TE OGH 1985/6/18 10Os61/85

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Veröffentlicht am 18.06.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Juni 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schrott als Schriftführer in der Strafsache gegen Alfred A wegen des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5.Februar 1985, GZ 4 b Vr 12079/83-55, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alfred A - in Ergänzung jener Teile des im ersten Rechtszug ergangenen Erkenntnisses (ON 38), nach denen ihm Untreue (§ 153 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB) sowie fahrlässige Körperverletzung (§ 88 Abs 1 und Abs 3 zweiter Fall StGB) zur Last fällt, im zweiten Rechtsgang (abweichend vom Anklagevorwurf des Diebstahls) lediglich - des Vergehens (zu ergänzen: der Begehung) einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 (mit Bezug auf § 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4) StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er sich am 28.Jänner 1983 in Wien (zu ergänzen: fahrlässig) durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt sowie im Rausch dem Jovica B und der Marija C Schmuck im Gesamtwert von ca. 30.000 S mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, also eine Handlung begangen, die ihm außer diesem Zustand als Vergehen des Diebstahls zugerechnet würde.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z. 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen diesen Schuldspruch kommt keine Berechtigung zu.

Nicht stichhältig ist der Vorwurf (sachlich Z. 9 lit a), im Urteil seien bezüglich der (für die Annahme einer Fahrlässigkeit seinerseits vorauszusetzenden) Vorhersehbarkeit seiner (auf den Alkoholgenuß zurückzuführenden) vollen Berauschung für ihn 'Feststellungen ... nicht zu finden': hat doch das Erstgericht, der Verantwortung des Beschwerdeführers folgend, nicht nur als erwiesen angenommen, daß er vor der Tat eine größere Menge von Bier und Schnaps konsumierte, wodurch sein Blutalkoholwert einige Stunden nach der Wegnahme des Schmucks immer noch 2,25 %o betrug, sondern überdies konstatiert, daß er zu Alkoholexzessen neigt; damit hat es deutlich genug die - zur Beurteilung seines Tatverhaltens als (zumindest) unbewußt fahrlässige (§ 6 Abs 1 StGB) Herbeiführung seines Vollrausches jedenfalls ausreichende - Annahme zum Ausdruck gebracht, daß er über die (insbesondere enthemmenden) Wirkungen übermäßigen Alkoholgenusses vollauf informiert war (US. 4/5). Indem er diese Feststellung übergeht, bringt er demnach die Rechtsrüge nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung, soweit er sie als undeutlich bemängelt (Z. 5), ist er mit seiner Auffassung nicht im Recht.

Die Erfahrung einer eigenen vollen Berauschung aber ist für die (in solchen Fällen als subjektive Fahrlässigkeitskomponente erforderliche) Fähigkeit, die mit dem Konsum derart großer Alkoholmengen verbundene Gefahr eines Vollrausches zu erkennen, keineswegs erforderlich; der unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe (Z. 5) erhobene Einwand, daß der Angeklagte ansonsten bei seinem sehr häufigen Alkoholkonsum die Zurechnungsfähigkeit nicht verliere, betrifft daher - abgesehen davon, daß der in diesem Belang nicht näher substantiierten Rüge nicht zu entnehmen ist, welche Verfahrensergebnisse das Schöffengericht insoweit übergangen haben sollte - keine im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes entscheidende Tatsache. Abermals nicht gesetzmäßig ausgeführt schließlich ist die Rechtsrüge (sachlich Z. 9 lit b), mit welcher der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf die Feststellung seiner Zurechnungsunfähigkeit zur Tatzeit seinen Freispruch anstrebt, bei der er aber die der Annahme seiner Fahrlässigkeit bei der Herbeiführung dieses Zustands zugrunde liegenden Feststellungen übergeht: materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe können nur durch einen Vergleich des gesamten maßgebenden Urteilssachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz prozeßordnungsgemäß dargetan werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z. 2 und Z. 1 i.V.m. § 285 a Z. 2 StPO).

über die Berufung hingegen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden sein (§ 296 Abs 3 StPO).

Anmerkung

E06075

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00061.85.0618.000

Dokumentnummer

JJT_19850618_OGH0002_0100OS00061_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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