Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Mai 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Köhl als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter A wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Peter A gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 18.Jänner 1985, GZ. 10 Vr 1438/84-31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Schüßler, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:
Spruch
I./ Die Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit sie sich gegen den Punkt 2.) des Schuldspruchs wendet, verworfen.
II./ Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO
das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Punkt
1.) des Schuldspruchs und demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Der Angeklagte Peter A wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 2.Juni 1984 in Klagenfurt ein Euroscheckformular durch Verbringen und Verstecken mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß es im Rechtsverkehr zum Beweise eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde, er habe hiedurch das Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 StGB begangen, gemäß § 259 Z. 3 StPO
freigesprochen.
III./ Der Angeklagte wird für den verbleibenden Punkt 2.) des Schuldspruches (wegen Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 1 Z. 1 StGB) nach § 147 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 5.Juni 1984, GZ. 10 E Vr 214/83-15, zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten verurteilt.
IV./ Gemäß § 38 Abs. 1 StGB wird dem Angeklagten die Verwahrungs- und Untersuchungshaft vom 4.Juni 1984, 15,15 Uhr, bis 25.Juni 1984, 8,00 Uhr, auf die Freiheitsstrafe angerechnet.
V./ Der Angeklagte wird mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie sich gegen den Punkt 1.) des Schuldspruchs wendet, sowie mit seiner Berufung auf obige Entscheidung verwiesen.
VI.) Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter A 1.) des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB und 2.) des Vergehens des (versuchten) schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 1 Z. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 4.Juni 1984 in Klagenfurt 1.) einen Scheck, den der abgesondert verfolgte Manfred B durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen, und zwar einen am 2. Juni 1984 in Klagenfurt unternommenen Einbruch in den PKW. der Ilse (im Urteil unrichtig: Monika) C erlangt hatte und welcher in der Folge auf den Betrag von 2.500 S ausgefüllt und mit deren nachgemachter Unterschrift versehen worden war, an sich brachte;
2.) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der Firma D durch Täuschung über die Einlösbarkeit des zu 1.) genannten, auf 2.500 S ausgefüllten Schecks zur Annahme und Einlösung desselben zu verleiten versuchte, wobei er zur Täuschung eine falsche Urkunde, nämlich den nicht von Ilse C gefertigten Scheck benützte. Dieser Schuldspruch war in Erledigung der gegen den Angeklagten erhobenen Anklage (ON. 19) ergangen, in welcher ihm - abgesehen von jenem ihm in deren Punkt 3.) vorgeworfenen Vergehen des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 1 Z. 1 StGB, in dessen Ansehung (anklagekonform) der oben wiedergegebene Schuldspruch zu Punkt 2.) gefällt worden war - angelastet wurde, in Klagenfurt 1.) am 2.Juni 1984 fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Handtasche, eine Lederbrieftasche, ein goldenes (richtig: vergoldetes) Feuerzeug mit Etui und Kosmetika im Gesamtwert von 2.400 S sowie ca. 500 S Bargeld der Ilse C durch Einbruch und Einsteigen in ihren PKW. mit Bereicherungsvorsatz weggenommen (und dadurch das Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB begangen) zu haben;
2.) am 2.Juni 1984 dreizehn Euroscheckformulare, eine Scheckkkarte, eine Bankkundenkarte, einen Dienstausweis und einen Führerschein der Ilse C, (zu ergänzen: somit Urkunden,) über die er nicht verfügen durfte, durch Verbringen und Verstecken mit dem Vorsatz unterdrückt zu haben, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden (und dadurch das Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 StGB begangen zu haben).
Vom Diebstahlsvorwurf (Punkt 1.) der Anklage), bezüglich dessen der öffentliche Ankläger (unter Aufrechterhaltung der Anklage; S. 129; vgl. auch S. 3 c) in der Hauptverhandlung 'in eventu' die Verurteilung wegen Vergehens der Hehlerei hinsichtlich des im Punkt
1.) des oben wiedergegebenen Schuldspruches erwähnten Schecks angeregt hatte, wurde der Angeklagte gemäß § 259 Abs. 3 StPO freigesprochen. Hingegen blieb der Punkt 2.) der Anklage (Urkundenunterdrückung nach § 229 StGB in bezug auf die oben angeführten Gegenstände der Ilse C) - mit Ausnahme jenes Teiles, der das laut Schuldspruchfaktum 1.) verhehlte Scheckformular betrifft - formell unerledigt, was mangels Anfechtung durch die Anklagebehörde einem Freispruch gleichkommt (Mayerhofer/Rieder StPO 2 E. 19 zu § 281 Z. 7).
Den eingangs erwähnten Schuldspruch bekämpft der Angeklagte (in beiden Punkten) mit Nichtigkeitsbeschwerde aus der Z. 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO
Rechtliche Beurteilung
Auf das Beschwerdevorbringen gegen den Schuldspruch wegen Vergehens der Hehlerei muß nicht eingegangen werden, weil dieser - aus anderen (als den vom Beschwerdeführer geltend gemachten), gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmenden Gründen - mit dem Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 9
lit. a StPO behaftet ist.
Nach den Urteilsfeststellungen wurden der Ilse C (u.a.) nämlich unausgefüllte Scheckformulare entzogen (S. 136), die daher keine selbständigen Wertträger waren und nicht Gegenstand eines Diebstahls oder einer anderen Straftat gegen das Vermögen sein konnten (ÖJZ-LSK. 1977/98; 12 Os 11/84).
Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB liegt aber nur vor, wenn der Täter eine Sache, die ein anderer durch ein Verbrechen, ein Vergehen gegen fremdes Vermögen oder ein Vergehen nach den §§ 304 bis 311 StGB erlangt hat, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt. Daß das Scheckformular, als der Angeklagte es von Manfred B übernahm, bereits ausgefüllt war, wie das Erstgericht feststellt (S. 135), bedeutet nur, daß in diesem Zeitpunkt bereits eine falsche Urkunde hergestellt war, nicht aber, daß das Scheckformular (sozusagen rückwirkend) zum tauglichen Objekt eines Diebstahls geworden wäre. Das Ansichbringen einer falschen Urkunde, mag auch deren Herstellung als Vergehen nach § 223 Abs. 1 StGB
strafbar sein, ist keine Hehlerei. Erst ein Gebrauch einer solchen Urkunde im Rechtsverkehr könnte allenfalls Haftung des Täters nach § 223 Abs. 2 StGB
begründen, sofern er sich nicht - wie vorliegend - als betrügerische Irreführung einer anderen Person im Sinne des § 147 Abs. 1 Z. 1 StGB
darstellt (vgl. Leukauf-Steininger 2 , RN. 34 lit. a zu § 147 StGB; RN. 45 zu § 223 StGB).
Im übrigen aber sind, wie nur der Vollständigkeit halber in diesem Zusammenhang beigefügt sei, unausgefüllte Scheckformulare nicht nur nach dem Vorgesagten keine Wertträger (und somit kein taugliches Objekt, an dem ein Vermögensdelikt begangen werden könnte, sondern auch keine Urkunden gemäß § 74 Z. 7 StGB (Kienapfel, WK., Rz. 27 zu § 223 StGB mit Judikatur- und Literaturzitaten). Daher können sie auch nicht Tatobjekt einer Urkundenunterdrückung nach § 229 StGB sein (Leukauf-Steininger 2 , RN. 1 zu § 229 StGB u.a.; neuerlich auch 12 Os 11/84). Demnach ist auch der oben wiedergegebene, defacto-Freispruch des Angeklagten von der insofern verfehlten Anklage nach § 229 StGB (Punkt 2.) der Anklageschrift (ON. 19) rechtsrichtig; durch die vom Erstgericht hiebei begangenen Verletzungen prozessualer Bestimmungen ist der Angeklagte jedenfalls in seinen Rechten nicht beeinträchtigt worden.
Da dem Punkt 1.) des Schuldspruches nach dem Vorgesagten somit ein Verhalten zugrunde liegt, das keine zur Zuständigkeit der Gerichte gehörige strafbare Handlung begründet (Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO), war insoferne von Amts wegen gemäß § 290 Abs. 1 StPO vorzugehen, der Schuldspruch wegen Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB
aufzuheben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO sogleich auf Freispruch gemäß § 259 Z. 3 StPO zu erkennen, welchem die ursprüngliche Anklage - die auf Urkundenunterdrückung nach § 229 StGB lautete - zugrunde zu legen war.
Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde zu diesem Punkt des Schuldspruches war der Angeklagte daher darauf zu verweisen.
Nicht begründet ist dieses Rechtsmittel hinsichtlich des Betruges (Punkt 2.) des Schuldspruches). Soweit sich der Angeklagte in der Mängelrüge (Z. 5) gegen die seinen Vorsatz betreffende Feststellung mit der Behauptung wendet, sie sei aktenwidrig und unzureichend begründet, kann ihm nicht gefolgt werden. Das Erstgericht begründete die Konstatierung, der Angeklagte habe beabsichtigt, die Kassierin über die Einlösbarkeit des Schecks zu täuschen, den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung entsprechend mit dem Hinweis, daß er und Manfred B, von dem er den bereits ausgefüllten Scheck übernommen hatte, demselben Milieu angehören, daß sich die beiden näher kannten und ihm auch die Beschäftigungslosigkeit des Letzteren bekannt war (S. 135). Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, ist nur eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung, weshalb darauf im einzelnen nicht näher einzugehen ist.
Die Schlußfolgerung des Gerichtes, daß der Angeklagte wußte, daß der Scheck nicht von der Kontoinhaberin Ilse C, sondern von B oder einem Dritten ausgefüllt worden war, es sich also um eine falsche Urkunde handelte (S. 136), war im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) gleichfalls zulässig. Sie wird vom Beschwerdeführer in Verkennung des Wesens einer Aktenwidrigkeit deshalb, weil sie sich nicht (auch) auf die Angaben des Zeugen B zu stützen vermag, als 'aktenwidrig' bezeichnet, jedoch zu Unrecht. Denn der erkennende Senat versagte der (nicht etwa unrichtig zitierten) Deposition dieses Zeugen, er habe dem Angeklagten nicht erzählt, woher der Scheck stammt, den Glauben und ließ nur offen, ob der Angeklagte von ihm auch über alle Einzelheiten der Vortat informiert worden war (S. 135), was für die Tatbildlichkeit des Betruges jedoch unerheblich ist.
In seiner Rechtsrüge bestreitet der Beschwerdeführer, mit dem seiner Meinung nach nicht erwiesenen Vorsatz gehandelt zu haben, die Kassierin zu täuschen. Insoweit führt er jedoch den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund (Z. 9 lit. a) nicht gesetzmäßig aus, weil er anstelle der Urteilsfeststellungen (zur subjektiven Tatseite) lediglich seine eigene Variante des Geschehens zu setzen sucht.
Die gegen den Punkt 2.) des Schuldspruches gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Bei der erforderlichen Neubemessung der Strafe war gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 5.Juni 1984, GZ. 10 E Vr 214/83-15, Bedacht zu nehmen, mit dem der Angeklagte wegen der Vergehen des versuchten Hausfriedensbruches nach §§ 15, 109 Abs. 3 Z. 1
und 3 StGB, der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt worden war. Erschwerend waren die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, die Tatverübung während eines anhängigen Strafverfahrens sowie die Mehrheit von Delikten (unter dem Gesichtspunkt der eben erwähnten Bedachtnahme), mildernd dagegen der Umstand, daß es beim Versuch blieb sowie ein gewisser Beitrag zur Wahrheitsfindung. Bei gleichzeitiger Aburteilung sämtlicher Delikte, die dem Verfahren AZ. 10 E Vr 214/83 des Landesgerichtes Klagenfurt und dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegen, wäre eine Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres zu verhängen gewesen. Vorliegend war daher eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten als Zusatzstrafe auszumessen.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte demgemäß auf diese Strafneubemessung zu verweisen.
Anmerkung
E05533European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00041.85.0521.000Dokumentnummer
JJT_19850521_OGH0002_0100OS00041_8500000_000