TE OGH 1985/5/7 2Ob640/84

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Veröffentlicht am 07.05.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Rosemarie A, Flugdienstberaterin, 2401 Fischamend, Parzivalstraße 30, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wider den Antragsgegner Edmund A, Geschäftsmann, 2401 Fischamend, Haselriederstraße 14/2/12, vertreten durch Dr. Otto Schuhmeister und Dr. Rolf Schuhmeister, Rechtsanwälte in Schwechat, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 29. Februar 1984, GZ. 44 R 218/83-25, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Schwechat vom 21. September 1983, GZ. F 2/83-13, als nichtig aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung über die Rekurse aufgetragen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile, die am 3. August 1979 geschlossen worden war, wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 19. November 1982, 16 Cg 300/82, aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners geschieden.

Am 10. Februar 1983 beantragte die Antragstellerin gemäß den §§ 81 ff. EheG:

1.) ihr die Hauptmietrechte an der ehelichen Wohnung in Fischamend, Haselriederstraße 14/2/12, welche bisher der Antragsgegner innehatte, zu übertragen, und den Antragsgegner für schuldig zu erkennen, diese Wohnung binnen 14 Tagen von seiner Fahrhabe zu räumen;

2.) ihr die Einrichtungs- und Hausratsgegenstände der zu 1.) genannten ehelichen Wohnung zuzusprechen;

3.) durch Beschluß zu erkennen, daß der Antragsgegner verpflichtet sei, die noch offenen Kredite, und zwar einerseits mit derzeit ca. S 80.000,--, aushaftend bei der B C D, andererseits mit ca. S 60.000,-

-, aushaftend bei der E, allein zurückzubezahlen und die Antragstellerin, welche für beide Kredite mithafte, zur Gänze schad- und klaglos zu halten;

4.) den Antragsgegner zur Leistung einer Ausgleichszahlung von S 50.000,-- binnen 14 Tagen, in eventu zur Abdeckung des Kontoüberzuges der Antragstellerin bei der F (ca. S 40.000,--), bzw. zur Refundierung der von der Antragstellerin seit der Scheidung zur Abdeckung dieses Kontos bezahlten Beträge zu verpflichten. Im Laufe des Verfahrens modifizierte die Antragstellerin ihren unter Punkt 3.) wiedergegebenen Antrag dahingehend, daß der Antragsgegner verpflichtet werde, anstelle der alleinigen übernahme der Kreditrückzahlungsverpflichtung über ca. S 80.000,-- bei der B C D (welcher Kredit von der Antragstellerin bereits rückgezahlt wurde) S 1.700,-- monatlich bis zur Höhe eines Betrages von S 103.000,-- (das ist der gesamte von der Antragstellerin geleistete Rückzahlungsbetrag) an die Antragstellerin zu bezahlen. Der Antragsgegner sprach sich dagegen aus und brachte vor, der Kredit über S 80.000,-- sei zur Gänze für das von ihm betriebene geschäftliche Unternehmen verwendet worden. Der überziehungskredit der Antragstellerin bei der F im Betrage von S 40.000,-- und der E-Kredit über S 60.000,-- seien in den gemeinsamen Haushalt geflossen und verbraucht worden.

Am 22. April 1983 wurde über das Vermögen des Antragsgegners beim Landesgericht für ZRS Wien der Konkurs zu S 71/83 eröffnet. Mit Beschluß vom 21. September 1983 wies das Erstgericht die Ehewohnung samt dem gesamten darin befindlichen Hausrat der Antragstellerin zu und ordnete an, daß diese anstelle des Antragsgegners in das Hauptmietverhältnis eintrete. Weiters verpflichtete es den Antragsgegner zur Räumung der Wohnung binnen 14 Tagen ab Rechtskraft des Beschlusses.

Das übrige Begehren der Antragstellerin wurde abgewiesen. Gegen den Beschluß des Erstgerichtes erhoben die Antragstellerin, der Antragsgegner, sowie - nach Veranlassung der Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses durch das Rekursgericht - auch der Masseverwalter im Konkurs des Antragsgegners Rekurse. Aus Anlaß des Rekurses des Masseverwalters hob das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes als nichtig auf, erklärte das Verfahren ab dem Tage der Konkurseröffnung über das Vermögen des Antragsgegners (22. April 1983) für nichtig und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Rekursgericht führte aus, der Antragsgegner habe selbst durch seinen gewillkürten Vertreter die Tatsache der Konkurseröffnung über sein Vermögen dem Erstgericht bekanntgegeben und hiebei auf die Kraft der Bestimmungen der Konkursordnung eingetretene Unterbrechung anhängiger Rechtsstreitigkeiten verwiesen. Allerdings sehe das Außerstreitgesetz eine Unterbrechung dieses Verfahrens - auch im Falle der Konkurseröffnung - nicht vor. Da das gegenständliche Verfahren Vermögensrechte betreffe, die an sich in die Konkursmasse fallen, hätte das Erstgericht ohne Unterbrechung des Verfahrens anstelle des Antragsgegners den Masseverwalter in das Verfahren einzubeziehen gehabt. Die Nichtbeiziehung des Masseverwalters bewirke jedenfalls die Nichtigkeit des Verfahrens ab dem Tage der Konkurseröffnung. Für das außerstreitige Verfahren gälten die Nichtigkeitsgründe der ZPO. Die Nichtigkeit sei von Amts wegen wahrzunehmen. Im fortgesetzten Verfahren werde zunächst die Frage abzuklären sein, ob das Mietrecht des Antragsgegners an der Ehewohnung den Bestimmungen des MRG unterliegt. Sollte dies nämlich der Fall sein, so wäre gemäß § 42 Abs. 4 MRG das Mietrecht der Exekution entzogen, wenn die weitere Voraussetzung zutreffe, daß es sich um für den Antragsgegner unentbehrliche Wohnräume handle. Diesfalls wäre die Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin sohin ohne Rücksichtnahme auf die Interessen der Konkursgläubiger zulässig, wobei die Erwägungen des Erstgerichtes, welche zur Stattgebung des Antrages auf Zuweisung der Ehewohnung führten, grundsätzlich zu billigen seien. Hinsichtlich des Hausrates werde das Erstgericht zunächst zu erheben und festzustellen haben, um welche Gegenstände es sich hiebei handle. Danach werde eine Aufteilung unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen im Rahmen des Antrages des Masseverwalters vorzunehmen sein.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf 'Abänderung im Sinne der Bestätigung des Beschlusses des Erstgerichtes'. Zunächst war die Zulässigkeit des Revisionsrekurses zu prüfen.

Rechtliche Beurteilung

Die Bestimmungen der §§ 231 und 232 Abs. 1 AußStrG über die Rekursbeantwortung und die Rechtsmittelbeschränkung gelten nur für Sachentscheidungen, nicht aber auch für Beschlüsse, mit denen das Verfahren aus formellen Gründen beendet wurde. Bei verfahrensbeendenden Entscheidungen richtet sich die Rechtsmittelzulässigkeit nach den Bestimmungen der §§ 14 und 16 AußStrG (JBl. 1981, 483; JBl. 1980, 601 u.a.). Der vorliegende Beschluß des Rekursgerichtes stellt keine Sachentscheidung dar, sondern eine solche verfahrensrechtliche, die gemäß § 14 Abs. 1 AußStrG angefochten werden kann. Das Rekursgericht unterließ daher zu Recht einen Ausspruch im Sinne des § 232 Abs. 1 erster Satz AußStrG. Der Revisionsrekurs ist daher zulässig; er ist im Ergebnis aber auch berechtigt.

Das Rekursgericht hat in der Unterlassung der Beiziehung des Masseverwalters einen Nichtigkeitsgrund erblickt. Nach ständiger Judikatur ist der Nichtigkeitsbegriff im Außerstreitverfahren der ZPO zu entnehmen und daher § 477 ZPO sinngemäß anzuwenden (vgl. SZ 45/50, 2 Ob 556/84 u.a.). Die Unterlassung der Beiziehung des Masseverwalters anstelle des prozeßunfähigen Gemeinschuldners begründet daher auch im Außerstreitverfahren in sinngemäßer Anwendung des § 477 Abs. 1 Z 5 ZPO Nichtigkeit. Eine Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs. 1 Z 5 ZPO kann aber durch nachträgliche Genehmigung der Prozeßführung durch den gesetzlichen Vertreter geheilt werden (Fasching, Zivilprozeßrecht RZ 352 u.a.). Gemäß § 477 Abs. 2 ZPO, der sinngemäß auch im Außerstreitverfahren anzuwenden ist, liegt eine solche nachträgliche Genehmigung der Prozeßführung insbesondere dann vor, wenn der gesetzliche Vertreter, ohne den Mangel der Vertretung geltend zu machen, durch Erstattung der Berufungsschrift oder der Berufungsbeantwortung in das Berufungsverfahren eingetreten ist. Sinngemäß hat das somit auch für den Fall zu gelten, daß der gesetzliche Vertreter im Außerstreitverfahren durch Erhebung eines Rekurses in das Rechtsmittelverfahren eingetreten ist, ohne den Mangel der Vertretung geltend zu machen. Dies trifft aber im vorliegenden Fall zu. Der Masseverwalter hat nämlich in seinem Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes nicht auf den Mangel der Vertretung des Gemeinschuldners im Verfahren erster Instanz hingewiesen, sondern nur eine vom Erstgericht abweichende Aufteilung des Gebrauchsvermögens (Ehewohnung und Hausrat) sowie die allfällige Auferlegung einer Ausgleichszahlung an die Antragstellerin gefordert. Damit ist aber die dem Beschluß des Erstgerichtes sowie dem erstgerichtlichen Verfahren ab Konkurseröffnung anhaftende Nichtigkeit geheilt. Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung über die Rekurse der Antragstellerin, des Antragsgegners und des Masseverwalters aufzutragen.

Eine Kostenentscheidung entfiel schon mangels Verzeichnung von Kosten des Revisionsrekurses.

Anmerkung

E05867

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00640.84.0507.000

Dokumentnummer

JJT_19850507_OGH0002_0020OB00640_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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