Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Christine A, Haushalt, Wien 23, Gebirgsgasse 8, vertreten durch Dr.Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Dr.Egon A, öffentlicher Notar i.R., Semmering 25, vertreten durch Dr.Winfried Obitsch, Rechtsanwalt in Wien, wegen §§ 81 ff EheG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 29. März 1985, GZ 43 R 1333/84-82, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 31.August 1984, GZ 1 F 1/81-74, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit S 15.874,65 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 1.443,15 an USt.) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Ehe der Antragstellerin mit dem Antragsgegner wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 21.11.1979, 2 Cg 129/79-9, geschieden. Das Urteil ist seit 21.2.1980
rechtskräftig.
Mit dem am 27.1.1981 zu Protokoll gegebenen Antrag begehrte die Antragstellerin, den Antragsgegner zur Leistung einer Ausgleichszahlung in der Höhe von S 500.000 zu verhalten. Die Antragstellerin habe dem Antragsgegner während des Bestandes der Ehe die Mittel zum Ankauf einer Liegenschaftshälfte zur Verfügung gestellt; der Antragsgegner habe den Ankauf durchgeführt, das Eigentum an der Liegenschaftshälfte jedoch auf seinen Namen einverleiben lassen. Der Antragsgegner habe diese Liegenschaftshälfte, deren Wert mehr als S 1 Mio. betrage, dem Sohn der Parteien geschenkt. Die Antragstellerin habe anläßlich der Ehescheidung keinen Ausgleich für den Wert dieses Liegenschaftsanteils erhalten.
Erst in der Tagsatzung vom 1.9.1983, ON 59, begehrte die Antragstellerin die Zuerkennung einer Ausgleichszahlung in der Höhe von S 1 Mio. Der Antragsgegner habe im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft im Juni 1960 Wertpapiere besessen, von denen er jährlich S 8.800 an Erträgnissen bezogen habe (AS 145). Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Antrages. Das Erstgericht erkannte den Antragsgegner schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen einen Betrag von S 500.000 zu bezahlen.
Das Rekursgericht gab den von beiden Parteien erhobenen Rekursen nicht Folge und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Zum Rekurs der Antragstellerin führte das Rekursgericht aus, der Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse erlösche gemäß § 95 EheG, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht werde. Der Aufteilungsanspruch der Antragstellerin sei nicht anerkannt worden. Der Anspruch auf eine Ausgleichszahlung von mehr als S 500.000 sei auch nicht rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht worden, weil die Rechtskraft der Ehescheidung am 21.2.1980 eingetreten, das Begehren auf Zuerkennung einer Ausgleichszahlung von weiteren S 500.000 aber erst am 1.9.1983 erhoben worden sei. Die Frist des § 95 EheG sei eine materiell-rechtliche Fallfrist, deren Nichteinhaltung zum Anspruchsverlust führe. Die Ausdehnung eines bereits bezifferten Begehrens auf Leistung einer Ausgleichszahlung sei daher nach Ablauf der Jahresfrist ausgeschlossen. Der begehrte Betrag bilde den Rahmen, innerhalb dessen allein das Gericht zu entscheiden befugt sei. Die Abweisung des S 500.000 übersteigenden Begehrens sei schon deshalb zu Recht erfolgt, weil dieser Anspruch nach § 95 EheG erloschen sei.
Die Antragstellerin bekämpft den Beschluß des Rekursgerichts mit Revisionsrekurs und beantragt, die Entscheidung der zweiten Instanz abzuändern, allenfalls, sie aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Antragsgegner beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Zu Unrecht wendet sich die Antragstellerin gegen die in der Entscheidung der zweiten Instanz geäußerte Rechtsansicht, ihr am 1.9.1983 gestelltes Begehren auf Leistung einer weiteren Ausgleichszahlung von S 500.000 sei verfristet.
Nach § 85 EheG hat über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse das Gericht auf Antrag zu entscheiden. Das Gericht ist bei seiner Entscheidung im Aufteilungsverfahren nur insoweit an die Parteianträge gebunden, als dadurch das Verfahren quantitativ begrenzt wird. Rechtsgestaltende Anordnungen darf das Gericht nur über jene Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse treffen, die ausdrücklich oder zumindest erkennbar Gegenstand des Verfahrens sind. Es kann daher keine höhere als die begehrte Ausgleichszahlung zugesprochen werden. Wird eine Ausgleichszahlung begehrt und beziffert, ist der begehrte Betrag der Rahmen, innerhalb dessen allein das Gericht zu entscheiden befugt ist. Eine nach Ablauf der Fallfrist des § 95 EheG vorgenommene Ausdehnung des Begehrens auf Leistung einer (weiteren) Ausgleichszahlung ist infolge eingetretenen Rechtsverlustes materiell nicht berechtigt (SZ 55/192, SZ 55/163 ua.). Ein Antrag auf umfassende Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, der als das Gericht nicht bindender Teilungsvorschlag zu werten wäre und das Gericht qualitativ nicht binden würde, wurde nicht gestellt.
In zutreffender Weise hat deshalb das Rekursgericht die Abweisung des Antrages auf Leistung einer S 500.000 übersteigenden Ausgleichszahlung bestätigt. Der Revisionsrekurs erweist sich damit als unbegründet, sodaß ihm ein Erfolg versagt bleiben mußte. Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 234 AußStrG.
Anmerkung
E05965European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00561.85.0612.000Dokumentnummer
JJT_19850612_OGH0002_0030OB00561_8500000_000