Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B, reg.Genossenschaft m.b.H., Judenburg, Burggasse 7, vertreten durch Dr.Hans Exner, Rechtsanwalt in Judenburg, wider die beklagten Parteien 1. Dr.Fritz C, Rechtsanwalt, Kirchengasse 2, Knittelfeld, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Heinrich D, Bauunternehmer, Zeltweg, Hauptstraße 57, 2. Hermine D, Hausfrau, Hauptstraße 57, Zeltweg, 3. Dipl.Ing.Ilse E F, geb.D, Angestellte, Paniglgasse 15/7, Wien, vertreten durch DDr.Manfred Erschen, Rechtsanwalt in Leoben, wegen S 2,426.278,65 s.A.
infolge Revision der drittbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 24.Jänner 1985, GZ.7 R 1/85-66, womit infolge Berufung der drittbeklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 31. Dezember 1982, GZ.6 Cg 189/79-57, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Drittbeklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 20.965,80
bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 1.687,80 Umsatzsteuer und S 2.400,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die A G (Rechtsvorgängerin der klagenden Partei) gewährte dem Baumeister Heinrich D, dem Vater der Drittbeklagten, von 1963 bis 1967 Kontokorrentkredite bis zum Höchstbetrage von zusammen S 700.000. Mit Vertrag vom 26.6.1969 gründeten Heinrich D und die Drittbeklagte unter der Firma 'Bauunternehmen Heinrich und Ilse D OHG' (im folgenden kurz: OHG), eine offene Handelsgesellschaft. Heinrich D brachte in die Gesellschaft seinen Baumeisterbetrieb ein. Die A G gewährte der OHG, Heinrich D und der Zweitbeklagten am 14.März 1972 einen weiteren Kontokorrentkredit bis zum Höchstbetrag von S 800.000. Als die A G davon erfuhr, daß Heinrich D seinen Baumeisterbetrieb in die OHG eingebracht hatte, forderte sie die Drittbeklagte auf, zur Sicherung sämtlicher dem Heinrich D und der Zweitbeklagten gewährten Kredite (1,5 Millionen Schilling zuzüglich einer Nebengebührenkaution von S 375.000, zusammen daher S 1,875.000) eine Wechselerklärung samt Blankowechsel zu unterfertigen. Mit der Umwandlung der OHG in eine Kommanditgesellschaft hatte die Drittbeklagte ab 1.1.1975 die Stellung einer Kommanditistin. Am 13.7.1977
gewährte die A G Heinrich D, der Zweit- und Drittbeklagten einen Hypothekarkredit in der Höhe von 1 Mio.Schilling. über das Vermögen des Heinrich D wurde am 10.5.1979 der Konkurs eröffnet und der Erstbeklagte zum Masseverwalter bestellt.
Die klagende Partei begehrt von der Beklagten die Rückzahlung der fälliggestellten Kredite. Gegen den Erstbeklagten und die Zweitbeklagte erging Versäumungsurteil. Gegen die Drittbeklagte wurde zuletzt eine Forderung von S 2,572.157,53 s.A. geltend gemacht.
Die Drittbeklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens mit der Behauptung, der im Jahre 1977 gewährte Kredit von 1,000.000 S sei zurückbezahlt worden. Ihre Unterschrift auf der Wechselerklärung vom 27.11.1972 und dem dazugehörigen Blankowechsel betreffend einen Kreditbetrag von 1,875.000 S sei gefälscht.
Das Erstgericht verpflichtete die Drittbeklagte zur ungeteilten Hand mit den bereits rechtskräftig verurteilten Erst- und Zweitbeklagten zur Zahlung von S 2,426.278,65 s.A. und wies das Mehrbegehren von S 145.878,88 s.A. - insoweit unbekämpft - ab.
Es stellte fest, daß die Unterschriften auf der Wechselerklärung vom 27.11.1972 und dem dazugehörenden Blankowechsel nicht gefälscht seien, sondern mit größter Wahrscheinlichkeit von der Drittbeklagten stammten. Die behauptete Rückzahlung des Kredites von S 1,000.000 sei nicht erwiesen. Der offene Gesamtkredit habe zuletzt einschließlich einer Forderung aus einem Haftungskredit in Höhe von S 74.286,31 und unter Berücksichtigung erfolgter Kapitalstilgungen S 2,426.278,65 betragen. Im Jahre 1978 sei durch die Verschmelzung der H G und I die klagende Partei gegründet worden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Drittbeklagten nicht Folge. Es hatte keine Bedenken gegen die Feststellung des Erstgerichtes, daß die Drittbeklagte die Wechselerklärung vom 27.11.1972 und den dazugehörenden Blankowechsel unterfertigt habe. Das eingeholte Sachverständigengutachten sei überzeugend; einer Ergänzung dieses Gutachtens bedürfe es nicht. Die Echtheit der Unterschrift sei mit jenem Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen, der nach der Lebenserfahrung der Gewißheit gleichkomme. Unabhängig von der Echtheit dieser Unterschriften hafte aber die Drittbeklagte nach handelsrechtlichen Grundsätzen für die während des Bestehens der OHG gewährten Kredite gemäß § 128 HGB. Für die Kredite, die schon vorher dem in die OHG eingebrachten Bauunternehmen des Heinrich D gewährt wurden, hafte die Drittbeklagte gemäß § 1409 ABGB. Für die Haftung nach § 1409 ABGB reiche es aus, wenn nur ein Gesellschafter die zu übernehmende Schuld kannte oder kennen mußte.
Der das Unternehmen einbringende Gesellschafter Heinrich D habe diese Schuld kennen müssen, weil er seinen Baumeisterbetrieb laut Gesellschaftsvertrag vom 26.6.1969 mit Stichtag vom 1.Jänner 1969 in die OHG eingebracht hat. Der Kredit sei durch Zustellung der Klage an den seinerzeitigen Bevollmächtigten der Drittbeklagten aufgekündigt worden.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Drittbeklagten ist nicht berechtigt.
Die geltendgemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nach Beurteilung des erkennenden Senates nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die klagende Partei stützte die Klage auf die dem Heinrich D, der OHG, der Zweitbeklagten und der Drittbeklagten gewährten Kredite also auf die Grundgeschäfte. Wechselrechtliche Ansprüche machte sie nicht geltend. Der Blankowechsel wurde nicht ausgefüllt und samt Wechselerklärung nur als Beweismittel vorgelegt (Beilage M). Ob die Beklagte aus der von den Vorinstanzen als echt erachteten Wechselerklärung samt Blankowechsel nicht nur wechselrechtlich, sondern auch nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes haftet - was im Zweifel nicht anzunehmen ist (Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 6 zu § 1346 mwN; SZ 53/75 ua) - kann dahin gestellt bleiben. Für jene Kredite, die dem Bauunternehmen des Heinrich D vor der Gründung der OHG gewährt wurden (S 700.000) haftet die Drittbeklagte als persönlich haftende Gesellschafterin der OHG infolge Einbringung des Bauunternehmens in die OHG gemäß § 1409 ABGB, weil sie, ebenso wie ihr Vater Heinrich D, den damals bestehenden Schuldenstand des 'mit Stichtag 1.1.1969 laut Bilanz eingebrachten' Unternehmens, sofern sie diesen nicht ohnehin gekannt hat, unschwer den Geschäftsbüchern entnehmen konnte (SZ 47/80). Insbesondere war die Höhe der Verbindlichkeiten dieses Unternehmens wegen der ständigen Bankverbindung zur Rechtsvorgängerin der klagenden Partei jederzeit leicht zu ermitteln. Die Drittbeklagte haftet ferner für die Verbindlichkeiten der OHG, insbesondere also auch für die am 14.3.1972 erfolgte Krediterweiterung um S 800.000, die während der Zeit, als sie persönlich haftende Gesellschafterin der OHG war, begründet wurde, gemäß § 128 HGB. Der weitere (Hypothekar-)Kredit vom 13.7.1977 wurde auch der Drittbeklagten gewährt und entgegen ihren Behauptungen nicht zurückgezahlt.
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41,50 ZPO.
Anmerkung
E05570European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0010OB00565.85.0508.000Dokumentnummer
JJT_19850508_OGH0002_0010OB00565_8500000_000