TE OGH 1985/6/4 10Os49/85

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Veröffentlicht am 04.06.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Juni 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Stöger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Jörg A wegen des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 83 Abs 1, 86 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 16.November 1983, GZ 7 Vr 4016/82-82, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Nierhaus zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die verhängte Freiheitsstrafe auf 3 (drei) Jahre herabgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde der Angeklagte Jörg A des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 83 Abs 1, 86 StGB schuldig erkannt und nach § 86 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren verurteilt. Das Erstgericht wertete bei der Strafbemessung als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die besondere Brutalität beim Verbrechen der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang, als mildernd die Unbescholtenheit des Angeklagten, sein umfassendes Geständnis hinsichtlich des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 StGB, sein Tatsachengeständnis hinsichtlich des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 83 Abs 1, 86 StGB, eine Provokation der angegriffenen Ehegattin in bezug auf das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und letztlich den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wurde bei der nichtöffentlichen Beratung mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 14.Mai 1985, GZ 10 Os 49/85-14, zurückgewiesen. Dieser Entscheidung ist auch der nähere Sachverhalt zu entnehmen. Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes (auch unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung) und (sodann) die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, kommt nur zum Teil Berechtigung zu.

Dem Erstgericht unterlief bei der Aufzählung der Milderungsgründe insofern ein Versehen, als es die Unbescholtenheit und den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten als zwei gesonderte Milderungsgründe anführte. In Wahrheit stellen diese Umstände einen einzigen Milderungsgrund (§ 34 Z 2 StGB) dar. Beizupflichten ist dem Berufungswerber insoferne, als im vorliegenden Fall einer vom Erstgericht augenscheinlich in der Vielzahl von wuchtigen Schlägen gegen die Frau ersehenen besonderen Brutalität nicht ein eigenständiges Gewicht eines Erschwerungsumstandes zukommt, weil - wie aus den im Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten hervorgeht - erst das Zusammenwirken der Mehrheit der Verletzungen einen Geschehensablauf in Gang setzte, der zum Tod der Frau führte.

Ausgehend von der Sachverhaltsfeststellung des Erstgerichtes, wonach die Ehefrau des Angeklagten auch in der Nacht vom 1. auf den 2. Dezember 1982 nach zwei verbalen und tätlichen Auseinandersetzungen, die jeweils beendet waren, ohne daß der Angeklagte Anstalten gemacht hatte, sie fortzusetzen, jeweils zurückkehrte, um Vorhaltungen zu machen (Urteilsseiten 5 ff), muß ihm auch bei dieser Tat eine gewisse Provokation als mildernd zugutegehalten werden, wenngleich diese im Verhältnis zu seinem Verhalten nur gering wiegt.

Von einer 'Einwilligung der Verletzten zu der beabsichtigten Körperverletzung' kann aber keine Rede sein.

Sorgepflichten, auf die der Angeklagte verweist, sind kein bei der Ausmessung einer Freiheitsstrafe zu beachtender Milderungsumstand, desgleichen nicht Probleme, die sich durch einen haftbedingten Ausfall des Beschuldigten als Unternehmensleiter ergeben könnten, oder gar Erwägungen einer Arbeitsplatzsicherung für Mitarbeiter.

Es kann auch nicht gesondert ins Gewicht fallen, daß der Angeklagte seiner Unterhaltspflicht gegenüber seiner Frau nachkam und ihr in diesem Rahmen standesgemäße Geschenke machte. Zu beachten ist aber im vorliegenden Straffall der, wenngleich nicht atypische, so doch durch eine Verkettung einer Mehrheit von Faktoren zustandegekommene unglückliche Kausalverlauf, für den unter anderem auch der beeinträchtigte Gesundheitszustand der Frau maßgeblich war, die sich trotz mehrerer auch schon vor der Tat gegebener Ratschläge augenscheinlich keiner ärztlichen Behandlung unterziehen wollte.

Insbesondere aus der zuletzt bezeichneten Erwägung schien dem Obersten Gerichtshof eine mäßige Reduzierung der vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafe vertretbar.

Eine weitergehende Herabsetzung - insbesondere in einem solchen Ausmaß, daß dadurch die für die Anwendung einer bedingten Strafnachsicht erforderliche Strafdauer erreicht würde - ist allerdings nicht am Platz.

Wohl treten im vorliegenden Fall spezialpräventive Erwägungen angesichts des bisher nicht getrübten Vorlebens des Angeklagten und der besonderen Situation in seiner Ehe, die Motiv für die Taten war, in den Hintergrund. Erhebliches Gewicht haben jedoch generalpräventive Bedenken. Das verletzte Rechtsgut, nämlich das Leben eines Menschen, ist, wie sich nicht zuletzt in der Einreihung im ersten Abschnitt des besonderen Teils des Strafgesetzbuches manifestiert, von besonderem Wert. Die vorsätzliche Beeinträchtigung dieses von der Rechtsordnung besonders geschützten Rechtsgutes und die Vernichtung eines - zudem noch relativ jungen - Lebens fordern ein Strafausmaß, das seinem Gewicht nach so fühlbar ist, daß es der Abschreckung potentieller Straftäter und der Bestärkung der Rechtstreue weiter Kreise dienen kann.

Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen gelangte der Oberste Gerichtshof - in teilweiser Stattgebung der Berufung - zur Herabsetzung des Ausmaßes der Freiheitsstrafe auf drei Jahre. Eine bedingte Strafnachsicht ist bei diesem Strafmaß unzulässig (§ 43 Abs 2 StGB).

Anmerkung

E05930

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00049.85.0604.000

Dokumentnummer

JJT_19850604_OGH0002_0100OS00049_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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