Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Paul A, Konsulent, Wien 9., Strudlhofgasse 13/7, vertreten durch Dr. Ernst Ploil, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) B Computerzeichentrick Produktions- und Vertriebesgesellschaft mbH & Co KG, Wien 9., Spittelauer Lände 13, und 2.) B Computerzeichentrick Produktions- und Vertriebsgesellschaft mbH, Wien 9., Spittelauer Lände 13, beide vertreten durch Dr. Kurt Görlich, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 129.600,--, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 18.Dezember 1984, GZ 12 R 261/84-25, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 26.Juni 1984, GZ 1 Cg 324/81-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.838,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 447,15 an Umsatzsteuer und S 1.920,-- an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrte die Bezahlung eines Betrages von S 132.000 s.A. und brachte vor, er habe mit der Erstbeklagten, deren Komplementär die Zweitbeklagte sei, am 3.11.1980 einen Konsulentenvertrag abgeschlossen. Nach dem Inhalt dieser Vereinbarung habe der Kläger für eine Gegenleistung von S 10.000
zuzüglich 8 % Umsatzsteuer monatlich der Erstbeklagten Informationen über vergleichbare Unternehmen liefern, Werbe- und Publicrelationsarbeiten durchführen, Kontakte mit in- und ausländischen potentiellen Kunden der Erstbeklagten herstellen und sonstige ihm erteilte Sonderaufgaben zu erfüllen. Das Vertragsverhältnis habe mit Wirkung vom 1.9.1980 begonnen und sei zunächst für die Dauer eines Jahres abgeschlossen worden, hätte sich jedoch um ein Jahr verlängern sollen, sofern die Erstbeklagte nicht spätestens drei Monate vor dem Ende des Vertrages dessen Beendigung zum 1.9.1981 erklärt haben sollte. Am 15.6.1981 habe der Kläger erfahren, daß die Erstbeklagte nicht beabsichtige, den Konsulentenvertrag über den 1.9.1981 hinaus fotzusetzen. Da eine fristgerechte Kündigung des Vertrages nicht erfolgt sei, seien die Beklagten verpflichtet, dem Kläger das Konsulentenhonorar für das Jahr vom 1.9.1981 bis zum 31.8.1982 zu bezahlen.
Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage und brachten vor, die Erstbeklagte habe den Vertrag ordnungsgemäß aufgekündigt, das Kündigungsschreiben sei dem Kläger am 18.5.1981 zugemittelt worden. Sollte das Kündigungsschreiben dem Kläger nicht zeitgerecht zugekommen sein, bestehe das Klagebegehren deshalb nicht zu Recht, weil die Erstbeklagte mit Schreiben vom 2.9.1981 die sofortige Auflösung des Vertrages aus wichtigen Gründen erklärt habe. Der Kläger habe verschiedenen vertragsfremden Personen gegenüber abträgliche und herabsetzende öußerungen über die Geschäftsleitung der Erstbeklagten gemacht und seine Verpflichtungen aus dem Vertrag beharrlich und gröblich verletzt. Er habe seine vertraglichen Leistungen trotz wiederholter Mahnung und schriftlicher Aufforderung nicht erbracht und die vorgeschriebenen Quartalsberichte nicht geliefert. Der Kläger habe dieses Verhalten auch nach Erhalt der Auflösungserklärung fortgesetzt und den Tätigkeitsbericht für die Monate Juni, Juli und August 1981 verspätet vorgelegt. Der sodann gelegte Bericht enthalte keinerlei Tätigkeitsnachweise. Der Kläger behauptete, daß ein wichtiger Grund zur Auflösung des Konsulentenvertrages nicht vorliege. Er habe sich über die Geschäftsleitung nicht abträglich geäußert und seine Verpfichtungen aus dem Vertrag voll erfüllt.
Das Erstgericht gab der Klage statt und traf folgende Feststellungen:
Leopold C ist Geschäftsführer der Zweitbekagten, die Komplementär der Erstbeklagten ist. Durch eine vom Kläger gestaltete Fernsehsendung, in der auf alle Möglichkeiten im Computer- und insbesondere auch im Digitalbereich hingewiesen wurde, wurde C, der bis dahin herkömmliche Zeichentrickfilme hergestellt hatte, auf die Idee gebracht, in Österreich die Computeranimation einzuführen, das heißt, mittels Computer Grafiken zu bewegen.
C wandte sich an den Kläger, der über sein Ersuchen sein Firmengründungskonzept begutachtete. Schließlich wurde in Salzburg eine Firma D Gesellschaft mbH gegründet, deren Geschäftsführer Dkfm.E wurde. Diese Gesellschaft wurde zu 99 % Gesellschafterin der neu gegründeten Zweitbeklagten. Dkfm.E wurde neben Leopold C auch der zweite Geschäftsführer der Zweitbeklagten. Hans F, der zu 39 % Gesellschafter der D Gesellschaft mbH war, war Geschäftsführer einer Beteiligungsgesellschaft, der G H. Schließlich schloß die Erstbeklagte mit dem Kläger am 3.11.1980 einen Konsulentenvertrag, der mit Wirkung vom 1.September 1980 zunächst auf die Dauer eines Jahres abgeschlossen wurde. In § 4 Abs1 des Vertrages wird vereinbart, daß dann, wenn die Erstbeklagte nicht spätestens drei Monate vor Ende des Vertrages dessen Beendigung per 1.September 1981 erklärt, sich dieser Vertrag um ein weiteres Jahr unter gleichen Auflösungs- und Verlängerungsbedingungen verlängere. § 1 des Vertrages hat folgenden Wortlaut:
'Der Konsulent übernimmt die Beratung der Gesellschaft auf nachstehenden Gebieten:
1.)
Informationen über vergleichbare Unternehmen liefern;
2.)
Marktbeobachtung durchführen;
3.)
Werbung und PR-Arbeiten;
4.)
Anforderungsprofil von seiten potentieller Kunden und Anwender
im Sinne einer Anwenderfreundlichkeit vermitteln;
5.) Beobachtung der Hardware-Entwicklung im nichtdigitalen-Hochleistungscomputerbereich;
6.) Herstellung vom Kooperationskontakten in der Film- und Videobranche;
7.) Kontakte im französischen und englischen Sprachbereich
herstellen, durchführen und betreuen;
8.) Sonstige Sonderaufgaben seitens der Gesellschaft'.
§ 2 des Vertrages lautet:
'Der Konsulent hat der Gesellschaft für Informationen über die Entwicklung auf dem Gebiet der Computer-Animation zur Verfügung zu stehen. Hiezu steht er mit der technischen Geschäftsführung und dem technischen Bereichsleiter im erforderlichen Ausmaß im Kontakt. Der Konsulent stellt der Gesellschaft bei Unterfertigung des Vertrages seine gesamte Dokumentation über Computer-Animation zur Verfügung. Der Konsulent hat der Gesellschaft vierteljährlich einen schriftlichen Tätigkeitsbericht zu erstatten. Er ist jedoch weder verpflichtet, bestimmte Arbeitszeiten einzuhalten, noch in den Räumen der Gesellschaft anwesend zu sein. Der Konsulent hat alle im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit stehenden Informationen und Unterlagen vertraulich zu behandeln. Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses sind alle Firmenunterlagen und Geschäftsaufzeichnungen an die Gesellschaft auszufolgen. Der Konsulent hat an regelmäßigen Arbeitssitzungen, in denen Zielsetzungen und Strategien erarbeitet werden, teilzunehmen.' Es wurde ein Honorar von S 10.000 monatlich zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer vereinbart, das jeweils am 15. eines jeden Monats fällig war. Weiters wurde eine Provisionsvereinbarung für alle jene Geschäfte geschlossen, die zwischen der Gesellschaft und vom Kläger namhaft gemachten Geschäftspartnern zustandekommen und bei denen der Kläger verdienstlich geworden war.
Dieser Vertrag wurde vom Kläger und dem Geschäftsführer C aufgesetzt. Es bestand der Parteiwille, das Wissen des Klägers und seine Kenntnisse der Firma zur Verfügung zu stellen. Der Kläger sollte dem Geschäftsführer C beratend zur Seite stehen, ohne sich in seine Entscheidungen einzumischen.
Der Kläger begann, im vereinbarten Sinn zu arbeiten, schlug für den Anfang ein Paket vor, damit überhaupt begonnen werden könne, und brachte C mit einem Computerfachmann namens I, mit Dipl.Ing.Johann J, Universitätsdozent an der Technischen Universität Wien, und mit einen Mann namens K in Deutschland in Verbindung. I sollte Software implementieren, Dipl.Ing.J hatte auf Grund eines Werkvertrages mit der Erstbeklagten den technischen Teil über. Der Kläger arbeitete mit Dipl.Ing.J zusammen. Dieser kam lieber zum Kläger als zu C, der hinsichtlich der Computertrickarbeit keine Erfahrung hatte. I hatte die Aufgabe, die Software in den Computer einzugeben, hatte aber einen etwas eigenartigen Arbeitsstil, arbeitete hauptsächlich nachts und fiel durch seine äußere Erscheinung an der Technischen Universität unangenehm auf, obwohl er fachlich sehr gut war. I wurde auch mit seiner Arbeit niemals fertig; hierauf hatte allerdings der Kläger keinen Einfluß. Der Kläger war mit C in Paris, brachte C unter anderem mit der Forschungs- und Produktionsgruppe des französischen Fernsehens in Verbindung und trachtete, seinem Vertrag gerecht zu werden. Es gelang ihm aber nicht, mit dem Geschäftsführer C persönlich einen guten Kontakt zu finden, da beide vollkommen verschiedener Mentalität sind. Es kam dazu, daß C mit der Tätigkeit des Klägers nicht zufrieden war, da diese nicht seinen Vorstellungen entsprach, obwohl der Kläger eine umfangreiche Tätigkeit für die Erstbeklagte entfaltete. In einem Gespräch äußerte sich der Kläger gegenüber Hans F, er könne mit dem Geschäftsführer C nicht zusammenarbeiten, dieser verstehe von den Geschäften nichts, er komme mit C nicht zu Rande.
Ein Schreiben der Erstbeklagten vom 18.5.1981, das die Kündigung des Konsulentenvertrages zum Inhalt hatte, hat der Kläger nicht erhalten. Der Kläger erfuhr erst Mitte Juni 1981 davon, daß das Vertragsverhältnis aufgelöst worden sei.
Schließlich erklärte die Erstbeklagte mit Schreiben an den Kläger vom 2.9.1981 die Auflösung des Vertrages. Dieses Schreiben hat folgenden Wortlaut: 'Wir haben den Konsulentenvertrag vom 3.11.1980 fristgerecht zum 1.9.1981 aufgekündigt. Für den Fall, daß Sie nachweisen sollten, das Kündigungsschreiben nicht rechtzeitig erhalten zu haben, erklären wir nunmehr, den Konsulentenvertrag mit sofortiger Wirkung vorzeitig aufzulösen. Als Auflösungsgrund machen wir unter anderem schwerwiegende Verletzungen Ihrer Vertragspflicht, insbesondere Ihrer Treuepflicht gegenüber unserer Firma geltend und verweisen darauf, daß Sie die wiederholt im Rahmen des Vertrages von Ihnen geforderten Leistungen trotz Nachfrist nicht erbracht haben, hingegen gegenüber geschäftsfremden Personen abträgliche öußerungen über unsere Firmen und deren Geschäftsleitung gemacht haben.' Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 3.9.1981 und versicherte, daß erm solange das Vertragsverhältnis bestehe, seine Pflichten zu erfüllen bestrebt sein werde.
In der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, daß eine Kündigungserklärung der Erstbeklagten (vom 18.5.1981) dem Kläger fristgerecht nicht zugegangen sei, sodaß nach dem Inhalt des Konsulentenvertrages von einer Verlängerung der Vertragszeit bis 31.8.1982 auszugehen sei. Die Erklärung vom 2.9.1981 habe die sofortige Auflösung des Vertrages nicht herbeiführen können, da wichtige Gründe, die die Erstbeklagte zu diesem Schritt berechtigt hätten, nicht erwiesen worden seien. Aus der Erklärung des Klägers gegenüber F ergebe sich, daß er mit der Geschäftsführung C'S nicht einverstanden gewesen sei, doch könne den in diesem Zusammenhang vom Kläger getätigten öußerungen nicht solches Gewicht beigemessen werden, daß sie zu einer sofortigen Auflösung des Vertrages hinreichen. Im übrigen habe der Kläger seine Vertragspflichten erfüllt und im Rahmen des Konsulentenvertrages eine umfangreiche Tätigkeit entfaltet. Der Vorwurf, daß die Tätigkeit des Klägers keine Erfolge gebracht habe, rechtfertige nicht die sofortige Auflösung des Vertrages, zumal die Tätigkeit sehr kurz gewesen sei und der Erfolg nicht sofort eintreten könne.
Das Berufungsgericht verwarf eine Nichtigkeitsberufung der Beklagten, sprach jedoch aus, daß das Urteil des Erstgerichtes hinsichtlich des Zuspruches eines Betrages von S 2.400 s.A. wirkungslos sei; im übrigen bestätigte es die Entscheidung des Erstgerichtes und erklärte die Revision für zulässig. Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichtes und der ergänzend getroffenen Feststellung, Leopold C habe in einem Vermerk vom 30.6.1981 über ein Gespräch mit Dipl.Ing.Johann J festgehalten, daß mit dem Kläger nur unter Zeugen gesprochen werden soll und dafür zu sorgen sei, daß alles schriftlich bestätigt werde und daß der Kläger an der technischen Universität zu Dipl.Ing.J sinngemäß gesagt habe, wenn er (J) noch länger zuschaue, werde die Firma noch zugrundegehen, teilte das Berufungsgericht die Meinung des Erstgerichtes, der Konsulentenvertrag begründe ein Dauerschuldverhältnis, das aus wichtigen Gründen, die einer Partei dessen Fortsetzung nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, jederzeit aufgelöst werden könne. Bei Prüfung der Frage, ob die öußerungen des Klägers die Grundlage für eine Auflösung aus wichtigen Gründen bilden können, sei einerseits die Person der Erstbeklagten und die des Geschäftsführers C auseinanderzuhalten, und andererseits auch die Eigenschaft FS in Betracht zu ziehen. öußerungen des Klägers über den Geschäftsführer könnten nicht ohne weiteres als gegen die Gesellschaft gerichtet angesehen werden. F sei einer der Geldgeber des Unternehmens, sodaß die Erklärungen des Klägers nicht gegenüber einem Außenstehenden, sondern gegenüber einem wirtschaftlich zu einem wesentlichen Teil an dem Unternehmen Beteiligten erfolgt seien. Da sich die öußerungen nicht gegen die Erst- oder Zweitbeklagte, sondern nur gegen die Person des Geschäftsführers gerichtet hätten, könne in ihnen unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt nicht eine Verletzung der Treuepflicht gegenüber der Erstbeklagten als der Vertragspartnerin des Klägers erblickt werden. Sie bildeten daher keinen Grund für eine sofortige Vertragsauflösung, zumal nicht behauptet worden sei, es hätten aus ihnen nachteilige Folgen für die Erstbeklagte erwachsen können. Bei der Wertung der öußerungen des Klägers dürfe ein gewisses eigenes Interesse auf seiner Seite nicht übersehen werden, da er vor der Unternehmensgründung ein offenbar als Orientierungshilfe für die Geldgeber bestimmtes Gutachten über die Erfolgsaussichten abgegeben habe und mit seiner Kritik auch eine Erklärung über eine allenfalls von seiner Vorstellung und Prognose abweichende Entwicklung habe geben wollen. In Betracht zu ziehen sei auch, daß schon geraume Zeit vor der Erklärung des Klägers beträchtliche Spannungen zwischen dem Kläger und C bestanden hätten. Die Auflösung des Vertrages wegen der öußerungen des Klägers über C sei auch verspätet geltend gemacht worden. Die Beweislast dafür, daß wichtige Gründe zur Auflösung des Vertrages auch deshalb vorgelegen seien, weil der Kläger seine Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht erfüllt habe, treffe die Beklagten. Der Beweis dafür, daß der Kläger seine Verpflichtungen aus dem Konsulentenvertrag in gravierender Weise vernachlässigt habe, sei den Beklagten nicht gelungen. Der Kläger sei seiner Berichtspflicht nachgekommen. Bei seiner Beratungs- und Beobachtungstätigkeit und seiner Aufgabe, Kontakte herzustellen, sei ein unmittelbar sichtbarer Erfolg nicht zu erwarten gewesen, da gerade in diesem Bereich viele Gespräche und Kontakte erforderlich seien, bis sich ein Ergebnis manifestiere. Es müßten viele Versuche unternommen werden, die oft ergebnislos blieben, ohne daß deshalb der Versuch schon von vornherein als sinnlos eingestuft werden könne. Andererseits könne nicht ausgeschlossen werden, daß weitere Kontakte in einer eingeschlagenen Richtung letztlich zu einer erfolgreichen Geschäftsverbindung geführt hätten. Ein konkreter Umfang der Tätigkeit des Klägers sei im Konsulentenvertrag nicht festgelegt gewesen. Den Beklagten sei der Nachweis dafür, daß der Kläger seine Verpflichtungen in gravierender Weise vernachlässigt habe - nur dies könnte eine Grundlage für eine vorzeitige Vertragsauflösung bilden - nicht gelungen. Die Revision sei zuzulassen gewesen, weil eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Qualifikation von kritischen öußerungen über den Geschäftsführer gegenüber einem wirtschaftlich am Unternehmen Beteiligten im Hinblick auf die gegenüber dem Unternehmen bestehende Treuepflicht nicht veröffentlicht sei.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung 'und dadurch bedingter Feststellungsmängel' mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß der Klage stattgegeben wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Beklagten sehen nach den Ausführungen in ihrer Revision einen wesentlichen Unterschied darin, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt oder ein anderes Dauerschuldverhältnis, wie etwa der gegenständliche Konsulentenvertrag, und meinen, unzureichende Leistungsqualität führe zwar bei einem Dienstvertrag nur zur Kündigung, bei einem anderen Dauerschuldverhältnis aber zur vorzeitigen Auflösung. Die Ansicht, daß bei 'anderen' Dauerschuldverhältnissen Umstände, die bei einem Dienstvertrag zu einer Kündigung berechtigen, eine vorzeitige Auflösung rechtfertigen, wird von der herrschenden Lehre und Rechtsprechung in dieser Form nicht geteilt.
Dauerschuldverhältnisse - das sind Rechtsverhältnisse, die zu dauernden oder wiederkehrenden Leistungen verpflichten, und zwar so, daß sich die Leistungen nach der Dauer des Schuldverhältnisses richten und nicht umgekehrt die Dauer des Schuldverhältnisses nach den Leistungen (Bydlinski in Klang 2 IV/2, 194) - enden im Gegensatz zu den 'Zielschuldverhältnissen' nicht durch die Erfüllung, sondern durch Zeitablauf, durch einverständliche Auflösung oder durch einseitigen rechtsgestaltenden Akt (Kündigung oder vorzeitige Aufhebung). Bei Innominatverträgen wie dem gegenständlichen Konsulentenvertrag muß mangels getroffener Vereinbarungen mittels Rechtsanalogie auf Grundsätze zurückgegriffen werden, die aus den geregelten Dauerschuldverhältnissen abzuleiten sind (Koziol-Welser, Grundriß 6 I 157 f, Würth in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 1118). Dauerschuldverhältnisse können demnach nur bei Vorliegen wichtiger Gründe vorzeitig zur Auflösung gebracht werden (Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 447, Würth aaO Rdz 2, SZ 45/29 ua.). Wichtige Gründe sind Umstände, die es einer Partei billigerweise nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, das Vertragsverhältnis aufrecht zu erhalten (SZ 42/15 ua). Es kommt darauf an, ob der Vertragspartner gegen die ihm obliegende Treueverpflichtung verstoßen oder ein Verhalten gesetzt hat, welches begründete Zweifel erregen kann, daß er seiner Treuepflicht nachgekommen ist und ihr in Zukunft nachkommen wird (MietSlg.28.098 ua).
Das Vorliegen wichtiger Gründe für die vorzeitige Vertragsauflösung hat entsprechend der allgemeinen Regelung,daß grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen hat (Fasching III 234, EvBl 1978/145 ua) - diesem Grundsatz entsprechend hat insbesondere auch bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung einer Entlassung grundsätzlich der Arbeitgeber den Beweis für das Vorliegen eines vom Gesetz gebilligten Entlassungsgrundes zu erbringen (EvBl 1978/145, 4 Ob 2/80 ua), - die beklagte Partei zu erbringen, da sie es war, die die vorzeitige Auflösung des Vertrages erklärt hat. Die Regeln über die Beweislastverteilung kommen dann zur Anwendung, wenn ein Beweis für eine strittige, entscheidungswesentliche Tatsache nicht erbracht werden kann, wenn also die Beweisergebnisse nach der überzeugung des Gerichtes nicht ausreichen, um einen entscheidungswesentlichen Tatumstand als erwiesen oder nicht erwiesen anzunehmen, sodaß die freie Beweiswürdigung zu keinem Ergebnis führt (4 Ob 544/77 ua). Lücken in der Beweisführung über das Vorliegen wichtiger Gründe für die vorzeitige Vertragsauflösung gehen daher entgegen der Ansicht der Beklagten zu ihren Lasten und nicht zu Lasten des Klägers. Die Revisionsausführungen, es treffe den Kläger die Beweislast dafür, daß er entgegen den Behauptungen der Beklagten den Vertrag doch ordnungsgemäß erfüllt habe, stehen mit der dargestellten herrschenden Rechtsmeinung nicht in Einklang.
Keine Frage der Beweislastverteilung bilden allerdings die dem Kläger angelasteten und festgestellten öußerungen gegenüber Hans F und Dipl.Ing.Johann J. Dem Umstand, daß diese öußerungen nicht die Erstbeklagte als die Vertragspartnerin des Klägers betroffen haben, sondern den Geschäftsführer C als ihren gesetzlichen Vertreter, kommt bei der Beurteilung dieser öußerungen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes keine entscheidende Bedeutung bei, zumal Leopold C (als Geschäftsführer der Zweitbeklagten) auch bei Abschluß des Konsulentenvertrages für die Erstbeklagte tätig geworden ist und kredit- und rufschädigende öußerungen über eine Gesellschaft von derartigen öußerungen über ihre Vertreter nicht streng unterschieden werden können. Das Revisionsgericht pflichtet jedoch den Vorinstanzen darin bei, daß die öußerungen des Klägers keinen wichtigen Grund für eine vorzeitige Vertragsauflösung bilden. Durch sein gegenüber Hans F ausgedrücktes Bedauern, er könne mit dem Geschäftsführer C nicht zusammenarbeiten, er komme mit ihm nicht zu
Rande, hat der Kläger nicht in herabsetzender oder abträglicher
Weise (Behauptung der Beklagten AS 9) über die Geschäftsleitung der Erstbeklagten gesprochen, sondern nur über ein mangelndes gegenseitiges Verständnis geklagt. Die Bemerkung des Klägers gegenüber Dipl.Ing.J, wenn dieser noch länger zuschaue, werde die Firma noch zugrundegehen, ist undeutlich, da nicht klar ist, ob und
welcher Zusammenhang zwischen dem Zuschauen und dem Zugrundegehen
bestehen soll. Alllein durch seine gegenüber einem Mitarbeiter geäußerte Besorgnis, die Firma könnte zugrundegehen, hat der Kläger keinesfalls gegen die ihm obliegende Treuepflicht verstoßen. Daß die Worte 'wenn Du noch länger zuschaust' etwa als Aufforderung an Dipl.Ing.J zu verstehen gewesen wären, um einen Wechsel der Geschäftsführung bemüht zu sein, wurde nicht behauptet. Die kritische öußerung des Klägers gegenüber Hans F über Leopold C, dieser verstehe von den Geschäften nichts, ist zu allgemein gehalten, als daß sie nach den gewöhnlichen Anschauungen der beteiligten Kreise (4 Ob 51/83) so schwerwiegend angesehen werden müßte, daß dem Vertragspartner des Klägers eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden könnte. Ein gravierender Verstoß des Klägers gegen die Treueverpflichtung kann deshalb in seinen öußerungen gegenüber Hans L und Dipl.Ing.J nicht gefunden werden.
Nicht gelungen ist den Beklagten der Beweis, die Leistungen des Klägers im Sinne des Konsulentenvertrages seien unzulänglich gewesen und es habe sich diesbezüglich insbesondere in der letzten Zeit vor der Auflösungserklärung vom 2.9.1981 eine gravierende Veränderung (Verschlechterung) ergeben. Es mag durchaus sein, daß die Leistungen des Klägers den Vorstellungen der Beklagten nicht entsprochen haben, so daß sie von einer Verlängerung des Vertrages mit dem Kläger durch Auflösungserklärung im Sinne des § 4 Abs1 des Konsulentenvertrages Abstand nehmen wollten. Der Umstand, daß diese Erklärung zu spät erfolgte, kann jedoch nicht dadurch ausgeglichen werden, daß allem Anschein nach gleichartige Vorwürfe gegen den Kläger (Vorbringen der Beklagten AS 10: 'Der Kläger hat dieses Verhalten nach dem Schreiben vom 18.5.1981 fortgesetzt') zum Anlaß einer vorzeitigen Vertragsauflösung gemacht werden. Das dem Kläger vorgeworfene Ausmaß des Erfolges seiner Bemühungen während der gesamten Zeit des Vertragsverhältnisses stellt, geht man von den hiezu getroffenen Feststellungen aus, noch keinen wichtigen Grund für eine vorzeitige Vertragsauflösung dar.
Da kein wichtiger Grund zur vorzeitigen Auflösung des Konsulentenvertrages mit dem Kläger bestand, haben die Vorinstanzen dem Klagebegehren in zutreffender Weise stattgegeben. Der Revision war deshalb ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E05907European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00542.85.0509.000Dokumentnummer
JJT_19850509_OGH0002_0070OB00542_8500000_000