TE OGH 1985/5/9 6Ob716/83

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Veröffentlicht am 09.05.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria A, Witwenpensionistin, Mattighofen, Feldstraße 24, vertreten durch Dr. Manfred Lirk, Rechtsanwalt in Braunau, wider die beklagte Partei Anneliese B, Hilfsarbeiterin, St.Johann am Walde 59, vertreten durch Dr.Hans Estermann, Rechtsanwalt in Mattighofen, wegen 6.874,-- S, infolge Revision und Rekurses der beklagten Partei gegen das Teilurteil und gegen den Teilaufhebungsbeschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Berufungsgerichtes vom 22.Februar 1983, GZ. R 23/83-34, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 13.Oktober 1982, GZ. C 216/80-27, teils bestätigt und teils unter Rechtskraftvorbehalt zur Verfahrensergänzung aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Weder der Revision noch dem Rekurs wird stattgegeben. Die Beklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte von der Beklagten den Betrag von 6.874 S als Ersatz der Kosten für das Tapezieren und die Verlegung eines Bodenbelages in der von ihr benützten Wohnung im Hause der Beklagten.

Dazu brachte sie vor, an der aus Küche, Zimmer, Bad und WC bestehende Parterrewohnung stehe ihr die Dienstbarkeit der Wohnung zu. Dieses Wohnrecht habe Versorgungscharakter. Zur Zeit der Begründung der Dienstbarkeit habe sich die Wohnung in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden. Die Küche sei seit dem Jahre 1965 mit einem Plastikbodenbelag ausgestattet und schon vor dem Erwerb der Liegenschaft durch die Beklagte tapeziert gewesen. Die Beklagte habe die im ersten Stock über der Dienstbarkeitswohnung gelegenen Räumlichkeiten ungeachtet der Hinweise der Klägerin auf den mangelhaften Bau- und Ausstattungszustand durch Mieter benützen lassen. Die Mietwohnung im ersten Stock sei mit zwei Waschbecken ohne Abfluß, die nur in Kübel zu entleeren gewesen seien, ausgestattet gewesen. Infolge unkontrollierten Wasseraustrittes aus der Mietwohnung im ersten Stock sei es im Jahre 1979 wiederholt zur Durchnässung von Decke, Wänden und Boden der im Parterre gelegenen Dienstbarkeitswohnung gekommen. Den Ersatz der anläßlich einer überschwemmung am 24.Januar 1979 aufgetretenen Schäden habe die Klägerin in einem vorangegangenen Verfahren klageweise geltend gemacht (C 115/79 = C 412/81 des Erstgerichtes). Am 15.Februar und am 8.März 1979 sei es jeweils zu weiteren Feuchtigkeitsschäden gekommen; deshalb sei eine Erneuerung der Tapezierung und des Bodenbelages in der Küche notwendig geworden. Der auf Veranlassung der Klägerin im August 1979 erneuerte Belag sei - entgegen dem Einwendungsvorbringen der Beklagten - qualitativ nicht besser als der vorhanden gewesene.

Die Klägerin begehrte den Wohnungsinstandsetzungsaufwand zunächst ausdrücklich aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes, später stützte sie ihren Anspruch ergänzend auf eine unbedingte Instandhaltungspflicht der Eigentümerin in Ansehung der Dienstbarkeitswohnung, weil dem Wohnrecht nach dem seinerzeitigen übergabsvertrag Versorgungscharakter zukäme.

Die Beklagte bestritt jeden Wasseraustritt aus der im Frühjahr 1979 vermietet gewesenen Wohnung im Obergeschoß. Sie wendete ein, die von der Klägerin behaupteten Schäden seien nach deren Angaben vor der Vornahme jener Instandsetzungsarbeiten entstanden, deren Ersatz die Klägerin mit der von ihr selbst erwähnten Vorklage (C 115/79) geltend gemacht habe. Mit der der nunmehrigen Klage zugrunde gelegten Rechnung vom 1. Oktober 1979

seien zum Teil Leistungen verrechnet worden, deren Ersatz die Klägerin bereits im früher anhängig gewesenen Rechtsstreit begehrt habe. Im übrigen habe es sich jeweils um einen Aufwand zur Verschönerung der von der Klägerin benützten Räume gehandelt. Als die Beklagte im Jahre 1975 die Liegenschaft erworben habe, habe sich das Haus in einem äußerst desolaten Zustand befunden. Kein Raum der Dienstbarkeitswohnung sei damals tapeziert gewesen, auf dem Holzbretterboden in der Küche sei kein moderner Bodenbelag verlegt gewesen. Der Bodenbelag, den die Klägerin im Jahre 1979 habe erneuern lassen, sei nach dem von ihr im Rechtsstreit vorgelegten Muster wasserfest gewesen. Seine Erneuerung wegen angeblicher Feuchtigkeitsschäden könne deshalb keinesfalls als notwendig anerkannt werden.

Die Beklagte erachtete sich für Schadenersatzansprüche passiv nicht legitimiert, da die Wohnung über der Dienstbarkeitswohnung zur Zeit der angeblichen Wasseraustritte von Mietern inngehalten worden sei. Im übrigen bestritt die Beklagte jede Haftung für Schadenersatz wegen Mangels eines schadensursächlichen Verhaltens der Benützer der Wohnung und wendete alleiniges Selbstverschulden der Klägerin ein, weil diese einerseits selbst sorglos mit Wasser in der Dienstbarkeitswohnung umgegangen sei und anderseits durch vorzeitige Tapezierung der Wände mit Plastiktapeten eine Mauerdurchfeuchtung verursacht habe. Die Beklagte machte auch geltend, daß die Klägerin sie von den angeblich in der Dienstbarkeitswohnung aufgetretenen Mängeln nicht in Kenntnis gesetzt habe und diese Mängel nicht habe besichtigen lassen, sondern - ohne die Beklagte mit einer allfälligen Instandhaltungsverpflichtung in Verzug zu setzen - die Arbeiten zur Tapezierung der Wände und zur Verlegung eines neuen Bodenbelages von sich aus bestellt habe.

Aufrechnungsweise wendete die Beklagte im Laufe des Rechtsstreites zwar zeitlich nacheinander, aber ohne Reihung, also nebeneinander insgesamt fünf Gegenforderungen ein:

a) in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 25. Juni 1980 eine Forderung von ca. 6.000 S für die Herstellung des Kanalanschlusses;

b) in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 17. Dezember 1980 eine Forderung von 7.608,55 S als Ersatz der Hälfte der Kanalanschlußgebühren;

c) in derselben Tagsatzung eine Forderung von 6.600 S als Ersatz für verschwenderischen Wassermehrverbrauch;

d) in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 7.Juli 1982 eine Forderung von mindestens 10.000 S als Schadenersatz wegen Durchfeuchtung des Mauerwerkes infolge einer Aufbringung von Plastiktapeten nach dem ersten Wasserschaden vor völliger Austrocknung und e) in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 29.September 1982 eine Forderung von 879,66 S als Ersatz für die in den ersten drei Quartalen des Jahres 1982 vorgeschriebenen Wassergebühren, da in diesem Zeitraum nur die Klägerin im Hause Wasser verbraucht habe.

Die Klägerin bestritt die einzelnen Gegenforderungen. Zur Forderung auf Ersatz der für die ersten neun Monate des Jahres 1982 vorgeschriebenen Wassergebühren machte die Klägerin mangelnde Fälligkeit geltend, weil die ihr vorgelegte Lastschriftanzeige der Gemeinde insofern keine ordnungsgemäße Abrechnung darstelle, als sich aus dieser die Höhe der Wassergebühren nicht ergäbe, sondern in den Gebühren auch Beträge enthalten seien, die von der Hauseigentümerin nicht auf die Wohnungsberechtigte überwälzt werden dürften.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung im Teilbetrag von 3.429 S zu Recht und im Restbetrag von 3.445 S ebenso wie 'die kompensando eingewendete Gegenforderung' nicht zu Recht bestünden, führte in den Entscheidungsgründen aus, daß die letzte Aufrechnungseinwendung (879,66 S) aus dem Grunde des § l79 Abs.1 ZPO nicht mehr zu behandeln gewesen sei, und verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 3.429 S (eine spruchmäßige Abweisung des restlichen Zahlungsbegehrens unterblieb). Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, jener der Beklagten nur teilweise; es formulierte als Teilurteil, daß die Forderung der klagenden Partei im Teilbetrag von 3.429 S zu Recht bestehe, die Gegenforderungen 'mit einem Betrag von S 30.208,55' nicht zu Recht bestünden, und verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 2.549,34 S. Bezüglich der restlichen Klagsforderung und der auf Ersatz der Wassergebühren für die ersten drei Quartale 1982 gestützten Gegenforderung im Betrage von 879,66 S faßte das Berufungsgericht einen Aufhebungsbeschluß, dem es einen Rechtskraftvorbehalt beifügte.

Das Berufungsgericht legte seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:

Die im Jahre 1922 geborene Klägerin hat - als Witwe - im August 1971 ihrem im Jahre 1950 geborenen Sohn ihre aus Baufläche mit Haus und Garten bestehende Liegenschaft (Gesamtgrundfläche 452 m 2 ) übergeben und sich dabei das lebenslängliche und unentgeltliche Wohnungsrecht an der aus Zimmer, Küche, Bad und WC bestehenden Wohnung im Erdgeschoß ausbedungen. Auf Grund dieses übergabsvertrages wurden das Eigentum des Sohnes der Klägerin sowie die Dienstbarkeit der Wohnung für die Klägerin grundbücherlich einverleibt. Der Sohn der Klägerin hat die Liegenschaft im Februar 1975 an die Beklagte verkauft. Anläßlich des Verkaufes hat die Klägerin gegenüber der Beklagten auf die ihr im übergabsvertrag zugestandene Berechtigung, Strom und Wasser in der übergabswohnung auf Kosten des Liegenschaftseigentümers zu beziehen, ausdrücklich verzichtet.

Am 24.Januar 1979 entstand in der von der Klägerin benützten Wohnung ein Wasserschaden. Auf Grund dieses Ereignisses erhielt sie Leistungen ihrer Haushaltsversicherer, und zwar für die auf Grund einer Tapeziererrechnung vom 19.Februar 1979 mit 9.036,44 S bezifferten Kosten einer Tapezierung von Bad und Küche den Teilbetrag von 4.814 S. Darüber hinaus begehrte die Klägerin von der Beklagten (zu C 115/79 = C 412/81 des Erstgerichtes) klageweise Ersatz, vor allem der Kosten einer Neutapezierung von Bad und Küche im vollen Rechnungsbetrag von 9.036,44 S. Auf diese Klagspost wurde eine Forderung in Höhe des nicht durch die Versicherungsleistungen gedeckten Rechnungsbetrages von 4.522,44 S als zu Recht bestehend erkannt und, soweit nicht eine Prozeßaufrechnung vorgenommen wurde, zum Gegenstand eines urteilsmäßigen Leistungsbefehles gemacht (Urteil vom 24.Dezember 1981, C 412/81-42; bestätigt durch das Berufungsurteil vom 20.April 1982).

Im August 1979 ließ die Klägerin durch den Unternehmer, auf dessen Rechnung vom 19.Februar 1979 sie im Vorprozeß die Klagsposten Neutapezierung von Bad und Küche gestützt hatte, in der (Wohn-)Küche ihrer Dienstbarkeitswohnung über den bereits brüchigen, alten grauen (Telon-)Fußbodenbelag einen neuen (C)Belag aufkleben. Die Wahl der Qualität des Belages entspricht dem Umstand, daß die ebenerdige Küche in dem nicht unterkellerten Haus einen abgenützten alten Holzbohlenboden besitzt, der bereits Unebenheiten aufwies, sowie der allgemeinen übung, auf derartigen Holzböden einen Bodenbelag aufzubringen. Der für Material und Arbeit verrechnete Kostenbetrag von 3.429 S ist angemessen.

Die Klägerin ließ auch die Wände der Küche tapezieren. Die Wahl der Tapete war wegen der hohen Feuchtigkeitswerte des Mauerwerkes zwischen 11 % und 20 % ungünstig. Zweckmäßiger wäre ein bloßer Anstrich gewesen. Schäden am Mauerwerk infolge der Tapezierung mit der von der Klägerin gewählten Tapete sind bisher nicht nachweisbar. Die für Material und Arbeit verrechneten Kosten von 3.445 S sind angemessen.

Die Arbeiten im August 1979 erfolgten erst nach Durchführung der Arbeiten, die im Vorprozeß Streitgegenstand waren.

In rechtlicher Würdigung übernahm das Erstgericht aus der im vorangegangenen Rechtsstreit ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 11.September 1980, 7 Ob 589/80, die Beurteilung, daß das Wohnrecht, das sich die Klägerin anläßlich der Übergabe ihrer Liegenschaft an ihren Sohn ausbedungen habe, Versorgungszwecken diente, dieser Charakter für einen Erwerber der Liegenschaft aus dem Grundbuch erkennbar gewesen sei und demzufolge auch die Beklagte in Ansehung der vom Wohnrecht der Klägerin umfaßten Räumlichkeiten die Verpflichtung zu den Instandhaltungsmaßnahmen treffe, ohne die der Versorgungszweck nicht erzielbar wäre.

Das Erstgericht folgerte weiter, in Erfüllung einer solchen Instandhaltungslast sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den - infolge altersmäßiger Abnützung - schadhaft und brüchig gewordenen Fußbodenbelag in der Küche der Dienstbarkeitswohnung erneuern zu lassen, weil diese Aufwendung nicht nur vom Standpunkt der Wohnungsberechtigten dem im allgemeinen und im besonderen vorausgesetzten Standard einer Wohnküche entspreche, sondern auch (kostenmäßig, technisch und sonst) der Belasteten zuzumuten sei. Der Klagsteilbetrag von 3.429 S für die Erneuerung des Bodenbelages in der Dienstbarkeitsküche bestehe daher zu Recht.

Die Tapezierung der Küchenwände habe sich dagegen als eine bautechnisch ungünstige Maßnahme herausgestellt, die die Gefahr (weiterer) Schädigung des (mangels Isolierung) überdurchschnittlich feuchten Mauerwerkes in sich berge. Die Klägerin hätte aus diesem Grunde vor der Durchführung der von ihr als notwendig angesehenen Instandhaltungsarbeiten hierüber Rücksprache mit der Beklagten nehmen müssen. Ihre eigenmächtige Vorgangsweise habe zu einem unzweckmäßigen Aufwand geführt. Einen solchen habe aber die mit der Dienstbarkeit Belastete nicht zu ersetzen. Die Klagsteilforderung von 3.445 S für die Tapezierung der Wände in der Dienstbarkeitsküche bestehe daher nicht zu Recht.

Zu den von der Beklagten aufrechnungsweise geltend gemachten Gegenforderungen ging das Erstgericht offenkundig davon aus, daß außer dem in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 29. September 1982 geltend gemachten Ersatz der Wassergebühren für die ersten drei Quartale des Jahres 1982 im Gesamtbetrag von 879,66 S nur eine Gegenforderung zu behandeln sei; denn das Erstgericht führte in seinen Entscheidungsgründen lediglich aus, ein ziffernmäßig zu bewertender Schaden am Mauerwerk sei nicht feststellbar gewesen. Diese Ausführung konnte sich inhaltlich nur auf die in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 7. Juli 1982 eingewendete Gegenforderung beziehen. Die in den früheren Tagsatzungen zur mündlichen Streitverhandlung vom 25.Juni 1980 und 17.Dezember 1980 eingewendeten Gegenforderungen (vgl.oben a bis c) blieben vom Erstgericht unerledigt.

Rechtliche Beurteilung

Mit Rücksicht auf die Neuformulierung des Urteilsspruches im berufungsgerichtlichen Teilurteil sei hiezu bereits angemerkt: Die prozessuale Aufrechnungseinwendung ist ein Eventualsachantrag, anstatt eines Leistungsbefehles eine urteilsmäßige Schuldtilgung durch Aufrechnung vorzunehmen. übergeht das Gericht einen solchen Urteilsantrag zu Unrecht, bleibt dieser Vorgang aber ungerügt, scheidet das prozessuale Aufrechnungsbegehren aus dem Prozeßverhältnis aus. Die Beklagte ließ den Ausspruch des Erstgerichtes über 'die kompensando eingewendete Gegenforderung' unangefochten und bemängelte auch das übergehen ihrer zuvor gestellten drei Aufrechnungsanträge (ca.6.000 S für die Herstellung des Kanalanschlusses; 6.600 S für Wassermehrverbrauch im zweiten Halbjahr 1979 und 7.608,55 S als Ersatz der Hälfte der Kanalanschlußgebühren) nicht. Damit waren diese drei Eventualsachanträge der Beklagten aus dem Prozeßrechtsverhältnis ausgeschieden.

Die in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 29. September 1982 vorgebrachte Aufrechnungseinwendung erachtete das Erstgericht gemäß § 179 Abs.1 ZPO als unstatthaft. Wenn auch nicht spruchmäßig, so nach den Ausführungen in den Entscheidungsgründen doch unmißverständlich, hat das Erstgericht diese Aufrechnungseinwendung zurückgewiesen.

Das Berufungsgericht umschrieb die Instandhaltungsverpflichtung des Eigentümers einer mit einem zu Versorgungszwecken eingeräumten Wohnrecht belasteten Liegenschaft dahin, daß der Eigentümer,soweit ihm dies wirtschaftlich zuzumuten sei, unabhängig von dem aus seiner belasteten Liegenschaft erzielbaren Nutzen den Aufwand zu tragn habe, der zur Erreichung des Zweckes der Dienstbarkeit erforderlich sei; er müsse dabei die Wohnung grundsätzlich in dem Zustand, in dem sie sich bei Begründung des Wohnrechtes befunden habe, gebrauchbar erhalten, nicht aber ohne weiteres auch verbessern. Dies bedeute allerdings nicht eine Beschränkung der Instandhaltungspflicht auf die Erhaltung eines bestimmten faktischen Zustandes, sondern die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des zur Zeit der Begründung des Wohnungsrechtes vorhanden gewesenen Standards der Wohnung, daher insoweit auch zu 'Verbesserungen', wenn solche nach objektiven Kriterien dem erwähnten Standard entsprächen.

Das Berufungsgericht teilte unter dieser Betrachtungsweise die erstrichterliche Beurteilung über die Verpflichtung der Beklagten zur Tragung der Kosten für die Herstellung eines neuen CBelages in der Küche der Dienstbarkeitswohnung, weil es allgemein üblich geworden sei, auf einem alten Holzbohlenboden einen Plastikbelag zu verlegen; daher sei es unerheblich, ob bereits 1971 ein Plastikbelag vorhanden, aber auch ob ein solcher bloß lose aufgelegt oder verklebt gewesen sei. Die von der Klägerin veranlaßte Verlegung des CBodenbelages in der Küche stelle keine Standardverbesserung dar, sei zur Erhaltung der ordnungsgemäßen Benützbarkeit des Raumes zu Wohnzwecken der Klägerin notwendig gewesen und sei mit einem angemessenen, der Beklagten auch zuzumutenden Aufwand bewerkstelligt worden. Die Erneuerung des durch Altersabnützung bereits brüchig gewordenen (grauen Telon-)Belages durch einen Mieter der Wohnung wäre gemäß § 1097 ABGB zu beurteilen gewesen. Diese bestandrechtliche Regelung sei analog auf das Wohnrecht zu Versorgungszwecken anwendbar. Die Beklagte habe zwar geltend gemacht, daß die Klägerin ihr die Notwendigkeit einer Bodenbelagserneuerung nicht mitgeteilt habe, daraus aber lediglich die Folgerung der mangelnden Fälligkeit des Aufwandersatzanspruches, nicht aber Schadenersatzansprüche abgeleitet und konkretisiert. Das Erstgericht habe daher den Aufwandersatzanspruch der Klägerin in Ansehung der Bodenbelagskosten von 3.429 S zutreffend bejaht. In Ansehung der Tapezierung der Küchenwände mit (Kunststoff-)Tapeten nahm das Berufungsgericht Feststellungsmängel an, die derzeit die Beurteilung verhinderten, ob die Maßnahme zur Aufrechterhaltung des im konkreten Fall als vereinbart zu unterstellenden Wohnungsstandards erforderlich gewesen und auch ob sie in zweckdienlicher Weise ausgeführt worden sei. Dazu vermißte das Berufungsgericht eindeutige Feststellungen über den Zustand der Küchenwände vor der von der Klägerin in Auftrag gegebenen Tapezierung und führte aus, daß die öußerungen des Sachverständigen zur Unzweckmäßigkeit der Tapezierung (schlechthin oder nur mit Kunststofftapete) widersprüchlich erschienen und der Aufklärung bedürften.

Das Klagebegehren auf Ersatz der Tapezierungskosten in der Höhe von 3.445 S erachtete das Berufungsgericht daher noch nicht als entscheidungsreif.

Die auf den Ersatz der Wassergebühren für die ersten drei Quartale des Jahres 1982 in der Höhe von 879,66 S gestützte Aufrechnungseinwendung sah das Berufungsgericht entgegen der erstrichterlichen Auffassung nicht gemäß § 179 Abs.1 ZPO als unzulässig an. Auch in dieser Hinsicht erklärte das Berufungsgericht daher das erstinstanzliche Verfahren für ergänzungsbedürftig. Die Beklagte ficht die Berufungsentscheidung, soweit die erstrichterliche Teilstattgebung durch Teilurteil bestätigt wurde, mit Revision und, soweit in Stattgebung der Berufung der Klägerin die erstgerichtliche Teilabweisung zur Verfahrensergänzung aufgehoben wurde, mit Rekurs an; die beklagte Partei führt jeweils den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung aus. Die Klägerin hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt. Weder die Revision, noch der Rekurs sind berechtigt. Die Beklagte erwarb 1975 vom Sohn der Klägerin das Eigentum an der Liegenschaft, die auf Grund des übergabsvertrages aus dem Jahre 1971 mit der Dienstbarkeit des lebenslangen, unentgeltlichen Wohnungsrechtes zugunsten der Klägerin belastet war. Diese Dienstbarkeit besteht nach wie vor aufrecht.

Das Gesetz stellt die Dienstbarkeit der Wohnung systematisch dem Recht des Gebrauches und der Fruchtnießung als dritte Art der persönlichen Dienstbarkeiten gegenüber (§ 478 ABGB), trifft dann aber im § 521 ABGB eine Auslegungsregel, nach der es doch nur entweder als Recht des Gebrauches oder als Fruchtnießung an bewohnbaren Gebäudeteilen zu behandeln sei. Die Eigenart der Dienstbarkeit der Wohnung ist also im Gegenstand und Zweck der Nutzung zu sehen. Daraus ist zu folgern, daß ein besonderer, objektiv erkennbarer Zweck der Dienstbarkeitsbegründung im Sinne des einschränkenden Nebensatzes im § 504 Satz 1 ABGB Abweichungen von den Grundsätzen der §§ 504 ff Satz 1 ABGB rechtfertigt. Die allgemeine Regel des § 483 ABGB ist für das Gebrauchsrecht schlechthin gemäß § 508 ABGB durchbrochen, kann aber darüber hinaus gemäß § 504 ABGB noch weiteren Abwandlungen unterworfen sein. Einer ausdrücklichen anderslautenden Vereinbarung im Sinne des § 504 ABGB ist eine sich aus dem besonderen Zweck der Dienstbarkeitsgründung objektiv schlüssig ergebende Inhaltsbestimmung der Erhaltungspflicht gleichzuhalten. Aus dieser grundsätzlichen Sicht ist der Lehrmeinung von Klang in seinem Kommentar 2 II, 582 in Z 3 a zu § 508 und der Rechtsprechung (EvBl.1967/196, 1968/88, 1973/247; auch JBl.1982, 212 und NZ 1984, 232) zu folgen, wie dies das Revisionsgericht in dem zwischen den Streitteilen anhängig gewesenen früheren Rechtsstreit (C 115/79 = C 412/81 des Erstgerichtes) in der Entscheidung vom 11. September 1980, 7 Ob 589/80, tat.

Soweit die Rechtsmittelausführungen der Beklagten von der Regel des letzten Satzes im § 508 ABGB ausgehen, vernachlässigt die Rechtsmittelwerberin, daß gerade diese Regelung bei einem zu Versorgungszwecken begründeten Wohnungsrecht als schlüssig abbedungen anzusehen ist. Daß die Dienstbarkeit der Wohnung, die sich die Klägerin anläßlich der Liegenschaftsübergabe an ihren Sohn 1971 vorbehalten hat, für sie die Gewährleistung für eine lebenslange Unterkunft als Stätte ihres Lebensmittelpunktes ohne weiteres Entgelt bedeuten und in diesem Sinne Versorgungscharakter haben sollte, unterstellt auch die Beklagte. Es ist richtig, daß damit noch nicht über die Kostentragung für jeden denkbaren Wohnungsaufwand eindeutig entschieden wäre.

Die Räume der Dienstbarkeitswohnung hatte die Klägerin bei der Begründung der Dienstbarkeit als übergebende Eigentümerin bereits innegehabt, die Räume brauchten ihr nicht erst in einem zum vorausgesetzten Wohnzweck geeigneten Zustand übergeben zu werden. Der Ausstattungsstandard der Wohnung, den die Klägerin Jahre hindurch gegenüber ihrem Sohn als übernehmer, für einen außenstehenden Dritten wie die Beklagte erkennbar, als vertragsgemäß hingenommen zu haben schien, ist in Zweifelsfällen Richtschnur für den von der Beklagten als Erwerberin der mit dem Wohnrecht belasteten Liegenschaft aufrecht zu erhaltenden Wohnungsstandard. Die Aufrechterhaltung eines bestimmten Ausstattungsstandards bedeutete aber weder, daß bloß der Abnützungsrad einzelner Ausstattungsteile im Zeitpunkt der Dienstbarkeitsbegründung aufrecht zu erhalten wäre, noch daß im Falle einer notwendigen Auswechslung einzelner Ausstattungsstücke diese nicht durch solche aus einem anderen Material ersetzt werden könnten, wenn nur die Funktion im wesentlichen beibehalten bleibt. Dem auf die Person des Berechtigten abgestellten Versorgungscharakter entspräche es, darüber hinaus auch auf einen besonderen, individuellen Ausstattungsbedarf und in Grenzen auch auf geänderte allgemeine Auffassungen über den durchschnittlichen Wohnkomfort in Wohnungen von der Art der konkreten Dienstbarkeitswohnung (ohne dabei auf mietrechtlich erhebliche Ausstattungskategorien abstellen zu wollen) Rücksicht zu nehmen.

Im anhängigen Rechtsstreit sind Bodenbelag und Wandtapezierung in der Wohnküche der Dienstbarkeitswohnung strittig.

An den Fußboden eines Wohnraumes darf auch bei einfachstem Ausstattungsstandard die Anforderung gestellt werden, daß er frei von größeren Unebenheiten sei und ohne Schwierigkeiten sauber gehalten werden könne.

Nach den zugrundezulegenden Feststellungen entsprach der altersmäßig deutlich abgenützte Holzbohlenboden diesen Anforderungen nicht mehr, so daß auf ihm auch bereits ein (grauer Telon-)Belag aufgebracht worden war, der aber seinerseits im Laufe der Zeit bereits an mehreren Stellen brüchig geworden war. Es kommt entgegen den Rechtsmittelausführungen nicht darauf an, ob der Bodenbelag und die Wandtapeten 'der Substanz des Hauses' dienten. Sie dienen der Raumausstattung zum Zwecke des Wohnens. Den Vorinstanzen ist im Ergebnis beizutreten, daß die Ausstattung der Küche mit einem neuen (C)Bodenbelag über eine Erhaltung des Raumes zu dem bei Begründung des Wohnungsrechtes nachträglich auch für die Beklagte erkennbar vorausgesetzten Gebrauch als Wohnküche nicht hinausgeht, also keine Ausstattungsverbesserung darstellte, vielmehr für eine ordnungsgemäße Weiterbenützung der Küche als notwendig anzusehen war und im Hinblick auf die erfahrungsgemäß zu unterstellende Lebensdauer und die absolute Höhe des Aufwandes von 3.429 S für die Beklagte auch nicht als unerschwinglich zu werten ist. Auf die in den Rechtsmittelausführungen behandelten Umstände des objektiven Wertes der Liegenschaft zur Zeit der Übergabe, der Erträgnisse der Liegenschaft und der Kanalanschlußkosten kommt es bei der erwähnten absoluten Höhe des auf viele Jahre aufzuteilenden Aufwandes nicht an. Entscheidend für die Verpflichtung zum Aufwandersatz ist nicht eine Werterhöhung der Dienstbarkeitswohnung, sondern die Notwendigkeit des Aufwandes zur Erhaltung des Gebrauchswertes. Diese Notwendigkeit war aber nach dem zugrundezulegenden Sachverhalt anzunehmen. Die Regelung des § 1097 ABGB ist auf das Wohnungs-Gebrauchsrecht sinngemäß anwendbar. Soweit die Instandhaltungspflicht des Belasteten reicht, verweist § 1097 ABGB aber auf § 1036 ABGB. Die Rechtsmittelausführungen zu § 1037 ABGB gehen aus diesem Grunde ins Leere.

Dem bestätigenden Teilurteil liegt daher keine unrichtige rechtliche Beurteilung zugrunde.

Die Neufassung des Ausspruches über die Gegenforderungen ist nach dem oben dargestellten Verfahrensstand in Ansehung der mit 6.000 S, 6.600 S und 7.608,55 S aufrechnungsweise eingewendeten Forderungen als nicht erfolgt zu betrachten. In Ansehung der Schadenersatzforderung von 10.000 S wird dem Ausspruch nur im Rahmen des § 411 Abs.1 letzter Satz ZPO Rechtskraftwirkung zukommen. In Ansehung der Tapezierung der Küchenwände sind dieselben Grundsätze wie bei der Erneuerung des Bodenbelages anzuwenden. Die Instandhaltungspflicht der Beklagten umfaßt nur Maßnahmen, die zur Aufrechterhaltung der Raumfunktion zum vorausgesetzten Gebrauch als Wohnung der Klägerin notwendig sind. Eine optische Gestaltung auf dem Wandverputz, sei es mittels Malerei oder mittels Tapete, entspricht auch bei einfachem Standard der Ausstattung eines Wohnraumes. Bei erheblichen Kostenunterschieden zwischen dem jeweils auf die Nutzungsdauer umzulegenden Aufwand für Ausmalen einerseits und Tapezieren andererseits wäre allerdings ein Anspruch der Wohnungsberechtigten auf Ersatz der teuereren anstelle der billigeren Ausstattungsart bloß aus geänderten allgemeinen Auffassungen über den Wohnkomfort nicht zu rechtfertigen. Sollte aber die Tapezierung der Wohnküche im Sinne der oben stehenden Ausführungen als vereinbart gelten, löste eine von der Berechtigten nicht verschuldete Notwendigkeit zur Erneuerung der Tapezierung eine entsprechende Instandhaltungspflicht der Belasteten aus. Allerdings könnte immer nur eine für Naßräume geeignete Tapezierung funktionsgerecht und damit zweckmäßig sein. Die Preiskategorie der Tapete müßte dem allgemeinen Ausstattungsstandard der Wohnung angepaßt sein. Eine aus bautechnischen Gründen unzweckmäßige Tapezierung könnte der Aufrechterhaltung des Wohnwertes nicht dienlich sein. Ein solcher Aufwand der Wohnungsberechtigten wäre von der Belasteten nicht zu ersetzen. Zur analogen Anwendung der Regeln des § 1097 ABGB ist auf die Ausführungen zum Bodenbelag zu verweisen.

Der Verfahrensergänzungsauftrag des Berufungsgerichtes zur Klagspost Tapezierung der Küchenwände ist gerechtfertigt, weil das Berufungsgericht im dargelegten Sinne streiterhebliche Umstände in tatsächlicher Hinsicht als aufklärungsbedürftig angesehen hat und der Oberste Gerichtshof einem solchen Verfahrensergänzungsauftrag nicht entgegenzutreten vermag.

Sowohl der Revision als auch dem Rekurs der Beklagten war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten dieser Anfechtungen beruhen auf den §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E05901

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00716.83.0509.000

Dokumentnummer

JJT_19850509_OGH0002_0060OB00716_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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