Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei A B ST.C, NÖ A D E, 3100 St.Pölten, Domgasse 5, vertreten durch Dr.Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in St.Pölten, wider die verpflichtete Partei Rudolf F, Kaufmann, früher 3040 Neulengbach, Ebersberg 71, nunmehr 2604 Theresienfeld, Lichtenwörter Straße 4, wegen 546.130 S s.Ng., infolge Rekurses der G H I J, 5020 Salzburg, Fanny von Lehnert-Straße 1, vertreten durch Dr.Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wr.Neustadt als Rekursgerichtes vom 21.Jänner 1985, GZ.R 6/85-28, womit der Rekurs der G H K gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Wr.Neustadt vom 1.Oktober 1984, GZ.E 1915/84-23, zurückgewiesen wurden, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Dem Gericht zweiter Instanz wird aufgetragen, über den Rekurs unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden. Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Am 28.Februar 1984 wurde zugunsten der vollstreckbaren Forderung der betreibenden Partei unter Postzahl 2 des erstgerichtlichen Pfändungsprotokolls E 1915/84-2 ein roter VW Polo 86, N 77.077, gepfändet, der in der Folge auf S 68.000,-- geschätzt und bei der öffentlichen Versteigerung am 16.April 1984
um das geringste Gebot von S 34.000,-- an Alois L verkauft wurde, obwohl diesem unter Vorlage eines Leasingvertrages mitgeteilt worden war, daß der PKW nicht dem Verpflichteten gehöre (ON 6). Mit Beschluß vom 11.Mai 1984, ON 9, wurde das Exekutionsverfahren hinsichtlich dieses PKW auf Antrag des betreibenden Gläubigers nach § 39 Abs1 Z 6 EO eingestellt.
In dem am 13.Juni 1984 eingelangten Schriftsatz ON 11 erklärte die M H GJ, nach wie vor Eigentümerin des versteigerten PKW zu sein und deshalb den nicht gutgläubigen Ersteher beim Kreisgericht St.Pölten auf Herausgabe des PKW geklagt zu haben. Sie erklärte ausdrücklich, den Versteigerungserlös 'nicht in Anspruch zu nehmen, in der Form, daß wir auf unser Eigentumsrecht über das Leasingfahrzeug verzichten'. Sie sei jedoch daran interessiert, für allfällige zukünftige Nachteile und Schäden, die ihr aus der Versteigerung gegen den Ersteher oder gegen den Verpflichteten als ihren Leasingnehmer entstanden seien, eine Sicherstellung zu erhalten, um gegebenenfalls, etwa wenn der Herausgabeanspruch gegen den Ersteher nicht verfolgbar sein sollte, auf den Versteigerungserlös als 'stellvertretendes Kommodum' greifen zu können. Sie beantragte daher, den Versteigerungserlös von S 34.000,-- derzeit nicht auszuzahlen, sondern durch Hinterlegung bei Gericht zu verwahren. Zur für den 4.September 1984 anberaumten Verteilungstagsatzung erschien lediglich der Verpflichtete (ON 22).
Die ebenfalls geladene M H GJ meldete dazu lediglich schriftlich ihre Ansprüche insofern an, als sie auf ihren Antrag ON 11 und einen auch ihr zugestellten erstgerichtlichen Beschluß vom 13.Juni 1984, ON 12 verwies, mit dem die N O A angewiesen wurde, ein Sparbuch, lautend auf Versteigerung gegen Rudolf F des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt zu eröffnen, als Einzahlung darauf den Betrag von S 45.985,-- in Empfang zu stellen und dieses neu eröffnete Sparbuch so zu sperren, daß Auszahlungen nur mit Bewilligung des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt erfolgen können. Sie begehrte, daß der Versteigerungserlös nicht ausgezahlt, sondern bei Gericht hinterlegt werde, zumindest so lange, bis ihr beim Kreisgericht St.Pölten zu 6 Cg 279/84 gegen Alois L anhängiges Verfahren beendet und entschieden sei, ob sie auf den Versteigerungserlös 'als stellvertretendes Kommodum' greifen könne (ON 21).
In der Tagsatzung vom 4.September 1984 beantragte der Verpflichtete die Ausfolgung des Verkaufserlöses der Postzahl 2 an die M H GJ. Dieser PKW habe nicht ihm gehört, er habe ihn nur von der genannten Gesellschaft geleast (ON 22).
Im Beschluß vom 1.Oktober 1984, ON 23, wies das Erstgericht den um die anteiligen Protokoll-, Vollzugs- und Sachverständigengebühren von zusammen S 3.334,90 auf S 30.665,10 verminderten Verkaufserlös der Postzahl 2 auf Grund der diesbezüglichen Einstellung des Exekutionsverfahrens und des am 4.September 1984 gestellten Antrags des Verpflichteten der G H GJ zu und wies die A N P unter anderem an, nach Rechtskraft dieses Beschlusses aus dem schon erwähnten Sparbuch S 30.665,10 samt anteiligen Zinsen dem Vertreter der genannten GmbH zu überweisen.
Gegen diesen Beschluß erhob die GmbH insoweit Rekurs, als ihr darin Geld zugewiesen und nicht durch gerichtliche Hinterlegung verwahrt wurde. Eine Auszahlung dieses ihr zugewiesenen Betrages könne ihr nicht aufgezwungen werden. Sie beantragte daher, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der restliche Verkaufserlös von S 30.665,10 bei Gericht verwahrt werde.
Mit rechtskräftigem Beschluß vom 22.November 1984, ON 25, wies das Erstgericht die Anträge der Rekurswerberin ON 11 und 21 auf gerichtliche Verwahrung des Verkaufserlöses der Postzahl 2 ab. Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Gericht zweiter Instanz den Rekurs zurück und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und daß der Rekurs zugelassen wird.
Das Rekursgericht vermeinte, daß die Rechtsmittelwerberin keine Ansprüche geltend mache, die bei einem Verteilungsverfahren nach §§ 285 ff.EO zu berücksichtigen wären. Sie wolle sich nur allfällige künftige Ansprüche aus einem Wertverlust des Fahrzeuges wahren. Da sie trotz behaupteten Eigentums an der versteigerten Sache keine Ansprüche auf den Versteigerungserlös erhoben habe, sei sie vom Verteilungsverfahren in keiner Weise betroffen und könne daher auch keine Anträge stellen, die sich auf die Verwendung des Verkaufserlöses beziehen. Es käme ihr daher keine Beteiligtenstellung zu. Die Rekurswerberin wäre durch die überweisung des Verkaufserlöses auch nicht beschwert. Sie könnte den Erlös, auf den der Verpflichtete keinen Anspruch erhebe, dem Ersteher ausfolgen oder nach § 1425 ABGB beim Außerstreitgericht erlegen und den Herausgabeanspruch gegen den Ersteher weiter betreiben. Der Rekurs sei auch deshalb zurückzuweisen, weil das mit dem Rekursantrag inhaltsgleiche Hinterlegungsbegehren vom Erstgericht rechtskräftig abgewiesen worden sei, weshalb der Rekurswerberin ein Rechtsschutzinteresse fehle.
Dagegen richtet sich der Rekurs der G H GJ mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinn der gerichtlichen Verwahrung des restlichen Verkaufserlöses, zumindest aber der Nichtauszahlung an die Rechtsmittelwerberin abzuändern, allenfalls ihn aufzuheben und dem Gericht zweiter Instanz eine neuerliche Entscheidung aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Das mit Recht zugelassene Rechtsmittel ist auch begründet. Der Rechtsmittelwerberin kommt schon deshalb Beteiligtenstellung und damit Rekursberechtigung zu, weil ihr das Erstgericht gegen ihren ausdrücklich erklärten Willen den restlichen Versteigerungserlös der Postzahl 2 zur Auszahlung zugewiesen und damit in ihre Rechtssphäre eingegriffen und dadurch eine sie allenfalls belastende Rechtslage geschaffen hat (Heller-Berger-Stix I 644 f.).
Trotz der der Rekurserhebung nachfolgenden rechtskräftigen Abweisung der Hinterlegungsanträge der Rechtsmittelwerberin ist diese durch die von ihr nach wie vor bekämpfte Zuweisung des restlichen Verkaufserlöses der Postzahl 2 zur Auszahlung beschwert. Dem berechtigten Rekurs war daher im Sinne des Eventualantrages Folge zu geben, der angefochtene Zurückweisungsbeschluß aufzuheben und dem Gericht zweiter Instanz eine neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen. Der Entscheidungsvorbehalt hinsichtlich der Rechtsmittelkosten beruht auf § 78 EO und § 52 Abs1 EO.
Anmerkung
E05458European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00039.85.0424.000Dokumentnummer
JJT_19850424_OGH0002_0030OB00039_8500000_000