TE OGH 1985/6/12 3Ob80/85 (3Ob81/85)

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Veröffentlicht am 12.06.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Inge Amir A, Kauffrau, 1060 Wien, Bürgerspitalgasse 26, vertreten durch Dr. Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichteten Parteien 1) prot. Firma Adil B, 1010 Wien, Am Graben 30, 2) Ferdi C, Kaufmann, 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/1, und 3) Fritz D jun., Kaufmann, 1130 Wien, Kopfgasse 12, alle vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn, Dr. Michael Winischhofer und Dr. Martin Schuppich, Rechtsanwälte in Wien, wegen

1) 21.953,26 S und 2) Erwirkung einer Unterlassung infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 11. Februar 1985, GZ 1 R 22,23/85-29, womit die Beschlüsse des Handelsgerichtes Wien

1) vom 9. November 1984, GZ 37 Cg 709/83-19, und 2) vom 19. November 1984, GZ 37 Cg 709/83-20, abgeändert wurden, folgenden Beschluß gefaßt:

Spruch

1) Dem Revisionsrekurs wird hinsichtlich der Bekämpfung des Punktes 1 der Entscheidung zweiter Instanz (Fahrnisexekution bezüglich eines Betrages von 21.953,26 S) Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird in diesem Umfange dahin abgeändert, daß der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 9. November 1984, GZ 37 Cg 709/83-19, wiederhergestellt wird.

Die Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei werden mit 2.958,23 S (darin 247,11 S Umsatzsteuer und 240 S Barauslagen) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Die verpflichteten Parteien haben die Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz selbst zu tragen.

2) Der Revisionsrekurs wird hinsichtlich der Bekämpfung des Punktes 2 der Entscheidung zweiter Instanz (Exekution zur Erwirkung einer Unterlassung) zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Zu 1) Mit Versäumungsurteil vom 2. Dezember 1983 wurden die drei verpflichteten Parteien zu einer bestimmten Unterlassung und zur Zahlung der Prozeßkosten von 24.075,11 S verurteilt. Die verpflichteten Parteien erhoben gegen dieses Versäumungsurteil einerseits einen Widerspruch und andererseits eine Berufung. Der vor Erledigung des Widerspruches vorgelegten Berufung wurde im wesentlichen keine Folge gegeben. Die Prozeßkosten erster Instanz wurden auf 14.645,67 S herabgesetzt und die verpflichteten Parteien zum Ersatz der mit 11.190,64 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens verpflichtet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision blieb erfolglos und die verpflichteten Parteien wurden zum Ersatz der mit 10.762,62 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens verpflichtet.

Nach dem Einlangen des Urteiles des Obersten Gerichtshofes beantragte die betreibende Partei, ihr hinsichtlich der Kosten erster Instanz von 14.645,67 S die Sicherungsexekution und hinsichtlich der Kosten zweiter und dritter Instanz von 11.190,64 S und 10.762,62 S die Befriedigungsexekution durch Pfändung und Verkauf von Fahrnissen zu bewilligen.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß. Hinsichtlich der Bewilligung der Sicherungsexekution erwuchs die Exekutionsbewilligung in Rechtskraft.

Hinsichtlich der Bewilligung der Befriedigungsexekution gab das Gericht zweiter Instanz dem Rekurs der verpflichteten Parteien Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Exekutionsantrag in diesem Umfange abgewiesen wurde. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß wegen des erhobenen Widerspruchs auch hinsichtlich der Kosten zweiter und dritter Instanz keine Befriedigungsexekution zulässig sei, da die Urteile zweiter und dritter Instanz das Schicksal des Versäumungsurteiles teilen müßten. - Den Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses begründete die zweite Instanz mit dem Vorliegen einer ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (wonach ein Antrag auf Befriedigungsexekution keinen Antrag auf Sicherungsexekution in sich schließt).

Gegen den Beschluß der zweiten Instanz richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes oder in eventu im Sinne der Bewilligung einer Exekution zur Sicherstellung abzuändern.

Da es sich um selbständig zum Gegenstand eines Exekutionsantrages gemachte Kosten handelt, sind diese im vorliegenden Exekutionsverfahren die Hauptsache, sodaß keine Entscheidung über den Kostenpunkt gemäß §§ 78 EO, 528 Abs 1 Z 2

ZPO vorliegt. Wenn auch die beiden Kostenbeträge in zwei verschiedenen Entscheidungen zugesprochen wurden, so ergingen diese doch in einem einheitlichen Verfahren, sodaß sie zusammenzurechnen sind und daher auch die Bestimmung der §§ 78 EO, 528 Abs 1 Z 5 ZPO nicht zum Tragen kommt.

Mit Recht führt die betreibende Partei aus, daß es noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage gibt, ob aufgrund von Urteilen zweiter und dritter Instanz, die ein Versäumungsurteil erster Instanz bestätigen, gegen das Widerspruch erhoben wurde, bezüglich der in diesen Urteilen zugesprochenen Kosten Befriedigungs- oder nur Sicherungsexekution möglich ist. Der Revisionsrekurs ist daher entgegen der diesbezüglichen Beurteilung durch die zweite Instanz zulässig.

Dem Revisionsrekurs kommt Berechtigung zu.

Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrmals ausgesprochen hat, kann ein Versäumungsurteil unabhängig von der Erhebung eines Widerspruches und der infolge des Widerspruches erfolgenden Aufhebung des Versäumungsurteiles gemäß § 397 a Abs 3 ZPO auch mit Berufung bekämpft werden (EvBl 1984/84, EvBl 1985/59). Zweck eines solchen Berufungsverfahrens (und eines allenfalls daran anschließenden Revisionsverfahrens) ist es, über bestimmte Fragen (regelmäßig nicht abschließend über den Klagsanspruch) ähnlich einem Zwischenstreite abschließend abzusprechen. Es erscheint daher gerechtfertigt, das Rechtsmittelverfahren hier - es handelt sich um die vom 'Normalfall' abweichende Rechtslage, daß das Verfahren trotz Erfolglosigkeit der Berufung bzw. Revision fortgesetzt wird - als einen besonderen Verfahrensabschnitt zu behandeln, der mit einer besonderen Kostenentscheidung endet, die von der Aufhebung des Versäumungsurteiles gemäß § 397 a Abs 3 ZPO nicht betroffen wird. Daß bei dieser Lösung die Kostenentscheidungen der Rechtsmittelinstanzen nicht mehr das Schicksal des Urteiles der ersten Instanz teilen, worauf die zweite Instanz an sich zutreffend hinwies, muß hingenommen werden. Es erschiene nämlich nicht sehr prozeßökonomisch, wenn zuerst Kostenentscheidungen der Rechtsmittelinstanzen ergehen müßten, diese dann zusammen mit der Aufhebung des Versäumungsurteiles gemäß § 397 a Abs 3 ZPO wieder aufgehoben würden, worauf schließlich die davon betroffenen Kosten unter dem Titel des § 397 a Abs 4 ZPO allenfalls doch wieder zuzusprechen wären (vgl. zu der dem § 397 a Abs 4 ZPO ähnlichen Bestimmung des § 154 ZPO Fasching E RZ 588, Pollak 2 , 501; GlUNF 6221, ZBl. 1913/211).

Die Kostenentscheidungen der Rechtsmittelgerichte fallen daher ungeachtet des erhobenen Widerspruches nicht unter die Bestimmung des § 371 Z 1 EO, sondern sie sind ein Exekutionstitel nach § 1 Z 1 EO, aufgrund derer Exekution zur Befriedigung bewilligt werden kann.

Es war daher der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 74, 78 EO, 40, 41, 50 ZPO. Zu 2) Daß das Gericht zweiter Instanz den Exekutionsantrag bezüglich der Erwirkung einer Unterlassung mit der Begründung abwies, im Zeitpunkt der Erteilung der Exekutionsbewilligung durch das Erstgericht sei schon der Zeitraum abgelaufen gewesen, in dem die Unterlassungspflicht bestand, entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (EvBl 1960/209 u.a., zuletzt 3 Ob 1009/85; vgl. auch SZ 45/79, JBl 1974, 48, SZ 49/134). Auch die österreichische Lehre vertritt nichts anderes (Heller-Berger-Stix 2574, Holzhammer 2 277, ausführlich besonders Jelinek, Unterlassungsexekution, 99, 100, 130, 177, 178).

Die im deutschen Schrifttum teilweise vertretenen anderen Positionen (Lindacher ZZP 85, 239 und NJW 1980, 1400; Brehm NJW 1975, 249 und NJW 1976, 1750; Baumann-Brehm 2 , 399, 400;

Wieczorek 2 Anm. C I b 3 zu § 890 dZPO), geben keinen Anlaß zu einer überprüfung der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, zumal sich durch die UWG-Novelle 1980 an den Grundlagen dieser Rechtsprechung über den reinen Beugemittelcharakter einer Strafe nach § 355 EO nichts geändert hat. Hinsichtlich der Unterlassungsexekution war daher der Revisionsrekurs gemäß §§ 78 EO, 526 Abs 2, 528 Abs 2 ZPO mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zurückzuweisen.

Anmerkung

E05982

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00080.85.0612.000

Dokumentnummer

JJT_19850612_OGH0002_0030OB00080_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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