TE OGH 1985/6/18 5Ob24/85

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.06.1985
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Waltraud M*****, vertreten durch Karl Capek, Sekretär der Mietervereinigung Österreichs, Arthaberplatz 12/15/2/26, 1100 Wien, dieser vertreten durch Dr.Heinrich Keller, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin STADT WIEN, vertreten durch Dr.Peter Pewny, Rechtsanwalt in Wien, wegen Prüfung des Betriebskostenanteiles (§ 37 Abs 1 Z.12 MRG) infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 12.Dezember 1984, GZ 41 R 1092/84-6, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom 5.September 1984, GZ 3 Msch 18/84-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rechtsmittelwerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das von der Antragsgegnerin angerufene Erstgericht hat - in Übereinstimmung mit der seinerzeitigen Entscheidung der Schlichtungsstelle - festgestellt, dass die Antragsgegnerin als Vermieterin durch die Einhebung von S 332,55 aus dem Titel Betriebskostennachzahlung für das Jahr 1983 am 1.Juli 1984 der antragstellenden Mieterin gegenüber das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten habe; es verpflichtete die Antragsgegnerin, diesen Betrag der Antragstellerin zurückzuzahlen.

Zur Begründung dieses Sachbeschlusses führte das Erstgericht an:

Die Antragstellerin sei seit 1. März 1984 Hauptmieterin und könne deshalb nicht verhalten werden, auf die im Jahre 1983 angefallenen Betriebskosten eine sich auf Grund der Abrechnung für dieses Jahr ergebende Nachzahlung zu leisten. Es ergebe sich diese Schlussfolgerung aus dem das gesamte Privatrecht beherrschenden Grundsatz, dass derjenige, der eine Leistung in Anspruch nimmt, auch die Gegenleistung dafür zu erbringen habe. Die Forderung auf Betriebskostennachzahlung für das Jahr 1983 sei gegen den damaligen Hauptmieter zu richten.

Das von der Antragsgegnerin angerufene Rekursgericht änderte die Entscheidung ab: es wies das Begehren der Antragstellerin ab. Es äußerte die Ansicht, dass der sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebende Fehlbetrag von dem Hauptmieter zu zahlen sei, der zum Fälligkeitstag der Betriebskostennachforderung tatsächlich Hauptmieter ist; dieser Fehlbetrag sei gleich wie der Hauptmietzins oder die Betriebskostenpauschalrate Bestandteil des gesetzlich zulässigen Zinses. Die Rechtsansicht des Erstgerichtes sei mit dem System der Jahrespauschalverrechnung nicht in Einklang zu bringen, weil dieses System wohl im Nachhinein eine Feststellung des jeweiligen Saldos zu einem bestimmten Zinstermin zulasse, nicht aber eine Abrechnung zu einem während des Abrechnungszeitraumes liegenden Zinstermin ermögliche, und deshalb bei einem ein- oder mehrmaligen Mieterwechsel während eines Kalenderjahres versage; eine allfällige Aliquotierung des Überschusses aus der Betriebskostenabrechnung oder eine aliquote Nachforderung des sich daraus ergebenden Fehlbetrages im Verhältnis der tatsächlichen jeweiligen Mietdauer des betroffenen Mieters sei aber im Gesetz nicht gedeckt.

Diesen Sachbeschluss bekämpft die Antragstellerin mit Revisionsrekurs. Sie begehrt die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes.

Die Antragsgegnerin beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Als Entgelt für die Überlassung des Mietgegenstandes auf die Zeit des Mietverhältnisses hat der Hauptmieter dem Vermieter den Mietzins zu entrichten. Der Mietzins besteht aus dem Hauptmietzins (§ 15 Abs 1 Z.1 MRG), dem auf den Mietgegenstand entfallenden Anteil an den Betriebskosten und den von der Liegenschaft zu entrichtenden laufenden öffentlichen Abgaben (§ 15 Abs 1 Z.2 MRG), dem auf den Mietgegenstand entfallenden Anteil für allfällige besondere Aufwendungen (§ 15 Abs 1 Z.3 MRG) und dem angemessenen Entgelt für mitvermietete Einrichtungsgegenstände oder sonstige Leistungen, die der Vermieter über die Überlassung des Mietgegenstandes hinaus erbringt (§ 15 Abs 1 Z.4 MRG).

Zum Hauptmietzins tritt somit jedenfalls der auf den Mietgegenstand entfallende Anteil an den Betriebskosten hinzu. Was als Betriebskosten gilt und daher der Errechnung des Anteils zugrunde zu legen ist, regelt § 21 Abs 1 MRG; wie deren Verrechnung erfolgen darf, bestimmen § 21 Abs 3 und Abs 4 MRG. Die im wesentlichen ohne inhaltliche Veränderung der Regelung des § 12 Abs 3 MG nachgeformte Bestimmung des § 21 Abs 4 MRG über die Einzelvorschreibung der Betriebskosten verpflichtet den Hauptmieter, den auf seinen Mietgegenstand entfallenden Anteil an den Betriebskosten und den laufenden öffentlichen Abgaben am Monatsersten an den Vermieter zu entrichten, wenn ihm dessen Höhe vorher unter Vorlage der Rechnungsbelege nachgewiesen wird. Dabei kann der Vermieter jeweils die Betriebskosten in Anschlag bringen, die spätestens am genannten Tag fällig werden. Betriebskosten und Abgaben sind jedoch nur zu entrichten, wenn dem Mieter deren Höhe wenigstens drei Tage vorher unter Vorlage der Rechnungsbelege nachgewiesen wird. Betriebskosten und Abgaben, deren Fälligkeit vor mehr als einem Jahr eingetreten ist, können nicht mehr geltend gemacht werden. Aus dieser Anordnung folgt, dass es im Belieben des Vermieters steht, ihm gegenüber fällig gewordene Betriebskosten ohne Rücksicht auf deren Begleichung den jeweiligen Hauptmietern des Hauses zur Entrichtung vorzuschreiben, soferne er nur die Jahresfrist nicht versäumt. Seinen Anteil an den Betriebskosten hat der Hauptmieter zu entrichten, der den Mietgegenstand zu dem Zeitpunkt in Bestand hat, als der Vermieter nicht mehr als ein Jahr vorher fällig gewordene Betriebskosten mit dem Nachweis durch Vorlage der Rechnungsbelege drei Tage vor dem Monatsersten in Anschlag bringt, also den Hauptmietern der Liegenschaft zur Zahlung vorschreibt. Eine Zuordnung von als Betriebskosten verrechenbaren Aufwendungen des Vermieters auf bestimmte Zeiträume des Bestehens der einzelnen Mietverträge ist dabei weder vorgesehen noch möglich. Es kommt weder darauf an, in welcher Zeit die durch die Aufwendung abzudeckende Leistung für das Haus erbracht wurde, noch darauf, wann der Vermieter die Kosten trägt, sondern ausschließlich auf den von Zufällen und dem Verhalten des Erbringers der Leistung abhängigen Eintritt der Fälligkeit gegenüber dem Vermieter (Zingher, MG18 Anm 2 a zu § 12 MG; Würth-Zingher, MRG2 Anm 21 zu § 21 MRG). Es werden dabei die Kosten der Versorgung des Hauses mit Wasser aus einer öffentlichen Wasserleitung (§ 21 Abs 1 Z 1 MRG) einem zurückliegenden Verbrauchszeitraum, Kosten der Erhaltung der bestehenden Wasserversorgung aus einem Hausbrunnen oder aus einer nicht öffentlichen Wasserleitung (§ 21 Abs 1 Z 1 MRG) einer längeren Zeit, Rauchfangkehrgebühren, Kanalräumungsgebühren, Müllabfuhrkosten oder Aufwendungen zur Schädlingsbekämpfung (§ 21 Abs 1 Z 2 MRG) je nach örtlichen Regelungen bestimmten Zeitperioden, die Beleuchtungskosten (§ 21 Abs 1 Z 3 MRG) Verbrauchsperioden, bei vom Stromversorgungsunternehmen vorgesehener Vorauszahlung aber auch künftigen Zeiträumen vorbehaltlich einer Gutschrift oder Nachverrechnung nach der Jahresablesung und die fälligen Versicherungsprämien (§ 21 Abs 1 Z 4, 5 und 6 MRG) je nach Zahlungsart in der Regel kürzeren oder längeren in der Zukunft liegenden Versicherungszeiten zuzuordnen sein. Bei der Vielfalt der möglichen Verrechnungsarten von dem Vermieter anfallenden Betriebskosten kann eine Verknüpfung der fällig gewordenen Auslagen mit dem Monat der Vorschreibung gegenüber der Gesamtheit der Hauptmieter des Hauses, die dann den auf ihren Mietgegenstand entfallenden Anteil an den Betriebskosten als gesetzlichen Mietzins zu entrichten haben, nicht erfolgen. Es kann daher aus dem Verrechnungssystem des § 21 MRG wie schon des § 12 MG entnommen werden, dass der Gesetzgeber den bürgerlich-rechtlichen Grundsatz des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung bei der Überwälzung der Betriebskosten des Hauses auf die Hauptmieter hintangesetzt hat und dabei nicht von einem verursacherbezogenen Kostentragungsprinzip ausgeht sondern bestimmte im Gesetz aufgezählte Betriebskosten auf die zur Zeit der Vorschreibung als Hauptmieter anzusehende Personen überwälzen lässt.

Nicht anders kann es dann aber bei der zunächst durch das MRÄG behutsam eingeführten, weil nur auf Grund einer mit mindestens zwei Drittel der Mieter zustande gekommenen Vereinbarung zulässigen Pauschalierung sein. Hier haben die Hauptmieter zur Deckung der im Lauf eines Kalenderjahres fällig werdenden Betriebskosten und öffentlichen Abgaben zu jedem Zinstermin einen gleichbleibenden Teilbetrag zu entrichten, dessen Höhe 10 % des Anteils an den Betriebskosten und Abgaben des Vorjahres nicht übersteigen darf. Diese durch § 21 Abs 3 MRG nun in das Belieben des Vermieters gestellte Jahrespauschalverrechnung führt dazu, dass die nicht eine Anzahlung darstellende 'Pauschalrate' als der auf den Mietgegenstand entfallende Betriebskostenanteil nach § 15 Abs 1 Z 2 MRG anzusehen ist, so dass vom Hauptmieter, der den vorgeschriebenen Pauschalbetrag entrichtet hat, eine Nachzahlung nicht verlangt werden kann, weil er den Mietzins bezahlt hat.

Erst die in der Zeit zwischen dem 1. Jänner und dem 30.Juni des Folgejahres vorzunehmende Abrechnung der im Vorjahr fällig gewordenen Betriebskosten und öffentlichen Abgaben zeigt dann, ob die gleichbleibenden Teilbeträge zur Deckung der fällig gewordenen Betriebskosten ausreichten oder ob ein Überschuss zurückzuzahlen oder ein Fehlbetrag zu entrichten ist (§ 21 Abs 3 MRG). Dieser Ausgleich ist zum übernächsten Zinstermin nach Legung der Abrechnung vorzunehmen.

Ein inzwischen ausgeschiedener Hauptmieter des Hauses kann zur Nachzahlung nicht herangezogen werden. Er hat den gesetzlichen Betriebskostenanteil des Mietzinses bezahlt, wenn er den zur Anrechnung gebrachten gleichbleibenden Teilbetrag für jeden Monat seiner Bestandzeit entrichtet hat. Er ist nicht verpflichtet, mehr zu leisten. Die Folge kann nur sein, dass der Hauptmieter, der inzwischen den Mietgegenstand in Bestand genommen hat, den auf diesen Mietgegenstand entfallenden zum zweiten auf die Abrechnung folgenden Zinstermin fällig gewordenen (zusätzlichen) Betriebskostenanteil zu tragen hat. Auf den Mieterwechsel nimmt die Regelung der Betriebskostenverrechnung im § 21 Abs 3 und Abs 4 MRG ebensowenig ausdrücklich Bezug, wie seinerzeit § 12 MG. Die Überlegungen führen jedoch zu dem Ergebnis, dass die Verpflichtung des Hauptmieters zur Entrichtung des auf ihren Mietgegenstand entfallenden Betriebskostenanteils losgelöst von der Zuordnung der Einzelkosten auf bestimmte Zeiträume ausschließlich durch die gesetzmäßige Anrechnung durch den Vermieter bestimmt wird. Denn der Eintritt der Fälligkeit im Verrechnungszeitraum sagt noch nichts darüber aus, dass die Kosten diesem Jahr zuzuordnen sind. Am 2. Jänner fällig gewordene Stromkosten des Vorjahres sind ebensowenig echte Kosten dieses Kalenderjahres wie am 28.Dezember fällig gewordene Jahresprämien für das nächste Jahr. Besonders deutlich wird dies bei Kosten, die auf einen ein Kalenderjahr übersteigenden Zeitraum entfallen, wie etwa die als Beitrag für Hausbesorgerarbeiten (§ 21 Abs 1 Z 8 MRG) verrechenbaren zur Abfertigung des Hausbesorgers nach den Bestimmungen des Arbeiter-Abfertigungsgesetzes, BGBl 1979/107, aufgewendeten Beträge, die gleichfalls allein von den Hauptmietern anteilig zu tragen sind, denen die Leistungen dieses Hausbesorgers gar nicht mehr zugute kommen können, während die Hauptmieter der Jahre, in denen eine Abfertigung nicht bezahlt wurde, nicht belastet wurden. Das Mietrechtsgesetz hat daher als Sondergesetz wie schon das Mietengesetz die Möglichkeit des Vergleiches von Leistung und Gegenleistung im Bereich der Betriebskostenverrechnung beseitigt. Es geht nicht von kaufmännischen oder betriebswirtschaftlichen Erwägungen aus und kennt auch nicht die Schaffung einer Rücklage etwa für die Hausbesorgerabfertigung oder die Kosten der Erhaltung der Wasserversorgung aus einem Hausbrunnen oder einer nicht öffentlichen Wasserleitung.

Der bei der Einzelvorschreibung der Betriebskosten deutlicher hervortretende Grundsatz, dass jeder Hauptmieter den auf seinen Mietgegenstand entfallenden Anteil an den jeweils nachgewiesenen nicht länger als ein Jahr zuvor dem Vermieter gegenüber fällig gewordenen Betriebskosten ohne Rücksicht darauf zu entrichten hat, ob er im Zeitpunkt des Fälligkeitseintrittes oder gar der Gegenleistung für die Betriebskostenpost schon Hauptmieter des Hauses war, muss auch bei der Jahrespauschalverrechnung gelten (Würth in Rummel, ABGB, Rdz 10 zu § 21 MRG; auch schon Türr-Limbek, Die Betriebskosten, 90 f zum MG). Der sich aus der Jahresabrechnung ergebende Fehlbetrag ist daher Betriebskostenanteil am Mietzins für den Monat der Fälligkeit gegenüber den Hauptmietern des Hauses, also dem der Abrechnung folgenden zweiten Zinstermin und daher von den Hauptmietern zu entrichten, die zu diesem Zeitpunkt Hauptmieter des Mietgegenstandes sind.

Der Fall einer groben Unbilligkeit, der Abhilfe gegen diese allgemeine Regelung des MRG verlangen könnte, liegt hier nicht vor.

Der Rechtsansicht des Rekursgerichtes wird daher beigetreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 1 Z 19 MRG in Verbindung mit den §§ 40 und 50 ZPO.

Textnummer

E05766

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00024.85.0618.000

Im RIS seit

12.07.2011

Zuletzt aktualisiert am

13.07.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten