Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Margit A, Hausfrau, Lustenau, Rotkreuzstraße 32, vertreten durch Dr. Heinz Klocker, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider den Antragsgegner Anton B, Pensionist, Hard, Rätikonweg 8, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Bestellung eines Heiratsgutes, infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 1.Februar 1985, GZ 1 a R 32/85-46, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 7.Dezember 1984, GZ 1 Nc 3/84-42, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin ist eine eheliche Tochter des Antragsgegners. Nach Scheidung ihrer ersten, am 18.1.1974
geschlossenen Ehe heiratete sie am 21.8.1981 Werner A. Sie begehrt vom Antragsgegner ein Heiratsgut von S 200.000.
Das Erstgericht gab dem Antrag im zweiten Rechtsgang mit S 100.000 statt und wies das Mehrbegehren ab. Nach seinen Feststellungen ist der Antragsgegner Eigentümer der Liegenschaft EZ 1790 KG Hard mit den Grundstücken 1151/6, 1151/7 samt dem darauf errichteten Wohnhaus, und 1151/8. Die Liegenschaft ist mit Pfandrechten der Girozentrale und Bank der Österreichischen Sparkassen im Betrage von S 510.650 und des Landes Vorarlberg im Betrage von S 160.000 belastet. Das Pfandrecht für das Land Vorarlberg wurde im Jahre 1976 begründet. Derzeit haftet die Forderung der Bausparkasse der Österreichischen Sparkassen noch mit S 259.628 und die Forderung des Landes Vorarlberg mit S 144.000 aus.
Personalschuldnerin des Landes Vorarlberg ist die Antragstellerin. Zum 1.1.1974 betrug die Forderung der Bausparkasse der Österreichischen Sparkassen S 459.145,98. Bei der Hypothekenbank des Landes Vorarlberg bestand eine - gleichfalls ob der obgenannten Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellte - Schuld von S 57.254. Der Verkehrswert der Liegenschaft samt Wohnhaus betrug im Zeitpunkt der ersten Eheschließung der Antragstellerin S 786.000. Derzeit hat die Liegenschaft samt Wohnhaus einen Verkehrswert von S 2,024.000. Bis Ende 1974 war der Antragsgegner in der Schweiz als Grenzgänger mit einem monatlichen Verdienst von S 7.000 bis S 8.000 berufstätig. Im Jahre 1975 mußte er krankheitshalber seine Arbeit aufgeben. Anfangs erhielt er eine Pension von S 1.000 monatlich. Derzeit beträgt seine Pension S 7.000 netto monatlich. Die Ehefrau des Antragsgegners bezieht eine Pension von S 4.000 monatlich. Hinsichtlich seiner übrigen Kinder trafen den Antragsgegner keine besonderen Belastungen. Seine Tochter Hanny finanzierte sich den Besuch der Familienhelferinnenschule in Innsbruck selbst. Seit Beendigung der Schule ist sie selbsterhaltungsfähig. Die Tochter Christl besuchte gleichfalls die Familienhelferinnenschule in Innsbruck und schloß die Schule Ende Mai 1974 ab. Sie hatte teilweise selbst Ersparnisse, um sich den Schulbesuch zu finanzieren, teilweise wurde sie vom Antragsgegner unterstützt. Die Tochter Ingeborg war im Zeitpunkt der ersten Eheschließung der Antragstellerin bereits verheiratet.
Der nunmehrige Ehemann der Antragstellerin ist Tapezierer und verdient monatlich S 14.000 netto. Die Antragstellerin führt den Haushalt und verdient mit einer Nebenbeschäftigung durch Heimarbeiten monatlich S 2.000 bis S 3.000. Im ehelichen Haushalt lebt auch ihr am 6.6.1974 geborener Sohn Manuel aus erster Ehe. Weder die Antragstellerin noch ihr Ehemann haben Ersparnisse. Ca. 1 1/2 Jahre nach der ersten Eheschließung zog die Antragstellerin mit ihrem damaligen Ehemann und dem Kind in das Haus des Antragsgegners ein, wo der Familie ein Schlafzimmer zur Verfügung gestellt wurde. Die Antragstellerin hat mit ihrer Familie mit dem Antragsgegner und dessen Ehefrau gemeinsam gegessen, wofür sie monatlich S 2.000 zu bezahlen hatte. Für die Kindernahrung ist die Antragstellerin selbst aufgekommen. Der Antragsgegner hat damals der Antragstellerin und ihrem Ehemann zugesagt, ihnen die Wohnung im Obergeschoß ins Wohnungseigentum zu übertragen, worauf die Antragstellerin ein Wohnbaudarlehen von S 140.000 und einen Kredit bei der Sparkasse Bregenz von S 120.000 aufnahm. Das Wohnbaudarlehen wurde zur Gänze in das Haus investiert. Der Kredit von S 120.000 wurde mit einem Teilbetrag von ca. S 80.000 zur Anschaffung von Möbeln verwendet, der Restbetrag wurde gleichfalls in das Haus investiert. Auf den Kredit bei der Sparkasse Bregenz bezahlte der Antragsgegner S 65.000 zurück. Die Antragstellerin hat den Restbetrag zur Rückzahlung übernommen und bis auf S 12.362,28 auch zurückbezahlt. Die Antragstellerin hat auf diesen Kredit ungefähr jenen Betrag zurückgezahlt, den sie zur Anschaffung von Möbeln verwendete.
Nach Auffassung des Erstgerichtes könne in der teilweisen Kreditrückzahlung durch den Antragsgegner nicht die Bestellung eines Heiratsgutes erblickt werden, weil der Kredit in dieser Höhe in das Haus des Antragsgegners investiert worden sei. Auch die Tatsache, daß die Familie der Antragstellerin einige Zeit beim Antragsgegner wohnte und für Unterkunft und Verpflegung nur S 2.000 monatlich bezahlen mußte, könne den Anspruch der Antragstellerin auf Bezahlung eines Heiratsgutes nicht mindern, weil die Antragstellerin vorher ihr Einkommen mit Ausnahme eines geringen Taschengeldes dem Antragsgegner abgeliefert habe. Unter Berücksichtigung des Einkommens des Antragsgegners zum Zeitpunkt der ersten Eheschließung der Antragstellerin, des Verkehrswertes der Liegenschaft, der erheblichen Wertsteigerung dieser Liegenschaft und der Kaufkraftminderung erachtete das Erstgericht ein Heiratsgut von S 100.000, zahlbar innerhalb von 2 Monaten, als angemessen. Das Rekursgericht änderte den nur in seinem stattgebenden Teil angefochtenen erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es das Heiratsgut auf S 30.000 herabsetzte und das Mehrbegehren abwies. Es vertrat die Auffassung, daß der Wert des Liegenschaftsvermögens des Antragsgegners nicht zu berücksichtigen sei. Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser des Dotationspflichtigen, die wegen der Eigennutzung keinen Ertrag brächten, seien nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Es sei daher auch nicht entscheidungswesentlich, ob der Wert der Liegenschaft im Zeitpunkt der ersten Eheschließung der Antragstellerin nur S 500.000 betragen habe. Als Bemessungsgrundlage komme daher nur das Arbeitseinkommen des Antragsgegners in Betracht. Dieses habe es dem Antragsgegner im Zeitpunkt der ersten Eheschließung der Antragstellerin ermöglicht, ein gewisses Kapital anzusparen, das er auch zur Finanzierung seines Hauses verwenden habe können. Grundsätzlich sei das Heiratsgut mit 25 bis 30 % des Jahreseinkommens zu bemessen. Dieser Satz sei jedoch nur ein Orientierungswert, da stets die Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden müßten. Unter Berücksichtung dieser Umstände sei im vorliegenden Fall ein Betrag von 30.000 S angemessen. Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richten sich die Revisionsrekurse beider Parteien. Die Antragstellerin strebt eine Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses, der Antragsgegner hingegen eine gänzliche Abweisung des Antrages an. Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist unzulässig.
Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:
Entscheidend für die Beurteilung des Anspruchs der Tochter auf Bestellung eines Heiratsgutes ist die Leistungsfähigkeit des Dotationspflichtigen im Zeitpunkt der Verehelichung der Tochter, sofern nicht die Leistungsfähigkeit des Dotationspflichtigen im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs geringer ist (SZ 47/82 mwN). Letzteres trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Grundlage der Beurteilung bildet der ohne strenge Erforschung zu untersuchende Vermögensstand des Dotationspflichtigen (§ 1221 ABGB) insoweit, als sich dieser durch Belastung, Veräußerung, allenfalls auch unmittelbare übertragung an die Berechtigte, ohne Beeinträchtigung der dem eigenen Lebensstandard entsprechenden Bedürfnisse und der seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen die Mittel zur Dotierung verschaffen könnte (6 Ob 502/81). Unter Vermögen ist auch das Arbeitseinkommen zu verstehen. Auch dieses kann aber als Grundlage für die Bestellung eines Heiratsgutes nur dann herangezogen werden, wenn es dem Dotationspflichtigen möglich war, ohne Gefährdung seines eigenen anständigen Unterhaltes und des Unterhaltes derjenigen Personen, für die er unterhaltspflichtig ist, entsprechende Ersparnisse zu machen (NZ 1980, 40 mwN).
Dem Rekursgericht ist darin beizupflichten, daß Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser des Dotationspflichtigen, die wegen der Eigennutzung durch ihn zur Befriedigung seines eigenen Wohnungsbedürfnisses und des Wohnungsbedürfnisses seiner Angehörigen keinen Ertrag abwerfen, nicht zu berücksichtigen sind (EvBl.1977/98 ua). Im vorliegenden Fall geht jedoch die Wohnnutzfläche des Hauses des Antragsgegners über die eines Einfamilienhauses hinaus, und die Liegenschaft umfaßt neben dem Grundstück im Ausmaß von 744 m 2 , auf dem das Haus errichtet wurde, zwei weitere Grundstücke im Ausmaß von 800 und 746 m 2 . Gleichwohl bilden jedoch diese Vermögenswerte - entgegen der Meinung der Antragstellerin - keine taugliche Grundlage für die Bestimmung eines höheren Heiratsgutes.
Das Wohnhaus wurde in den Jahren 1957 bis 1960 erbaut, ist jedoch bis heute nicht völlig fertiggestellt. Es entsprach dem damaligen Wohnungsbedarf der Familie des Antragsgegners, der in der Folge auch bereit war, das Obergeschoß der Antragstellerin und ihrer Familie unter Begründung von Wohnungseigentum zu überlassen. Es ist auch anerkannt, daß bei der Beurteilung von Liegenschaftsvermögen des Dotationspflichtigen als Grundlage für einen Dotationsanspruch Darlehensschulden, die auf der Liegenschaft grundbücherlich sichergestellt wurden, zu berücksichtigen sind (EFSlg.29.376; 4 Ob 559/77; 6 Ob 502/81). Dies muß insbesondere auch dann gelten, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um Darlehensschulden handelt, die im Zusammenhang mit dem auf der Liegenschaft errichteten, dem Wohnungsbedürfnis der Familie des Antragsgegners entsprechenden Wohnhaus stehen. Diese Darlehensschulden betrugen im maßgeblichen Zeitpunkt rund S 500.000. Der Verkehrswert der Gesamtliegenschaft betrug nach den Feststellungen des Erstgerichtes S 780.000. Diese Feststellung des Erstgerichtes beruht auf dem ergänzenden Gutachten des Sachverständigen, der ausgehend vom derzeitigen Verkehrswert, den Verkehrswert des Hauses durch Berücksichtigung der Steigerung des Baukostenindex ermittelte (AS 171). Nun steht aber fest, daß nach der Eheschließung der Antragstellerin jedenfalls noch Investitionen auf das Haus im Wert von rund S 200.000 gemacht wurden. Berücksichtigt man dies im Sinne des § 1221 ABGB, so ergibt sich bereits ein Verhältnis zwischen Darlehensschuld und Verkehrswert, das eine weitere Belastung und auch eine Veräußerung von Teilen der Liegenschaft zum Zwecke der Heiratsgutsbestellung ausschloß (vgl. EFSlg.29.376; 4 Ob 559/77). Aber auch das Arbeitseinkommen des Antragsgegners im Zeitpunkt der ersten Eheschließung der Antragstellerin läßt bei gesamtheitlicher Betrachtung der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners die Bestellung eines höheren Heiratsgutes nicht zu. Die Höhe der Tilgungsraten für die Darlehensschulden steht zwar nicht fest. Im Sinne des § 1221 ABGB kann aber auch hier davon ausgegangen werden, daß es dem Antragsgegner bei einem Einkommen von nur S 7.000 bis S 8.000 monatlich unter Berücksichtigung der Unterhaltspflicht für seine Ehefrau und der anfallenden Tilgungsraten nicht möglich war, Ersparnisse zu machen, die ihm ohne Gefährdung des eigenen anständigen Unterhaltes oder des Unterhaltes seiner Ehefrau die Bestellung eines höheren Heiratsgutes ermöglicht hätten.
Zum Revisionsrekurs des Antragsgegners:
Nach der Zivilverfahrens-Novelle 1983 hat auch für den Bereich der §§ 14 und 16 AußStrG bei teilweise bestätigenden und teilweise abändernden Entscheidungen des Rekursgerichtes der Grundsatz zu gelten, daß gegen den bestätigenden Teil nur ein Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG erhoben werden kann. Die Grenzlinie ist dort zu ziehen, wo dem Rekurs einer Partei in trennbarer Weise auch nur teilweise nicht Folge gegeben wurde (RZ 1985/35, 1 Ob 671/84). In Ansehung des bestätigenden Teiles der rekursgerichtlichen Entscheidung käme daher nur ein Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG aus den dort genannten Anfechtungsgründen in Betracht. Das Vorliegen eines dieser Anfechtungsgründe wird vom Antragsgegner nicht einmal ansatzweise behauptet.
Demgemäß ist dem Revisionsrekurs der Antragstellerin nicht Folge zu geben und der Revisionsrekurs des Antragsgegners zurückzuweisen.
Anmerkung
E06034European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00555.85.0613.000Dokumentnummer
JJT_19850613_OGH0002_0070OB00555_8500000_000