TE OGH 1985/4/25 6Ob571/85

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Veröffentlicht am 25.04.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Riedler und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Vormundschaftssache der mj. Maria A, geboren 26.3.1969, infolge Revisionsrekurses der Eltern der Minderjährigen, Leopoldine A und Erich B, beide 1110 Wien, Herbortgasse 22-24/14/1/6, gegen den Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien als Rekursgerichtes vom 22.Feber 1985, GZ 15 c R 6/85-16, womit der Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien als Vormundschaftsgericht vom 7.Dezember 1984, GZ 26 P 128/83-11, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien als Vormundschaftsgericht vom 28.7.1983, ON 6, wurde über Maria A, geboren 26.3.1969, mit Zustimmung der Mutter und des unehelichen Vaters die gerichtliche Erziehungshilfe angeordnet und die am 28.4.1983 erfolgte Unterbringung der Minderjährigen in einem Heim (dem Clara-Fey-Kinderdorf) vormundschaftsgerichtlich genehmigt.

Grund für die Unterbringung war, daß die schwerbehinderte Minderjährige (diskrete spastische Parese besonders der UE, ausgesprägter Entwicklungsrückstand im geistig-seelischen Bereich und ausgeprägte Sprachstörung) in der Familie psychisch und physisch gefährdet war und zufolge ihrer Behinderung einer konsequenten Förderung und Betreuung bedurfte, die im Haushalt der Eltern nicht gewährleistet war.

In der Folge beantragten die Eltern die Rückgabe der Minderjährigen in ihre Pflege und Erziehung.

Mit Beschluß vom 7.12.1984, ON 11, wies das Erstgericht den Antrag der Eltern ab. Es führte aus, die Minderjährige habe sich seit ihrer überstellung im Clara-Fey-Kinderdorf sehr gut entwickelt und beträchtliche Fortschritte gemacht. Nach einer kommissionellen Berufsberatung im Kinderdorf sei beschlossen worden, der Minderjährigen ein 10.Schuljahr zu ermöglichen. Um die Beziehungen zwischen den Eltern und dem Kind aufrecht zu erhalten, würden der Minderjährigen ausgedehnte Ausgänge zu den Eltern eingeräumt, die aber immer eine Verstörung des Kindes bewirkten, so daß es mehrere Tage brauche, um sich wieder integrieren zu können. Da die Eltern nicht in der Lage seien, dem Kind die nötige Förderung und Erziehung zu bieten, liege der weitere Verbleib der Minderjährigen im Heim in deren Interesse.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Eltern nicht Folge. Es vertrat die Ansicht, die Minderjährige brauche auf Grund ihrer schweren Behinderung eine konsequente Betreuung und Förderung, die im Haushalt der Eltern - die Mutter der Minderjährigen ist gleichfalls behindert - keineswegs sichergestellt sei.

Insbesondere erscheine es im Interesse des Kindeswohles nicht nur zweckmäßig sondern geradezu geboten, der Minderjährigen die Beendigung des 10.Schuljahres in der gewohnten Umgebung zu ermöglichen. Die Vorwürfe der Eltern des Kindes über mangelnde Betreuung und Versorgung träfen nicht zu. Soweit die Eltern im Rahmen ihrer Rechtsmittelausführungen den Antrag stellten, die Minderjährige nach Beendigung des letzten Schuljahres in ihre Pflege und Erziehung zu übergeben, werde darüber vom Erstgericht noch zu entscheiden sein.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der ao. Revisionsrekurs der Eltern des Kindes, der zwar keinen Rekursantrag enthält, dem aber mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, daß die Rechtsmittelwerber die Aufhebung der gerichtlichen Erziehungshilfe und die Rückgabe der Minderjährigen in ihre Pflege und Erziehung anstreben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekus ist unzulässig.

Gemäß § 16 Abs 1 AußStrG findet gegen einen bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität statt. Eine Nullität oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung wird nicht behauptet. Auch eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nicht vor. Eine solche ist nur gegeben, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (SZ 39/103 uva). Gemäß § 9 Abs 1 JWG umfaßt die Erziehungshilfe alle Maßnahmen, die dem Ziel einer sachgemäßen und verantwortungsbewußten Erziehung dienen, wie Erziehungsberatung, anderweitige Unterbringung, Einweisung in einen Kindergarten, einen Hort, eine Tagesheimstätte, ein Jugendheim oder ein Erholungsheim. Gemäß § 9 Abs 4 JWG endet die Erziehungshilfe durch Unterbringung in einer anderen Familie oder in einem Heim mit der Volljährigkeit des Minderjährigen. Sie ist früher aufzuheben, wenn ihr Zweck erreicht oder dessen Erreichung in anderer Weise sichergestellt ist oder wenn sich die Erreichung des Zweckes voraussichtlich als unmöglich erweist. Gemäß § 26 Abs 1 JWG darf das Vormundschaftsgericht die gerichtliche Erziehungshilfe nur anordnen, wenn sie deshalb geboten ist, weil die Erziehungsberechtigten ihre Erziehungsgewalt mißbrauchen oder die damit verbundenen Pflichten nicht erfüllen. Welche tatsächlichen Umstände im konkreten Einzelfall die Anordnung oder Aufrechterhaltung einer Maßnahme nach § 26 JWG rechtfertigen, ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Sofern daher nicht in Mißachtung der Grundprinzipien des Wohles pflegebefohlener Kinder der Rahmen des dem Gericht vom Gesetz eingeräumten Ermessens überschritten wird, liegt eine offenbare Gesetzwidrigkeit nicht vor (EFSlg 32.647, 44.673 uva). Die Eltern bekämpfen in ihrem Revisionsrekurs nur allgemein die Ansicht des Rekursgerichtes, eine konsequente Förderung und Betreuung der Minderjährigen sei bei ihren Eltern nicht sichergestellt. Diese Ansicht ist jedoch durch das Ergebnis der Erhebungen des Jugendamtes und der Jugendgerichtshilfe gedeckt. Soweit die Eltern aber die Aufhebung der Erziehungshilfe für die Zeit nach dem Ende des 10.Schuljahres der Minderjährigen anstreben, hat schon das Rekursgericht darauf verwiesen, daß über diesen Antrag vom Erstgericht zu entscheiden sein wird.

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E05487

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00571.85.0425.000

Dokumentnummer

JJT_19850425_OGH0002_0060OB00571_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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