TE OGH 1985/5/15 9Os57/85

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Veröffentlicht am 15.05.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Mai 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Stöger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter A und andere wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs 1 SuchtgiftG. und anderer strafbarer Handlungen über die Berufungen der Angeklagten Kurt B, Doris B und Franz C sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der genannten Angeklagten und des Angeklagten Peter A gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengerichts vom 5.Juni 1984, GZ 26 Vr 3683/84-89, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Hauptmann, der Angeklagten Kurt B, Doris B und Franz C und der Verteidiger Dr. Grossmann und Dr. Muzik jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Peter A zu Recht erkannt:

Spruch

1.) Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird bei Kurt B der

erstgerichtliche Ausspruch über die Vorhaftanrechnung nach § 38 StGB, 20 Abs 2, 23 FinStrG. dahin ergänzt, daß diesem Angeklagten auch die verwaltungsbehördliche Verwahrungshaft vom 27.Oktober 1983, 10,00 Uhr, bis 15,00 Uhr dieses Tages auf die verhängten Strafen angerechnet wird.

2.) Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird hinsichtlich der Angeklagten Peter A, Kurt B und Doris B teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die über die genannten Angeklagten nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. verhängten (Zusatz-) Freiheitsstrafen erhöht werden, und zwar bei A auf 34 (vierunddreißig) Monate, bei Kurt B auf 2 (zwei) Jahre und bei Doris B auf 2 1/2 (zweieinhalb) Jahre.

3.) Der Berufung des Kurt B wird gleichfalls teilweise Folge gegeben und die für den Fall der Uneinbringlichkeit der nach § 19 FinStrG. verhängten Wertersatzstrafe festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 (drei) Monate herabgesetzt.

4.) Gemäß § 295 Abs 1, 296 Abs 3 StPO wird aus Anlaß der zu Punkt 3 getroffenen Entscheidung bei Doris B die Ersatzfreiheitsstrafe für die nach § 19 FinStrG. verhängte Wertersatzstrafe auf 2 (zwei) Monate herabgesetzt.

5.) Die Angeklagten Peter A, Kurt B und Doris B werden mit ihren Berufungen, soweit sie sich gegen die nach dem Suchtgiftgesetz verhängten Freiheitsstrafen richten, auf Punkt 2 dieser Entscheidung, die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung, soweit sie bei Kurt und Doris B eine Erhöhung der Ersatzfreiheitsstrafen für die ausgesprochenen Wertersatzstrafen anstrebt, auf die Punkte 3 und 4 verwiesen.

6.) Den Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten Kurt B wird im übrigen, der Berufung des Angeklagten Franz C zur Gänze nicht Folge gegeben.

7.) Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Kurt B, Doris B und Franz C gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem sie und der Angeklagte Peter A des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. und des Vergehens nach § 16 Abs 1 Z. 2 SuchtgiftG., A ferner des Vergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a, 38

Abs 1 lit a FinStrG., des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach § 209 StGB und des Vergehens nach § 36 Abs 1

lit a WaffG., Kurt B und Doris B der Finanzvergehen des Schmuggels und der Abgabenhehlerei nach § 35 Abs 1 bzw. 37 Abs 1 lit a FinStrG., Kurt B überdies des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und schließlich Franz C auch des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG. schuldig erkannt worden waren, hat der Oberste Gerichtshof bereits mit dem in nichtöffentlicher Beratung gefaßten Beschluß vom 17.April 1985, GZ 9 Os 57/85-5, dem der maßgebende Sachverhalt zu entnehmen ist, zurückgewiesen.

Gegenstand des Gerichtstages bildeten also nur mehr die Berufungen der Staatsanwaltschaft, der Angeklagten Kurt B, Doris B und Franz C sowie eine Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO hinsichtlich des Angeklagten Kurt B.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerden hat sich nämlich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das Urteil bezüglich des zuletzt genannten Angeklagten insofern mit dem von Amts wegen wahrzunehmenden materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nach der Z. 11 des § 281 Abs 1 StPO

behaftet ist, als das Erstgericht übersah, daß sich Kurt B bereits ab 10,00 Uhr und nicht erst - wie es annahm - ab 15,00 Uhr des 27. Oktober 1983 in verwaltungsbehördlicher Verwahrungshaft befand (vgl. S. 29, 31 in ON 19). Da sich dieses Versehen zum Nachteil des Angeklagten B auswirkt, war es gemäß § 290 Abs 1 StPO spruchgemäß zu sanieren.

Hingegen sah sich der Oberste Gerichtshof zu einer derartigen Maßnahme in Ansehung dessen, daß das Erstgericht über Kurt B für den Fall der Uneinbringlichkeit der Wertersatzstrafe nach § 19 FinStrG. eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Monaten aussprach, nicht veranlaßt. Obschon dieser Ausspruch nämlich insofern - für sich allein betrachtet - mit dem Gesetz nicht im Einklang steht, als die Finanzvergehen des genannten Angeklagten (Urteilstaten III und IV) nur auf Grund objektiver Konnexität im Sinne des § 53 Abs 4 FinStrG. in die gerichtliche Zuständigkeit fallen (vgl. insbesondere Band I S. 195), hiedurch aber keine Veränderung der betreffenden Strafdrohung bewirkt wird und folglich gemäß § 20 Abs 2 FinStrG. für den Wertersatz aus Anlaß einer solchen Tat bloß eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt werden durfte, die drei Monate nicht überstieg (vgl. Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Finanzstrafrecht E. 8 zu § 20), darf vorliegend nicht außer Betracht bleiben, daß der Verfallsausspruch bei der gegebenen Sachlage auch auf § 12 Abs 4 SuchtgiftG. zu stützen gewesen wäre (vgl. EvBl 1981/186; verstärkter Senat) und die ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Monaten innerhalb des im § 12 Abs 4 SuchtgiftG. gesetzten Limits liegt.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend bei sämtlichen Angeklagten das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und die einschlägige Vorstrafenbelastung, bei A und Doris B ferner den raschen Rückfall, bei A überdies die Gewerbsmäßigkeit und den Umstand, daß er etliche Personen unter 21 Jahren mit Suchtgift bediente. Bei Kurt B, Doris B und Franz C wurde zusätzlich als erschwerend in Betracht gezogen, daß sie auch nach dem Einschreiten der Exekutive bzw. im Zuge der laufenden Voruntersuchung neuerlich straffällig wurden sowie bei Kurt B und Doris B die Wiederholung der Taten. Als mildernd hingegen erachtete das Erstgericht, daß bei A eine beachtliche und bei den übrigen Angeklagten eine geringe Suchtgiftmenge sichergestellt werden konnte, daß A ein umfassendes und die übrigen Angeklagten jeweils ein Teilgeständnis abgelegt hatten sowie daß A zur Tatzeit süchtig war.

Im Hinblick auf diese Strafzumessungsgründe verhängte das Erstgericht über die Angeklagten gemäß § 12 Abs 1 SuchtgiftG., 28 StGB Freiheitsstrafen, und zwar über Peter A im Ausmaß von zwei Jahren und zwei Monaten (als Zusatzstrafe gemäß § 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf ein Urteil vom 2.März 1984, mit dem er wegen § 16 SuchtgiftG. zu 8 Monaten Freiheitsstrafe und wegen § 37 FinStrG. zu einer Geldstrafe verurteilt worden war), über Kurt B in der Dauer von 16, über Doris B im Ausmaß von 20 und über Franz C in der Höhe von 18 Monaten. Ferner wurden gemäß § 35, 37, 38 FinStrG. über die Angeklagten Geldstrafen ausgesprochen, und zwar über Peter A in der Höhe von 100.000 S (vier Monate Ersatzfreiheitsstrafe), über Kurt B im Betrag von 45.000 S (drei Monate Ersatzfreiheitsstrafe) über Doris B im Ausmaß von 31.000 S (zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe) und über Franz C in der Höhe von 20.000 S (ein Monat Ersatzfreiheitsstrafe). Hinzu treten bei sämtlichen Angeklagten nach § 19 FinStrG. ausgesprochene Wertersatzstrafen, die bei A 20.236 S (ein Monat), bei Kurt B 99.958 S (fünf Monate), bei Doris B 46.083 S (drei Monate) und bei C 23.333 S (ein Monat) ausmachen (die in den Klammern beigesetzten Freiheitsstrafen beziffern die jeweiligen Ersatzfreiheitsstrafen). Schließlich wurde Peter A gemäß § 12 Abs 4 SuchtgiftG. zusätzlich zu einer 'Erlös-Wertersatzstrafe' von

254.100 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit 6 Monate Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Mit ihrer Berufung strebt die Anklagebehörde bezüglich sämtlicher Angeklagten eine Erhöhung der nach dem Suchtgiftgesetz ausgesprochenen Freiheitsstrafen sowie eine Anhebung der nach dem Finanzstrafgesetz verhängten Ersatzfreiheitsstrafen an. Hingegen begehren die Angeklagten Kurt B, Doris B und Franz C die über sie nach dem Suchtgiftgesetz verhängten Freiheitsstrafen zu ermäßigen. Kurt B strebt ferner eine Reduktion der nach dem Finanzstrafgesetz ausgesprochenen Geld- und Wertersatzstrafen an.

Berechtigt ist lediglich das Rechtsmittel der Anklagebehörde, soweit es sich gegen die nach dem Suchtgiftgesetz über die Angeklagten Peter A, Kurt B und Doris B ausgesprochenen Freiheitsstrafen richtet sowie die Berufung des Angeklagten B mit Bezug auf die an Stelle der Wertersatzstrafe nach § 19 FinStrG. tretende Ersatzfreiheitsstrafe. Hinsichtlich der staatsanwaltschaftlichen Berufung ist davon auszugehen, daß die den genannten drei Angeklagten zur Last liegenden Heroinquantitäten die sogenannte Grenzmenge um das rund Hundertfache übersteigen, daß sie durchwegs einschlägig vorbestraft sind und daß A und Doris B nach einschlägigen Abstrafungen äußerst rasch rückfällig wurden. Legt man all dem die gebührende Bedeutung bei, dann erweisen sich die bei diesen Angeklagten geschöpften Unrechtsfolgen in der Tat als zu gering, weshalb sie in Stattgebung des Begehrens der Anklagebehörde spruchgemäß auf das jeweils tatschuldadäquate Maß anzuheben waren.

Andererseits steht bei Kurt B das Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe in keiner Relation zu der nach § 19 FinStrG. ausgesprochenen Wertersatzstrafe.

Sie ist vielmehr beträchtlich überhöht und war daher spruchgemäß zu reduzieren. Da die gleichen Gründe seiner Ehefrau Doris B, die insoweit keine Berufung ergriff, zustatten kommen, war gemäß § 295 Abs 1, 296

Abs 3 StPO auch bei ihr eine entsprechende Ermäßigung vorzunehmen. Soweit die Angeklagten A, Kurt B und Doris B eine Reduktion der nach dem Suchtgiftgesetz über sie verhängten Strafen begehren, waren sie gleichermaßen auf die obige Entscheidung zu verweisen, wie die Staatsanwaltschaft mit ihrem Antrag, bezüglich Kurt B und Doris B die Ersatzfreiheitsstrafen (für die Wertersatzstrafen) zu erhöhen. Hinsichtlich der übrigen Angeklagten bzw. restlichen Ersatzfreiheitsstrafen kann der Ansicht der Anklagebehörde, sie seien zu gering ausgefallen, nicht beigetreten werden. Sie erscheinen vielmehr durchaus zureichend und mithin nicht erhöhungsbedürftig.

Die über den Angeklagten C nach dem Suchtgiftgesetz verhängte Freiheitsstrafe ist, dem Berufungsvorbringen zuwider, tat- und tätergerecht.

Sie erheischt sonach keine Korrektur. Diesbezüglich genügt es auf die erstgerichtlichen Strafzumessungsgründe zu verweisen; ergänzend ist dazu lediglich zu bemerken, daß weder die Anklagebehörde noch der Angeklagte C Substantielles zur Stützung ihrer Begehren nach Erhöhung bzw. Herabsetzung ins Treffen führten.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E05816

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0090OS00057.85.0515.000

Dokumentnummer

JJT_19850515_OGH0002_0090OS00057_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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