TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/22 2002/12/0173

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Veröffentlicht am 22.06.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/02 Gehaltsgesetz;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
DVG 1984 §2 Abs2 idF 1991/362;
DVV 1981 §1 Abs1 Z24 idF 1985/079;
DVV 1981 §2 Z5 litb;
GehG 1956 §75;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des S in H, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. April 2002, Zl. 121.870/4-II/A/2/02, betreffend die Gebührlichkeit einer Verwendungszulage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Revierinspektor der Verwendungsgruppe W2 (Dienstklasse III, Grundstufe) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Eine Option in das neue Funktionszulagenschema ist unstrittig nicht erfolgt. Seine Dienststelle ist die Bundespolizeidirektion S (im Folgenden kurz: BPD), wo er in der EDV-Gruppe verwendet wird.

Am 15. Februar 2000 stellte er das Ansuchen "um Zuerkennung einer ruhegenussfähigen Verwendungszulage gem. § 75 Abs. 1 GG". Zur Begründung führte er aus, er versehe seit 1. September 1997 Dienst auf einer höherwertigen Planstelle, ohne in diese ernannt zu sein. Die höherwertige Planstelle sei zwar noch nicht vorhanden, sie sei ihm aber mehrmals in Aussicht gestellt, bis dato jedoch nicht realisiert worden. Die Verzögerung ihrer Umwandlung liege nicht in seinem Bereich. Sollte dies der Fall sein, ersuche er um rückwirkende "Zuerkennung" ab Übernahme der Funktion als Leiter der EDV-Gruppe des Zentralinspektorats (1. September 1997). Er ersuche ferner um bescheidmäßige Feststellung seines Anspruchs.

In seiner Stellungnahme vom 1. März 2000 bestätigte der Leiter des Zentralinspektorats - Referat 3 im Wesentlichen die Angaben des Beschwerdeführers. Dieser habe "de facto" die Leitung der EDV-Gruppe des Zentralinspektorats inne und sei daher auch (im Fall der Aufwertung der Planstelle) der erste Kandidat für den (höher bewerteten) "Fachchargenposten".

Bereits zuvor hatte der Polizeidirektor der BPD der belangten Behörde eine Arbeitsplatzbeschreibung vom 8. November 1999 mit dem Ersuchen vorgelegt, die bisher mit "E 2b" bewertete Planstelle in eine "E 2a Planstelle" umzuwandeln.

Mit Bescheid vom 31. Oktober 2000 gab die BPD dem Antrag des Beschwerdeführers vom 15. Februar 2000 um "Zuerkennung" einer Verwendungszulage nach § 75 Abs. 2 GehG nicht statt. In ihrer Begründung führte die Dienstbehörde erster Instanz nach Darstellung der Rechtslage und Beschreibung des vom Beschwerdeführer ab 1. September 1997 besetzten Arbeitsplatzes aus, an der Einstufung (W 2/Grundstufe) und Tätigkeit (EDV-Techniker) habe sich bis zur Bescheiderlassung nichts geändert. Der Beschwerdeführer versehe daher Dienst auf einem Arbeitsplatz, der seiner Einstufung entspreche, und werde nicht auf einer höherwertigen Planstelle verwendet. Deshalb könne er auch nicht auf eine solche ernannt werden. Zwar sei eine Aufwertung seiner Planstelle bei der belangten Behörde beantragt, aber bislang noch nicht durchgeführt worden.

Dagegen erhob der - mittlerweile rechtsfreundlich vertretene -

Beschwerdeführer am 22. November 2000 eine rechtlich mit § 75 GehG argumentierende Berufung mit dem Antrag, die Berufungsbehörde möge den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass seinem Ansuchen um Zuerkennung einer Verwendungszulage stattgegeben werde. § 75 Abs. 1 GehG sei dahin gehend auszulegen, dass einem Beamten eine Verwendungszulage auch dann gebühre, wenn er dauernd auf einem Arbeitsplatz verwendet werde, der - wie es im Beschwerdefall zutreffe - einer höherwertigen Verwendungsgruppe zuzuordnen wäre.

Die belangte Behörde teilte dem Beschwerdeführer am 4. Jänner 2001 mit, dass nach ihrer Rechtsansicht ohne Option in das neue Funktionszulagenschema keine Verwendungszulage nach § 75 GehG gebühre.

Der Beschwerdeführer nahm dazu am 17. Jänner 2001 Stellung. Er führte aus, dass die erstinstanzliche Behörde dessen ungeachtet inhaltlich über seinen Antrag abgesprochen habe. Dies entspreche der Rechtsprechung, dass ein Antrag nicht formalistisch zu eng ausgelegt werden sollte. Es sei also "ein Antrag auf Zuerkennung einer Verwendungszulage auf die gesetzlich vorgesehene Verwendungszulage gerichtet" bzw. als solcher Antrag zu werten.

Der ohne weitere Antragstellung des Beschwerdeführers (insbesondere nach § 73 Abs. 2 AVG) ergangene angefochtene Bescheid der belangten Behörde lautet wie folgt:

"Spruch

Aufgrund Ihres Ansuchens vom 15.02.2000 wird in Anwendung des § 75 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54 in der derzeit geltenden Fassung i.V.m. § 73 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/91, festgestellt, dass Ihnen als Exekutivbeamter der Verwendungsgruppe W2, Dienstklasse III, eine Verwendungszulage gem. obzit. Norm für die Dauer Ihrer Verwendung als Mitarbeiter der EDV-Gruppe des Zentralinspektorates der Bundespolizeidirektion S nicht gebührt."

Nach Beschreibung der am Arbeitsplatz des Beschwerdeführers zu erledigenden Aufgaben (EDV-Techniker) und deren Einstufung (W 2/Grundstufe), die der Ernennung des Beschwerdeführers entspreche und an der sich bis zum heutigen Tag nichts geändert habe, führte die belangte Behörde in ihrer Begründung aus, gemäß § 75 GehG, auf den sich sowohl der Antrag als auch der bekämpfte Bescheid der BPD stütze, gebühre dem Beamten des Exekutivdienstes eine ruhegenussfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd auf einem einer höherwertigen Verwendungsgruppe zugeordneten Arbeitsplatz verwendet werde, ohne in diese ernannt zu sein. Wie sich aus den Worten "Beamten des Exekutivdienstes" ergebe, finde § 75 GehG ausschließlich auf Beamte Anwendung, die optiert hätten und sich daher nicht mehr im alten Besoldungsschema befänden. "Mangels entsprechender Option" des Beschwerdeführers sei die Bemessung einer Verwendungszulage gemäß § 75 GehG somit ex lege ausgeschlossen. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

§ 2 Abs. 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29, Satz 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 362/1991, lautet:

"(2) Die obersten Verwaltungsorgane sind innerhalb ihres Wirkungsbereiches als oberste Dienstbehörde in erster Instanz zuständig. Solche Zuständigkeiten können mit Verordnung ganz oder zum Teil einer unmittelbar nachgeordneten Dienststelle als nachgeordneter Dienstbehörde übertragen werden, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist und die Dienststelle nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der zu übertragenden Aufgaben geeignet ist. Im Fall einer solchen Übertragung ist die nachgeordnete Dienstbehörde in erster Instanz und die oberste Dienstbehörde in zweiter Instanz zuständig."

Nach § 1 Abs. 1 der auf dieser Grundlage ergangenen Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 (DVV 1981), BGBl. Nr. 162, wurde, soweit die obersten Dienstbehörden gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz DVG in erster Instanz zuständig waren, diese Zuständigkeit für Beamte, die nicht der obersten Dienstbehörde angehörten, u. a. in folgenden Dienstrechtsangelegenheiten auf die im § 2 genannten nachgeordneten Dienstbehörden übertragen (die genannte Ziffer idF BGBl. Nr. 79/1985):

"...

24. Feststellungen und Verfügungen in Angelegenheiten der Geldbezüge (das sind alle in Geld ausgedrückten Leistungen aus dem Dienstverhältnis),

..."

Nachgeordnete Dienstbehörden im Sinn des § 1 DVV 1981 waren gemäß § 2 Z. 5 lit. b DVV 1981 im Bereich des Bundesministeriums für Inneres die Bundespolizeidirektionen. Von der Übertragung nach § 1 Abs. 1 Z. 24 waren bei allen nachgeordneten Dienstbehörden im Ressortbereich die Gewährung von Belohnungen, Vorschüssen und Geldaushilfen ausgenommen.

Der Beschwerdeführer macht im Rahmen des Beschwerdegrundes der Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend, diese hätte einen Bescheid nur "im Wege einer Berufungsentscheidung" erlassen dürfen. Hingegen wäre es nicht ihre Aufgabe gewesen, "eine sinnleere Feststellungsentscheidung dahingehend zu treffen", dass es für ihn keinen Anspruch nach § 75 GehG gäbe, den er bloß irrtümlich angeführt habe.

Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis Berechtigung zu:

Der angefochtene Bescheid lässt nach seinem äußeren Erscheinungsbild jeglichen Hinweis darauf vermissen, dass er über die Berufung des Beschwerdeführers abgesprochen hat. Soweit er sich auf einen Devolutionsantrag des Beschwerdeführers beruft, ist ein solcher nicht aktenkundig; die belangte Behörde hat sich auch in ihrer Gegenschrift nicht auf einen solchen berufen. Bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte die BPD mit ihrem (in Berufung gezogenen) Bescheid vom 31. Oktober 2000 über das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 15. Februar 2000 auf "Zuerkennung" einer Verwendungszulage (nach § 75 GehG) zur Gänze abgesprochen.

Bei dieser Sachlage wäre aber die belangte Behörde nach den dargestellten im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Bestimmungen über die Zuständigkeit funktionell nur zur Erlassung einer Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der BPD vom 31. Oktober 2000, mit dem seinem Antrag vom 15. Februar 2000 über die "Zuerkennung" einer Verwendungszulage (nach § 75 GehG) nicht stattgegeben worden war, zuständig gewesen. Eine solche Entscheidung hat sie aber nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides, der jegliche Bezugnahme auf die Berufung vermissen lässt, nicht getroffen, sondern stattdessen als Dienstbehörde erster Instanz eine (negative) Sachentscheidung über den Antrag vom 15. Februar 2000 getroffen.

Damit hat sie jedoch ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.

Anzumerken ist, dass im fortzusetzenden Berufungsverfahren zunächst der wahre Wille des Beschwerdeführers exakt abzuklären sein wird: Richtet sich dieser auf eine Sachentscheidung über die Feststellung der Gebührlichkeit einer Verwendungszulage nach § 121 Abs. 1 Z. 1 GehG wird die Berufung zurückzuweisen sein, weil damit etwas verlangt wird, was außerhalb des Verfahrensgegenstandes des Bescheides der BPD vom 31. Oktober 2000 liegt. Einen Antrag auf Abspruch über ein derartiges aliud könnte er mit Aussicht auf Erfolg nur bei der Dienstbehörde erster Instanz stellen.

Sollte der Beschwerdeführer (im Sinn des Wortlautes seiner Berufung) klarstellen, eine Entscheidung nach § 75 GehG anzustreben, wäre die Berufung abzuweisen, weil eine derartige Verwendungszulage in Ermangelung einer Option nicht gebührt.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 22. Juni 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002120173.X00

Im RIS seit

03.08.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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