Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Mai 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller (Berichterstatter), Dr. Schneider Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Stöger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Helfried A und andere wegen des Verbrechens des Diebstahls nach § 127 ff. StGB über die Berufungen der Angeklagten Helfried A, Robert A und Wilhelm B gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengerichts vom 7.März 1985, GZ 12 Vr 4700/84-41, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Strasser, des Angeklagten Robert A und der Verteidiger Dr. Fritsche und Dr. Emberger, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Helfried A und Wilhelm B, zu Recht erkannt:
Spruch
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen sämtlichen Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Helfried A und Wilhelm B gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem sie und der Angeklagte Robert A des Verbrechens des Diebstahls nach § 127 Abs 1 und 2 Z. 1, 128 Abs 2, 129 Z. 1 StGB schuldig erkannt worden waren, wurden mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofs vom 9.Mai 1985, GZ 13 Os 65/85-8, dem der maßgebende Sachverhalt zu entnehmen ist, bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen. Gegenstand des Gerichtstags waren die Berufungen der drei Angeklagten.
Das Gericht verhängte über sie nach § 128 Abs 2 StGB Freiheitsstrafen von drei Jahren (Helfried A), einem Jahr (Robert A) und dreieinhalb Jahren (Wilhelm B). Dabei waren erschwerend die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen und (warum nur bei Helfried und Robert A, nicht auch bei Wilhelm B, bleibt unerfindlich) die mehrfache Qualifikation des Diebstahls, mildernd hingegen die Geständnisse und die partielle Schadensgutmachung durch Zustandebringung eines Teils der Diebsbeute, bei Robert A überdies das Alter unter 21 Jahren.
Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten eine Herabsetzung des Strafmaßes an; der Angeklagte Robert A begehrt allerdings in erster Linie die Gewährung der bedingten Strafnachsicht.
Rechtliche Beurteilung
Keiner der Berufungen ist ein Erfolg beschieden.
Der Angeklagte Helfried A verlangt generell eine für ihn günstigere Gewichtung der Strafzumessungsgründe und betont seine bloß untergeordnete Rolle als Aufpasser ('Chauffeur') und die für ihn unerwartete Höhe des (100.000 S übersteigenden) Werts der Beute.
Indes: Dem Aufpasser bei einem Diebstahl eine vergleichsweise geringere Schuld schlechthin zu attestieren, ohne die Realität des konkreten Geschehens zu beachten, wäre schon deshalb verfehlt, weil oft gerade der Aufpasser ganz entscheidend zum Gelingen einer Straftat beitragen kann. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Schuld dessen, der, wie hier der Berufungswerber, für die Mobilität seiner Komplizen, die ungestörte Wegnahme und das rasche Wegschaffen der Sachen Sorge getragen hat, leichter wiegen soll als die derjenigen, die unter seiner Absicherung selbst ins Haus eindrangen und das Diebsgut herausholten. Daß auch Helfried A der volle Wert der Beute, als zumindest von seinem bedingten Vorsatz umfaßt, zuzurechnen ist, wurde bereits in Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde dargetan. Sein Rückfall trotz zahlreicher Vorstrafen bis in jüngste Zeit läßt nur mehr von einem fühlbaren Freiheitsentzug, der einen ausreichenden Rahmen für eine erzieherische Beeinflussung bietet, eine nachhaltig spezialpräventive Wirkung erwarten. Eine Verleitung des Robert A durch seine beiden Komplizen hat das Schöffengericht ersichtlich nicht angenommen. Daß gerade er bei der Betretung den später beschlagnahmten Teil der Beute bei sich trug, spricht nicht gerade für die Version dieses Berufungswerbers, der an der unter Verwendung von Handschuhen und eines just bei ihm sichergestellten Glasschneiders in geradezu professioneller Manier verübten Diebstat höchst aktiv mitgewirkt hat (S. 245, 246). Ansonsten erschöpft sich das Berufungsvorbringen in einer Bagatellisierung der früheren Verurteilungen, aus denen der Rechtsmittelwerber schon deshalb nichts zu gewinnen vermag, weil der Schöffensenat bereits die relativ geringere Vorstrafenbelastung ausdrücklich in Ansatz gebracht (S. 251) und mit dem gesetzlichen Minimum über ihn eine weit geringere Strafe als über seine Komplizen verhängt hat.
Daß die bloße Strafandrohung allein genügen werde und einen künftigen Rückfall des Berufungswerbers hindern könnte, muß schon angesichts der Wirkungslosigkeit früherer Strafen verneint werden, weshalb sich eine bedingte Strafnachsicht verbietet. Wilhelm B meint, sein Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung seien unter-, die vorwiegend lang zurückliegenden Vorstrafen hingegen überbewertet worden. Auch er behauptet, von Helfried A zur Tat überredet worden zu sein, an der er nur untergeordnet beteiligt gewesen sein will. Lediglich seine Arbeitslosigkeit und finanzielle Schwierigkeiten hätten ihn nach einem (abgesehen von einer einzigen Verurteilung aus dem Jahr 1981) zehnjährigen Wohlverhalten rückfällig werden lassen. Diese letzte Behauptung läßt sich klar widerlegen: Bis zum 6.Februar 1979 hat der Berufungswerber eine über ihn am 30.März 1976 verhängte vierjährige Freiheitsstrafe (7 Vr 450/75 des Landesgerichts für Strafsachen Graz) verbüßt und war schon dadurch an neuerlicher Straffälligkeit gehindert. Bis zum 20.März 1984 wurde sodann eine über B am 22. Februar 1982 verhängte zehnmonatige Freiheitsstrafe (13 Vr 4048/81 des Landesgerichts für Strafsachen Graz) vollzogen. Dazu kommen noch zwei Geldstrafen. Auch ihm wurde vom Gericht die Verleitung durch einen Komplizen nicht zugebilligt. Nach der Aktenlage zu Recht: Ist doch B der an Lebensjahren bei weitem ölteste und nach seinem getrübten Vorleben kriminell Erfahrenste der drei Angeklagten, von dem nicht ohne weiteres zu erwarten ist, daß er sich erst über Verleitung durch einen weit Jüngeren zu einer Straftat versteht. Worin eine bloß untergeordnete Beteiligung an einer Tat, in die er eingewilligt und an der er sich durchaus aktiv beteiligt hat, gelegen sein soll, bleibt unerfindlich und wird auch von der Berufung nicht dargetan. Schließlich können Arbeitslosigkeit und finanzielle Schwierigkeiten nicht generell und undifferenziert, sondern bloß unter den einschränkenden Bedingungen des § 34 Z. 10 StGB ins Treffen geführt werden, um ein Verbrechen in milderem Licht erscheinen zu lassen, weil die mannigfachen Einrichtungen einer modern ausgebauten sozialstaatlichen Ordnung jedenfalls die dringendste Hilfe in einer die physische Existenz bedrohenden Notlage bieten.
Zusammenfassend darf nicht verkannt werden, daß sich die Angeklagten erst 'nach anfänglichem hartnäckigen Leugnen', durch den Besitz von Teilen der Diebsbeute und Einbruchswerkzeug kompromittiert, zu einem Geständnis bereitfanden (S. 246, 247), nachdem ein Zusammentreffen günstiger Umstände zu ihrer raschen Ausforschung geführt hatte, bevor sie noch ihre Beute in Sicherheit bringen konnten. Weder die Geständnisse noch die Sicherstellung eines Teils des Diebsguts wiegen unter solchen Umständen sonderlich schwer.
Der weite Abstand zur zulässigen Höchststrafe (zehn Jahre) macht deutlich, daß keine der verhängten Strafen überhöht ist.
Anmerkung
E05856European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0130OS00065.85.0530.000Dokumentnummer
JJT_19850530_OGH0002_0130OS00065_8500000_000