TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/22 2003/09/0162

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Veröffentlicht am 22.06.2005
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1E;
E1N;
E2A Assoziierung Polen;
E2A Assoziierung Tschechien;
E2A Assoziierung Türkei;
E2A Assoziierung Ungarn;
E2A E02401013;
E2A E11401020;
E2A E11401030;
E6J;
40/01 Verwaltungsverfahren;
59/04 EU - EWR;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

11992E002 EGV Art2;
11992E048 EGV Art48;
11992E052 EGV Art52;
11992E060 EGV Art60 Abs3;
11994N076 EU-Beitrittsvertrag Akte Art76;
11994N077 EU-Beitrittsvertrag Akte Art77;
11997E002 EG Art2;
11997E039 EG Art39;
11997E043 EG Art43;
11997E050 EG Art50 Abs3;
21964A1229(01) AssAbk Türkei ;
21993A1231(13) AssAbk Ungarn Art 58 Abs1;
21993A1231(13) AssAbk Ungarn Art44 Abs3;
21993A1231(13) AssAbk Ungarn Art44;
21993A1231(18) AssAbk Polen Art44 Abs4;
21993A1231(18) AssAbk Polen;
21994A1231(34) AssAbk Tschechien Art45 Abs4;
21994A1231(34) AssAbk Tschechien;
61974CJ0002 Reyners VORAB;
61984CJ0222 Johnston VORAB;
61989CJ0221 Factortame 2 VORAB;
61994CJ0055 Gebhard VORAB;
61994CJ0107 Asscher VORAB;
61996CJ0051 Deliege VORAB;
61999CJ0063 Gloszczuk VORAB;
61999CJ0157 Smits und Peerbooms VORAB;
61999CJ0235 Kondova VORAB;
61999CJ0257 Barkoci und Malik VORAB;
61999CJ0268 Aldona Malgorzata Jany VORAB;
62001CJ0131 Kommission / Italien;
62001CJ0215 Schnitzer VORAB;
62001CJ0467 Eribrand VORAB;
62002CJ0327 Panayotova VORAB;
AuslBG §2 Abs4 idF 2002/I/126;
AVG §56;
EURallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des L in B, vertreten durch Mag. Dr. Geza Simonfay, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neustiftgasse 3/6, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom 31. Oktober 2003, Zl. 10/13117, betreffend Feststellung nach § 2 Abs. 4 AuslBG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 29. April 2003 beantragten der Beschwerdeführer und drei weitere ungarische Staatsbürger die Feststellung gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG, dass durch die (einzelnen) Gesellschafter ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der B E R S OEG persönlich ausgeübt werde. Der Antrag enthielt die Begründung, alle vier Antragsteller hätten eine offene Erwerbsgesellschaft gegründet, die mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 17. März 2003 als "B E R S OEG", ins Firmenbuch eingetragen worden sei. Sämtliche Gesellschafter hafteten persönlich und hätten Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft, kein Gesellschafter sei von der Geschäftsführung ausgeschlossen bzw. von keinem Gesellschafter sei die Geschäftsführungskompetenz beschränkt.

Die Antragsteller erklärten ihre Absicht, im Rahmen der OEG in Österreich selbstständig als Stuckateure tätig zu werden, wobei geplant sei, zuerst nur in einem überschaubaren Rahmen in Österreich tätig zu werden. Sämtliche Gesellschafter hätten auf die Geschäftsführung gleich viel Einfluss, sie seien auch zur selbstständigen Ausübung des Gewerbes "Stuckateur" qualifiziert. Alle Antragsteller verfügten über eine fachspezifische Ausbildung als Stuckateure und Trockenausbauer und wiesen langjährige Berufserfahrung auf. Als Bürger der Republik Ungarn seien sie gemäß dem Abkommen der Republik Ungarn und der Europäischen Union vom 31. Dezember 1993 zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit unmittelbar auf Grund der europarechtlichen Vorschriften berechtigt, eine Behinderung dieses Rechtes durch österreichische Behörden würde eine Verletzung des Europarechts im Sinne des Art. 44 des genannten Abkommens darstellen.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 15. September 2003 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG nach einer niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers am 28. Mai 2003 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Beschwerdeführer sei einer von vier gleichberechtigt zur selbstständigen Vertretung befugten Geschäftsführer, er übe daher auf die Geschäftsführung keinen alleinigen wesentlichen Einfluss tatsächlich persönlich aus.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Für eine Feststellung gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG sei es nicht erforderlich, dass ein alleiniger Einfluss des Gesellschafters auf die Geschäftsführung der Gesellschaft gegeben sei.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 2 Abs. 4 AuslBG keine Folge gegeben. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte die belangte Behörde begründend aus, die Formulierung des § 2 Abs. 4 AuslBG "ein Gesellschafter einer GesmbH mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 %" lasse nicht die Schlussfolgerung zu, dass bei einer Beteiligung von 25 % oder darüber von einer maßgeblichen Einflussnahme auf die Geschäftsführung der Gesellschaft sowie einer selbstständigen Erwerbstätigkeit auszugehen sei. Bei dieser Textierung handle es sich um eine demonstrative Aufzählung, weshalb selbst bei einem Gesellschafter einer GesmbH mit einem höheren Prozentanteil eine bescheidmäßige Feststellung gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG zu treffen sei. Erst bei einem Geschäftsanteil von mindestens 50 % an einer GesmbH sei im Regelfall eine wesentliche Einflussnahme auf die Geschäftsführung einer solchen Gesellschaft durch den Gesellschafter anzunehmen. Der Sachverhalt, wonach der Beschwerdeführer und seine drei Mitgesellschafter zu je 25 % an der OEG beteiligt seien, impliziere nicht das Vorliegen der im Sinne des § 2 Abs. 4 AuslBG geforderten Einflussnahme, um hinsichtlich der für die Personengesellschaft zu erbringenden Arbeitsleistungen von der Anwendung des AuslBG ausgenommen zu sein. Maßgebend für die Beurteilung gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG sei, inwieweit im Konnex mit den üblicherweise in einem Arbeitsverhältnis geleisteten Tätigkeiten ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt werde, weshalb auf die tatsächliche Funktionsausübung des Gesellschafters abzustellen sei.

Die Geschäftsführung einer Gesellschaft setze unabdingbar allgemeine Führungs- und Entscheidungskompetenz in Angelegenheiten der Organisation einer Gesellschaft, wie beispielsweise im Bereich der Investition, Produktion, Finanzierung oder Personalwesen voraus. Ebenso seien für eine wesentliche persönliche Einflussnahme auf die Geschäftsführung einer Personengesellschaft Kenntnisse der steuerlichen und rechtlichen Bestimmungen sowie jene über die Führung einer Buchhaltung erforderlich. Die Qualifikation eines ausländischen Staatsbürgers zur Führung eines Unternehmens müsse evident sein. Sei der ausländische Staatsbürger nicht in der Lage, diese Anforderungen zu erfüllen, könne auch nicht die Ausübung einer wesentlichen Einflussnahme auf die Geschäftsführung der Gesellschaft als wirklich zutreffend erachtet werden. Anlässlich der Aufnahme einer Niederschrift mit dem Beschwerdeführer am 28. Mai 2003 habe er sich mangels Deutschkenntnisse eines Dolmetschers bedienen müssen. Er verfüge auch über keine Kenntnisse der arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Bestimmungen, die rechtlichen Angelegenheiten und die Führung der Buchhaltung würden von externen Personen wahrgenommen; er selbst bringe im Wesentlichen seine Arbeitskraft in die Gesellschaft ein. Der eruierte wahre wirtschaftliche Gehalt ergebe, dass sich seine Tätigkeit für die Gesellschaft in der Arbeitsleistung als Stuckateur erschöpfe, eine wesentliche Einflussnahme auf die Geschäftsführung der Gesellschaft, wie sie in § 2 Abs. 4 AuslBG gefordert werde, sei aus dem dargelegten Sachverhalt nicht zu erkennen.

Hinsichtlich der in der Berufung enthaltenen Ausführungen zu den mit der Republik Ungarn geschlossenen Europaabkommen sei festzuhalten gewesen, dass die darin getroffenen Regelungen hinsichtlich der Feststellung gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG keiner Beurteilung zuzuführen seien und im gegenständlichen Verfahren keine Berücksichtigung zu finden hätten. Dieses Abkommen gewähre kein grenzenloses Recht zur Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, setze vielmehr als Nebenrechte einerseits ein Einreise- als auch ein Aufenthaltsrecht voraus. Auch seien die Beschäftigungsbedingungen hinsichtlich der Niederlassung von natürlichen Personen zur Erbringung einer Dienstleistung, wie beispielsweise gewerberechtliche Vorschriften, anzuwenden. Des Weiteren müsse der Nachweis über die wirkliche Absicht zur Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erbracht werden sowie von Anfang an das Vorhandensein hinreichender Mittel sowie vernünftiger Erfolgsaussichten belegt werden, was im Hinblick auf den Sachverhalt nicht als gegeben zu erachten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die § 2 Abs. 1 bis 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 281/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 126/2002, lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

a)

in einem Arbeitsverhältnis,

b)

in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,

              c)       in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,

d)

nach den Bestimmungen des § 18 oder

e)

überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind

a) in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist,

b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, sofern nicht lit. d gilt, oder der Veranstalter,

c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und

d) der ausländische Dienstleistungserbringer, dem eine EU-Entsendebestätigung nach Maßgabe des § 18 Abs. 12 bis 16 auszustellen ist.

(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn

1. ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder

2. ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25% Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag fest, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen."

Der Beschwerdeführer beruft sich zur Begründung seines Rechts, in Österreich als Gesellschafter seiner OEG zu arbeiten, ohne dass diese Tätigkeit als Beschäftigung nach dem AuslBG qualifiziert wird, auf das am 31. Dezember 1993 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Nr. L 347, kundgemachte und am 1. Februar 1994 in Kraft getretene Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Ungarn anderseits vom 16. Dezember 1993 (im Folgenden: Europaabkommen-Ungarn). Dieses enthält u.a. folgende im Beschwerdefall relevante Bestimmungen:

"Titel IV

Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsrecht,

Dienstleistungsverkehr

...

Kapitel II Niederlassungsrecht:

Artikel 44

(1) Ungarn erleichtert während der in Artikel 6 genannten Übergangszeit Gesellschaften und Staatsangehörigen der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 48 die Aufnahme von Geschäftstätigkeiten in seinem Gebiet. Zu diesem Zweck gewährt es

i) schrittweise und spätestens am Ende der in Artikel 6 genannten ersten Stufe für die Niederlassung von Gesellschaften und Staatsangehörigen der Gemeinschaft eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die Behandlung seiner eigenen Staatsangehörigen und Gesellschaften; ausgenommen sind die in den Anhängen XIIa und XIIb aufgeführten Wirtschaftszweige, in denen eine solche Behandlung spätestens am Ende der in Artikel 6 genannten Übergangszeit gewährt wird; und

ii) vom Inkrafttreten dieses Abkommens an für die Geschäftstätigkeit der in Ungarn niedergelassenen Gesellschaften und Staatsangehörigen der Gemeinschaft eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die Behandlung seiner eigenen Gesellschaften und Staatsangehörigen. Sollten die bestehenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften bei Inkrafttreten dieses Abkommens für bestimmte Erwerbstätigkeiten in Ungarn keine derartige Behandlung der Gesellschaften und Staatsangehörigen der Gemeinschaft vorsehen, so ändert Ungarn diese Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um eine derartige Behandlung spätestens am Ende der in Artikel 6 genannten ersten Stufe zu gewährleisten.

(2) Ungarn erlässt während der in Absatz 1 genannten Übergangszeiten keine neuen Vorschriften oder Maßnahmen, die hinsichtlich Niederlassung und Geschäftstätigkeit der Gesellschaften und Staatsangehörigen der Gemeinschaft in seinem Gebiet eine Benachteiligung gegenüber seinen eigenen Gesellschaften und Staatsangehörigen bewirken.

(3) Die Mitgliedstaaten gewähren vom Inkrafttreten dieses Abkommens an für die Niederlassung ungarischer Gesellschaften und Staatsangehöriger im Sinne des Artikels 48 eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die Behandlung ihrer eigenen Gesellschaften und Staatsangehörigen, und für die Geschäftstätigkeit der in ihrem Gebiet niedergelassenen ungarischen Gesellschaften und Staatsangehörigen eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die Behandlung ihrer eigenen Gesellschaften und Staatsangehörigen.

(4) Unbeschadet der Absätze 1, 2 und 3 wird die in den Absätzen 1 und 3 vorgesehene Inländerbehandlung für Zweigniederlassungen, Agenturen und Staatsangehörige, die eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen, erst vom Beginn der in Artikel 6 genannten zweiten Stufe an gewährt.

(5) Im Sinne dieses Abkommens

a)

bedeutet "Niederlassung"

i)

im Fall der Staatsangehörigen das Recht auf Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie auf Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften, die sie tatsächlich kontrollieren. Die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit und einer Geschäftstätigkeit durch Staatsangehörige umfasst nicht die Suche oder Annahme einer Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt und verleiht nicht das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt der anderen Vertragspartei. Die Bestimmungen dieses Kapitels gelten nicht für diejenigen, die nicht ausschließlich eine selbstständige Tätigkeit ausüben;

              ii)      im Fall der Gesellschaften das Recht auf Aufnahme und Ausübung von Erwerbstätigkeiten durch die Errichtung und Leitung von Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen und Agenturen;

              b)       bedeutet "Tochtergesellschaft" einer Gesellschaft eine Gesellschaft, die tatsächlich von der ersten Gesellschaft kontrolliert wird;

              c)       umfassen "Erwerbstätigkeiten" insbesondere gewerbliche Tätigkeiten, kaufmännische Tätigkeiten, handwerkliche Tätigkeiten und freiberufliche Tätigkeiten.

...

Art. 53

(1) Dieses Kapitel gilt vorbehaltlich der Beschränkungen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind.

(2) Dieses Kapitel gilt nicht für Tätigkeiten die im Gebiet einer Vertragspartei dauernd oder zeitweise mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse verbunden sind.

...

Kapitel III

Dienstleistungsverkehr zwischen der Gemeinschaft und Ungarn.

Art. 55

(1) Die Vertragsparteien verpflichten sich, im Einklang mit den Bestimmungen dieses Kapitels und unter Berücksichtigung der Entwicklung des Dienstleistungssektors in den Vertragsparteien die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um schrittweise die Erbringung von Dienstleistungen durch Gesellschaften oder Staatsangehörige der Gemeinschaft oder Ungarns zu erlauben, die in einer anderen Vertragspartei als derjenigen des Leistungsempfänger niedergelassen sind.

(2) Im Einklang mit der in Abs. 1 genannten Liberalisierung und vorbehaltlich des Art. 58 Absatz 1 gestatten die Vertragsparteien die vorübergehende Einreise der natürlichen Personen, die die Dienstleistung erbringen oder von dem Leistungserbringer als Personal in Schlüsselpositionen im Sinne des Art. 52 Abs. 2 beschäftigt werden; dazu gehören auch natürliche Personen, die Vertreter von Gesellschaften oder Staatsangehörigen der Gemeinschaft oder Ungarn sind und um vorübergehende Einreise zwecks Aushandlung oder Abschluss von Dienstleistungsaufträgen für diesen Leistungserbringer ersuchen, sofern diese Vertreter nicht indirekt im Verkauf beschäftigte oder selbst Dienstleistungen erbringen.

(3) Der Assoziationsrat trifft die erforderlichen Maßnahmen zur schrittweisen Durchführung von Abs. 1.

...

Kapitel IV

Allgemeine Bestimmungen:

Art. 58

(1) Für die Zwecke des Titels VI (wirtschaftliche Zusammenarbeit) dieses Abkommens werden die Vertragsparteien durch keine Bestimmung dieses Abkommens daran gehindert, ihre Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Einreise und Aufenthalt, Beschäftigung, Beschäftigungsbedingungen, Niederlassung von natürlichen Personen und Erbringung von Dienstleistungen anzuwenden, sofern sie dies nicht in einer Weise tun, durch die die Vorteile, die einer Vertragspartei aus einer Abkommensbestimmung erwachsen, zunichte gemacht oder verringert werden. Diese Bestimmung berührt nicht die Anwendung von Art. 53.

(2) ..."

Das Europaabkommen-Ungarn war zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides auf Grund der Art. 76 und 77 der dem EU-Beitrittsvertrag angeschlossenen Beitrittsakte, BGBl. Nr. 45/1995, anzuwenden. Im vorliegenden Fall hat sich der Beschwerdeführer auf ein ihm als ungarischem Staatsangehörigen nach dem Kapitel II (Art. 44) zukommendes "Niederlassungsrecht" berufen.

Zu den mit Art. 44 leg. cit. weitgehend gleich lautend formulierten entsprechenden Bestimmungen in den Europa-Abkommen mit Polen und Tschechien hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 20. November 2001 in der Rechtssache C-268/99, Jany u. a. Slg. 2001, I-08615, erkannt, dass diese unmittelbare Wirkung haben und polnische bzw. tschechische Staatsangehörige das Recht haben, sich vor den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaates jeweils auf sie zu berufen (vgl. Randnr. 26 und 28 des angeführten Urteiles, mit Hinweisen auf weitere Rechtsprechung des EuGH). Es besteht daher kein Zweifel, dass dies auch für den im vorliegenden Fall anzuwendenden Art. 44 des Europa-Abkommens-Ungarn zutrifft.

Gemäß Art. 58 Abs. 1 des Europa-Abkommens-Ungarn dürfen die Vertragsparteien ihre Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Einreise und Aufenthalt, Beschäftigung, Beschäftigungsbedingungen, Niederlassung von natürlichen Personen und Erbringung von Dienstleistungen nur soweit anwenden, sofern sie dies nicht in einer Weise tun, durch die die Vorteile, die einer Vertragspartei aus einer Abkommensbestimmung erwachsen, zunichte gemacht oder verringert werden. Auch bei Anwendung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ist daher auf die entsprechenden Bestimmungen des Europa-Abkommens-Ungarn Bedacht zu nehmen. Sie sind nur soweit anzuwenden, als ihr normativer Inhalt nicht durch entgegenstehende Bestimmungen des Europa-Abkommens-Ungarn, denen als Bestandteil des Gemeinschaftsrechts gegenüber innerstaatlichem Recht Anwendungsvorrang zukommt (vgl. etwa den vergleichbaren Fall des Assoziationsabkommens EWG-Türkei und dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 96/09/0088), verdrängt worden ist.

In seinem Urteil vom 16. November 2004 in der Rechtssache C- 327/02, Panayotova, hat der EuGH u.a. Folgendes ausgeführt:

"21 Bestimmungen wie Artikel 45 Absatz 1 in Verbindung mit

Artikel 59 Absatz 1 des Abkommens Gemeinschaften-Bulgarien,

Artikel 44 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 58 Absatz 1 des Abkommens Gemeinschaften-Polen und Artikel 45 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 59 Absatz 1 des Abkommens Gemeinschaften-Slowakei stehen grundsätzlich einem System der vorherigen Kontrolle nicht entgegen, das die Erteilung einer Einreise- und Aufenthaltserlaubnis durch die Zuwanderungsbehörden von der Voraussetzung abhängig macht, dass der Antragsteller nachweist, dass er wirklich die Absicht hat, eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, ohne gleichzeitig eine unselbstständige Beschäftigung auszuüben oder auf öffentliche Gelder zurückzugreifen, und dass er von Anfang an über ausreichende finanzielle Mittel für die Ausübung der fraglichen selbstständigen Tätigkeit verfügt und vernünftige Erfolgsaussichten hat (vgl. Urteile Gloszczuk, Randnr. 86, Kondova, Randnr. 91, und Jany u. a., Randnr. 31).

22 Ein solches nationales System, wonach die genaue Art der vom Antragsteller ins Auge gefassten Tätigkeit vor dessen Abreise in den Aufnahmemitgliedstaat überprüft wird, verfolgt ein berechtigtes Ziel, da es die Möglichkeit eröffnet, die Ausübung des Einreise- und des Aufenthaltsrechts durch die Staatsangehörigen der betreffenden Länder, die sich auf diese Bestimmungen berufen, auf diejenigen zu beschränken, die aus den Bestimmungen Rechte herleiten können (vgl. Urteile Gloszczuk, Randnr. 58, Kondova, Randnr. 61, sowie Barkoci und Malik, Randnr. 62).

23 Ein solches Kontrollsystem kann insbesondere in Anbetracht der Tatsache gerechtfertigt sein, dass die Prüfung der materiellen Voraussetzungen und die damit verbundenen eingehenden Untersuchungen u.a. im Hinblick auf Erwägungen, die sowohl sprachlicher Natur sind als auch mit dem Zugang zu den Informationen über die Situation der ausländischen Staatsangehörigen, die sich in einem Mitgliedstaat niederlassen wollen, zusammenhängen, leichter im Herkunftsstaat durchgeführt werden können (vgl. Urteil Barkoci und Malik, Randnrn. 65 und 66).

24 Würde man von dem Aufnahmemitgliedstaat, der ein solches System der vorherigen Kontrolle eingeführt hat, verlangen, dass er außerdem seinen Behörden die Verpflichtung auferlegt, jeden im Inland nach den Assoziierungsabkommen gestellten Antrag zu prüfen, so würde dies u.a. die Gefahr einer Häufung von Anträgen mit sich bringen, die bei Aufenthalten zu touristischen oder anderen Zwecken, die als kurzfristig gelten, gestellt würden. Eine solche Situation wäre aber, worauf die niederländische, die griechische und die französische Regierung hingewiesen haben, dem von dem betreffenden Mitgliedstaat eingeführten System der obligatorischen vorherigen Kontrolle abträglich und würde in Anbetracht der mit der Prüfung der Anträge und der gegen Ablehnungsentscheidungen gegebenenfalls eingelegten Rechtsbehelfe verbundenen Fristen die Freiheit dieses Mitgliedstaats beeinträchtigen, die freie oder erleichterte Einreise in sein Hoheitsgebiet nur unter der Voraussetzung zu gewähren, dass der beabsichtigte Aufenthalt nur von kurzer Dauer ist. Ebenso würde daraus eine Beeinträchtigung der praktischen Wirksamkeit des Artikels 58 Absatz 1 des Abkommens Gemeinschaften-Polen und des Artikels 59 Absatz 1 der Abkommen Gemeinschaften-Bulgarien und Gemeinschaften-Slowakei folgen.

...

26 Darüber hinaus ist klarzustellen, dass die Verfahrensvorschriften für die Erteilung einer solchen vorläufigen Aufenthaltsgenehmigung selbst gewährleisten müssen, dass die Ausübung des durch die Assoziierungsabkommen verliehenen Niederlassungsrechts weder unmöglich gemacht noch außergewöhnlich erschwert wird.

27 Daraus folgt insbesondere, dass die für derartige vorläufige Aufenthaltsgenehmigungen geltende Regelung auf einem Verfahrenssystem beruhen muss, das leicht zugänglich ist und das geeignet ist, den Betroffenen zu gewährleisten, dass ihr Antrag innerhalb angemessener Frist und objektiv bearbeitet wird, wobei es ferner möglich sein muss, dass die etwaige Versagung der Genehmigung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens in Frage gestellt wird (vgl. analog Urteil vom 12. Juli 2001 in der Rechtssache C-157/99, Smits und Peerbooms, Slg. 2001, I-5473, Randnr. 90). In dieser Hinsicht ist daran zu erinnern, dass das Gemeinschaftsrecht eine effektive gerichtliche Kontrolle der von den nationalen Behörden nach den anwendbaren gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften getroffenen Entscheidungen verlangt und dass dieser Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes einen allgemeinen Grundsatz darstellt, der sich aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten ergibt und in den Artikeln 6 und 13 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert ist (vgl. u.a. Urteile vom 15. Mai 1986 in der Rechtssache 222/84, Johnston, Slg. 1986, 1651, Randnrn. 18 und 19, sowie vom 19. Juni 2003 in der Rechtssache C-467/01, Eribrand, Slg. 2003, I- 6471, Randnr. 61)."

Ob man nun im vorliegenden Fall die Erlassung eines Feststellungsbescheides als Teil eines derartigen Systems der vorherigen Kontrolle für nach dem Europa-Abkommen-Ungarn berechtigte selbstständige Erwerbstätige im Sinne der Randnrn. 21 ff des angeführten Urteils betrachtet, oder aber die Auffassung vertritt, bei Erfüllung der dafür im Abkommen selbst festgelegten Voraussetzungen dürfe ein ungarischer Staatsbürger als Gesellschafter eine selbstständige Erwerbstätigkeit auch ohne die ausdrückliche Feststellung ausüben, dass er einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft tatsächlich persönlich ausübe (vgl. im Ergebnis das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 2005, Zl. 2003/21/0182), ist nicht von entscheidender Bedeutung, denn in beiden Fällen kann mit Rücksicht auf die Bedeutung der anzuwendenden Bedingungen des Zuganges zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit als Gesellschafter das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG - im vorliegenden Fall unter Bedachtnahme auf Art 44 Abs. 3 des Europa-Abkommens-Ungarn - nicht mit Grund verneint werden.

In seinem Urteil vom 20. November 2001 in der Rechtssache C- 268/99, Jany u.a. Slg. 2001, I-08615, hat der Europäische Gerichtshof zu den im Wesentlichen gleich lautenden Bestimmungen der Assoziierungsabkommen mit Polen und Tschechien u.a. bemerkt:

"33. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine entgeltliche Arbeits- oder Dienstleistung als Teil des Wirtschaftslebens im Sinne von Artikel 2 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 2 EG) anzusehen, sofern es sich um tatsächliche und echte, also nicht völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeiten handelt (vgl. insbesondere Urteil vom 11. April 2000 in den Rechtssachen C- 51/96 und C-191/97, Deliege, Slg. 2000, I-2549, Randnrn. 53 und 54).

34. Da das wesentliche Merkmal eines Arbeitsverhältnisses im Sinne von Artikel 48 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG) darin besteht, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält, ist eine Tätigkeit, die jemand nicht im Rahmen eines Unterordnungsverhältnisses ausübt, als selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinne von Artikel 52 EG-Vertrag anzusehen (vgl. Urteil vom 27. Juni 1996 in der Rechtssache C-107/94, Asscher, Slg. 1996, I-3089, Randnrn. 25 und 26).

...

37. Aus dem Kontext und der Zielsetzung der Assoziierungsabkommen mit Polen und Tschechien ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass diese Abkommen dem Begriff selbstständige Erwerbstätigkeiten eine andere als die gewöhnliche Bedeutung beimessen wollten, nach der es sich dabei um Erwerbstätigkeiten handelt, die jemand nicht im Rahmen eines Unterordnungsverhältnisses in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und das Entgelt und in eigener Verantwortung ausübt.

38. Daher lässt sich kein Bedeutungsunterschied zwischen dem Begriff selbstständige Erwerbstätigkeiten in Artikel 52 EG-Vertrag und dem Begriff selbstständige Erwerbstätigkeiten in Artikel 44 Absatz 4 Buchstabe a Ziffer i des Assoziierungsabkommens mit Polen und Artikel 45 Absatz 4 Buchstabe a Ziffer i des Assoziierungsabkommens mit Tschechien feststellen." (Nach Änderung an Stelle Art. 52 jetzt Art. 43 EG)"

Der Verwaltungsgerichtshof hat keinen Zweifel, dass diese Aussage auch für die weitgehend gleich lautenden entsprechenden Bestimmungen des Europa-Abkommens-Ungarn zutrifft.

Zum Begriff der Niederlassung im Sinne der Art. 52 ff des EWG-Vertrages (nunmehr: Art. 43 ff EG) hat der Europäische Gerichtshof in den Rechtssachen Factortame II und Gebhard wie folgt ausgeführt:

"20 Dazu ist zu bemerken, dass der Niederlassungsbegriff im Sinne der Artikel 52 ff. EWG-Vertrag die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit umfasst."

(Urteil vom 25. Juli 2001, Rs C-221/89, Factortame II, Slg. 1991, I-03905)

"25 Der Begriff der Niederlassung im Sinne des Vertrages ist also ein sehr weiter Begriff, der die Möglichkeit für einen Gemeinschaftsangehörigen impliziert, in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaats als seines Herkunftsstaats teilzunehmen und daraus Nutzen zu ziehen, wodurch die wirtschaftliche und soziale Verflechtung innerhalb der Gemeinschaft im Bereich der selbstständigen Tätigkeiten gefördert wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Juni 1974 in der Rechtssache 2/74, Reyners, Slg. 1974, 631, Randnr. 21).

26 Dagegen sehen die Vorschriften des Kapitels über die Dienstleistungen, insbesondere Artikel 60 Absatz 3 des Vertrages, für den Fall, dass sich der Erbringer einer Dienstleistung in einen anderen Mitgliedstaat begibt, vor, dass dieser seine Tätigkeit dort vorübergehend ausübt.

27 Wie der Generalanwalt hervorgehoben hat, ist der vorübergehende Charakter der fraglichen Tätigkeiten nicht nur unter Berücksichtigung der Dauer der Leistung, sondern auch ihrer Häufigkeit, regelmäßigen Wiederkehr oder Kontinuität zu beurteilen. Der vorübergehende Charakter der Leistung schließt nicht die Möglichkeit für den Dienstleistungserbringer im Sinne des Vertrages aus, sich im Aufnahmemitgliedstaat mit einer bestimmten Infrastruktur (einschließlich eines Büros, einer Praxis oder einer Kanzlei) auszustatten, soweit diese Infrastruktur für die Erbringung der fraglichen Leistung erforderlich ist.

28 Diese Situation ist jedoch von der des Herrn Gebhard zu unterscheiden, der als Angehöriger eines Mitgliedstaats in stabiler und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausübt, in dem er sich von einem Berufsdomizil aus u.a. an die Angehörigen dieses Staates wendet. Dieser Staatsangehörige fällt unter die Vorschriften des Kapitels über das Niederlassungsrecht und nicht unter die des Kapitels über die Dienstleistungen." (Urteil vom 30. November 1995, in der Rechtssache C-55/94, Gebhard, Slg. I-4165)

In seinem Urteil vom 11. Dezember 2003 in der Rechtssache C- 215/01, Bruno Schnitzer, Slg. 2003, Seite I-14847, führte der EuGH wie folgt aus:

"27 Nach Artikel 50 Absatz 3 EG kann der Dienstleistende zwecks Erbringung seiner Leistung seine Tätigkeit vorübergehend in dem Staat ausüben, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, die dieser Staat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt. Soweit die Leistungserbringung in diesem Mitgliedstaat vorübergehend bleibt, fällt ein solcher Leistender weiterhin unter die Vorschriften des Kapitels über die Dienstleistungen.

28 Für die Frage, ob die Tätigkeiten des Leistenden im Aufnahmemitgliedstaat vorübergehenden Charakter haben, sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht nur die Dauer der Leistung, sondern auch ihre Häufigkeit, regelmäßige Wiederkehr oder Kontinuität zu berücksichtigen. Der vorübergehende Charakter der Leistung schließt für den Dienstleistenden im Sinne des Vertrages nicht die Möglichkeit aus, sich im Aufnahmemitgliedstaat mit einer bestimmten Infrastruktur (einschließlich eines Büros, einer Praxis oder einer Kanzlei) auszustatten, soweit diese Infrastruktur für die Erbringung der fraglichen Leistung erforderlich ist (Urteile vom 30. November 1995 in der Rechtssache C-55/94, Gebhard, Slg. 1995, I-4165, Randnr. 27, und vom 13. Februar 2003 in der Rechtssache C-131/01, Kommission/Italien, Slg. 2003, I-1659, Randnr. 22).

29 Der Gerichtshof hat diese Situation von der eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats unterschieden, der als Angehöriger eines Mitgliedstaats in stabiler und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausübt, in dem er sich von einem Berufsdomizil aus u.a. an die Angehörigen dieses Staates wendet. Demgemäss hat der Gerichtshof festgestellt, dass ein solcher Staatsangehöriger unter die Vorschriften des Kapitels über das Niederlassungsrecht und nicht unter die des Kapitels über die Dienstleistungen fällt.

30 Der Begriff "Dienstleistung" im Sinne des Vertrages kann somit Dienstleistungen ganz unterschiedlicher Art umfassen, einschließlich solcher, deren Erbringung sich über einen längeren Zeitraum, bis hin zu mehreren Jahren, erstreckt, z. B., wenn es sich um Dienstleistungen handelt, die im Rahmen eines Großbauprojekts erbracht werden. Auch Leistungen, die ein in einem Mitgliedstaat ansässiger Wirtschaftsteilnehmer mehr oder weniger häufig oder regelmäßig, auch über einen längeren Zeitraum, für Personen erbringt, die in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, können Dienstleistungen im Sinne des Vertrages sein, etwa die entgeltliche Beratung oder Auskunftserteilung.

31 Der Vertrag enthält keine Vorschrift, die eine abstrakte Bestimmung der Dauer oder Häufigkeit ermöglicht, ab der die Erbringung einer Dienstleistung oder einer bestimmten Art von Dienstleistung in einem anderen Mitgliedstaat nicht mehr als eine Dienstleistung im Sinne des Vertrages angesehen werden kann.

32 Folglich reicht allein die Tatsache, dass ein in einem Mitgliedstaat niedergelassener Wirtschaftsteilnehmer gleiche oder ähnliche Dienstleistungen mehr oder weniger häufig oder regelmäßig in einem anderen Mitgliedstaat erbringt, ohne dass er dort über eine Infrastruktur verfügt, die es ihm erlauben würde, in diesem Mitgliedstaat in stabiler und kontinuierlicher Weise einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und von der aus er sich u.a. an die Angehörigen dieses Mitgliedstaats wendet, nicht aus, um ihn als in diesem Mitgliedstaat niedergelassen anzusehen."

Der Beschwerdeführer hat sich ausschließlich auf das Recht auf Entfaltung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des Art. 44 Abs. 3 des Europa-Abkommens-Ungarn, nicht aber auf ein Recht auf die Erbringung von Dienstleistungen nach Art. 55 des Abkommens berufen. Letzteres kommt auch im Hinblick darauf nicht in Betracht, dass kein Hinweis darauf ersichtlich ist, der Beschwerdeführer übe in seinem Herkunftsstaat eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit aus, die er vorübergehend in Österreich betreiben wollte.

Daher kommt es im vorliegenden Fall darauf an, ob der Beschwerdeführer tatsächlich in Österreich im Sinne der angeführten Rechtsprechung des EuGH "in stabiler und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit" (Urteil Gebhard, Randnrn. 25 ff.) ausüben will, dass es sich dabei um eine Erwerbstätigkeit handelt, die jemand nicht im Rahmen eines Unterordnungsverhältnisses in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und das Entgelt, sondern in eigener Verantwortung ausübt (Urteil Jany, Randnrn. 34 ff.), und - im Sinne der Randnr. 21 des oben angeführten Urteils Panayotova - darauf, ob der Beschwerdeführer "wirklich die Absicht" hat, in Österreich als Gesellschafter "eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, ohne gleichzeitig eine unselbstständige Beschäftigung auszuüben oder auf öffentliche Gelder zurückzugreifen" und "von Anfang an über ausreichende finanzielle Mittel für die Ausübung der fraglichen selbstständigen Tätigkeit verfügt".

Darauf hat die belangte Behörde schon bei ihren Sachverhaltsfeststellungen, etwa hinsichtlich der beabsichtigten Dauer und Intensität der Tätigkeit, der Frage, ob der Beschwerdeführer einen Wohnsitz in Österreich begründen will, und seines Verhältnisses zu Vertragspartnern in Österreich nicht ausreichend Bedacht genommen. Sie hätte sich in Form einer Prognose damit auseinander setzen müssen, ob und inwiefern der Beschwerdeführer (als Gesellschafter) in Österreich eine feste Einrichtung, die der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit dient, errichten wird, und ob und inwiefern er im Rahmen der - durchaus auch bei Bedachtnahme auf das Europa-Abkommen-Ungarn - gebotenen Betrachtung des wahren wirtschaftlichen Gehalts (§ 2 Abs. 4 AuslBG) seiner in Österreich voraussichtlich entfalteten wirtschaftlichen Tätigkeit etwa im Hinblick auf seine Beziehungen mit Vertragspartnern im Bundesgebiet als selbstständig oder als unselbstständig Erwerbstätiger anzusehen sein wird, wobei es wesentlich darauf ankommt, ob die beabsichtigte Tätigkeit im Rahmen eines Unterordnungsverhältnisses ausgeübt werden soll oder nicht. Dass in jedem Falle Kenntnisse in Buchhaltung und Steuerrecht erforderlich seien, um von einer selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit sprechen zu können, trifft in dieser Allgemeinheit, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits etwa in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2004, Zl. 2003/09/0141, dargelegt hat, nicht zu. Diesen Merkmalen kann hingegen, ebenso wie Sprachkenntnissen, allenfalls eine gewisse Indizienwirkung zukommen.

Hingewiesen wird darauf, dass es dem Verwaltungsgerichtshof, der den angefochtenen Bescheid gemäß § 41 VwGG auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes auf seine Rechtmäßigkeit prüfen muss, verwehrt ist, auf Grund der Aktenlage allenfalls ergänzende Feststellungen zu treffen und dergestalt von der belangten Behörde versäumte Feststellungen nachzuholen.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 22. Juni 2005

Gerichtsentscheidung

EuGH 61999J0268 Aldona Malgorzata Jany VORAB
EuGH 61994J0055 Gebhard VORAB
EuGH 61999J0268 Aldona Malgorzata Jany VORAB
EuGH 62001J0215 Schnitzer VORAB
EuGH 62002J0327 Panayotova VORAB
EuGH 61994J0107 Asscher VORAB
EuGH 61996J0051 Deliege VORAB
EuGH 61999J0268 Aldona Malgorzata Jany VORAB
EuGH 61984J0222 Johnston VORAB
EuGH 61999J0063 Gloszczuk VORAB
EuGH 61999J0157 Smits und Peerbooms VORAB
EuGH 61999J0235 Kondova VORAB
EuGH 61999J0257 Barkoci und Malik VORAB
EuGH 62001J0467 Eribrand VORAB
EuGH 62002J0327 Panayotova VORAB
EuGH 61974J0002 Reyners VORAB
EuGH 61989J0221 Factortame 2 VORAB
EuGH 61994J0055 Gebhard VORAB
EuGH 62001J0215 Schnitzer VORAB
EuGH 61994J0055 Gebhard VORAB
EuGH 61999J0268 Aldona Malgorzata Jany VORAB
EuGH 62001J0215 Schnitzer VORAB
EuGH 62002J0327 Panayotova VORAB

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideGemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003090162.X00

Im RIS seit

26.08.2005

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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