TE OGH 1985/4/25 12Os31/85

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Veröffentlicht am 25.04.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.April 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral (Berichterstatter), Hon.Prof.

Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Loidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1, 129 Z. 1 und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Johann A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. Jänner 1985, GZ 5 d Vr 12022/84-15, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser und des Verteidigers Dr. Edwin Morent für Dr. Liselotte Morent, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann A des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1, 129 Z. 1 und § 15 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 27.Juli 1984 in Wien anderen fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert durch Einbruch mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, 1./ weggenommen zu haben, und zwar dem Schuhmacher Josef B durch Einsteigen in sein Geschäftslokal vier Geldrollen zu je 50 Stück 1 S-Münzen, eine 50 S-Silbermünze sowie ein Paar Schuhe; 2./ wegzunehmen versucht zu haben, und zwar dem Rudolf C nach Einschlagen einer Fensterscheibe seiner Wohnung Bargeld in nicht mehr festzustellender Höhe, wobei die Vollendung der Tat lediglich zufolge Aufmerksamkeit des Rudolf C unterblieben sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit b und Z. 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Strafausspruch wird mit Berufung angefochten.

Mit letztgenanntem Nichtigkeitsgrund wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme der Verbrechensqualifikation nach § 129 Z. 1 StGB im Schuldspruchfaktum 1./, davon ausgehend, daß das Betreten eines Gebäudes durch ein 'auf Straßenniveau' gelegenes offenes Fenster - und als solches sei die Auslagenscheibe des Schuhgeschäftes des Josef B in Wien-Simmering, Kopalgasse 1 zu beurteilen - nicht als 'Einsteigen' im Sinne des § 129 Z. 1 StGB zu qualifizieren sei. Er läßt aber mit diesem Vorbringen die Urteilsannahmen unberücksichtigt, wonach er auf einen Mauervorsprung des Hauses Kopalgasse 1 gestiegen ist, sich 'mit Armkraft' an der (zumindest 1,70 m über dem Straßenniveau gelegenen; AS. 17, 18) Oberkante der Auslage aufgezogen hat und durch die darüberliegende (schräg offenstehende) Oberlichte in das Innere des Geschäftslokales des Josef B eingestiegen ist (AS. 75). Solcherart bringt er den angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der ein Festhalten an dem im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleichung mit dem darauf angewendeten Gesetz und den Nachweis verlangt, daß das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhaltes einem Rechtsirrtum unterlegen sei, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Zum Schuldspruchfaktum 2./ vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, daß das Einschlagen einer Fensterscheibe zur Wohnung des Rudolf C bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht als versuchter Einbruchsdiebstahl, sondern noch als straflose Vorbereitungshandlung zu beurteilen sei. Da er mit dem (gewaltsamen) Eindringen in die Wohnung 'nicht ausschließlich diebische Absichten' verfolgte, sondern dort auch nächtigen wollte, falle ihm nur das Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zur Last.

Die Rechtsrüge hält einer überprüfung nicht stand.

Nach den Urteilsannahmen schlug der Angeklagte Johann A am 27.Juli 1984 gegen Mitternacht mit einem Ziegelstein die Fensterscheibe zum Wohnzimmer der ebenerdig gelegenen Wohnung des Rudolf C in der Kopalgasse 34/2 ein. Er 'beabsichtigte, in die Wohnung einzusteigen, nach Bargeld zu suchen und in der Wohnung die Nacht zu verbringen' (AS. 76). An der Ausführung seines Planes wurde der Angeklagte durch das Schreien einer Hauspartei und das Einschreiten der Polizei gehindert.

Eine Tat ist versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen (oder einen anderen dazu zu bestimmen), durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt (§ 15 Abs 2 StGB). Versuch setzt demnach (nur) eine Handlung voraus, die in unmittelbarer sinnfälliger Beziehung zum tatbildmäßigen Unrecht steht und diesem zeitlich nahe ist. Erfaßt wird sohin schon jede Handlung, mit welcher der Täter nach seinen Vorstellungen über die Tat zur Ausführung derselben ansetzt (fallbezogen etwa schon das Aufhebung des Ziegelsteines), umsomehr aber jede Handlung, die - wie vorliegend das Einschlagen der Fensterscheibe - bereits Ausführungshandlung ist (vgl. Leukauf-Steininger 2 , RN. 6 und 17 zu § 15 StGB). Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Vorsatz des Täters bei der Ausführung der Tat ausschließlich darauf gerichtet war, den tatbildmäßigen Erfolg (unrechtmäßiger Sachwegnahme) herbeizuführen oder ob er - wie im gegenständlichen Fall durch die 'Absicht', in der Wohnung zu nächtigen - mit dem geplanten Einsteigen in die Wohnung noch weitere Zielvorstellungen verband. Denn Vorsatz (im Sinne des § 5 Abs 1 erster Halbsatz StGB; 'absichtliches Handeln' im Sinne des § 5 Abs 2 StGB ist nicht Tatbestandsvoraussetzung des Diebstahls) bedeutet Verwirklichenwollen eines Sachverhaltes, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Daß der Angeklagte aber die Fensterscheibe zur Wohnung des Rudolf C auch mit dem Ziele eingeschlagen hat, diesem durch Einsteigen Bargeld zu stehlen, hat er niemals in Abrede gestellt und bleibt selbst nach dem Beschwerdevorbringen unbekämpft. Zutreffend beurteilte daher das Erstgericht das Verhalten des Angeklagten als versuchten Diebstahl durch Einbruch nach § 15, 127 Abs 1, 129 Z. 1 StGB

Demgemäß versagt aber auch die auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO gestützte Rechtsrüge des Angeklagten, mit der er das Vorliegen der Voraussetzungen des § 42 StGB behauptet. Denn mit Rücksicht auf die zutreffende Beurteilung des Tatverhaltens des Beschwerdeführers als teils versuchtes, teils vollendetes Verbrechen des Diebstahls nach § 127 Abs 1, 129 Z. 1 und § 15 StGB (strafbedroht mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren) fehlt es schon an der primären Voraussetzung für die Anwendung des § 42 StGB einer von Amts wegen zu verfolgenden Tat, die nur mit Geldstrafe, mit nicht mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe oder mit einer solchen Freiheitsstrafe und Geldstrafe bedroht sein darf (§ 42 Abs 1 StGB).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann A war daher zu

verwerfen.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes nach § 41 StGB (auf ein Monat) an. Die Berufung ist nicht berechtigt.

Zu den vom Erstgericht zutreffend festgestellten Strafbemessungsgründen kommt noch die sich aus den Vorstrafakten ergebende verminderte Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten als mildernd hinzu. Hingegen kann von einer Unbesonnenheit des immer wieder straffällig werdenden Angeklagten auch dann keineswegs gesprochen werden, wenn er, wie er behauptet, leicht alkoholisiert war. Auch die vernachlässigte Erziehung kann bei dem zur Tatzeit 23- jährigen Angeklagten nicht mehr als mildernd herangezogen werden. Alle Versuche, den Angeklagten durch den Vollzug längerer Freiheitsstrafen zu bessern, sind bisher gescheitert. Daß der Angeklagte aus der Haft ausgebrochen ist und die vorübergehend erlangte Freiheit dazu benützt hat, wieder Einbruchsdiebstähle zu begehen, vermindert nicht sein Verschulden. Im Gegenteil, die Begehung der Tat während eines Strafvollzuges ist ebenso wie der rasche Rückfall, wobei auch die Voraussetzungen einer Strafschärfung nach § 39 StGB vorliegen, als erschwerend zu werten. Bei dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und der Persönlichkeit des Täters ist die vom Erstgericht verhängte Strafe in der Dauer von acht Monaten nicht überhöht, sodaß der Berufung ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E05545

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0120OS00031.85.0425.000

Dokumentnummer

JJT_19850425_OGH0002_0120OS00031_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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