TE OGH 1985/6/4 4Ob63/85

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Veröffentlicht am 04.06.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl und Dr. Kuderna sowie die Beisitzer Dr. Wolfgang Adametz und Dr. Gerald Mezriczky als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Waltraud A, Angestellte in St.Marein bei Graz Nr.17, vertreten durch Dr.Helmuth Schmid, Dr. Harold Schmid und Dr. Kurt Klein, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Mag.G.B & Co.OHG, 2. Mag.Theodorich B, Kaufmann, 3. Stefanie B, Geschäftsfrau, 4. Mag.Dr. Fritz C, Kaufmann, 5. Mag.Jörg B, Kaufmann, alle Linz, Herrengasse 2, und vertreten durch Dr.W.Eberhard Moser, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 44.074,33 brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 13. Dezember 1984, GZ 2 Cg 65/84-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Graz vom 24.September 1984, GZ 2 Cr 149/84-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 3.777,19 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 240,- Barauslagen und S 321,56 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war seit 1.3.1980 bei der erstbeklagten OHG - deren Gesellschafter die Beklagten zu 2. bis 5. sind - als Pharmareferentin im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Zwischen den Parteien wurde keine Vereinbarung im Sinne des § 20 Abs3, zweiter Halbsatz, AngG getroffen.

Mit der Behauptung, daß dieses Arbeitsverhältnis einvernehmlich mit 29.2.1984 beendet worden sei, begehrt die Klägerin von den beklagten Parteien die Zahlung einer - der Höhe nach unbestrittenen - Abfertigung von S 44.074,33 brutto sA.

Die beklagten Parteien beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Das Arbeitsverhältnis sei nicht einvernehmlich beendet, sondern von der Klägerin zum 29.2.1984 aufgekündigt worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Da nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens von einer Selbstkündigung der Klägerin auszugehen sei, bestehe der eingeklagte Abfertigungsanspruch nicht zu Recht.

Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Berufungsgericht führte die Verhandlung gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG von neuem durch und nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Die Klägerin war bei der erstbeklagten Partei im Rahmen des medizinischen Außendienstes im Informationsdienst beschäftigt und in dieser Eigenschaft dem Leiter der Wiener Niederlassung, Mag.Friedrich D, unterstellt.

Mit Schreiben vom 30.1.1984 kündigte die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis zur erstbeklagten Partei zum 15.3.1984 auf. Sie hatte diesen Kündigungstermin gewählt, weil sie einerseits die erstbeklagte Partei bald verlassen wollte, um ein Arbeitsverhältnis mit einem anderen Unternehmen begründen zu können, andererseits aber mit Rücksicht auf ihre bisherige Arbeitgeberin zu keinem früheren Zeitpunkt kündigen wollte. Der Klägerin war nicht bekannt, daß sie nur zum Monatsletzten hätte kündigen können.

Mag.D erhielt das Kündigungsschreiben der Klägerin am 1.2.1984. Er setzte sich daraufhin mit der Personalabteilung der erstbeklagten Partei in Linz in Verbindung, wobei er dieser auch den Text des Kündigungsschreibens durchgab. Seitens der Personalabteilung wurde die Meinung vertreten, daß eine Kündigung zum 15. eines Monats nur dann möglich wäre, wenn dies im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart wurde; da dies bei der Klägerin nicht zutreffe, könne sie nur zum Letzten eines Monats kündigen. Der frühestmögliche Termin sei der 29.2.1984; allenfalls sei auch eine Kündigung zum 31.3.1984 möglich.

Mag.D setzte sich hierauf telefonisch mit der Klägerin in Verbindung und teilte ihr mit, daß eine Kündigung nur zum Monatsletzten in Frage käme, im vorliegenden Fall also zum 29.2.

oder zum 31.3.1984; er fügte hinzu, daß sich die Klägerin für einen dieser Termine entscheiden müsse. Die Klägerin erwiderte, daß sie dann das Arbeitsverhältnis lieber am 29.2.1984 beenden wolle. Auf die Frage Mag.DS, weshalb sie so schnell von der erstbeklagten Partei weg wolle, antwortete die Klägerin, daß sie von E ein für sie sehr attraktives Angebot erhalten habe und dort so bald wie möglich beginnen wolle.

Nach diesem Telefongespräch richtet Mag.D am 3.2.1984 ein Schreiben an die Klägerin, in welchem er ua folgendes ausführte:

'Wir bestätigen den Erhalt Ihres Kündigungsschreibens vom 30.1. Bezüglich des Termins, wonach Sie zum 15.3. unser Haus verlassen möchten, müssen wir Ihnen mitteilen, daß ein derartiger Termin nur dann möglich ist, wenn eine Kündigung zur Monatsmitte bereits anläßlich des Beginnes eines Dienstverhältnisses vereinbart wurde. Wir hatten diesbezüglich mit der Personalabteilung gesprochen und nach unserem heutigen Telefonat mit Ihnen wird das Dienstverhältnis demnach am 29.2.1984 enden.

Sie nehmen Ihren Urlaub, wie bereits angemeldet, ansonsten sind Sie bis zur Beendigung Ihres Dienstverhältnisses vom Dienst freigestellt.' In ihrem Antwortschreiben vom 8.2.1984 hielt die Klägerin fest, daß sie 'mit dem Endtermin (meines) Dienstverhältnisses am 29.2.84

einverstanden' sei. Mag.D übermittelt ihr daraufhin am 10.2.1984 einen weiteren Brief, in welchem er einleitend den Inhalt des Schreibens vom 8.2.1984 'betreffend Ihr Einverständnis zur Lösung des Dienstverhältnisses per Ende Feber' bestätigte. über eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses war zwischen den Parteien vorher nie gesprochen worden. Hätte die Klägerin den Wunsch nach einer solchen einvernehmlichen Auflösung an Mag.D herangetragen, dann hätte sich dieser mit seinem Chef in Verbindung setzen müssen, weil er ohne dessen Zustimmung zu einer derartigen Vereinbarung nicht berechtigt gewesen wäre. Nach der in der pharmazeutischen Industrie üblichen Vorgangsweise wäre die Klägerin von der erstbeklagten Partei auch dann dienstfrei gestellt worden, wenn sie den Kündigungstermin 31.3.1984 gewählt hätte.

Auf der Grundlage dieser Sachverhaltsfeststellungen war auch das Berufungsgericht der Meinung, daß im vorliegenden Fall von einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht gesprochen werden könne, die Klägerin vielmehr ihr Arbeitsverhältnis - wenngleich zu einem verfehlten Termin - selbst aufgekündigt habe. Die bei dem nachfolgenden Telefongespräch erzielte Willensübereinstimmung der Parteien habe sich nur auf die Verschiebung des Kündigungstermins bezogen, an der einseitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin aber nichts geändert.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird von der Klägerin mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung bekämpft. Die Klägerin beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß ihrem Zahlungsbegehren vollinhaltlich stattgegeben werde. Die beklagten Parteien beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Klägerin hält auch in dritter Instanz an ihrer Rechtsansicht fest, daß der von Mag.D telefonisch gemachte Vorschlag, den von ihr genannten Kündigungstermin gegebenenfalls aauch auf den 29.2.1984 vorzuverlegen, 'implicite und konkludent' das Anbot zu einer einvernehmlichen Vertragsauflösung mit diesem Endzeitpunkt enthalten habe; in ihrem Schreiben vom 8.2.1984 habe sie dieses Anbot ausdrücklich angenommen und damit der einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 29.2.1984 zugestimmt.

Dieser Auffassung kann der erkennende Senat nicht folgen:

Richtig ist, daß die Aufkündigung eines Arbeitsverhältnisses dessen einvernehmliche Auflösung noch während der Kündigungsfrist nicht ausschließt; eine solche Vereinbarung der Parteien - zu welcher es übereinstimmender, auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichteter Willenserklärungen beider Vertragspartner bedurft hätte (Arb 10.243 ua) - ist aber hier nicht erwiesen. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hatte Mag.D bei dem mehrfach erwähnten Telefongespräch die Klägerin lediglich darauf aufmerksam gemacht, daß eine Kündigung nur zum Monatsletzten, also zum 29.2. oder zum 31.3.1984, in Frage käme; die Klägerin müsse sich für einen dieser beiden Termine entscheiden. Von einem Angebot der erstbeklagten Partei, das Arbeitsverhältnis noch vor dem Ablauf der durch die Kündigung der Klägerin in Lauf gesetzten Kündigungsfrist einvernehmlich zu beenden, kann unter diesen Umständen keine Rede sein; der Vorschlag Mag.DS war vielmehr nur auf eine Verlegung des von der Klägerin genannten, dem Gesetz widersprechenden Kündigungstermin auf den 29.2. oder den 31.3.1984

gerichtet. In den darauf folgenden Erklärungen der Klägerin, das Arbeitsverhältnis 'dann lieber schon am 29.2.1984 beenden zu wollen' (Telefongespräch) und 'mit dem Endtermin............. am 29.2.1984 einverstanden' zu sein (Schreiben vom 8.2.1984),kann dann aber nichts anderes als ihre Zustimmung zu einer - im beiderseitigen Einvernehmen ohneweiters zulässigen (Martinek-Schwarz, AngG 6 . 403 § 20 Anm 18) - Berichtigung des ursprünglichen Kündigungstermines im Sinne seiner Vorverlegung auf den 29.2.1984 gesehen werden. Eine solche Willensübereinstimmung der Vertragspartner über eine Verkürzung der Kündigungsfrist bewirkt im Zweifel noch keine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Die Parteien sind sich in diesem Fall zwar über den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses einig; es spricht aber nichts dafür, daß derjenige, der sich mit einer Reduzierung der Zeitspanne zwischen dem Zugehen der Kündigung und dem durch sie herbeizuführenden Ende des Arbeitsverhältnisses einverstanden erklärt, damit zugleich auch einer Änderung des Rechtsgrundes für die Beendigung der vertraglichen Beziehungen zustimmen will (Wachter, die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses, Floretta-FS 1983 433 ff 449 f mwN in FN 101). Daß auch der von der Klägerin akzeptierte Kündigungstermin insofern nicht dem Gesetz entsprach, als dabei unter Bedachtnahme auf das Zugehen der Aufkündigung am 1.2.1984 die einmonatige Kündigungsfrist des § 20 Abs 4 Satz 1 AngG nicht eingehalten wurde, ist angesichts des übereinstimmenden Willens beider Parteien, das Arbeitsverhältnis mit diesem Tag enden zu lassen, ohne rechtliche Bedeutung. Ist damit aber das zwischen den Parteien am 1.3.1980 begründete Arbeitsverhältnis nicht einvernehmlich, sondern durch Kündigung der Klägerin zum 29.2.1984 beendet worden, dann hat die Klägerin gemäß § 23 Abs 7 AngG keinen Anspruch auf Abfertigung; ihr Zahlungsbegehren ist daher von den Vorinstanzen mit Recht abgewiesen worden. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E05992

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00063.85.0604.000

Dokumentnummer

JJT_19850604_OGH0002_0040OB00063_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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