Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Klinger und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erwin A, Kaufmann, Wien 8., Langegasse 33, vertreten durch Dr. Karl Zingher, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Kriemhilde B, Hausfrau, Wien 19., Formanekgasse 3, vertreten durch Dr. Johann Subarsky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft (Streitwert S 1,678.000,--) infolge der Rekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 10. Dezember 1984, GZ 11 R 249/84-10, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 4.Juli 1984, GZ 8 Cg 101/84-6, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde,folgenden
Beschluß gefaßt:
Spruch
Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.
Text
Begründung:
Die Streitteile sind Geschwister und haben die unbelastete, einer Realteilung unzugängliche Liegenschaft EZ 375 Katastralgemeinde Josefstadt mit dem Haus Josefstädterstraße 15/Langegasse 33 im Erbweg nach ihrer am 5.Februar 1979 verstorbenen Mutter durch Einantwortung am 3.September 1981 je zur Hälfte erworben. Am 8.März 1983 stellte der Kläger beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu 2 Nc 328/83 den Antrag, die Zustimmung der Beklagten zu dem Ansuchen um die nachträgliche baubehördliche Genehmigung eines Mauerdurchbruches zwischen dem auf der vorerwähnten Liegenschaft gelegenen Betriebsraum und den angrenzenden Räumen des Nachbarhauses Josefstädterstraße 17 zu ersetzen. Er brachte dazu im wesentlichen vor: Schon zu Lebzeiten der Mutter der Streitteile habe die A & Sohn OHG, deren Gesellschafter der Kläger und dessen Gattin gewesen seien, in dem von ihr gemieteten Hausteil (ein Geschäftslokal und einen Betriebsraum an der Hausfront Josefstädterstraße 15) das Fleischhauergewerbe ausgeübt. Derzeit sei das Geschäftslokal an die Brüder C KG untervermietet, die darin gleichfalls eine Fleischhauerei betreibe, während der Betriebsraum an die Möbelhandelsfirma D untervermietet sei, die auch im Nachbarhaus Josefstädterstraße 17 Mieträume besitze. Im Zuge der Untervermietung sei der Firma D das Recht eingeräumt worden, zwischen dem Betriebsraum im Haus der Streitteile und ihren Mieträumen im Hause Josefstädterstraße 17 einen Durchbruch herzustellen. Die Beklagte verweigere unberechtigterweise ihre Zustimmung zu dem erforderlichen Ansuchen der Liegenschaftseigentümer um die nachträgliche baubehördliche Genehmigung dieses Durchbruches.
Die Beklagte beantragte aus folgenden Gründen die Abweisung dieses Antrages: Der Kläger sei nicht Mieter des nunmehr von der Firma D benützten Betriebsraumes. Er sei sich durchaus dessen bewußt gewesen, nicht dazu berechtigt zu sein, diesen Raum an Dritte weiterzugeben, sondern verpflichtet zu sein, den Raum an die Hausinhabung zurückzugeben. Das ergebe sich schlüssig daraus, daß er am 13.Dezember 1979 'als Bevollmächtigter der Hauseigentümer' - allerdings ohne Rücksprache mit der Beklagten - über den Betriebsraum mit der Firma D einen Hauptmietvertrag geschlossen habe.
Sie (Beklagte) habe stets erklärt, diesen Hauptmietvertrag nicht anzuerkennen, weil der Kläger zu dessen Abschluß 'als Bevollmächtigter der Hauseigentümer' nicht berechtigt gewesen sei. Als die Vertreter der Streitteile in der Tagsatzung vom 19. Oktober 1983
erklärten, daß Einigung über die freiwillige Versteigerung der Liegenschaft bestehe und im Falle des Erwerbes der gegenständliche Antrag hinfällig werde, erstreckte das Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Tagsatzung auf unbestimmte Zeit und gab bekannt, daß das Verfahren nur auf Antrag des Klägers fortgesetzt werde. Mit der am 27.März 1984 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft der Streitteile an der Liegenschaft durch gerichtliche Feilbietung. Er brachte vor: Die Streitteile seien übereingekommen, eine freiwillige Feilbietung der Liegenschaft durchzuführen (Schreiben vom 12. September 1983 und 10. Oktober 1983), doch habe die Beklagte mit Schreiben ihres Anwaltes vom 8.März 1984 ihre Zustimmung zur freiwilligen Versteigerung widerrufen. Nach Ansicht des Klägers liege bereits eine vertragliche Einigung über die Durchführung der Teilung durch Versteigerung vor. Er bestehe auf der Aufhebung der Gemeinschaft. Es liege weder Unzeit vor, noch seien Umstände gegeben, die der Beklagten zum Nachteil gereichen würden.
Die Beklagte beantragte Klageabweisung und wendete ein: Mit Schreiben vom 12. September 1983 habe der Klagevertreter um Mitteilung ersucht, ob einer freiwilligen Versteigerung zugestimmt werde, und angeboten, das geringste Gebot durch Vereinbarung festzulegen. Mit Schreiben vom 10.Oktober 1983 habe der Beklagtenvertreter geantwortet, daß die Beklagte zwar an sich das von den Eltern ererbte Gut erhalten habe wollen, daß sie aber wegen der unerträglichen und unüberbrückbaren Differenzen dem Wunsch des Klägers nach einer freiwilligen Versteigerung nicht entgegentrete; im Grund genommen sei eine freiwillige Versteigerung derzeit untunlich; das geringste Gebot müßte durch Vereinbarung festgelegt werden. Da somit eine bindende vertragliche Einigung auf Zivilteilung noch nicht zustandegekommen sei, sei es ihr völlig unbenommen geblieben, durch Schreiben ihres Anwaltes vom 8.März 1984 erklären zu lassen, daß sie derzeit wegen Unzeit einer freiwilligen Teilung nicht zustimme. Das Zivilteilungsbegehren werde zur Unzeit und zum Nachteil der Beklagten erhoben.
Die nach Treu und Glauben geschuldete Rücksichtnahme verbiete es dem Kläger, derzeit um Teilung einzukommen. Insbesondere folgende Umstände, die von Einfluß auf den wahren Wert der Liegenschaft und demnach auf die ordnungsgemäße Berechnung des geringsten Gebotes seien, bedürften der Klärung, die auch in kürzester Zeit erfolgen könnte und vom Kläger überdies wiederholt zugsagt worden sei: Unklar sei, ob der Kläger oder die A & Sohn OHG Mieter der Räumlichkeiten sei, in denen die genannte Gesellschaft eine Fleischhauerei betrieben habe, um welche Räumlichkeiten und Abstellflächen im Hof es sich dabei im einzelnen gehandelt habe - nicht alle Räumlichkeiten, die angeblich zum seinerzeitigen Geschäftsbetrieb der A & Sohn OHG gehört hätten, seien derzeit vermietet - , ob die Brüder C KG und die Firma D Haupt-oder Untermieter der von ihnen benützten Räumlichkeiten seien.
Ohne Klärung all dieser Umstände hätte es der Kläger leicht in der Hand, selbst um das geringste Gebot mitzusteigern, zumal er sich de facto im Besitz der strittigen Objekte befinde. Der Beklagten würde es schwerfallen mitzusteigern, weil sie sich erst nachträglich um die Klärung der Rechtsstellung des Klägers kümmern müßte und im Falle einer Klärung zu ihrem Nachteil für das von den Eltern ererbte Gut allenfalls zu viel bezahlt hätte.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es ging aufgrund der Akten des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien 1 A 181/79 und 2 Nc 328/83 davon aus, daß nicht festgestellt werden könne, ob zwischen den Streitteilen im Jahre 1983
eine Teilungsvereinbarung zustandegekommen sei, sowie daß hinsichtlich verschiedener Objekte im gegenständlichen Haus, die teils von der Brüder C KG, teils von der Firma D verwendet würden, die Rechtsverhältnisse, aufgrund derer diese Objekte benützt würden, zwischen den Parteien ungeklärt seien bzw. nicht feststellbar sei, welche Objekte untervermietet und welche Objekte aufgrund von Haupt- oder Untermietverträgen vergeben seien. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus:
Das Klagebegehren sei in jedem Fall ohne weitere Beweisaufnahme abzuweisen. Eine Erklärung der Beklagten, dem Wunsch des Klägers nach Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch freiwillige Versteigerung nicht entgegenzutreten, könne keineswegs als Zustimmung gewertet werden. Nur eine solche Zustimmung aber hätte die Beklagte vertraglich derart gebunden, daß ein einseitiger Widerruf dieser Zustimmung nicht zur Aufhebung des Vertrages betreffend die Auflösung der Eigentumsgemeinschaft hätte führen können.
Gemäß § 830 ABGB könne dem Anspruch eines Miteigentümers auf Aufhebung der Gemeinschaft an gemeinschaftlichem Eigentum entgegengehalten werden, daß die Teilung nicht zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen Miteigentümer erfolgen dürfe, wobei sich derjenige, der die Aufhebung der Gemeinschaft begehre, einen den Umständen angemessenen nicht vermeidlichen Aufschub gefallen lassen müsse. Nach ständiger Rechtsprechung liege ein solches Teilungshindernis nicht in der Tatsache begründet, daß es sich bei der gemeinschaftlichen Sache um Familienvermögen handle, also daß es die Miteigentümer ererbt hätten.
Wenn aber - wie im gegenständlichen Fall - nicht geklärt sei, welche Objekte im Hause überhaupt vermietet seien bzw. an wen derartige Objekte vermietet seien und ob die derzeitigen Benützer dieser Objekte ihr Nutzungsrecht aus einem Hauptmietvertrag oder einem Untermietvertrag ableiteten, stehe dem Teilungsbegehren Unzeit entgegen. Bevor nämlich feststehe, mit welchen Bestandrechten das Objekt belastet sei, ob es sich dabei um Haupt- oder Untermietverhältnisse handle, könne nicht geklärt werden, wie hoch der Wert der Liegenschaft tatsächlich sei. Die Frage, ob Bestandobjekte im Haus leerstünden oder vermietet seien, habe ebenso wie die Frage, wonach sich die Mietzinsbildung richte, entscheidende Bedeutung für den Ertragswert des Hauses und damit auch für den Schätzwert. Es könne aber nicht Gegenstand des Teilungsverfahrens sein festzustellen, welche Objekte im Hause vermietet seien und ob es sich dabei um Haupt- oder Untermietverträge handle. Es werde vielmehr Sache der Streitteile sein, diese Fragen vor der Geltendmachung des Teilungsanspruches einer Klärung zuzuführen. Die Unklarheiten über das Vorliegen von Bestandverhältnissen rechtfertige daher einen Aufschub der Teilung.
Hingegen könne der Beklagten nicht gefolgt werden, daß die Geltendmachung des Teilungsanspruches durch den Kläger zu ihrem Nachteil erfolge, weil sie selbst keines der Objekte im gegenständlichen Haus benütze und ihr daher durch den Verkauf des Hauses kein Nachteil erwachsen könne, und zwar unabhängig davon, ob der Kläger, sie selbst oder eine dritte Person das Objekt erwerbe. Der Umstand, daß sich die Beklagte in Unkenntnis darüber befinde, welche Objekte vermietet seien bzw. ob Haupt- oder Untermietverhältnisse bestünden, während der Kläger diese Kenntnis habe, führe zwar entgegen der Ansicht der Beklagten nicht dazu, daß das Teilungsbegehren des Klägers zum Nachteil der Beklagten geltend gemacht werde, es sei aber diesen Ausführungen entsprechend davon auszugehen, daß sich der Kläger einen angemessenen Aufschub gefallen lassen müsse.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt und mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige, auf und verwies die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es führte aus:
Den gegen die Annahme des Erstgerichtes, die ungeklärten Miet- und Nutzungsverhältnisse im strittigen Haus bewirkten die Unzeit des Teilungsbegehrens, gerichteten Ausführungen des Klägers sei beizupflichten.
Unzeit sei ein objektiver, außerhalb der Beteiligten bestehender Umstand, der die Teilung zur gegebenen Zeit unzweckmäßig und für beide Teile schädigend mache (SZ 47 119). Dauernde oder nicht zu beseitigende Nachteile könnten dem Teilungsbegehren nicht mit Erfolg entgegengesetzt werden. Es müsse sich vielmehr um einen vorübergehenden, absehbaren Ausnahmezustand handeln (MietSlg.32.047; Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz.6 zu § 830). Diese Voraussetzungen lägen hier aber nicht vor. Die Beklagte wende in ihrer Klagebeantwortung zwar ein, daß eine Klärung dieser strittigen Miet- und Benützungsverhältnisse 'in kürzester Zeit erfolgen könnte', habe aber keinerlei konkrete Behauptungen in der Richtung aufstellen können, daß Verfahren, die zu einer Klärung dieser Umstände führen könnten, auch nur anhängig gemacht worden wären. Im Verfahren 2 Nc 328/83 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien auf Ersetzung der Genehmigung eines Mauerdurchbruches, das überdies auf Antrag beider Parteien auf unbestimmte Zeit vertagt worden sei, könnte eine Feststellung der strittigen Rechtsverhältnisse mit Bindungswirkung für beide Streitteile ohnehin nicht erfolgen. Die von der Beklagten behaupteten ungeklärten Miet- und Benützungsverhältnisse rechtfertigten daher nicht die Annahme einer Unzeit im Sinne des § 830 ABGB.
Die Beklagte habe jedoch vorgebracht, daß ihr der Kläger die Klärung dieser Punkte immer wieder zugesagt habe. Gemäß § 831 ABGB könnten sich die Miteigentümer zur Fortsetzung der Gemeinschaft verpflichten. Diese Verpflichtung könne ausdrücklich oder schlüssig erfolgen (Gamerith a.a.O. Rdz.2 zu § 831). In der Zusage, die strittigen Rechtsverhältnisse zu klären, könne aber der Verzicht des Klägers auf Teilung bis zur Klärung dieser strittigen Rechtsverhältnisse gelegen sein. Da das Erstgericht aber, ausgehend von seiner unrichtigen Rechtsansicht, dieses für die Beurteilung der Rechtssache erhebliche Vorbringen nicht erörtert habe, sei das Verfahren mangelhaft geblieben, sodaß das Ersturteil aufzuheben gewesen sei.
Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht mit den Parteien zu erörtern haben, welche konkreten Zusagen der Kläger bezüglich der Klärung der strittigen Rechtsverhältnisse gegeben haben solle und welche Beweise dafür angeboten würden. Erst nach Ergänzung des Verfahrens in dieser Richtung werde eine abschließende Beurteilung der Rechtssache möglich sein.
Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richten sich die Rekurse beider Parteien, in denen in erster Linie die Sachentscheidung im Sinne ihres jeweiligen Prozeßstandpunktes beantragt wird. Hilfsweise wird in beiden Rechtsmitteln ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in seiner Rekursbeantwortung, dem Rekurs der Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Beide Rekurse sind im Ergebnis nicht berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof hat in letzter Zeit wiederholt - der Lehrmeinung von Frotz in E 1974,32 folgend - dargelegt, daß der Aufhebungsanspruch des Miteigentümers dem Gemeinschaftsverhältnis entspringt und schuldrechtlicher Natur ist. Die im § 830 ABGB normierten Aufhebungshindernisse stellen sich demnach nur als die gesetzliche Anerkennung und Konkretisierung der innerhalb von Schuldverhältnissen nach Treu und Glauben geschuldeten Rücksichtnahme auf die Interessen der Partner dar (MietSlg.33.055, 34.069; 5 Ob 564/81;
JBl.1985, 165). Jedes Schuldverhältnis begründet je nach der Intensität der besonderen Art der Sonderverbindung in verschiedenem Maß und Umfang Pflichten zu wechselseitiger Rücksichtnahme und zur Beachtung der berechtigten Belange des anderen. Die Norm hiefür bildet der Grundsatz von Treu und Glauben (Larenz, Schuldrecht 13 I 9). Bei einem Gemeinschaftsverhältnis muß diese Rücksichtnahme aber, wie der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung klargestellt hat, nicht so weit gehen, daß auf den Aufhebungsanspruch für eine unabsehbare Zeit Verzicht zu leisten wäre (MietSlg.34.069; JBl.1985, 165). Es ist daher daran festzuhalten, daß Teilungshindernisse grundsätzlich nur Umstände vorübergehender Natur sein können. Der die Teilung anstrebende Teilhaber muß aber dennoch sein Begehren am Prinzip von Treu und Glauben messen lassen (JBl.1985, 165). Der erkennende Senat hat auch bereits in einem dem vorliegenden Fall durchaus vergleichbaren Fall ausgesprochen ( 5 Ob 554/81), daß dem ein Miethaus betreffenden Zivilteilungsbegehren eine innerhalb angemessener Frist zu behebende Unklarheit über die Ertragslage dieses Hauses als Teilungshindernis entgegenstehen kann. Es geht nicht an, die Klärung von Streitfragen, von deren Beantwortung die Höhe des bei der angestrebten gerichtlichen Feilbietung erzielbaren Meistbotes maßgeblich beeinflußt werden kann, schlechthin der mangels Einigung der Miteigentümer über den Ausrufpreis im Exekutionsverfahren nach § 352 EO durchzuführenden Schätzung vorzubehalten. Mag diese Schätzung, die bei der Mieterschutzgesetzgebung unterliegenden Häusern vom Verkehrswert auszugehen hat (Heller-Berger-Stix 1.143), auch im allgemeinen dazu ausreichen, eine Verschleuderung der gemeinsamen Liegenschaft unter ihrem wahren Wert und damit eine Benachteiligung der auf Teilung durch gerichtliche Feilbietung beklagten Miteigentümer hintanzuhalten (Heller-Berger-Stix 2.540 f.; vgl. auch SZ 39/90 und SZ 48/41, so erscheint sie doch nicht immer geeignet, komplizierte Tat- und Rechtsfragen in einer Art und Weise zu klären, daß nicht nur für den gerichtlichen Sachverständigen im Exekutionsverfahren und für die Miteigentümer, sondern auch für dritte Kaufinteressenten eine sichere Beurteilung der auch für den Verkehrswert bedeutsamen Ertragslage des Hauses gewährleistet ist. Eine Anwendung dieser Grundsätze auf den gegenständlichen Fall ergibt, daß die im Haus der Streitteile herrschenden unklaren Miet- und Benützungsverhältnisse, die zu einer Unklarheit über die Ertragslage und damit über den Wert des Hauses führen, ein Teilungshindernis bilden können. Derzeit bestehen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes keine Anhaltspunkte dafür, daß die Klärung der strittigen Fragen nicht innerhalb eines dem Kläger im Sinne der obigen Ausführungen nach Treu und Glauben bei gebührender Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten zumutbaren Zeitraumes erfolgen könnte. Daß Verfahren, die zur Herbeiführung einer solchen Klärung geeignet sind, bereits im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz über das Teilungsbegehren anhängig sind, ist - mag dies auch in den mehreren bisher entschiedenen Fällen zugetroffen haben ( vgl. etwa MietSlg.34.073, 35.059) - nicht zu fordern. Es ist vor allem Sache des auf Teilung dringenden Miteigentümers, seinem Begehren entgegenstehende Hindernisse zu beseitigen. Feststellungen darüber, ob der Kläger der Beklagten - dem Grundsatz von Treu und Glauben entsprechend und der gebotenen Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten Rechnung tragend - die Klärung der strittigen Mietund Benützungsverhältnisse auch zugesagt und damit auf die Durchsetzung seines Teilungsanspruches bis zu dieser Klärung verzichtet hat, erscheinen dem Obersten Gerichtshof daher entbehrlich. Die Sache ist aber dessen ungeachtet noch nicht im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils spruchreif, weil der Kläger sein Zivilteilungsbegehren in der Klage - worauf er schon in der Berufung gegen das Ersturteil, aber auch in seinem Rekurs gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß richtig hinweist - auch auf die (unbedingte und uneingeschränkte) Zustimmung der Beklagten zur (sofortigen) freiwilligen Versteigerung der Liegenschaft gestützt hat, welche die Beklagte nicht einseitig habe widerrufen können. Zu dieser von der Beklagten bestrittenen Behauptung, die - wenn sie in vollem Umfang zuträfe - eine Berufung der Beklagten auf das vorerwähnte Teilungshindernis ausschlösse, fehlt es aber an den entgegen der Ansicht des Erstgerichtes notwendigen Feststellungen. Es hat daher im Ergebnis bei dem angefochtenen Aufhebungsbeschluß zu verbleiben. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren die fehlenden Feststellungen über die vom Kläger behauptete Einigung der Streitteile über die gerichtliche Feilbietung der gegenständlichen Liegenschaft nachzutragen und sodann neuerlich über die Klage zu entscheiden haben.
Beiden Rekursen war ein Erfolg zu versagen.
Der Vorbehalt der Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO sowie darauf, daß beide Rechtsmittel zur weiteren Klärung der Rechtslage beigetragen haben.
Anmerkung
E05760European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00525.85.0430.000Dokumentnummer
JJT_19850430_OGH0002_0050OB00525_8500000_000