TE OGH 1985/6/11 2Ob505/85

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Veröffentlicht am 11.06.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Marktgemeinde A, vertreten durch Dr.Willi Fuhrmann, Rechtsanwalt in Baden, wider die beklagte und widerklagende Partei B Gesellschaft mbH & Co.KG, Wien 17., Weißgasse 50, vertreten durch Dr.Franz Klaban, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 379.292,-- s.A. und S 1,074.934,33 s. A., infolge Revision der beklagten und widerklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 29. September 1984, GZ 3 R 137/84-57, womit infolge Berufung der beklagten und widerklagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 10.Jänner 1984, GZ 18 Cg 108/81-51, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte und widerklagende Partei hat der klagenden und widerbeklagten Partei die mit S 17.960,10 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.800,-- Barauslagen und S 1.469,10 USt.) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Kaufvertrag vom 30.3./23.4.1976, Beilage B, verkaufte die klagende und widerbeklagte Partei (im folgenden nur Klägerin) der beklagten und widerklagenden Partei (im folgenden nur Beklagte) das Grundstück 822/3 der Liegenschaft EZ 692 KG A im Ausmaß von 11.107 m 2 zum Preis von S 10 pro m 2 . Nach dem Inhalt des schriftlichen Kaufvertrages handelt es sich bei dem Vertragsgrundstück im Industriegrund. Der Kaufvertrag wurde zum Zwecke einer Industrieansiedlung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen abgeschlossen. Die Beklagte verpflichtete sich, auf dem Grundstück Industriegebäude mit einer verbauten Fläche von 3000 bis 4000 m 2 bis längstens Dezember 1977 zu errichten, spätestens zu diesem Zeitpunkt auch den Betrieb aufzunehmen und nach Möglichkeit 15 bis 20 ortsansässige Arbeitskräfte im Betrieb zu beschäftigen. Sollte die Beklagte diesen Verpflichtungen bis Ende Dezember 1977 nicht nachkommen, erhöht sich der vereinbarte Kaufpreis auf S 40 pro m 2 , sohin von S 111.070 auf S 444.280. Der erhöhte Kaufpreis von S 333.210 ist dann ab dem Tage des Vertragsabschlusses mit 6 % p.a. zu verzinsen und spätestens Ende Dezember 1977 zu bezahlen. Für den erhöhten Kaufpreis wurden auch eine Wertsicherung und Verzugszinsen von 8 % p.a. vereinbart. Bei Nichteinhaltung der Bauverpflichtung steht der Klägerin überdies ein Wiederkaufs- und Vorkaufsrecht zu. Mit Errichtung des Industriegebäudes sollen diese Rechte gegenstandslos werden. (Punkt VIII des Kaufvertrages). Der Kaufvertrag wurde gemäß § 90 der Niederösterreichischen Gemeindeordnung 1973 vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung genehmigt.

Die Beklagte hat das Betriebsgebäude bis Ende Dezember 1977 nicht errichtet und den Betrieb auch nicht aufgenommen. Die Klägerin begehrt daher, gestützt auf Punkt VIII des Kaufvertrages, den erhöhten Kaufpreis von S 333.210 zuzüglich einer Wertsicherung von S 46.082 s.A.

Die Beklagte wendet ein, daß entsprechend dem Gegenstand ihres Unternehmens die Errichtung eines Eloxierungs- und Galvanisierungsbetriebes beabsichtigt gewesen sei. Die Klägerin sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß ein solcher Betrieb wasserverbrauchsintensiv sei und demgemäß eine große Menge von Abwasser anfalle. Die Möglichkeit einer Abwasserableitung sei Bedingung für den Grundstückskauf gewesen. Die Klägerin habe die Einleitung der Abwässer in den öffentlichen Kanal ausdrücklich zugesichert. Die Abwässer hätten jedoch nicht in den öffentlichen Kanal eingebracht werden dürfen. Eine wasserrechtliche Bewilligung für die Einleitung der Abwässer in den C als Vorfluter sei nicht erteilt worden.

Mit ihrer Widerklage begehrt die Beklagte den Ersatz der von ihr für die Errichtung des Industriegebäudes bereits gemachten Aufwendungen von S 963.864,33 aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes und die Rückzahlung des bezahlten Kaufpreises von S 111.070, zusammen S 1,074.934,33 s.A. Die Beklagte beruft sich hiebei auf die von der Klägerin zugesicherte, tatsächlich jedoch nicht vorhandene Möglichkeit der Abwasserableitung und auf die Verletzung der der Klägerin obliegenden Aufklärungspflicht.

Das Erstgericht gab der Klage statt und wies die Widerklage ab. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten aus den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne einer Abweisung der Klage und einer Stattgebung der Widerklage. Hilfsweise stellt die Beklagte einen Aufhebungsantrag. Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht legte seiner Entscheidung den auf den AS 216 bis 240 (S.6 bis S.30 der Urteilsausfertigung) dargestellten Sachverhalt zugrunde. Danach wurden die dem Vertragsabschluß vorausgegangenen Unterhandlungen auf Seiten der Klägerin vom damaligen Bürgermeister Stefan D und auf Seiten der Beklagten von ihrem Geschäftsführer Erich E geführt. Zeitweise waren auch verschiedene Gemeinderäte anwesend. Es wurde darüber gesprochen, daß der Betrieb der Beklagten einen erheblichen Wasseraufwand haben werde und die beim Betrieb entstehenden Abwässer abgeleitet werden müßten. Der Beklagten war klar, daß der Betrieb nicht errichtet werden kann, wenn keine Möglichkeit der Abwasserableitung besteht.

Die erforderliche Aufschließung des Grundstückes sollte, wie auch im schriftlichen Kaufvertrag festgehalten wurde, auf Kosten der Beklagten erfolgen. Im Rahmen dieser Aufschließung wäre auch eine Abwasserableitung herzustellen gewesen. Es wurde darüber gesprochen, daß diese Wasserableitung nach Möglichkeit in die bestehende Kläranlage der Klägerin einmünden soll. Der Bürgermeister der Klägerin wies darauf hin, daß die Beklagte für die Abwasserableitung ein Ansuchen an die Niederösterreichische Landesregierung als Wasserrechtsbehörde stellen müsse. Er sagte seine Unterstützung im Wasserrechtsverfahren zu. Bei den Verhandlungen wurden keine Vereinbarungen getroffen, die nicht im schriftlichen Kaufvertrag festgehalten sind. Vor Errichtung des Kaufvertrages wurde der Verkauf des Grundstückes auf Grund der vom Bürgermeister der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten erzielten Verhandlungsergebnisse durch Gemeinderatsbeschluß genehmigt. Der Gemeinderatsbeschluß wurde dem Notar übermittelt, der auf Grund dieses Beschlusses den Kaufvertrag errichtete. Den Vertragsinhalt entnahm er dem Gemeinderatsbeschluß.

Die Bauverhandlung für das Industrieprojekt der Beklagten fand am 21.12.1976 statt. Nach Erteilung der Baubewilligung beantragte die Beklagte beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung die wasserrechtliche Genehmigung der zu errichtenden betriebsinternen Klär- und Neutralisationsanlage. Diesem Ansuchen waren nur eine allgemeine Betriebsbeschreibung der Abwasseraufbereitungsanlage eines einschlägigen Erzeugungsbetriebes sowie die Einreichpläne für die hochbaulichen Teile angeschlossen. Die Betriebsbeschreibung enthält nur allgemeine Angaben über den Betriebsablauf der Abwasserreinigungsanlage. Angaben über die Ableitungsform und über das Maß der Wasserbenutzung fehlten. Es wurden auch keine Angaben über die spezifischen Betriebsprozesse und die zum Einsatz kommenden Chemikalienmengen gemacht. Die Beklagte wurde daher aufgefordert, ergänzende Unterlagen vorzulegen. Bei der mit einem Lokalaugenschein verbundenen Verhandlung der Wasserrechtsbehörde am 4.8.1977 wurde festgehalten, daß die Niederschlagswässer aus dem Betriebsgelände und die sanitären Abwässer in die öffentliche Kanalisationsanlage der Klägerin eingebracht, die Betriebsabwässer dagegen in den C abgeleitet werden sollen. Es wurde eine Ergänzung der Projektunterlagen durch Vorlage eines Situationsplanes und eines Planes über die Abwasserleitung bis zur Einmündung in den Vorfluter sowie eines Detailplanes des Schrägklärers verlangt. Diese Unterlagen wurden am 31.10.1977 beigebracht. Bei einer weiteren Verhandlung der Wasserrechtsbehörde am 13.3.1979 erklärte der Amtssachverständige, daß auf Grund der gegebenen Verhältnisse der C als Vorfluter für die Abwassereinleitung aus einem Betrieb der gegenständlichen Art mangels einer dem Erfordernis entsprechenden Mindestwasserführung nicht geeignet sei. Der Vertreter der Klägerin vertrat den Standpunkt, daß die Wasserführungsverhältnisse ausreichten, und befürwortete das Ansuchen der Beklagten. Mit Schreiben vom 17.9.1979 teilte das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung der Beklagten unter Hinweis auf die bereits bei der Verhandlung am 13.3.1979 geäußerte Ansicht des technischen Amtssachverständigen mit, daß ihr Ansuchen gemäß § 106 WRG abzuweisen sei, weil eine ständige, ausreichende Wasserführung nicht gewährleistet und das Vorhaben mit den Reinhalteverpflichtungen nach § 30 WRG nicht zu vereinbaren sei.

Die Beklagte, die um Erklärung ersucht wurde, ob das Ansuchen aufrecht erhalten werde, gab keine öußerung ab. Mit Bescheid vom 27.2.1980 wies das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung das Ansuchen der Beklagten ab. Der Bescheid wurde damit begründet, daß nach den eingeholten gutachtlichen Stellungnahmen des technischen Amtssachverständigen durch die beabsichtigte Einleitung von neutralisierten Betriebsabwässern in den als Vorfluter vorgesehenen C die Wasserqualität desselben und als Folge der unzureichenden Wasserführung des Vorfluters auch die des Grundwassers eine wesentliche nachteilige Beeinflussung erfahren würde. Die Beklagte erhob gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel. Die Beklagte beabsichtigte die Errichtung eines Oberflächenbehandlungsbetriebes mit angeschlossener Färbeanlage für die Behandlung und Veredelung von Aluminiumteilen. Die in derartigen Betrieben in der Regel anfallenden Abwässer können dem Stand der Technik entsprechend so weit gereinigt werden, daß die vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft festgelegten Einleitungskriterien in ein öffentliches Gewässer leicht eingehalten werden können. Das von der Beklagten beabsichtigte Produktionsverfahren schien jedoch in ihren Einreich- und Verfahrensunterlagen im Verfahren vor der Wasserrechtsbehörde nicht detailliert auf. Die Beklagte verabsäumte es, das Projekt durch einen Fachmann ausarbeiten und sich im wasserrechtlichen Verfahren durch einen Fachmann vertreten zu lassen. Dies hatte nicht nur eine Verzögerung des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens, sondern auch die Ablehnung des Ansuchens zur Folge. Der Meinung des Amtssachverständigen, auf die sich der Bescheid gründet, hätte durch Einholung eines entsprechenden Fachgutachtens begegnet werden können.

Die Klägerin verfügte im Zeitpunkt des Grundstücksverkaufes über eine öffentliche Kanalisation nach dem Mischsystem. Die in der Gemeinde anfallenden Wässer werden über eine mechanische Kläranlage geführt und anschließend in den C eingeleitet. Dieser wird dadurch in seiner Gewässergüte schwer belastet. Infolge der Problematik der gegenständlichen Betriebsart der Oberflächenbehandlung hat die Klägerin die Einleitung der Abwässer in die öffentliche Kanalanlage vom Ergebnis eines Wasserrechtsverfahrens abhängig gemacht. In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, daß die vereinbarte Bedingung für die Zahlung eines höheren Kaufpreises eingetreten sei. Voraussetzung des Vertrages sei zwar die Möglichkeit der Ableitung der im Betrieb anfallenden Abwässer gewesen, diese Möglichkeit sei jedoch gegeben. Auf den negativen Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung könne sich die Beklagte nicht berufen, weil sie diesen selbst verschuldet habe. Sie habe es unterlassen, das Projekt von einem Fachmann ausarbeiten zu lassen und einen solchen mit ihrer Vertretung im Verfahren vor der Wasserrechtsbehörde zu betrauen. Sie habe es auch unterlassen, dem ihr mitgeteilten Gutachten des Amtssachverständigen durch Einholung eines entsprechenden Gutachtens entgegenzutreten und gegen den Bescheid der Wasserrechtsbehörde ein Rechtsmittel zu ergreifen. Eine Zusage der Klägerin, die Abwässer könnten in den öffentlichen Kanal eingeleitet werden, sei nicht erwiesen. Eine solche Zusage hätte der Bürgermeister der Klägerin auch nicht rechtswirksam geben können.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer einwandfreien Beweiswürdigung. Es lehnte die von der Beklagten angestrebte rechtliche Qualifikation der Vereinbarung betreffend die Bezahlung eines höheren Kaufpreises als Konventionalstrafe ab und teilte im übrigen die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Der Klägerin falle auch keine Verletzung einer Aufklärungspflicht zur Last, weil nicht hervorgekommen sei, daß das Kaufgrundstück für industrielle Zwecke schlechthin ungeeignet sei.

Die mit der Revision behaupteten Verfahrensmängel hat die Beklagte bereits in der Berufung erfolglos geltend gemacht. Hat das Berufungsgericht aber das Vorliegen der behaupteten Verfahrensmängel verneint, können diese - von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen (SZ 38/120 ua) - im Revisionsverfahren nicht neuerlich geltend gemacht werden (SZ 51/8 uva). Auch der Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, weil der Inhalt des Bescheides der Wasserrechtsbehörde entgegen der Meinung der Revisionswerberin vom Berufungsgericht nicht unrichtig wiedergegeben wurde.

Nach dem Inhalt des schriftlichen Kaufvertrages wurde der Endzweck oder das Motiv - die Errichtung einer Industrieanlage und die Schaffung von Arbeitsplätzen - im Vertrag ausdrücklich angegeben, die Rechtswirksamkeit der Willenserklärungen der Streitteile jedoch nicht schlechthin von der Erreichung des angegebenen Endzweckes abhängig gemacht. Nur für den Fall, daß die Beklagte die von ihr versprochene Leistung bis zu einem bestimmten Termin nicht erfüllt, sollte ein höherer als der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis gelten und der Klägerin überdies das Wiederkaufs- und Vorkaufsrecht zustehen. Keine Regelung enthält der schriftliche Kaufvertrag für den Fall, daß die Errichtung der Industrieanlage überhaupt unterbleibt, weil die Beklagte die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nicht erhält. Die Parteien können aber bei Abschluß des Vertrages mit Selbstverständlichkeit vom Bestehen, Fortbestehen oder vom Eintritt bestimmter Umstände ausgehen und sie nur deswegen nicht zum Vertragsinhalt machen, weil an die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Regelung nicht gedacht wird (JBl 1982,431; EvBl 1978/137; EvBl 1974/29; SZ 43/63; Koziol-Welser 6 I 106). Unter geschäftstypischen Voraussetzungen, deren Wegfall oder Nichteintritt die Unwirksamkeit des Vertrages zur Folge hat oder bei deren Vorliegen Vertragsanpassung begehrt werden kann, sind jedoch nur solche zu verstehen, die jedermann mit einem solchen Geschäft verbindet und die daher nicht erst einer Vereinbarung bedürfen (NZ 1979,172; EvBl 1977/68; JBl 1976,145; Koziol-Welser a.a.O.107). Nach herrschender Ansicht kann sich auch keine Partei auf das Nichtvorhandensein oder den Wegfall einer wenngleich typischen Vertragsvoraussetzung berufen, wenn diese sich auf Tatsachen in der eigenen Sphäre bezieht. In diesem Bereich trägt das Risiko eines Fehlschlages der Erwartungen die Partei (JBl 1982,431; JBl 1980,652; SZ 49/13 ua; Koziol-Welser a.a.O. 107; Gschnitzer in Klang 2 IV/1 340). Auch wenn man im vorliegenden Fall die Möglichkeit der Abwasserableitung bzw. die Erlangung der wasserrechtlichen Bewilligung hiefür als Vertragsvoraussetzung ansieht, kann sich die Beklagte nicht auf den Nichteintritt dieser Voraussetzung berufen. War nämlich zur Abwasserableitung eine wasserrechtliche Bewilligung auf Seiten der Beklagten zur Erreichung des Vertragszweckes erforderlich, hatte die Beklagte nach den Grundsätzen von Treu und Glauben alles vorzukehren, um die Erreichung des Vertragszweckes zu gewährleisten (vgl. JBl 1978,259; JBl 1973,470; EvBl 1956/232; Rummel a.a.O. Rdz 5 zu § 897). Dazu gehörte aber nicht nur die Stellung eines Antrages an die Behörde, sondern auch die Vorlage entsprechender Unterlagen, die für eine positive Erledigung sprechen, und schließlich auch die Erhebung von Rechtsmitteln im Falle eines abweisenden Bescheides, es sei denn, daß deren Aussichtslosigkeit von vornherein feststeht. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde der Wasserrechtsbehörde nur eine allgemeine Betriebsbeschreibung der Abwasserableitungsanlage vorgelegt, die jedoch keine näheren Angaben insbesondere über die spezifischen Betriebsprozesse enthielt. Eine eingehende Darstellung des Produktionsprozesses hätte indes ergeben, daß durch die anfallenden Reststoffe die gemäß Ö-Norm M 6203 für die Einleitung in einen Vorfluter vorgeschriebenen Grenzwerte bei Einhaltung der Betriebsvorschriften für die Neutralisation nicht nur nicht überschritten würden, sondern problemlos einzuhalten sind. Die Beklagte hat es aber auch unterlassen, gegen den abweisenden Bescheid Berufung zu ergreifen. Daß eine solche von vornherein aussichtslos gewesen wäre, wurde nicht einmal behauptet. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen über die Möglichkeit der Einhaltung der Grenzwerte im Zusammenhang mit der im Verwaltungsverfahren gegebenen Möglichkeit der Geltendmachung von neuen Tatsachen und Beweismitteln im Berufungsverfahren (§ 65 AVG 1950) kann auch nicht gesagt werden, daß ein Rechtsmittelerfolg von vornherein ausgeschlossen gewesen wäre. Hat die Beklagte aber nicht alle ihr zumutbaren Vorkehrungen zur Erlangung der wasserrechtlichen Bewilligung getroffen, kann sie nicht die Aufhebung des Vertrages wegen Nichteintrittes dieser Vertragsvoraussetzung verlangen. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht der Klägerin wurde vom Berufungsgericht zu Recht verneint. Es besteht keine allgemeine Rechtspflicht, den Geschäftspartner über alle Umstände aufzuklären, die auf seine Entschließung einen Einfluß haben können. Eine Aufklärungspflicht ist dann zu bejahen, wenn der andere Teil nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs eine Aufklärung erwarten durfte. Diese Schutzpflicht endet an der Grenze objektiver Voraussehbarkeit einer Gefährdung der Interessen des Gegners (SZ 52/22 ua). Daß das Grundstück zur Bebauung überhaupt oder zur Errichtung einer Industrieanlage ungeeignet wäre, trifft nicht zu. Darüber hinaus fehlt es aber schon an der Behauptung konkreter Umstände, aus denen sich ergäbe, daß für die Klägerin eine Gefährdung der Interessen der Beklagten voraussehbar gewesen wäre. Mit den Revisionsausführungen zum Sachverständigengutachten wendet sich die Beklagte nur gegen die Unzulänglichkeit der Grundlagen des Gutachtens, das formell den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Eine solche Bekämpfung fällt aber nicht unter den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (Fasching IV 336). Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E05956

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00505.85.0611.000

Dokumentnummer

JJT_19850611_OGH0002_0020OB00505_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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