TE OGH 1985/5/22 1Ob545/85

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Veröffentlicht am 22.05.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei GEMEINDE A, vertreten durch Dr. Martin Neid, Rechtsanwalt in Wolkersdorf, wider die beklagte Partei Gottfried B, Lehrer, Wolkersdorf, Schloßpark 4/6, vertreten durch Dr. Martin Binder und Dr. Klaus Größwang, Rechtsanwälte in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes (Streitwert S 398.460,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 14. September 1984, GZ. 13 R 156/84-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 12. März 1984, GZ. 3 Cg 131/83-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 15.172,20

bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.030,20

Umsatzsteuer und S 3.840,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Kaufvertrag vom 6. Oktober und 16. November 1977 verkaufte die klagende Partei an den Beklagten aus der EZ 34 Katastralgemeinde Unterolberndorf (alter Sportplatz in Unterolberndorf) unter Zugrundelegung eines Teilungsplanes Grundstücksteile im Ausmaß von 1218 m 2 um den Preis von S 61.540,--. Die im Notariat Wolkersdorf verfertigte schriftliche Vertragsurkunde enthält keine Bestimmungen über die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechtes zugunsten der klagenden Partei für den Fall der Nichtverbauung innerhalb von fünf Jahren. Dieser schriftliche Kaufvertrag wurde in der Gemeinderatssitzung der klagenden Partei vom 7. November 1977 genehmigt. Das Eigentumsrecht des Beklagten wurde in der Folge einverleibt (EZ 838 Katastralgemeinde Unterolberndorf). Der Beklagte hat in der Zwischenzeit diese Liegenschaft, auf der er wegen Scheiterns seiner Lebensgemeinschaft kein Haus errichtet hatte, weiterveräußert.

Die klagende Partei stellt in Ausübung eines ihr eingeräumten Wiederkaufsrechtes das Hauptbegehren, der Beklagte sei schuldig, in die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes ob dem Grundstück 25 Katastralgemeinde Unterolberndorf einzuwilligen, in eventu ihr als Schadenersatz den Betrag von S 398.460,-- samt Anhang zu bezahlen. Die Vereinbarung des Wiederkaufsrechtes sei im Rahmen einer Besprechung im Gemeindeamt der klagenden Partei zwischen den Streitteilen erfolgt. Die Bedingungen für die Abschlüsse von Kaufverträgen anläßlich der Veräußerung des alten Sportplatzes in Unterolberndorf, die die Einräumung eines Wiederkaufsrechtes enthalten hätten, seien auf der Gemeindetafel angeschlagen gewesen. Der Beklagte wendete ein, ein Wiederkaufsrecht im Fall der Nichtverbauung des gekauften Grundstückes sei nicht vereinbart worden.

Das Erstgericht wies das Haupt- und das Eventualbegehren ab. Es stellte fest, in der Gemeinderatssitzung vom 18. Oktober 1975 habe der Gemeinderat der klagenden Partei die Teilung des alten Sportplatzes in Unterolberndorf beschlossen. In einer weiteren Gemeinderatssitzung vom 10. Dezember 1975 sei festgelegt worden, daß drei Teilgrundstücke gebildet werden; eines dieser Teilgrundstücke sollte an den Beklagten verkauft werden. Dem Beklagten und einem zweiten Kaufwerber sei ein Bauzwang aufzuerlegen. Der Gemeinderat Johann C habe diesen Gemeinderatsbeschluß dem Beklagten in einem privaten Gespräch in der Folge mitgeteilt; es bestehe für das Grundstück 'Bauzwang', aber er habe nicht näher erörtert, was darunter zu verstehen sei. Von einem Wiederkaufsrecht sei bei diesem Gespräch nicht die Rede gewesen. Der Beklagte habe ursprünglich die feste Absicht gehabt, auf dem Grundstück zu bauen. Mit Schreiben vom 7. November 1977 sei der Beklagte von der klagenden Partei in Kenntnis gesetzt worden, daß er die Teilflächen erwerben könne. Der Preis betrage auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses S 30 pro m 2 . Von einem Wiederkaufsrecht oder anderen Bedingungen der klagenden Partei sei in diesem Schreiben nicht die Rede gewesen. Anläßlich der vor der Gemeinderatssitzung vom 7. November 1977 erfolgten Unterfertigung des Kaufvertrages durch drei nichtgeschäftsführende Gemeinderäte sei dem Gemeinderat Robert D bei der Unterschriftsleistung aufgefallen, daß im Vertrag die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechtes und eines Bauzwanges fehle. Der Bürgermeister beziehungsweise der Vizebürgermeister der klagenden Partei hätten ihm damals erklärt, daß dies im Vertrag nicht notwendig sei, daß sich eine derartige Verpflichtung aus dem Gesetz ergebe. Ein allgemeiner Gemeinderatsbeschluß der klagenden Partei, wonach Gemeindegrundstücke nur unter Bauzwang und unter Vereinbarung eines Wiederkaufsrechtes verkauft werden könnten, bestehe nicht. Vor Abschluß des Kaufvertrages habe es auch keinen Anschlag der klagenden Partei in der Gemeinde Unterolberndorf gegeben, daß und unter welchen Bedingungen Grundstücke verkauft würden. Der Kaufvertrag sei mit dem schriftlich fixierten Inhalt zustandegekommen, es habe keine zusätzlichen mündlichen Vereinbarungen über die Einräumung eines Wiederkaufsrechtes beziehungsweise die Auferlegung eines Bauzwangs gegeben. Dieser schriftlich abgeschlossene Kaufvertrag sei auch in der Gemeinderatssitzung vom 7. November 1977 genehmigt worden. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit der Einschränkung, daß es jedenfalls keinen die Bedingungen des Verkaufes der Grundstücke im gegenständlichen Bereich enthaltenden Anschlag in der Gemeinde Unterolberndorf gegeben habe. Auch wenn die klagende Partei die Absicht gehabt habe, ein Wiederkaufsrecht mit dem Beklagten zu vereinbaren und dieses als Bedingung für den Liegenschaftsverkauf angesehen habe, so sei eine solche Vereinbarung doch nicht zustandegekommen, weil die hiefür erforderliche Willenseinigung im Sinne des § 861 ABGB mangels Kenntnis des Beklagten von einem solchen Verlangen beziehungsweise einer solchen Absicht der klagenden Partei nicht vorhanden gewesen sei. Es wäre Sache der klagenden Partei gewesen, für die entsprechende Verfassung des schriftlichen Kaufvertrages unter Festlegung eines Bauzwanges und eines Wiederkaufsrechtes Sorge zu tragen. Daß sie dies unterlassen und ihre Absicht gegenüber dem Beklagten auch sonst nicht entsprechend artikuliert habe, müsse sie selbst verantworten. Es könne dies aber nicht dazu führen, daß ein auch nicht näher geregeltes Wiederkaufsrecht als vereinbart angesehen werde, von dem der Beklagte nichts gewußt habe. Aus der Mitteilung eines Bauzwanges ergebe sich noch keineswegs ein Wiederkaufsrecht, weil für die Durchsetzung eines Bauzwanges verschiedenartige Sanktionen vereinbart werden könnten. Auch unter Berücksichtigung eines für den Beklagten günstigen Kaufpreises ergebe sich weder nach Treu und Glauben noch durch schlüssige Handlungen im Sinn des § 863 ABGB die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechtes, weil Handlungen des Beklagten, in denen zweifelsfrei die Einräumung eines Wiederkaufsrechtes an die klagende Partei erblickt werden könnte, nicht gegeben seien und weil ihm das Verlangen der klagenden Partei nach einem solchen mit dem Verkauf zu verknüpfenden Wiederkaufsrecht gar nicht bekanntgewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Das Wiederkaufsrecht ist das dem Verkäufer im Kaufvertrag oder auch nachträglich vorbehaltene Recht, die verkaufte Sache zu einem bestimmten Kaufpreis wieder zurückzukaufen (Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 1068;

Koziol-Welser 6 I 257 f). Zur Geltendmachung des Wiederkaufsrechtes genügt die einseitige Erklärung des Wiederkaufsberechtigten, die Rückstellung des Kaufgegenstandes zu fordern. Damit kommt der bereits mit dem ersten Kaufvertrag bedingt abgeschlossene zweite Kaufvertrag mit umgekehrten Parteirollen zustande (JBl. 1971, 569;

JBl. 1971, 620; Aicher aaO Rdz 7;

Koziol-Welser aaO 258). Das Begehren der klagenden Partei, der Beklagte sei schuldig, in die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes einzuwilligen, war ausdrücklich darauf gestützt, daß wirksam ein Wiederkaufsrecht vereinbart worden sei, das von der klagenden Partei durch einseitige Erklärung auch bereits ausgeübt worden sei. Soweit die klagende Partei im Rechtsmittelverfahren ihr Hauptbegehren darauf stützen will, daß der Kaufvertrag vom 6. Oktober und 16. November 1977 wirksam nicht zustandegekommen sei, macht sie gegenüber dem einzig geltend gemachten Rechtsgrund unzulässigerweise einen neuen, nicht den Gegenstand dieses Verfahrens bildenden geltend.

Der Revisionswerberin kann aber auch nicht gefolgt werden, daß zwischen den Streitteilen (schlüssig) ein Wiederkaufsrecht vereinbart worden sei. Die Feststellung, welche Parteierklärungen erfolgten, gehört in den Tatsachenbereich und ist damit nicht revisibel. Nur die Auslegung abgegebener Willenserklärungen fällt in das Gebiet der rechtlichen Beurteilung (Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 413; Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1926; derselbe, Komm. IV 333). Die klagende Partei vermag sich nur auf die Feststellung zu stützen, daß einer ihrer Gemeinderäte den Beklagten privat nahezu zwei Jahre vor Abschluß des schriftlichen Kaufvertrages von einem Gemeinderatsbeschluß in Kenntnis gesetzt habe, wonach bei Abschluß des Vertrages ein 'Bauzwang' aufzuerlegen sei. Was darunter zu verstehen sei, insbesondere, ob als Sanktion im Falle der Nichterfüllung eines Bauzwanges ein Wiederkaufsrecht vereinbart werden sollte, ist dem Beklagten nicht mitgeteilt worden. Weder in dem Schreiben der klagenden Partei vom 5. November 1977, in dem der Beklagte in Kenntnis gesetzt wurde, daß er die Teilflächen zu einem Kaufpreis von S 30,-- pro m 2 kaufen könne, noch bei allfälligen weiteren Vertragsgesprächen vor Unterfertigung des schriftlichen Kaufvertrages durch den Beklagten, desgleichen nicht im schriftlichen Kaufvertrag selbst war davon die Rede, daß der Beklagte verpflichtet sein sollte, innerhalb einer gewissen Zeit das gekaufte Grundstück zu verbauen, und daß als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen diese Verpflichtung die klagende Partei sich ein Wiederkaufsrecht vorbehalten habe.

Das festgestellte Verhalten der klagenden Partei kann nicht dahin beurteilt werden, daß es für den Beklagten als redlichen Erklärungsempfänger auf Grund des vorliegenden objektiven Erklärungswertes des Verhaltens der klagenden Partei mit Überlegung aller Umstände keinen Grund übrig ließ, daran zu zweifeln, daß die klagende Partei den Kaufvertrag nur unter der Bedingung der Einräumung eines Wiederkaufsrechtes für den Fall der Verletzung eines Bauzwanges innerhalb von fünf Jahren abschließen wollte. Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E05725

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0010OB00545.85.0522.000

Dokumentnummer

JJT_19850522_OGH0002_0010OB00545_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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