere Zurückbehaltungsrecht aus unverdächtiger Zeit vor Konkurseröffnung zur Abweisung des Antrags des Masseverwalters auf Einstellung des Verwertungsverfahrens führen muss.

Der angefochtene Beschluss des Gerichts zweiter Instanz ist daher abzuändern und die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 74 EO.

Textnummer

E104999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00090.84.0424.000

Im RIS seit

30.08.2013

Zuletzt aktualisiert am

30.08.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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