Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gottfried A, Rechtsanwalt, Linz, Fadingerstraße 22, als Masseverwalter im Konkurs der Gerhard B Autohandels- und Verwertungsgesellschaft mbH, Walding, Rohrbacher Bundesstraße 1, sowie des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei Gerhard B, Kaufmann, Walding, Rohrbacher Bundesstraße 1, vertreten durch Dr. Walter Brandt, Rechtsanwalt in Schärding, wider die beklagte Partei C D E, Linz, Promenade 11-13, vertreten durch Dr. Erich Wöhrle, Rechtsanwalt in Linz, wegen DM 1.360.000,-- (öS 9.680.000,--) samt Anhang und Feststellung (S 100.000,--), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 15. Jänner 1985, GZ 3b R 142/84-41, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19. Juni 1984, 1 Cg 131/83-24
aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neue Entscheidung über die Berufungen der klagenden Partei und des Nebenintervenienten nach Ergänzung des Verfahrens aufgetragen. Die Kosten des Rekursverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.
Text
Begründung:
Die Gerhard B Autohandels- und Verwertungsgesellschaft mbH, kurz Firma B genannt, tätigte vielfach Autogeschäfte mit einer von Konrad
F geführten Firmengruppe in der Bundesrepublik Deutschland. Sie kaufte vom österreichischen Autoimporteur G Fahrzeuge aus der Bundesrepublik Deutschland und verkaufte sie mit Preisaufschlag an die Firmengruppe F zum Rückimport in die Bundesrepublik. Die dazu erforderlichen Kreditgeschäfte wickelte der Geschäftsführer der Firma B, Gerhard B, mit der Geschäftsstelle der Beklagten in Linz ab, deren stellvertretender Leiter, Alfred H, ein Cousin des Gerhard
B ist. Die den Bankgeschäften zugrundeliegenden Geschäftsbedingungen waren unter anderem:
a) Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen vom 1. Juli 1971 idF vom 1. Oktober 1979:
'Punkt 53 (1): Schreibt die Kreditunternehmung den Gegenwert von zum Einzug eingereichten Wechseln oder Schecks schon vor Eingang gut, so geschieht dies ebenso wie bei der Diskontierung nur unter Vorbehalt des Eingangs.
Punkt 55: Werden gutgeschriebene Wechsel und Schecks, die im Ausland zahlbar gestellt waren, nach den in Betracht kommenden Bestimmungen des ausländischen Rechts oder auf Grund einer mit ausländischen Kreditunternehmen getroffenen Vereinbarung der Kreditunternehmung rückbelastet, so darf die Kreditunternehmung den Kunden weiterbelasten'.
b) Die besonderen Kreditbedingungen der Beklagten, die in ihrem Punkt 9 das Erfordernis der Schriftlichkeit für Abänderungen und Ergänzungen der Kreditvereinbarung bestimmen.
c) Die besonderen Bedingungen für den Giroverkehr der I DN. Sie verweisen in Punkt IV. für den Scheckverkehr auf die Scheckbestimmungen, die vom Kreditunternehmen jeweils mit den Scheckvordrucken ausgefolgt werden.
d) Die Bedingungen für den Scheckverkehr. Sie bestimmen unter Punkt 8.: 'Der Aussteller ist damit einverstanden, daß die Bank auf Grund einer fernmündlichen oder fernschriftlichen Deckungsanfrage eines anderen Kreditinstitutes den entsprechenden Scheckbetrag für die Dauer von acht Tagen sperrt. Derartig gesperrte Schecks können vom Aussteller nicht widerrufen werden.' Die Firma B wickelte ihre Ein- und Verkäufe zumeist mit Schecks ab. Diese Zahlungsform hatte sich bis zum April 1981 bewährt und keine Komplikationen gebracht. Eine der Firmen des Konrad F, die J K L in Schweinfurt stellte auf die M
N O P Q gezogene Schecks aus und zwar a) Nr. 21565176 am 7. April 1981 über DM 300.000
b)
Nr. 21565177 am 8. April 1981 über DM 350.000
c)
Nr. 21565178 am 8. April 1981 über DM 250.000
d)
Nr. 21565179 am 9. April 1981 über DM 460.000
Diese Schecks übergab die Firma B jeweils noch am Ausstellungstag der Beklagten zur Einziehung. Nachdem diese die Scheckvaluta für die ersten drei Schecks gutgeschrieben hatte, teilte die R S der Beklagten mit, daß der Aussteller einen Scheck nach dem anderen widerrufen habe.
über die Firma B wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 13. Oktober 1981, S 66/81-2 der Anschlußkonkurs eröffnet. Der Kläger begehrte den Ersatz eines Schadens von DM 1.360.000 samt Anhang und die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle Schäden und Nachteile, die der eingangs erwähnten Gesellschaft mbH aus der unterlassenen Einholung einer Einlösungszusage mit Sperre des Scheckwertes erwachsen seien und noch erwachsen würden. Er brachte vor, daß Alfred H, der Angestellte der Beklagten, über die mit der Ausstellung Schecks zusammenhängende Autogeschäfte voll informiert gewesen sei. H habe jeweils Scheckauskünfte eingeholt, dem Geschäftsführer Gerhard B versichert, daß die Zahlung mittels der Schecks in Ordnung gehe und mitgeteilt, daß die Auslieferung der mit den Schecks bezahlten Waren bedenkenlos durchgeführt werden könne. Die Beklagte habe auf Grund der positiven Scheckauskünfte auf den im Einreichungsformular aufscheinenden Vorbehalt des Eingangs der Zahlung verzichtet. Allein auf Grund dieser ausdrücklichen Zusage der Beklagten habe die Firma B die mit den Schecks bezahlten Waren an die Firmengruppe F herausgegeben. Ohne eine solche Zusage hätte man sich andere Sicherheiten besorgt oder mit der Ausfolgung der Waren bis zum Ablauf der jeweiligen Vorlegungsfristen zugewartet. Die Beklagte habe die Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland nicht gekannt.
Sie habe nicht darauf aufmerksam gemacht, daß eine bloße Deckungsbekanntgabe noch keine Sicherheit für die tatsächliche Einlösung des Schecks biete, sondern ein Widerruf des Ausstellers zulässig bleibe. Die Unterlassung einer diesbezüglichen Aufklärung sei der Beklagten als Verschulden anzulasten. Die Beklagte habe Gerhard B sogar nach Widerruf der Schecks versichert, daß keine Rückbelastung auf das Konto der Firma B erfolgen werde. Durch das schuldhafte Vorgehen der Beklagten sei der Firma B ein Schaden in der Höhe der vier Scheckbeträge entstanden. Durch die unvorhergesehene Rückbelastung mit der Scheckvaluta sei die Insolvenz der Firma B herbeigeführt worden, in deren Folge größere Posten an landwirtschaftlichen Maschinen und Traktoren billiger abgesetzt worden seien. überdies sei die Firma B um den Gewinn des Kraftfahrzeuggeschäftes mit G über DM 80.000
gebracht worden.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, ihr Angestellter Alfred H sei über die Einzelheiten der Autogeschäfte nicht informiert gewesen. Er habe nur gewußt, daß die Firma B Autos und Traktoren an die Firma F in Deutschland liefern sollte. Die Zusammenhänge zwischen den eingereichten Schecks und der Auslieferung der Fahrzeuge habe Alfred H nicht gekannt. Der Geschäftsführer der Firma B habe nie eine Absicherung der Schecks verlangt. Es sei ihm klar gewesen, daß die Gutschrift des Gegenwerts nur unter dem Vorbehalt des Eingangs erfolge. Gerhard B habe sich für die Deckung der Schecks verbürgt und sogar verlangt, Rückfragen bei der RN S nach Möglichkeit zu unterlassen, um eine allfällige Rufschädigung zu vermeiden. Die dennoch auf Grund interner Weisungen vorgenommenen Rückfragen seien der Firma B nicht mitgeteilt worden. Auf eine Rückbelastung sei nie verzichtet worden. Der vom Kläger behauptete Schaden sei nicht eingetreten. Die Beklagte wendete überdies ihre - zu 10 Cg 322/81 des Landesgerichtes Linz eingeklagte - Forderung, beinhaltend die Rückbelastung von drei Schecks zu DM 900.000 samt Anhang sowie eine Kreditüberziehung von S 2 Millionen samt Anhang, zusammen S 10.793.591,50, aufrechnungsweise gegen die Klageforderung ein.
Das Erstgericht wies die Klage ab und traf folgende Feststellungen:
Der Angestellte der Beklagten Alfred H wußte zwar im großen und ganzen um die Art der Autogeschäfte der Firma B Bescheid. Er kannte jedoch nicht alle Einzelheiten und wußte insbesondere nichts darüber, inwieweit die von der Firma B zum Inkasso eingereichten Schecks gleichsam als Zug-um-Zug-Geschäfte die Voraussetzung für die Auslieferung von Waren an die Firmengruppe F bildeten. Gerhard B, der mit F privaten Umgang pflegte und zu diesem offenbar volles Vertrauen hatte, dachte weder an die Möglichkeit eines Widerrufs der Schecks, noch äußerte er je den Wunsch nach bankmäßiger Sicherung. Er erhielt bei Einreichung der Schecks zur Einziehung jeweils ein Einreichungsformular mit dem ausdrücklichen Aufdruck 'Eingang vorbehalten'.
Entgegen den zitierten Bedingungen für den Scheckverkehr in Österreich genügt nach den Bankusancen der Bundesrepublik Deutschland für die Sperre eines Kreditkontos die Deckungszusage allein nicht; es bedarf vielmehr einer Einlösungszusage. Fehlt die Einlösungszusage, ist auch während der Vorlegungsfrist ein Widerruf des Schecks möglich. Die war den Mitarbeitern der Beklagten weithin unbekannt. Sie waren vielmehr der Meinung, durch die Deckungszusage der deutschen Bank gegenüber einer vorläufigen Gutschrift des Schecks praktisch gesichert zu sein.
Am 2. April 1981 ersuchte Gerhard B die Beklagte - deren Angestellten Alfred H - um eine Mehrwertsteuervorfinanzierung in der Höhe von S 3 Millionen zum Zwecke des Exports von 200 Personenkraftwagen VW-Golf an die Firmengruppe F in der Bundesrepublik Deutschland. Da die Beklagte eine Kontoüberziehung in dieser Höhe nicht bewilligte, reichte Gerhard B einen Scheck über DM 400.000 ein, der von einer Firma des Konrad F ausgestellt war. B sagte dabei, man brauche sich wegen der Deckung keine Gedanken zu machen, weil die Sache nicht dringend sei. Der Scheck konnte von der Beklagten bei der bezogenen Bank in Schweinfurt anstandslos eingelöst werden.
Am 7. April 1981 wurde der Beklagten ein Scheck über S 3.500.000 präsentiert, den die Firma B auf sie gezogen und der Firma G übergeben hatte. In solchen Fällen hatte die Beklagte bis zum darauffolgenden Tag überlegungsfrist, ob sie den Scheck honorieren wolle oder nicht. Die Firma B hatte auch bereits am 6. April 1981 einen Scheck über S 1 Million auf die Beklagte gezogen und der Firma G übergeben, welche ihn über die T U einreichte.
Gleichfalls am 7. April 1981 überbrachte die Gattin des Geschäftsführers Gerhard B der Beklagten einen von F auf die M V gezogenen Scheck über DM 300.000 (den ersten der klagegegenständlichen vier Schecks) zur Einlösung. Nach irgendeiner Garantie oder Sicherung dieser Einlösung wurde dabei nicht gefragt, es kam der Firma B offensichtlich nur darauf an, über den Gegenwert sogleich verfügen zu können. H ließ noch am selben Tag bei der RN S anrufen und erhielt die Zusage, daß der Scheck 'mit dem banküblichen Vorbehalt' (gemeint: betreffend Unterschrift) in Ordnung gehe. Die Valuta wurde der Firma B daraufhin gutgeschrieben.
Am 8. April 1981 wurde der Beklagten ein Scheck über S 600.000 präsentiert, den die Firma B auf sie gezogen und bei der T W eingereicht hatte. Außerdem wurde von einer Filiale der beklagten Partei in Linz ein Scheck über S 1.350.000
avisiert, den die Firma B auf die Beklagte gezogen und einer gewissen Renate X übergeben hatte. Die Beklagte löste auch diesen Scheck ein.
Gleichfalls am 8. April 1981 reichte die Firma B einen Scheck über DM 350.000, den Konrad F auf die R S gezogen hatte, bei der Beklagten zur Einlösung ein. Wiederum ließ Alfred H bei der RN S wegen der Deckung anfragen und erhielt eine positive Auskunft. Anschließend teilte er Gerhard B mit, daß er noch weiteres Geld brauche, da keine hinreichende Deckung für die von der Beklagten zu honorierenden Schecks bestehe.
Gerhard B brachte darauf noch kurz vor 12 Uhr desselben Tages einen weiteren Scheck von der Firma F über DM 250.000, wiederum auf diesselbe R S gezogen. Entweder hiebei oder schon anläßlich der überreichung des ersten Schecks über DM 300.000, vielleicht aber auch beide Male, wollte B eine Rückfrage bei der RN S lieber vermeiden, weil dies seinem Kredit abträglich sein könnte. Alfred H fragte darauf bei seinem Vorgesetzten, dem Direktorstellvertreter Y, an, erhielt jedoch die Weisung, die Rückfrage dennoch durchzuführen. Die von Alfred H sodann eingeholte Auskunft war auch beim letztgenannten Scheck positiv.
In allen diesen Fällen ließ sich die Beklagte von der RN S keine Einlösungszusage, sondern bloß eine Deckungsauskunft erteilen, womit sie sich hinreichend gesichert fühlte, um gleichsam Zug um Zug der Firma B die Gegenwerte zur Verfügung zu stellen.
Das Ergebnis der einzelnen Rückfragen wurde der Firma B bzw. deren Geschäftsführer nicht eigens mitgeteilt, doch war für sie aus den anschließenden Scheckgutschriften leicht zu erschließen, daß die Auskunft der RN S jeweils positiv ausgefallen war.
Einen letzten Scheck über DM 460.000 überbrachte Gerhard B am 9. April 1981, wobei er sich in Begleitung eines Repräsentanten der Firma F, Helmar Z, befand. Alfred H machte auch diesen Scheck zum Anlaß einer Rückfrage bei der RN S, worüber aber mit Gerhard B nichts mehr gesprochen wurde und Gerhard B wartete auch das Ergebnis dieser Rückfrage gar nicht ab.
Die Firma B hatte an die Firma F Zug um Zug gegen die beschriebenen vier Schecks Fahrzeuge in erheblichem Umfang ausgefolgt, deren Fakturenwert möglicherweise an die Summe der Scheckbeträge heranreicht. Einen Teil der Scheckbeträge benötigte und benützte die Firma B, um ihren eigenen Fahrzeuglieferanten, die Firma G, zu bezahlen. Gerhard B dachte nicht an die Möglichkeit eines Widerrufs der Schecks und setzte entweder diese Schecks als solche oder aber die von der Beklagten vorgenommenen Scheckgutschriften einer Barzahlung gleich. Entweder weil er zu F sehr großes Vertrauen hatte, oder aber weil er dachte, die Beklagte werde sich ohnehin zu ihrer eigenen Deckung bei der RN S versichern, vielleicht aber auch aus beiden Gründen, hielt Gerhard B die Scheckgutschriften zumindest im praktischen Ergebnis für endgültig. Es ist sicher, daß Gerhard B die Fahrzeuge an F nicht herausgegeben hätte, wenn er dessen nachmaligen Widerruf der Schecks in Betracht gezogen hätte. Ebenso gewiß ist aber, daß er an die Beklagte niemals auch nur andeutungsweise den Wunsch herangetragen hat, von ihr bzw. über sie eine Garantie auf die endgültige Einlösung der Schecks zu erlangen, und daß umgekehrt die Beklagte nie eine Gewähr hiefür oder einen Verzicht für die Rückbelastung der Scheckbeträge zum Ausdruck gebracht hat.
In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, der Beklagten sei ein Fehler unterlaufen, ohne den sie nicht einmal eine vorläufige Gutschrift der Scheckvaluta erteilt hätte. Bei Prüfung der Haftung für diesen Fehler scheide sowohl die Erteilung eines falschen Rates als auch ein Zuwiderhandeln gegen einen auch nur schlüssig erteilten Auftrag zur Sicherung der eingereichten Schecks aus. Für einen Verzicht auf die Rückbelastung hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben. Es verbleibe die Frage, ob die Beklagte durch die Scheckrückfrage und die Gutschrift der Scheckvaluta den falschen Eindruck habe erwecken können, die Schecks wären in ihrer Einlösung völlig gesichert. Die Frage sei zu verneinen, weil der Beklagten kein der Interessensphäre der Firma B zuzurechnender Fehler unterlaufen sei. Der Beklagten sei nämlich die Zug um Zug Abwicklung der Geschäfte der Firma B nicht bekannt gewesen. Bei der Hingabe von Schecks spiele das persönliche Vertrauen eine große Rolle. Es sei weder gerichtsbekannt noch sonst bewiesen, daß in irgendeiner Geschäftssparte Schecks nur nach bankmäßiger Einlösungsbestätigung zur Grundlage der zu erbringenden Gegenleistung gemacht würden. Gewiß verlasse sich jedermann, der einen Scheck Zug um Zug gegen seine Leistung empfange, auf dessen Einlösung. Wer sich aber diesbezüglich gerade durch seine Hausbank sichern wolle, müsse dies auch zum Ausdruck bringen, wie es einem Kaufmann wohl zuzumuten sei. Da aber die Beklagte nicht den geringsten Grund zur Annahme gehabt habe, daß die Firma B durch sie eine Besicherung der Schecks haben wolle und umgekehrt für die Firma B leicht erkennbar gewesen sei, daß die Beklagte nur im eigenen Interesse bei der bezogenen Bank zurückfrage, könne einer allfälligen öußerung HS, der Scheck gehe in Ordnung, nicht der Erklärungswert einer Sicherung des Schecks gegenüber einem Widerruf beigelegt werden. Es fehle daher hinsichtlich des Irrtums der Beklagten an einem spezifischen Verschulden und einer Rechtswidrigkeit gegenüber der Firma B.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen des Klägers und des Nebenintervenienten Folge, hob das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache an das Prozeßgericht erster Instanz zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung zurück. Es sprach aus, daß das Verfahren erster Instanz erst nach Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses fortzusetzen sei. Das Berufungsgericht führte aus, daß eine falsche Scheckauskunft die Bank grundsätzlich zum Schadenersatz gegenüber dem Anfragenden verpflichte. Anspruchsgrundlage sei die Vertrauenshaftung wegen der Verletzung einer Schutzpflicht, die aus der Geschäftsverbindung heraus gegeben sein könne. Sei das Ergebnis der einzelnen Rückfragen dem Geschäftsführer B zwar nicht eigens mitgeteilt worden, sei für ihn aber aus den Gutschriften leicht erschließbar gewesen, daß die Auskunft jeweils positiv ausgefallen sei, sodaß Gerhard B die Scheckgutschriften einer Barzahlung gleichgehalten habe. Der Rechtsirrtum der Angestellten der Beklagten habe daher Auswirkungen nicht nur in der Sphäre der Beklagten haben können. Es stehe nämlich fest, daß die Firma B die Fahrzeuge an die Firmengruppe F nicht herausgegeben hätte, wenn Gerhard B den Widerruf der Schecks in Betracht gezogen hätte. Das Erstgericht führe gegen eine Haftung der Beklagten, die ihrerseits zu beweisen habe, daß sie an der Erfüllung ihrer vertragsmäßigen Verbindlichkeit ohne ihr Verschulden verhindert worden sei, den fehlenden ausdrücklichen Auftrag Gerhard BS, für die Sicherheit der Schecks zu sorgen, ins Treffen, ferner die Tatsache, daß kein falscher Rat erteilt worden sei und daß dem Verhalten des Alfred H der Erklärungswert einer Sicherung der Schecks gegenüber einem Widerruf nicht beigelgt werden könne. Das Erstgericht habe überdies ausgeführt, es sei weder gerichtsbekannt noch sonst bewiesen, daß in irgendeiner Geschäftssparte Schecks nur nach bankmäßiger Einlösungsbestätigung zur Grundlage der zu erbringenden Gegenleistung gemacht würden. Diese Feststellung entbehre der überprüfbaren Grundlage. Gerade zu diesem Beweisthema hätten sich nämlich die Streitteile auf das Vorliegen von Bankusancen berufen.
Die beklagte Partei habe die Einvernahm eines Sachverständigen aus dem Bankwesen darüber beantragt, daß sie keinerlei Obsorgepflichten vernachlässigt habe. Der Kläger und der Nebenintervenient hätten sich zwar gegen die Aufnahme dieses Beweises ausgesprochen, doch habe der Nebenintervenient selbst die Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber beantragt, daß die Bank, die den Scheckeinlösungsauftrag entgegennehme, nach den allgemeinen Bankgepflogenheiten für die Sperre des Guthabens zu sorgen habe. Ob ein Handelsbrauch oder eine Usance bestehe, sei nicht Rechts-, sondern Tatfrage. Durch die Nichtaufnahme des Sachverständigenbeweises erscheine die Rechtssache noch nicht spruchreif. Bestehe die vom Nebenintervenienten behauptete Bankgepflogenheit, hafte die Beklagte auch für den Fall, daß der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin keine weiteren Sicherheiten begehrt habe, da das Vorgehen beider Teile von Rechtsunkenntnis getragen gewesen sei und die Beklagte für diese Unkenntnis wie ein Sachverständiger einzustehen habe.
Die Beklagte bekämpft den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes mit Rekurs und beantragt, ihn aufzuheben und auszusprechen, daß den Berufungen des Klägers und des Nebenintervenienten keine Folge gegeben werde.
Der Kläger und der Nebenintervenient beantragen, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist im Ergebnis berechtigt.
Die Beklagte führt in ihrem Rechtsmittel aus, die Einholung des von ihr beantragten Gutachtens darüber, daß sie keine Obsorgepflichten vernachlässigt habe, habe sich für das Erstgericht erübrigt, weil der Sachverständige nur ein Gutachten über Rechtsfragen hätte abgeben können, die das Erstgericht unter Bezugnahme auf Lehre und Rechtsprechung ohnedies gelöst habe. Das Erstgericht habe aber auch den Antrag des Nebenintervenienten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber, daß die Bank, die einen Scheckeinlösungsauftrag entgegennehme, nach allgemeinen Usancen für die Sperre des Guthabens zu sorgen habe, mit Recht abgelehnt, weil eine derartige Bankgepflogenheit im Widerspruch zu der vom Erstgericht festgestellten ausdrücklichen Vereinbarung 'unter Vorbehalt des Einganges' stehen würde.
Der Oberste Gerichtshof pflichtet dieser Ansicht nicht bei. Das Beweisverfahren hat - entgegen den Klagebehauptungen - weder ergeben, daß der Angestellte der Beklagten Alfred H über die mit der Ausstellung der Schecks zusammenhängenden Autogeschäfte voll informiert war, noch auch, daß Alfred H Gerhard B versicherte, die Zahlung mittels der Schecks gehe in Ordnung, die Auslieferung der mit den Schecks bezahlten Waren könne bedenkenlos durchgeführt werden, und daß die Beklagte auf Grund der positiven Scheckauskünfte auf den im Scheckeinreichungsformular aufscheinenden Vorbehalt des Eingangs der Zahlung verzichtet hat. Festgestellt wurde vielmehr, daß Gerhard B zu F offenbar volles Vertrauen hatte und weder an die Möglichkeit eines Widerrufs der Schecks dachte, noch auch gegenüber der Beklagten jemals den Wunsch nach einer bankmäßigen Sicherung äußerte, und daß zwar die Beklagte wegen der von F auf die M V gezogenen Schecks bei dieser anrief und von ihr die Zusage erhielt, daß der Scheck mit dem banküblichen Vorbehalt in Ordnung gehe, daß sie aber hievon Gerhard B keine Mitteilung machte, zumal dieser eine Anfrage an die M V nicht nur nicht gewünscht, sondern bei überreichung eines der Schecks sogar zum Ausdruck gebracht hatte, er wolle eine derartige Rückfrage lieber vermeiden. Die Ansicht der Vorinstanzen, es fehle an einem Auftrag des Gerhard B, für die Sicherheit der Schecks zu sorgen, und auch die Erteilung eines falschen Rates durch die Beklagte scheide aus, ist daher zutreffend. Gewiß bestehen Warn- und Aufklärungspflichten, wenn erkennbar ist, daß der Verhandlungspartner im Vertrauen auf eine abgegebene Erklärung - auch schlüssig durch ein bestimmtes Verhalten - sich anschickt, selbst Verbindlichkeiten einzugehen (SZ 52/90), wobei eine solche Aufklärungspflicht vor allem dann besteht, wenn der Vertragspartner zum Ausdruck bringt, daß er auf einen bestimmten Punkt besonderen Wert legt und daher informiert werden will, oder daß er auf Grund der überlegenen Fachkenntnisse des anderen eine entsprechende Beratung erwartet (SZ 55/51). Doch ist Voraussetzung für eine solche Verpflichtung stets, daß der Vertragspartner die Mitteilung der betreffenden Tatsachen nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (Ratz in Großkomm. z. HGB III/1, Anm. 24 zu § 347). Geht man von den getroffenen Feststellungen aus, bestand für die Beklagte keine Warnpflicht. Gerhard B hatte sie nämlich nicht ersucht, eine Auskunft darüber einzuholen, ob die Schecks eingelöst würden. Die Beklagte hatte daher Gerhard B das Ergebnis der jeweils eingeholten Auskunft auch nicht mitgeteilt -
sodaß Gerhard B daraus etwa bestimmte Schlußfolgerungen hätte ziehen können -, zumal Gerhard B sie von der Wichtigkeit der Einlösung der Schecks für ihn nicht entsprechend informiert hatte, sondern an der Einholung einer Deckungsanfrage gar nicht interessiert war. Allein auf Grund des Umstandes aber, daß nach Punkt 8 der Bedingungen für den Scheckverkehr die Bank berechtigt ist ('der Aussteller ist damit einverstanden'), auf Grund einer (fernmündlichen oder fernschriftlichen) Deckungsanfrage eines anderen Institutes den entsprechenden Scheckbetrag für die Dauer von 8 Tagen zu sperren, mit der Folge, daß ein derartig gesperrter Scheck vom Aussteller nicht widerrufen werden kann, durfte Gerhard B noch nicht erwarten, die Beklagte werde eine solche Sperre bei der MN V veranlassen, oder die Beklagte werde ihm die Bedeutung und die Wirkung einer positiven 'Deckungszusage' bei dieser Bank erklären. Diese Bestimmung enthält keineswegs eine Verpflichtung der Bank zu einer Deckungsanfrage, zur Sperre des Scheckbetrages auf Grund einer Deckungsanfrage oder zu einer Verpflichtung der Bank, eine Deckungsanfrage mit der Wirkung einer Sperre des entsprechenden Scheckbetrages durchzuführen. Gerhard B durfte daher - ausgehend von den bisher getroffenen Feststellungen - entsprechend dem Punkt 53 (1) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen nicht davon ausgehen, daß der Gegenwert der zum Einzug eingereichten Schecks vorbehaltlos schon vor Eingang gutgeschrieben würde, sondern nur unter dem Vorbehalt des Eingangs. Der Umstand, daß den Mitarbeitern der Beklagten der Unterschied zwischen Deckungszusage und Einlösungszusage weithin unbekannt war, hätte unter dieser Voraussetzung keine weiteren Folgen für den Klageanspruch. Nun hat aber der Nebenintervenient, wie vom Berufungsgericht aufgegriffen wurde, behauptet, es bestehe eine Verpflichtung der den Scheck zur Einlösung übernehmenden Bank, für die Sperre des Deckungsguthabens bei der bezogenen Bank Sorge zu tragen. Die Gepflogenheiten seien diesbezüglich in Österreich und der Bundesrepublik Deutschland nicht verschieden. Die Beklagte habe gegen diese Verpflichtung verstoßen (AS 87). Zum Beweis seiner Behauptung hat sich der Nebenintervenient auf Punkt 8 der von ihm vorgelegten 'Bedingungen für den Scheckverkehr' und auf die 'Bankusancen' berufen, wie sie unter anderem bei Schinnerer, Bankverträge I 3 112 ff, dargelegt werden, 'gegebenenfalls' auf die Vernehmung eines Sachverständigen aus dem Bankwesen. Aus Punkt 8 der Bedingungen für den Scheckverkehr kann, wie bereits dargelegt wurde, eine Verpflichtung der den Scheck zur Einlösung übernehmenden Bank, für die Sperre des Deckungsguthabens zu sorgen, nicht entnommen werden. Schinnerer-Avancini, Bankverträge I 3 , führen auf Seite 112 f aus, es habe sich zwischen den österreichischen Kreditunternehmungen die übung herausgebildet, über telefonische Anfrage einer Kreditunternehmung, der ein Scheck zum Inkasso übergeben wurde, eine verbindliche Erklärung durch die bezogene Kreditunternehmung über die Deckung abzugeben und gegebenenfalls den Gegenwert bis zum Einlangen des Schecks zu sperren (wobei aber diese Erklärung der Sperre eine überprüfung der Unterschrift des Scheckausstellers nicht ausschließe, sodaß das Risiko der Unterschriftsfälschung von der anfragenden Kreditunternehmung getragen werde). Auch aus diesen Ausführungen geht nicht hervor, daß eine Kreditunternehmung, der ein Scheck zum Inkasso übergeben wird, gegenüber dem übergeber des Schecks ohne weiteres, nämlich ohne dessen (ausdrücklichen oder schlüssigen) Auftrag und ohne eine besondere, aus der konkreten geschäftlichen Beziehung sich ergebende Warn- und Aufklärungspflicht, verpflichtet wäre, fernmündlich oder fernschriftlich eine verbindliche Erklärung durch die bezogene Kreditunternehmung über die Deckung einzuholen und den Gegenwert bis zum Einlangen des Schecks sperren zu lassen (vgl. hiezu auch Schinnerer-Avancini aaO, S 113, 2. Absatz). Es ist für die Entscheidung des Rechtsstreites wesentlich, ob die Beklagte jedenfalls - auch ohne entsprechenden Auftrag und Bestehen einer besonderen Aufklärungspflicht - verpflichtet gewesen wäre, eine Deckungsanfrage bei der MN V durchzuführen und die Sperre des Kontos bis zum Einlangen des Schecks zu verlangen. Ist das Berufungsgericht der Ansicht, der Sachverhalt sei in dieser Richtung noch nicht genügend geklärt, es bedürfe noch der Einholung eines Sachverständigengutachtens, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten. Darauf, daß es keine Rechts-, sondern eine Tatfrage ist, ob ein Handelsbrauch oder eine Usance besteht, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen (EvBl 1964/63).
Der Meinung, daß die vom Nebenintervenienten behauptete Usance gegen die festgestellte Vereinbarung 'unter Vorbehalt des Eingangs' stehen würde, vermag der Oberste Gerichtshof nicht zu folgen. Die Vereinbarung 'unter Vorbehalt des Eingangs' behielte weiterhin Bedeutung in dem von Schinnerer-Avancini aaO 113 behandelten Fall der Unterschriftsfälschung. Die behauptete Usance wäre allerdings geeignet, den Eingang des Scheckbetrages zu sichern. Die Ergänzung des Verfahrens durch Einholung eines Sachverständigengutachtens über das Vorliegen der behaupteten Bankusance ist, da die Voraussetzungen des § 496 Abs 3 ZPO vorliegen, vom Berufungsgericht durchzuführen. Eine Verfahrensergänzung durch die erste Instanz wäre nur dann zur Höhe des Anspruches erforderlich, wenn sich der Klageanspruch dem Grunde nach als berechtigt erweisen sollte. In diesem Fall wäre die Fällung eines Zwischenurteils über den Grund des Anspruches möglich und angebracht.
Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 52 ZPO.
Anmerkung
E06033European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00561.85.0613.000Dokumentnummer
JJT_19850613_OGH0002_0070OB00561_8500000_000