Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Juni 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Rechberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Kurt A wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Kurt A gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 22.März 1985, GZ 21 Vr 2979/84-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Kurt A des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 3 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in der Zeit von Ende Juli/Anfang August 1984 bis 21.September 1984 in Wien und anderen Orten des Bundesgebietes eine Sache, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hat, und zwar den zum Nachteil des Alexander B am 22.Mai 1984 in Wien durch Nachsperren gestohlenen Personenwagen VW Golf C, an sich gebracht, wobei er sowohl die diebische Herkunft des Fahrzeuges als auch dessen Wert über 100.000 S ernstlich für möglich hielt und sich damit abgefunden hat.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Den Verfahrensmangel (Z 4) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung (S 163) gestellten Beweisantrages auf 'Besichtigung des Personenwagens, besonders der gegenständlichen Delle wie auch des Gesamtzustandes zur Erstellung eines präzisen Befundes über den Zustand des Fahrzeuges sowie insgesamt zum Beweise dafür, daß der PKW im Frühjahr 1984 einen den Betrag von 100.000 S nicht übersteigenden Verkehrswert aufgewiesen hat', womit sinngemäß die Ergänzung des Gutachtens des Sachverständigen Ing.Walter D durch Augenscheinnahme des Fahrzeuges begehrt wird.
Die Verfahrensrüge geht fehl.
Der vom Erstgericht über den Wert des Fahrzeuges vernommene Sachverständige Ing.Walter D hat diesen mit 135.000 S beziffert; er hat dabei in seinem Gutachten auch zur Frage der Beschädigung des Fahrzeuges durch eine Delle an der Motorhaube Stellung genommen und diesen Schaden - gestützt auf die Verantwortung des Angeklagten (S 163) und nach Rücksprache mit dem Eigentümer des Fahrzeuges (S 162) - mit höchstens 10.000 S bewertet, wobei der Sachverständige auch darauf hingewiesen hat, daß die Kosten einer neuen Motorhaube 8.000 S betragen (S 163). Bei dieser Sachlage wäre im Beweisantrag jedoch anzugeben gewesen, aus welchen besonderen Gründen bei Durchführung des beantragten Beweises - entgegen diesem Gutachten - eine Bewertung des Fahrzeuges zur Tatzeit mit einem unter 100.000 S liegenden Betrage zu erwarten war. Die Abweisung des Beweisantrages konnte daher auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß üben. Die Mängelrüge (Z 5) bekämpft die Feststellung des Urteils, der Angeklagte habe bei Anmietung des gegenständlichen Fahrzeuges sowohl dessen diebische Herkunft als auch dessen Wert von über 100.000 S ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden. Das Erstgericht hielt die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe - als er das Fahrzeug von Alois E, den er in Wien in der Nähe des Naschmarktes getroffen habe, gegen eine Gebühr von 25.000 S für die Zeit von Ende Juli/Anfang August bis Ende Dezember 1984 zur Verfügung gestellt erhielt - ein korrektes Geschäft abgeschlossen und keinen Grund gehabt, diesem zu mißtrauen, der damalige Wert des Fahrzeuges habe nur 95.000 S betragen, für widerlegt. Dies begründete es damit, daß sich der Beschwerdeführer von dem Genannten keine Bestätigung über die Hingabe des relativ hohen Geldbetrages geben ließ und daß er von diesem keine weiteren Angaben machen konnte, obwohl der Angeklagte im Hinblick auf seine Vorstrafen Anlaß gehabt hätte, für die übergabe der entsprechenden Urkunden Sorge zu tragen und sich diese nicht - wie er behauptet hat - anläßlich eines späteren Besuches in Wien irgendwo am Naschmarkt bei einem nur zufällig möglichen Treffen zu holen. Auch spräche der angeblich vereinbarte Rückgabemodus - der Angeklagte hat dazu behauptet, er hätte das Fahrzeug dem E zu Weihnachten am Naschmarkt oder einem in der Nähe gelegenen Cafe zurückgestellt, S 159 - keineswegs für ein korrektes Rechtsgeschäft. Hinsichtlich der als erwiesen angenommenen Kenntnis des Wertes des Fahrzeuges habe der Angeklagte einerseits angegeben, daß der Vermieter dieses als Einsatz für eine Schuld von 100.000 S erhalten habe; andererseits habe der Beschwerdeführer als mehrfach abgeurteilter Vermögenstäter Vorstellungen über den Wert eines solchen Fahrzeuges. Soweit die Rüge diese Konstatierungen zur Kenntnis des Angeklagten über die diebische Herkunft und den Wert des Fahrzeuges als aktenwidrig, durch die Beweisergebnisse nicht hinreichend gedeckt und unzureichend begründet bezeichnet und behauptet, daß keine Tatsachenfeststellungen getroffen wurden, aus welchen sich eine solche Kenntnis nach der allgemeinen Lebenserfahrung und den logischen Denkgesetzen mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit ableiten ließe, wird sie nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Denn es darf eine Beschwerde - soll sie dem Gesetz entsprechen - sich nicht in solchen floskelhaften Behauptungen erschöpfen. Sie muß vielmehr die Tatumstände, die den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund bilden, ausdrücklich oder durch deutliche Hinweise anführen (SSt 43/41 uva).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen besteht zwischen der Konstatierung im Urteilsspruch einerseits, dem Angeklagten sei bekannt gewesen, daß der PKW einen Wert von 135.000 S habe und aus einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen mit einer fünf Jahre erreichenden oder übersteigenden Strafandrohung stamme, und der Annahme in den Gründen der Entscheidung andererseits, der Angeklagte habe diese Umstände ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, kein innerer Widerspruch, weil sich beide in Rede stehenden Feststellungen nach den Gesetzen des logischen Denkens keineswegs ausschließen.
Wenn die Rüge die für die Annahme der Kenntnis der diebischen Herkunft gegebene Begründung bekämpft, so ist vorab festzuhalten, daß aus den vom Schöffengericht herangezogenen Prämissen in ihrer Gesamtheit diese Schlußfolgerung zumindest denkrichtig und lebensnah abgeleitet werden kann, sodaß von einer unzureichenden Begründung nicht die Rede sein kann. Daß auch andere als die vom erkennenden Gericht abgeleiteten, für den Angeklagten günstigere Schlüsse möglich gewesen wären, das Gericht sich dennoch für die dem Beschwerdeführer ungünstigeren entschieden hat, ist ein Akt freier Beweiswürdigung, dessen Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde nicht zulässig ist. Alle Einwendungen der Beschwerde gegen diese denkgesetzlich möglichen Urteilsannahmen erschöpfen sich in einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung (SSt 11/46, 27/47 uva).
Soweit die Mängelrüge die vom Erstgericht festgestellte Kenntnis des Angeklagten über den Wert des Fahrzeuges anficht, geht sie nicht von der vom Erstgericht dafür im Urteil gegebenen Begründung (vgl S 175) aus, sondern unternimmt mit den dieser schlüssigen Begründung entgegengestellten Ausführungen - es sei der tatsächliche Zustand des Fahrzeuges im Zeitpunkt der übernahme durch den Angeklagten nicht erhoben worden, das Gericht habe keine besonderen Feststellungen über die Kenntnis des Angeklagten hinsichtlich des Wertes gebrauchter Fahrzeuge und über das Ausmaß des bestehenden Schadens an dem angemieteten Personenwagen getroffen, wobei auch das Gutachten des Sachverständigen Ing. D als nicht verwertbar bezeichnet wird, weil der Beschwerdeführer bei Anmietung des Fahrzeuges davon ausgehen konnte, daß dieses mehrere Vorbesitzer gehabt habe, während der genannte Sachverständige von einer erstmaligen Zulassung ausgegangen sei - gleichfalls nur einen Angriff auf die erstrichterliche Beweiswürdigung.
Damit aber, daß die Strafanzeigen divergierende, jedoch stets über den Betrag von 100.000 S liegende Wertangaben hinsichtlich des fraglichen Personenwagens enthalten, hat sich das Erstgericht - was von der Mängelrüge gänzlich übergangen wird - ohnedies auseinandergesetzt (vgl S 174).
Die Rechtsrüge ist zur Gänze nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.
Im Rahmen der Mängelrüge wird im Zusammenhang mit den Ausführungen, mit welchen die Annahme der Kenntnis des Angeklagten über die diebische Herkunft des Fahrzeuges angefochten wird, lediglich behauptet, daß das Urteil damit aber auch an 'qualifizierten Feststellungsmängeln' leide, sodaß auch der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gegeben sei. Ein und dasselbe Beschwerdevorbringen kann jedoch nicht zugleich als Begründungsmangel und als Feststellungsmangel, somit als gesetzmäßige Darstellung zweier Nichtigkeitsgründe (Z 5 und Z 9 des § 281 Abs 1 StPO) beurteilt werden (10 Os 91/77, 13 Os 42/83), sodaß dieser materielle Nichtigkeitsgrund mangels einer Substantiierung einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich ist. Das Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO läuft auf eine versuchte Umwertung der Verfahrensergebnisse hinaus, wenn die Beschwerde unter Negierung der gegenteiligen erstgerichtlichen Feststellungen davon ausgeht, daß dem Angeklagten ein den Betrag von 100.000 S übersteigender Wert des Fahrzeuges nicht bekannt gewesen sei. Weil der geltend gemachte Subsumtionsirrtum demnach nicht, sowie dies das Gesetz für die Relevierung materieller Nichtigkeitsgründe erfordert, aus einem Vergleich des als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit den darauf in Betracht kommenden Tatbeständen des materiellen Strafrechts abgeleitet wird, liegt auch keine gesetzmäßige Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes vor.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO), teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs 1 Z 1, 285 a Z 2 StPO) schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
über die Berufung des Angeklagten wird abgesondert bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Anmerkung
E05934European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0120OS00081.85.0613.000Dokumentnummer
JJT_19850613_OGH0002_0120OS00081_8500000_000