TE OGH 1985/5/22 1Ob548/85

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Veröffentlicht am 22.05.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Herbert A, Kaufmann, Krems an der Donau, Untere Landstraße 5, vertreten durch Dr. Ferdinand Weber, Rechtsanwalt in Krems an der Donau, wider die beklagte Partei Herta B, Krankenschwester, Bad Fischau, Schafferweg 4, vertreten durch Dr.Manfred H.Boyer-Telmer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 34.551,- samt Anhang, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 21. November 1984, GZ. 16 R 243/84-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wr.Neustadt vom 9. Juli 1984, GZ. 2 Cg 412/83-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Mit Vereinbarung vom 16.4.1975 verpflichtete sich Margarethe C gegenüber dem Kläger, einen Kaufvertrag über die durch den Teilungsplan des Dipl.Ing.Walter D aus dem Grundstück 809/1 abgeteilten Grundstücke 809/40 und 809/41 der EZ 262 KG Brunn an der Schneebergbahn zu einem Kaufpreis von S 1,220.000 abzuschließen. Jegliche anfallende Aufschließungskosten hatten zu Lasten des Klägers zu gehen. Mit Bescheid der Gemeinde Bad Fischau-Brunn vom 11.8.1975, Zl.610-276/1975, wurde Margarethe C gemäß § 11 NÖ BauO die Bewilligung zur Abteilung des Grundstückes 809/40 gemäß dem Teilungsplan des Ingenieurkonsulenten für das Vermessungswesen Dipl.Ing.Manfred E vom 25.4.1975 in die Grundstücke 809/40 und 809/43

bis 49 erteilt. Gleichzeitig wurde der Margarethe C gemäß § 14 Abs.1 NÖ BauO Aufschließungsbeiträge in der Höhe von S 234.100, darunter für das Grundstück 809/43 in der Höhe von S 34.551, zur Zahlung binnen einem Monat nach Fälligkeit vorgeschrieben. In verbücherungsfähige Form wurde die Vereinbarung vom 26.4.1975 nach gerichtlicher Durchführung des Teilungsplanes mit Beschluß des Bezirksgerichtes Wr.Neustadt vom 18.12.1975, TZ 7564/75, mit Kaufvertrag vom 19.7. bzw.3.8.1976 gebracht.

Nach einem von der Fa.Herbert A Realitätenvermittlungs-Gesellschaft m. b.H. an die Beklagte gestellten, von dieser angenommenen Kaufanbot über das Grundstück 809/43 (= Bauplatz 2) vom 13.2.1976 schloß die Beklagte mit dem Kläger am 16.2.1976 einen mit 9.8.1976 datierten Kaufvertrag über dieses Grundstück ab. Im Punkt II des Vertrages wurde darauf hingewiesen, daß das Grundstück 804/40 Bauland in sieben Bauplätze und einen Bauplatzteil unterteilt worden sei; nach Punkt III verpflichtete sich der Kläger zur Übergabe des Bauplatzes 2 in das Eigentum der Beklagten. Der Kaufpreis betrug S

124.200. Mit dem Tag der Vertragsfertigung gingen alle Nutzungen und Lasten, Gefahr und Zufall auf die Käuferin über. Punkt VIII des Vertrages trägt die Käuferin sämtliche mit der Errichtung und bücherlichen Durchführung dieses Kaufvertrages verbundenen Kosten, Gebühren und Abgaben welcher Art immer; sie verpflichtete sich, den Verkäufer für eine allfällige Inanspruchnahme aus einem dieser Titel klag- und schadlos zu halten. Die Verbücherung dieses Kaufvertrages erfolgte am 11.10.1976. Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 7.6.1983, 11 R 111/83-30, wurde der Kläger über Klage der Margarethe C rechtskräftig schuldig erkannt, den Betrag von S 234.100 binnen 14 Tagen an die Gemeinde Bad-Fischau-Brunn zur Deckung der der Margarethe C mit Bescheid vom 11.8.1975, Zl.610-276/1975, vorgeschriebenen Aufschließungsbeiträge zu bezahlen. Der Kläger bezahlte in der Folge diesen Betrag.

Der Kläger begehrt den Zuspruch des Betrages von S 34.551 s.A. Es sei vereinbart worden, daß die Beklagte sämtliche mit dem Kaufvertrag verbundenen Gebühren und Abgaben, insbesondere auch den Aufschließungsbeitrag, zu bezahlen habe. Sowohl anläßlich der Unterfertigung des Kaufanbotes als auch des Kaufvertrages sei ausdrücklich davon die Rede gewesen, die Beklagte werde den Aufschließungsbeitrag noch separat zu begleichen haben. Die Beklagte wendete ein, eine Vereinbarung, daß sie den Aufschließungsbeitrag zu bezahlen habe, sei nicht getroffen worden. Der Kläger habe ihr gegenüber niemals erklärt, daß sie, abgesehen von den üblichen Kosten der Vertragsverfassung und grundbücherlichen Durchführung, einen Aufschließungsbeitrag zu bezahlen habe. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, obwohl dem Kläger und seinem Vertragsverfasser die Höhe des Aufschließungsbeitrages, zu dessen Zahlung sich der Kläger gegenüber Margarethe C vertraglich verpflichtet hatte, bekannt gewesen sei, sei die Beklagte nicht darüber informiert worden, daß sie einen Aufschließungsbeitrag zu zahlen habe. Ihr sei vielmehr mitgeteilt worden, daß mit der Bezahlung des Betrages von S 124.200 alles bezahlt sei; der Beklagten sei auf ihre Frage, was sie alles zu zahlen habe, geantwortet worden, daß dies der Kaufpreis sei, die Provision, die Grunderwerbssteuer, die Kosten des Notars und die Vertragserrichtungskosten.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, daß die vom Kläger einer dritten Person gegenüber übernommenen Aufschließungsbeiträge nicht unter Punkt VIII des mit der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrages zu subsumieren seien.

Aufschließungsbeiträge seien weder Vertragserrichtungskosten noch Kosten der grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrages. Die bücherliche Durchführung des Vertrages könnte auch ohne vorläufige Bezahlung des Aufschließungsbeitrages durch die Käufer erfolgen. Es hätte zwischen den Streitteilen eine entsprechende Vereinbarung über die Tragung dieses Aufschließungsbeitrages durch die Beklagte geschlossen werden müssen. Da dies unterblieben sei, sei das Klagebegehren nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht änderte über Berufung des Klägers dieses Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Klagebegehren stattgab. Die Revision erklärte es für zulässig. Eine Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Beklagte auf Grund des Kaufvertrages wäre ohne die grundbücherliche Bewilligung und zumindest gleichzeitige Durchführung der Abschreibung nicht möglich gewesen. Bei den Aufschließungskosten handle es sich daher um Kosten und Abgaben, die mit der grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrages verbunden seien. Die Verflichtung laut Punkt VIII des Kaufvertrages erstrecke sich nicht nur auf erst fällig werdende, sondern auch auf alle bereits fällig gewordene Gebühren und Abgaben, wenn sie nur mit der bücherlichen Durchführung des Kaufvertrages verbunden seien. Darauf, daß die Aufschließungskosten bereits gleichzeitig mit der zeitlich vor dem Kaufvertrag liegenden verwaltungsbehördlichen Bewilligung der Grundabteilung vorgeschrieben worden seien, komme es nicht an. Sei auch zunächst Margarethe C zahlungspflichtig gewesen, so sei diese Zahlungspflicht vereinbarungsgemäß auf den Kläger übergegangen. Dieser sei schließlich zur Zahlung des Aufschließungsbeitrages an die Marktgemeinde Bad Fischau-Brunn verurteilt worden, so daß die Beklagte auf Grund des Punktes VIII des Kaufvertrages nun dem Kläger gegenüber zur Zahlung des Aufschließungsbeitrages verflichtet sei.

Ohne daß die Beweisrüge des Klägers behandelt werden mußte, sei seinem Begehren schon aus rechtlichen Gründen stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist zulässig, weil zur Frage, ob Aufschließungsbeiträge unter Kosten der Vertragserrichtung und grundbücherlichen Durchführung fielen, eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehlt, sie ist auch berechtigt.

Nach § 14 Abs.1 NÖ BauO, LGBl 8200-1, hat die Gemeinde aus Anlaß der Grundabteilung, die nach Maßgabe des § 10 Abs 1 der NÖ BauO einer Bewilligung der Baubehörde bedarf, einen Betrag zu den Herstellungskosten der Fahrbahn, des Gehsteiges, der Oberflächenentwässerung und der Straßenbeleuchtung (Aufschließungsbeitrag) einzuheben. Der Beitrag ist gleichzeitig mit der Bewilligung der Grundabteilung vorzuschreiben und wird drei Monate nach Rechtskraft des Grundbuchsbeschlusses fällig. Der Aufschließungsbeitrag ist nach Abs 7 eine ausschließliche Gemeindeabgabe. Nach Abs 8 hat die Gemeinde die Höhe des Aufschließungsbeitrages nach Rechtskraft des Bescheides dem Grundbuchsgericht bekanntzugeben; dieses hat die Beiträge ersichtlich zu machen. Im Falle der Grundabteilung von Bauland entsteht gemäß § 3 Abs 1 NÖ Abgabenordnung 1977, LGBl. Nr 3400-2, der Abgabenanspruch auf Zahlung eines Aufschließungsbeitrages mit der Bewilligung der Baubehörde. Der Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabe (drei Monate nach Rechtskraft des Grundbuchsbeschlusses) ist nach § 3 Abs 2 NÖ Abgabenordnung 1977 ohne Einfluß auf die Entstehung des Abgabenanspruches. Schon daraus folgt, daß es sich bei dem Aufschließungsbeitrag nicht um eine Abgabe handelt, die mit der Errichtung und der bücherlichen Durchführung des Kaufvertrages verbunden sein kann. Die Verpflichtung zur Zahlung des Aufschließungsbeitrages ergab sich vielmehr daraus, daß die Voreigentümerin des Klägers Baugrundstücke schuf, die zum Abverkauf als Bauplätze an Interessenten geeignet waren. Die Abgabenschuld entstand bereits mit der Bewilligung der Grundabteilung durch die Baubehörde.

Die Grundabteilung war Vorstufe und Voraussetzung für den Abschluß des Kaufvertrages. Die bereits entstandene Abgabenschuld wäre selbst ohne Durchführung des Kaufvertrages fällig geworden, wenn Margarethe C die ihr von der Baubehörde bewilligte Grundabteilung unter Vorlage einer Bescheinigung des Vermessungsamtes gemäß § 39 VermessungsG zur grundbücherlichen Grundstücksteilung verwendet hätte (§§ 1, 2 LTG). Dies geschah auch unabhängig vom Abschluß des Vertrages durch den Beschluß des Bezirksgerichtes Wr.Neustadt vom 18.12.1975, TZ 7564/75; mit dessen Rechtskraft begann die für die Fälligkeit maßgebliche Frist von drei Monaten.

Der vom Berufungsgericht gemachte Hinweis auf die Zustimmung des Klägers zur lastenfreien Abschreibung bezog sich nicht auf die Teilung des Grundstückes 809/40 in verschiedene Grundstücke, darunter auch das Grundstück 809/43, sondern auf die Abschreibung des Grundstückes 809/43 von der EZ 953 KG Brunn an der Schneebergbahn (§§ 3 ff F). Diese Zustimmung hatte keinen Einfluß auf Entstehung und Fälligkeit der Abgabenschuld. Trat aber die Fälligkeit des Aufschließungsbeitrages unabhängig von dem Abschluß des Kaufvertrages mit der Beklagten und dessen grundbücherlichen Durchführung ein, handelt es sich bei der vertraglich übernommenen Verpflichtung zur Bezahlung des Aufschließungsbeitrages durch den Kläger nicht um Kosten, die mit der Errichtung oder mit der bücherlichen Durchführung des Kaufvertrages mit der Beklagten verbunden waren. Dadurch wird aber die Frage, ob die in der Berufung vom Kläger erhobene Beweisrüge berechtigt ist, entscheidungswesentlich. Da das Berufungsgericht, von einer anderen Rechtsansicht ausgehend, diese nicht behandelte, erweist sich sein Verfahren als mangelhaft.

Der Revision ist Folge zu geben. Das Urteil des Berufungsgerichtes ist aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E05728

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0010OB00548.85.0522.000

Dokumentnummer

JJT_19850522_OGH0002_0010OB00548_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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