Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Pflegschaftssache des mj. Rene A, geboren am 18.12.1966, infolge Revisionsrekurses des Vaters Peter A, Flugzeugführer, Lagos, Nigeria, vertreten durch den Abwesenheitskurator Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt, Wien 16., Schuhmeierplatz 14, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 8.März 1985, GZ.2 b R 39/85-44, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 25.Jänner 1985, GZ. 3 P 718/80-39, bestätigt wurde, folgenden Beschluß gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der mj.Rene A ist ein eheliches Kind des Peter und der Brigitte A. Peter A hat die Familie am 15.11.1980 verlassen und lebt derzeit in Lagos, Nigeria; seine nähere Anschrift ist unbekannt. Rene A, der von seiner Mutter in deren Haushalt betreut und versorgt wird, besucht derzeit als externer Schüler eine Hotelfachschule. Die Kosten des Besuches dieser Schule - Schulgeld, Halbinternat mit Teilverpflegung, Materialaufwand für den Koch- und Servierunterricht, sowie Berufskleidung, Geräte und Lernbehelf - betragen für ein Schuljahr S 44.990,--.
Am 7.10.1983 stellte das Stadtjugendamt Innsbruck als besonderer Sachwalter des Minderjährigen den Antrag, den Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 2.900,-- für das Kind zu verpflichten. Peter A sei als Pilot bei einer Fluggesellschaft in Lagos beschäftigt und zur Leistung dieses Unterhaltsbetrages imstande.
Der Abwesenheitskurator des Vaters beantragte die Abweisung dieses Antrages. Eine übersendung von Geld aus Nigeria sei aus devisenrechtlichen Gründen nicht möglich. Peter A sei nicht in der Lage, in einem europäischen Staat einer Tätigkeit nachzugehen. Beim Kreisgericht Wiener Neustadt und beim Landesgericht München seien gegen Peter A Strafverfahren wegen Verdachtes des Mordes anhängig. Im Falle seiner Einreise nach Europa habe Peter A mit seiner Verhaftung zu rechnen.
Das Erstgericht verpflichtete den Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 2.900,--, beginnend mit 7.10.1983. Es stellte fest, daß Peter A im Jahre 1983 als Pilot bei der Fluggesellschaft B C, Nigeria, beschäftigt war und derzeit als Flugzeugführer bei der Fluggesellschaft 'KABO AIRLINES' tätig ist. Sein monatliches Einkommen wird von der österreichischen Botschaft in Lagos auf ca. S 65.000 geschätzt. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, der Vater sei bei dem festgestellten Einkommen in der Lage, den begehrten Unterhalt zu leisten.
In seinem Rekurs gegen die Entscheidung des Erstgerichtes brachte der Vater unter anderem vor, daß das Schulgeld für den Besuch der Hotelfachschule in seinem Auftrag durch seinen Vater (den Großvater des Minderjährigen) bezahlt werde. Durch diese Zahlung komme der Vater seiner Unterhaltspflicht im Rahmen seiner Möglichkeiten nach. Der Vater versorge über seinen Vater den Minderjährigen auch mit Kleidung und zeitweise mit Taschengeld.
Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes. Der Vater sei zur Leistung des begehrten Unterhaltsbetrages nach seinen festgestellten Einkünften imstande. Dies gehe bereits daraus hervor, daß der Vater des Minderjährigen nach dem Rekursvorbringen über seinen Vater das Schulgeld für den Besuch der Hotelfachschule bezahle, sodaß die Unterhaltsleistung über dem festgesetzten Betrag liege. Die behaupteten Naturalleistungen könnten jedoch den Anspruch des Minderjährigen auf Festsetzung des Unterhalts in Geld nicht schmälern.
Der Vater bekämpft die Entscheidung des Rekursgerichtes mit außerordentlichem Revisionsrekurs. Er macht geltend, das Rekursgericht habe sein Vorbringen über die Zahlung des jährlichen Schulgeldes für den Minderjährigen durch ihn mit Stillschweigen übergangen und führe nicht aus, warum es diese Zahlung nicht als Unterhaltsleistung anerkenne. Der Vater sei jedoch seiner Unterhaltspflicht mit der Zahlung des Schulgeldes hinreichend nachgekommen, da er auf diese Weise mehr geleistet habe, als vom Erstgericht festgesetzt worden sei. In der Nichtberücksichtigung der Zahlungen liege eine offenbare Gesetzwidrigkeit.
Rechtliche Beurteilung
Zu prüfen ist vorerst die Zulässigkeit des Rechtsmittels nach § 14 Abs.2 AußStrG, wonach (unter anderem) Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche unzulässig sind.
Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Frage, ob der zum gesetzlichen Unterhalt Verpflichtete seiner Unterhaltspflicht ganz oder nur zum Teil nachkommt - wie etwa, ob und in welchem Ausmaß zur vollständigen Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung Naturalzuwendungen auch noch durch Geldzuwendungen ergänzt werden müssen - , eine solche der Unterhaltsbemessung dar (EFSlg.44.579, 42.269 ua). Behauptet der Vater daher, seiner Unterhaltsverpflichtung durch die Zahlung des jährlichen Schulgeldes nachgekommen zu sein, so betrifft dies eine Frage der Unterhaltsbemessung, die an den Obersten Gerichtshof nicht herangetragen werden kann.
Die Rechtsmittelbeschränkung des § 14 Abs.2 AußStrG gilt aber für jede Art der Bekämpfung, ob nun wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Nichtigkeit oder wegen sonstiger Fehler, die bei der Unterhaltsbemessung unterlaufen sein sollen (EFSlg.42.261, 37.330 ua). Auch der Vorwurf des Vaters, die Nichtberücksichtigung von ihm geleisteter Schulgeldzahlungen begründe eine offenbare Gesetzwidrigkeit, eröffnet daher, da der Vorwurf den Bemessungskomplex betrifft, keine Anfechtungsmöglichkeit. Das Rechtsmittel des Vaters war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Anmerkung
E06029European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00565.85.0613.000Dokumentnummer
JJT_19850613_OGH0002_0070OB00565_8500000_000