TE OGH 1985/5/14 5Ob540/85

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Veröffentlicht am 14.05.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Kralik, Dr. Jensik und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B, Salzburg, Alter Markt 3, vertreten durch Dr. Erich Schwarz, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei GEMEINDE C, Ehrwald, vertreten durch Dr.Reinhold Wolf, Rechtsanwalt in Reutte, wegen 67.627,61 S s. A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 25.Jänner 1985, GZ 4 R 289/84-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 23.August 1984, GZ 10 Cg 70/84-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.597,35 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.200 S an Barauslagen und 308,85 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die D m.b.H.& Co.KG (in der Folge KG genannt) hatte von der Beklagten laut Rechnung Nr. 64 vom 18.2.1981 einen am 18.3.1981 fälligen Betrag von 67.627,61 S zu fordern. Diese Forderung wurde von der KG auf Grund eines Rahmenzessionsvertrages an die Klägerin zediert. Am 7.7.1981 wurde über das Vermögen der KG der Konkurs eröffnet. Nachdem die Beklagte von der Zession verständigt worden war, bezahlte sie am 3.8.1981 den vorerwähnten Rechnungsbetrag von 67.627,61 S sowie auf eine Rechnung der KG vom 11.9.1980 einen weiteren Betrag von 20.000 S an den Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der KG (in der Folge Masseverwalter genannt). Im Rechtsstreit zu 8 a Cg 15/83 des Erstgerichtes begehrte die Klägerin vom Masseverwalter 161.107,85 S s.A. mit der Begründung, daß die Gemeinschuldnerin sämtliche Kundenforderungen an die Klägerin zediert, der Masseverwalter jedoch ungeachtet der Kenntnis dieses Umstandes Rechnungsbeträge in der Höhe der Klageforderung bei den Kunden eingemahnt und von diesen auch bezahlt erhalten habe. In dem Betrag von 161.107,85 S war auch die Zahlung der Beklagten an den Masseverwalter vom 3.8.1981, in der Höhe von 87.627,61 S enthalten. Der Rechtsstreit wurde durch Vergleich vom 6.12.1983 beendet, nach dessen Inhalt sich der Masseverwalter verpflichtete, der Klägerin binnen 14 Tagen 74.424,93 S samt Zinsen zu bezahlen. Dem Vergleich liegt die dahingehende Einigung der Parteien des Rechtsstreites zugrunde, daß die Eingänge beim Masseverwalter auf Rechnungen der Gemeinschuldnerin vor dem 7.1.1981 (Stichtag einer Anfechtung nach § 31 KO) im Betrag von insgesamt 74.424,93 S auf Grund der Zessionen die Klägerin erhält, während die Eingänge auf Rechnungen der Gemeinschuldnerin nach dem 7.1.1981 in die allgemeine Konkursmasse gehören und dieser verbleiben. Der auf die Rechnung Nr.64 vom 18.2.1981 bezahlte, nunmehr streitgegenständliche Betrag von 67.627,61 S fällt in jenen Teil der Eingänge, welcher der Konkursmasse verbleiben sollte.

Mit der am 7.2.1984 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Bezahlung der vorgenannten Rechnung im Betrag von 67.627,61 S samt 4 % Zinsen seit 18.3.1981. Sie brachte vor, daß die Beklagte durch die Zahlung an den Masseverwalter von ihrer Schuld gegenüber der Klägerin als Zessionarin nicht befreit worden sei.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung und wendete zusammengefaßt ein, sie habe den eingeklagten Rechnungsbetrag nach der Verständigung von der Zession irrtümlich an den Masseverwalter bezahlt. Im Rechtsstreit zu 8 a Cg 15/83 des Erstgerichtes habe der Masseverwalter die Zession der streitgegenständlichen Forderung wegen der Kenntnis der Klägerin von der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin erfolgreich angefochten. Dies könne die Beklagte der Klägerin gegenüber im vorliegenden Rechtsstreit einwenden. Durch den Vergleich habe die Klägerin die Anfechtung anerkannt; zumindest stelle der Vergleichsabschluß eine Rückzession des Rechnungsbetrages an die KG dar.

Die Klägerin replizierte, der Masseverwalter habe im Vorprozeß eine Anfechtungseinrede nicht erhoben, so daß der gerichtliche Vergleich weder ein Geständnis der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Zedentin noch ein Anerkenntnis der Anfechtung durch die Klägerin enthalte. Im übrigen könnte die Beklagte selbst eine erfolgreiche Anfechtung der Zession im Konkurs der KG der Klägerin gegenüber nicht einwenden. Dem Vergleich, der auch keine Rückzession darstelle, komme eine Bindungswirkung gegenüber Dritten nicht zu. Das Erstgericht gab der Klage statt. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß es der Beklagten nach der Verständigung von der Forderungsabtretung verwehrt gewesen sei, mit schuldbefreiender Wirkung an die KG und nach der Konkurseröffnung an den Masseverwalter zu zahlen. Die Zahlung habe daher keine schuldbefreiende Wirkung. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Konkursmasse die Zession erfolgreich angefochten habe; eine Anfechtung der Zession durch den Masseverwalter sei vielmehr gar nicht erfolgt. Im gerichtlichen Vergleich vom 6.12.1983 sei keine erfolgreiche Anfechtung der Zession gelegen. Aus diesem Vergleich könne auch nicht geschlossen werden, daß die Klägerin die Unwirksamkeit der Zession im Hinblick auf die Anfechtungsmöglichkeiten nach § 31 KO anerkannt habe. Die Aufteilung der Zahlungen zwischen der Klägerin und dem Masseverwalter sei nur nach dem Gesichtspunkt vorgenommen worden, ob ein allfälliger Anfechtungsanspruch verfristet sei oder nicht. Die vergleichsweise Regelung habe darin bestanden, daß die Klägerin gegenüber dem Masseverwalter auf eine Verfolgung ihrer Forderungen aus Rechnungen der Gemeinschuldnerin nach dem 7.1.1981 verzichtet habe. Aus dem Vergleich ergebe sich auch keine Rückzession an die Konkursmasse; dieser Vergleich könne die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des Betrages von 67.627,61 S samt Zinsen an die Klägerin nicht beseitigen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und erklärte die Revision für zulässig. Es verneinte das Vorliegen der Berufungsgründe der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung sowie der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und nahm zur Rechtsrüge der Beklagten wie folgt Stellung:

Gemäß §§ 1395, 1396 ABGB könne der Schuldner nur bis zur Bekanntgabe der Zession mit schuldbefreiender Wirkung Zahlungen an den Zedenten leisten.

Da aber die Abtretung einer Forderung zu keiner Verschlechterung der Rechtspositionen des übernommenen Schuldners führen dürfe, behalte dieser seine Einwendungen gegen den Zedenten, soweit sie bis zur Verständigung entstanden seien. Einwendungen aus dem Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar könne der abgetretene Schuldner nur soweit geltend machen, als er damit die Gläubigerstellung des Zessionars in Frage stellen und nicht ein Recht des Zedenten ausübe. Der Schuldner könne sich also mit Erfolg darauf berufen, daß das Zessionsgeschäft nichtig sei oder daß es der Zedent erfolgreich angefochten habe (Koziol-Welser 6 I 231; Ertl in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1396; 8 Ob 158/82). Ein Gestaltungsrecht, das von den Parteien des Abtretungsvertrages nicht geltend gemacht worden sei, könne hingegen vom Zessus nicht an deren Stelle eingewendet werden; ebensowenig könne er Einreden, die bloß relative Nichtigkeit der Zession begründeten, erheben (Ertl in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1396). Die Anfechtung nach §§ 27 bis 43 KO begründe nur eine relative Unwirksamkeit; erfolgreich angefochtene Rechtshandlungen seien nur den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam; das Ergebnis der Anfechtung komme daher nur diesen zugute. Unter den unmittelbar Beteiligten behalte die nach den Bestimmungen der Konkursordnung angefochtene Rechtshandlung weiterhin ihre Wirksamkeit (Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht 2 , 39; Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechtes 4 , 167 Rz 252; Bartsch-Pollak 3 I 159; JBl 1966, 376; SZ 47/26). Die Beklagte könne daher infolge der bloß relativen Unwirksamkeit einer Konkursanfechtung nicht mit Erfolg einwenden, daß der Masseverwalter die durch die Gemeinschuldnerin vorgenommene Zession einer Forderung an die Klägerin in einem Vorprozeß angefochten habe. Selbst wenn eine solche Konkursanfechtung mit Erfolg stattgefunden hätte, müßte auf eine diesbezügliche Einwendung im gegenständlichen Rechtsstreit nicht eingegangen werden. Deshalb seien alle Behauptungen der Parteien und auch alle bekämpften oder begehrten Feststellungen, welche die Konkursanfechtung im Vorprozeß beträfen, rechtlich nicht relevant. Dies treffe aber genauso auf den gerichtlichen Vergleich vom 6.12.1983 zwischen der Klägerin und dem Masseverwalter zu, soweit diesem Vergleich eine Konkursanfechtung zugrundeliegen sollte. Auch wenn die Klägerin mit diesem Vergleich Anfechtungsansprüche des Masseverwalters anerkannt hätte, könnte dies der Beklagten nicht zugute kommen. Im Ersturteil fehlten daher auch keine entscheidungswesentlichen Feststellungen.

Aus dem festgestellten Wortlaut des gerichtlichen Vergleiches vom 6.12.1983 ergebe sich aber auch keine Rückzession der Forderung von der Klägerin an die Zedentin. Wenn die Beklagte meine, daß die vergleichsweise Bereinigung eine Rückzession darstelle, könne ihr nicht gefolgt werden. Eine ausdrückliche Rückzession liege nicht vor; der Masseverwalter habe sich verpflichtet, der Klägerin binnen 14 Tagen einen Betrag von 74.424,93 S samt Zinsen zu zahlen. Auch eine schlüssige Rückzession könne nicht angenommen werden. Es lägen keine Handlungen vor, die mit überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund übrig ließen, daran zu zweifeln, daß die Parteien des Vorprozesses eine Rückzession vereinbart hätten (§ 863 ABGB). Für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf den rechtsgeschäftlichen Willen lege das Gesetz einen strengen Maßstab an (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 14 zu § 863).

Zu den relevanten Rechtsfragen des § 1396 ABGB bestehe, soweit dies vom Berufungsgericht überblickt werden könne, zumindest insoweit noch keine ausdrückliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, als vom Berufungsgericht die Möglichkeit von Einwendungen des Zessus, die bloß relative Nichtigkeit der Zession begründeten, abgelehnt worden sei. Die Entscheidung könnte auch trotz der Besonderheit des Einzelfalles für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten von Bedeutung sein.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf § 503 Abs 1 Z 4 (und Abs 2) ZPO gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klageabweisung abzuändern.

Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zwar im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes zulässig; sie ist aber nicht berechtigt. Die Beklagte macht in der Revision zusammengefaßt geltend, eine sinnvolle und vernünftige Auslegung des Vergleiches vom 6.12.1983 könne unter Berücksichtigung der dem Vergleichsabschluß vorangegangenen Korrespondenz zwischen dem Masseverwalter und dem Vertreter der Klägerin nur zu dem Ergebnis führen, daß zwischen der Klägerin als Zessionarin und dem Masseverwalter als Zedenten geklärt werden sollte, welcher der beiden aus der seinerzeitigen Zession einander verbundenen Vertragspartner hinsichtlich der einzelnen ursprünglichen Forderungen der Gemeinschuldnerin einzugsberechtigt sei.

Zwangsläufig ergebe sich aus dem inneren Zusammenhang der Vergleichspunkte, daß die Abtretung jener Forderungen der Gemeinschuldnerin, die aus Rechnungen vor dem 7.1.1981 stammten, gegenüber der Klägerin wirksam sei, nicht jedoch die Abtretung von Forderungen (darunter auch der klagegegenständlichen) aus Rechnungen nach dem 7.1.1981. Gemäß § 1396 ABGB könne der abgetretene Schuldner gegenüber dem Zessionar Einwendungen aus dem Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar insoweit vorbringen, als er damit die Gläubigerstellung des Zessionars in Frage stelle. Er könne also beispielsweise einwenden, daß eine Vertragspartei vom (Zessions-)Vertrag wirksam zurückgetreten sei. Wenn die Klägerin als Zessionarin gegenüber dem Masseverwalter als Zedenten rechtswirksam anerkenne, daß Zahlungen auf Rechnungen der Gemeinschuldnerin, die aus der Zeit nach dem 7.1.1981 stammten, in die allgemeine Konkursmasse gehörten, habe sie - möge ihre Stellung als Zessionarin nach § 31 KO anfechtbar sein oder nicht - die Zugehörigkeit der klagegegenständlichen Forderung zum Bereich der berechtigten Forderungen des Masseverwalters bzw. der allgemeinen Konkursmasse anerkannt. Damit habe sie aber auf ihre Stellung als Zessionarin verzichtet und - wenngleich erst im nachhinein - die schuldbefreiende Wirkung der Zahlung der klagegegenständlichen Forderung durch die Beklagte an den Masseverwalter anerkannt.

Dieser Argumentation kann nicht beigetreten werden. Auszugehen ist von der zutreffenden, mit Lehre und Rechtsprechung (auf deren Nachweisung im angefochtenen Urteil verwiesen werden kann) übereinstimmenden Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, daß der abgetretene Schuldner Umstände, die bloß eine relative Nichtigkeit der Zession begründen, dem Zessionar gegenüber nicht einwenden kann und daß die erfolgreiche Anfechtung einer Zession im Konkurs lediglich deren relative Unwirksamkeit gegenüber den Konkursgläubigern bewirkt, die Wirksamkeit der Zession im Verhältnis zwischen den unmittelbar Beteiligten jedoch unberührt läßt. Daraus folgt, daß sich die Klägerin selbst dann, wenn sie sich wegen der Möglichkeit, daß der Masseverwalter mit seiner gegen die Zession auch der klagegegenständlichen Forderung gerichteten Anfechtungseinrede durchdringt, zu dem Vergleich vom 6.12.1983 entschlossen hätte und in diesem Vergleich eine Anerkennung der Unwirksamkeit der Zession der klagegegenständlichen Forderung durch die Klägerin zu erblicken wäre, im Hinblick auf die bloße Relativität der Konkursanfechtung und der aus einer erfolgreichen Konkursanfechtung resultierenden Rechtsunwirksamkeit im Verhältnis zur Beklagten nach wie vor auf die Gültigkeit der Zession sowie darauf berufen könnte, daß einer Zahlung des abgetretenen Schuldners an den Zedenten nach der Bekanntgabe der Zession schuldbefreiende Wirkung nicht mehr zukommt. Wegen der bloß relativen Wirkung einer erfolgreichen Konkursanfechtung kann aus dem im genannten Vergleich enthaltenen Anerkenntnis der Klägerin, daß auf die nach dem 7.1.1981 ausgestellten Rechnungen geleisteten Zahlungen in die allgemeine Konkursmasse gehören, auch nicht ein gegenüber der Beklagten wirksamer Verzicht der Klägerin auf ihre Stellung als Zessionarin und ein Anerkenntnis der schuldbefreienden Wirkung der Zahlung der Beklagten an den Masseverwalter durch die Klägerin abgeleitet werden.

Da die Revision somit die zutreffenden Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes nicht entkräften konnte, war ihr ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E05763

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00540.85.0514.000

Dokumentnummer

JJT_19850514_OGH0002_0050OB00540_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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