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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AuslBG §1 Abs2 lite idF 2001/I/115;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der D GmbH in W, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Charlotte Böhm, Mag. Marina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch und Dr. Heinrich Vana in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom 21. März 2002, Zl. LGSW/Abt.10/13113/2137167/2001, betreffend Nichterteilung einer Saisonbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am 2. November 2001 beim Arbeitsmarktservice die Erteilung einer Saisonbewilligung (auf Grund des § 9 Abs. 1 des Fremdengesetzes) für den slowakischen Staatsangehörigen V für die berufliche Tätigkeit "Matrose (Beschäftigungsort: Passagierschiff)" mit monatlicher Bruttoentlohnung in Höhe von ATS 15.658,--. Der beantragte Ausländer sei seit "14.3.2001" bei der Wiener Gebietskrankenkasse zur Sozialversicherung angemeldet; die Vermittlung von Ersatzkräften sei - laut Antragsangaben - erwünscht. Die Beschwerdeführerin betreibe ein Donauschifffahrtsunternehmen und sei im Firmenbuch unter FN ... eingetragen.
Diesen Antrag lehnte das Arbeitsmarktservice mit Bescheid vom 26. November 2001 "gemäß § 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz in Verbindung mit der Verordnung zum § 9 Abs. 1 Fremdengesetz 1997" ab.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 21. März 2002 wurde der gegen den genannten erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG "in Verbindung mit § 4 AuslBG, § 1 Abs. 2 lit. e AuslBG und § 9 Abs. 1 Fremdengesetz" keine Folge gegeben.
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtslage - insbesondere auch der auf Grund des § 9 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit erlassenen Verordnungen - aus, der beantragte Ausländer habe bei der Beschwerdeführerin über eine bis 31. Oktober 2001 erteilte Beschäftigungsbewilligung für die Beschäftigung (in ihrem Schifffahrtsunternehmen) im Sommerfremdenverkehr verfügt. Die Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit BGBl. II Nr. 379/2001 sehe Kontingentplätze für die Bundesländer Kärnten, Salzburg und Tirol im Winterfremdenverkehr vor. Eine weitere Verordnung des genannten Ministers, BGBl. II Nr. 396/2001, sehe für das Bundesland Wien nur ein Kontingent von "50 Bewilligungen für Schaustellerbetriebe" vor. Kontingentplätze für eine Beschäftigung im Bundesland Wien durch das Gastgewerbe oder durch Schifffahrtsunternehmungen seien in den Verordnungen des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit nicht beinhaltet. Einer positiven Entscheidung (Erteilung einer Bewilligung auf Grund einer Verordnung zu § 9 Abs. 1 FrG) stehe entgegen, dass für den Winterfremdenverkehr für das Bundesland Wien keine Kontingentplätze für Schifffahrtsunternehmen und den Fremdenverkehr vorgesehen seien. Die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung auf Grund einer Verordnung zu § 9 Abs. 1 FrG sei daher abzulehnen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene - mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 19. November 2002, B 889/02-8, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene - Beschwerde, die von der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 28. Jänner 2003 ergänzt wurde und zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
§ 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG; in der Fassung BGBl. I Nr. 115/2001) lautet:
"Abschnitt I
Allgemeine Bestimmungen
Geltungsbereich
§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.
(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf
a) ...
...
e) Ausländer hinsichtlich ihrer Tätigkeiten als Besatzungsmitglieder von See- und Binnenschiffen, es sei denn, sie üben eine Tätigkeit bei einem Unternehmen mit Sitz im Bundesgebiet aus;
...
(3) Zwischenstaatliche Vereinbarungen über die Beschäftigung von Ausländern werden durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht berührt.
(4) Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales kann nach Anhörung des Ausländerausschusses (§ 22) durch Verordnung weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes festlegen, sofern es sich um Personengruppen handelt, deren Beschäftigung die allgemeine Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter besonderer Berücksichtigung der Schutzinteressen der betroffenen inländischen Arbeitnehmer zulässt."
§ 9 Fremdengesetz 1997 (FrG; in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 34/2000) lautet:
"Aufenthaltserlaubnis für Saisonarbeitskräfte und Erntehelfer
§ 9. (1) Im Falle eines kurzfristig auftretenden oder eines vorübergehenden zusätzlichen Arbeitskräftebedarfes, der aus dem Potential an Arbeitskräften nicht abgedeckt werden kann, das im Inland Zugang zum Arbeitsmarkt hat, ist der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ermächtigt - innerhalb des hiefür nach der Niederlassungsverordnung (§ 18) vorgegebenen Rahmens und nach Anhörung des betroffenen Landes - für einen Wirtschaftszweig, eine Berufsgruppe oder eine Region - mit Verordnung zahlenmäßig Kontingente für die Beschäftigung von ausländischen Saisonarbeitskräften festzulegen. Im Rahmen dieser Kontingente dürfen Beschäftigungsbewilligungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, mit einer Geltungsdauer von höchstens sechs Monaten erteilt werden; sie sind vorrangig Fremden zu erteilen, die über eine Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck, ausgenommen Erwerbstätigkeit, verfügen.
Beschäftigungsbewilligungen mit einer Geltungsdauer von höchstens sechs Wochen, die einem an sich zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigten Fremden erteilt werden, sind in dessen Reisedokument ersichtlich zu machen.
(1a) Unter den Voraussetzungen und nach dem Verfahren gemäß Abs. 1 ist der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit weiters ermächtigt, mit Verordnung zahlenmäßig Kontingente für die Beschäftigung ausländischer Erntehelfer festzulegen. Im Rahmen dieser Kontingente dürfen Fremden, die an sich zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt sind, Beschäftigungsbewilligungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Geltungsdauer von höchstens sechs Wochen erteilt werden; diese sind im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen.
(2) Wird eine Beschäftigungsbewilligung nach Abs. 1 Fremden erteilt, die
1. über einen Aufenthaltstitel verfügen, so gestattet ihnen dies eine befristete Zweckänderung;
2. über keinen Aufenthaltstitel verfügen, so schafft dies bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung (§ 8 Abs. 1) einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit entsprechender Gültigkeitsdauer.
(3) Beschäftigungsbewilligungen, die im Reisedokument des Fremden ersichtlich gemacht wurden, gelten als Aufenthaltserlaubnis mit derselben Gültigkeitsdauer."
Die Beschwerdeführerin betreibt - ihren Antragsangaben und ihrem Beschwerdevorbringen zufolge - die Schifffahrt auf der Donau und hat ihren Unternehmenssitz im Bundesgebiet (in Wien). Sie beantragte am 2. November 2001 die Erteilung einer Saisonbewilligung für eine Saisonarbeitskraft für die berufliche Tätigkeit "Matrose" auf einem Passagierschiff.
Die beantragte Saisonbewilligung - die ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 FrG in Verbindung mit einer Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Festlegung von Kontingenten hätte - wurde der Beschwerdeführerin ausschließlich deshalb nicht erteilt, weil für das Bundesland Wien für Schifffahrtsunternehmen und den Fremdenverkehr keine Kontingentplätze in einer Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit zu § 9 Abs. 1 FrG festgelegt worden sind. Die Beschwerdeführerin stellt das nicht in Frage.
Davon ausgehend ist nicht zu erkennen, auf welcher Rechtsgrundlage die belangte Behörde (auf Grund einer Verordnung zu § 9 Abs. 1 FrG) der Beschwerdeführerin die beantragte Saisonbewilligung hätte erteilen können (müssen).
Insoweit geltend gemacht wird, die Bestimmung des § 1 Abs. 2 lit. e AuslBG sei verfassungswidrig, ist die Beschwerdeführerin auf den ergangenen Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 2002, B 889/02, zu verweisen, wonach diese zunächst an den Verfassungsgerichtshof herangetragenen Bedenken von diesem Gerichtshof nicht geteilt werden. Dass die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. e AuslBG inhaltlich unbestimmt oder sachlich nicht gerechtfertigt sei, ist auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu finden.
Dass die ins Treffen geführten bilateralen Abkommen (mit der CSSR, Ungarn, Jugoslawien, Rumänien, Kroatien und Slowakei) - die zufolge § 1 Abs. 3 AuslBG durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht berührt werden - eine taugliche Rechtsgrundlage für die Erteilung der beantragten Saisonbewilligung (nach dem FrG) darstellten, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Sie lässt insgesamt unberücksichtigt, dass sie vorliegend eine Saisonbewilligung - also eine "besondere" Beschäftigungsbewilligung, die nur im Rahmen eines Kontingents erteilt werden durfte - beantragte. Es bleibt der Antragstellerin unbenommen stattdessen eine andere ("allgemeine") Beschäftigungsbewilligung, für die eine Festlegung von Kontingenten nicht erforderlich ist, zu beantragen. Von daher steht aber nicht fest, dass die behaupteten (befürchteten) Nachteile und Diskriminierungen für die Beschwerdeführerin tatsächlich bestehen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 22. Juni 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002090182.X00Im RIS seit
19.07.2005