TE OGH 1985/6/18 2Ob21/85

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Veröffentlicht am 18.06.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B für Arbeiter und Angestellte, 8011 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1, vertreten durch Dr. Otto Kiessling, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei C D E F, 1030 Wien, Schwarzenbergplatz 7, vertreten durch Dr. Werner Schmidt, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 29.493,76 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 18.2.1985, GZ 7 R 69/84-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 27.Jänner 1984, GZ 16 Cg 438/82-14, teilweise abgeändert wurde,in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit S 3.069,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 257,25 Umsatzsteuer und S 240,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 24.4.1980 wurde der bei der klagenden Partei pflichtversicherte Josef G bei einem vom Lenker eines in der Bundesrepublik Deutschland haftpflichtversicherten LKW verschuldeten Verkehrsunfall schwer verletzt. Die klagende Partei hat in der Folge für Josef G Versicherungsleistungen erbracht. Die beklagte Partei tritt für den deutschen Haftpflichtversicherer ein.

In der vorliegenden Klage wird behauptet, für die von der klagenden Partei in der Zeit vom 24.4.1980 bis 24.5.1981 und vom 28.9.1981 bis 18.10.1981 erbrachten Versicherungsleistungen von S 140.133,59 und S 7.653,-- bestehe in den auf die Bestimmungen des ABGB, EKHG und KFG 1967 gegründeten und gemäß § 332 ASVG auf die klagende Partei übergegangenen Ersatzansprüchen des Josef G gegenüber dem Lenker und dem Halter des LKW ein sachlich und zeitlich kongruenter Deckungsfonds. Dieser belaufe sich unter Bedachtnahme auf ein Mitverschulden des Josef G am Unfall von einem Drittel hinsichtlich der Sachleistungen auf S 37.854,43 und S 2.918,-- sowie hinsichtlich der Barleistungen auf S 153,--

täglich, das ist für 395 Tage insgesamt S 60.435,-- und für weitere 21 Tage auf S 3.213,--. Alle diese Beträge von insgesamt S 104.420,43 seien ihr von der für den Haftlpfichtversicherer eintretenden beklagten Partei zu ersetzen. Unter Bedachtnahme auf eine geleistete Teilzahlung von S 69.639,-- ergebe sich der Klagsbetrag von S 34.781,43. Weiters stellte die klagende Partei auch ein Feststellungsbegehren, welches sie in der Folge modifizierte.

Die beklagte Partei anerkannte das modifizierte Feststellungsbegehren, beantragte jedoch Abweisung des Leistungsbegehrens. Sie behauptet, Josef G habe wiederholt den Arbeitgeber gewechselt und sei in den letzten Jahren nur sporadisch als Hilfsarbeiter tätig und allein im Jahre 1979

insgesamt an 199 Tagen arbeitslos gewesen. Im Durchschnitt habe er nur die halbe Zeit des Jahres gearbeitet, sodaß 'der Deckungsfonds mit maximal 50 % übergangsfähig sei'. Solcherart errechne sich unter Zugrundelegung eines außer Streit gestellten täglichen Betrages von S 153,-- ein Deckungsfonds von S 29.387,50 und für Sachleistungen ein solcher von S 27.181,69. Im Hinblick auf die Zahlung von S 69.639,-- erschienen die Ansprüche der klagenden Partei somit aber zur Gänze abgedeckt.

Das Erstgericht fällte hinsichtlich des Feststellungsbegehrens ein Anerkenntnisurteil und sprach der klagenden Partei hinsichtlich des Leistungsbegehrens einen Betrag von S 7.220,-- s.A. zu, wogegen es das Mehrbegehren von S 27.561,43 s.A. abwies.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht, dagegen jener der klagenden Partei teilweise Folge. Es änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß die beklagte Partei der klagenden Partei einen Betrag von S 29.493,76 s.A. zu bezahlen habe und das Mehrbegehren von S 5.287,67 s.A. abgewiesen werde. Die Revision erklärte es nach § 502 Abs4 Z 1 ZPO für zulässig. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt die beklagte Partei eine auf § 503 Abs1 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne gänzlicher Klagsabweisung. Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Dem erstgerichtlichen Urteil liegt u.a. folgender Sachverhalt zugrunde: Josef G war von April 1978 bis 30.6.1978 bei der Firma H beschäftigt und unterzog sich sodann einer Fußoperation. In der Zeit vom 20.11.1978 bis 11.1.1979 arbeitete er bei der Firma VZ-Ziegelwerke und war danach bis zum 28.5.1979

arbeitslos. Ab diesem Zeitpunkt bis zum 2.9.1979 war er bei einer Baufirma und vom 20.9.1979 bis 16.11.1979 in einer Ölmühle tätig, sodann wieder arbeitslos. Ab 10.3.1980 arbeitete er bei der Firma I in Wr.Neudorf als Maschinenarbeiter. Diese Firma 'hätte ihn, wäre er nicht durch den Verkehrsunfall für längere Zeit ausgefallen, weiterhin beschäftigt', soferne er nicht Anlaß zu einer Kündigung oder Entlassung gegeben oder selbst das Dienstverhältnis aufgelöst hätte. In den Jahren 1973 bis 1976 hatte Josef G ununterbrochen vier Jahre lang bei einer mit Autobahnbau befaßten Arbeitsgemeinschaft gearbeitet. Auf Grund des Verkehrsunfalles vom 24.4.1980 leistete ihm die klagende Partei für 395 Tage Zahlungen in der Gesamthöhe von S 147.786,59 und für 21 Tage solche in der Höhe von S 3.276,--. Im Jahresdurchschnitt gesehen ergibt sich für Josef G in den Jahren 1978 und 1979 ein Beschäftigungszeitraum von je 275 Tagen und ausgehend vom außer Streit gestellten Tagesbetrag von S 153,-- somit nach Ansicht des Erstgerichtes für Bar- und Sachleistungen unter Berücksichtigung des Mitverschuldens von einem Drittel ein Gesamtbetrag von S 76.859,--. Unter Bedachtnahme auf die Teilzahlung von S 69.639,-- haftet daher ein Betrag von S 7.220,-

aus.

In seiner rechtlichen Beurteilung erklärte das Erstgericht, bei der Berechnung des Deckungsfonds sei vorliegendenfalls im Hinblick auf die vor dem Unfall gegebene zeitweilige Arbeitslosigkeit des Josef G und somit mangels eines annähernd konstanten Einkommens seinerseits im Sinne der Entscheidung EvBl 1968/196 nach einzelnen Zeitabschnitten vorzugehen gewesen und zwar sowohl hinsichtlich der Bar- als auch der Sachleistungen. Solcherart sei nun ein Deckungsfonds von S 7.220,-- gegeben.

Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, entscheidend sei die unbekämpfte Feststellung, daß Josef G zum Unfallszeitpunkt als Maschinenarbeiter der Firma I beschäftigt gewesen sei und ohne den Unfall auch weiterhin dort beschäftigt worden wäre. Auf Grund dieser Tatsache müsse davon ausgegangen werden, daß ihn während der gesamten Zeit, während der er von der klagenden Partei Barleistungen in Form von Kranken- und Familiengeld erhalten habe, konstant Einkommen entgangen sei. Somit komme aber eine Berechnung des Deckungsfonds nach einzelnen Zeitabschnitten nicht in Betracht. Anders wäre es nur, wenn erwiesen wäre, daß er während der Leistungszeit der klagenden Partei arbeitslos gewesen wäre. Dieser Nachweis sei aber im Hinblick auf die gegenteiligen Feststellungen mißlungen. Die klagende Partei habe an 395 Tagen und an 18 Tagen (unrichtig 21 Tagen, weil nur vom 1. - 18.10.1981), somit an insgesamt 413 Tagen, Leistungen erbracht, welche mit dem außer Streit gestellten täglichen Deckungsfonds von S 153,-- zu multiplizieren seien, was den Betrag von S 63.189,-- ergebe. Bei den Sachleistungen handle es sich grundsätzlich um einen konkreten Schaden des sozialversicherten Verletzten, hinsichtlich welches nur die Mitverschuldensquote zu berücksichtigen sei. Diesbezüglich ergebe sich ein Betrag von S 35.943,76. Unter Bedachtnahme auf die geleistete Teilzahlung von S 69.639,-- habe die klagende Partei somit noch Anspruch auf S 29.493,76 s.A.

In der Revision wird auf die Berufungsausführung der beklagten Partei verwiesen, wonach Josef G im Jahre 1978 nur an 119 und im Jahre 1979 nur an 166 Tagen in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden sei. Nach Meinung der Revisionswerberin könne somit auch nicht davon ausgegangen werden, daß er bei der Firma I während des gesamten vorgenannten Zeitraumes weiter beschäftigt worden wäre und daß ihm während dieser Zeit, in welcher die klagende Partei Barleistungen erbracht habe, ein konstantes Einkommen entgangen sei. Früher habe er als Bauhilfsarbeiter gearbeitet und auch bei der Firma I sei er nur als Hilfsarbeiter tätig gewesen, weshalb eine Dauerbeschäftigung nicht angenommen werden könne. Demgemäß bestehe aber für die Klagsansprüche kein Deckungsfonds.

Mit diesen Ausführungen verläßt die Revisionswerberin die vor dem Obersten Gerichtshof unbekämpfbare unterinstanzliche Feststellungsgrundlage, sodaß die Revision nicht gesetzmäßig erhoben ist. Wie das Berufungsgericht zutreffend darlegte, ist für die rechtliche Beurteilung dieses Falles grundsätzlich die unbekämpfte erstinstanzliche Feststellung entscheidend, daß Josef G ohne den Unfall bei der Firma I als Maschinenarbeiter weiterbeschäftigt und dieses Dienstverhältnis durch den Arbeitgeber in der Folge nur aufgelöst worden wäre, wenn er Kündigungs- oder Entlassungsgründe gesetzt hätte. Damit ist aber ein aus diesem Dienstverhältnis hervorgehendes konstantes Einkommen des Josef G zugrundezulegen, welches für die Zeit der von der klagenden Partei erbrachten Versicherungsleistungen einen kongruenten Deckungsfonds bildet. In einem solchen Falle kann bei der Berechnung des Deckungsfonds auf mangelnde frühere Beschäftigungszeiträume, wie dies in der vom Erstgericht zitierten Entscheidung EvBl 1968/196

bei einem voraussichtlich weiterhin als Saisonarbeiter tätigen Versicherten erfolgte, aber nicht zurückgegriffen werden. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist somit auch von der zeitlichen Kongruenz der Versicherungsleistungen der klagenden Partei mit den gegenüber der beklagten Partei bestehenden Ansprüchen des Josef G auf Ersatz seines Verdienstentganges auszugehen. Da die übrigen Voraussetzungen für das Zurechtbestehen der erhobenen Klagsforderung von der Revisionswerberin gar nicht bestritten wurden und auch nicht zweifelhaft sind, erweist sich die berufungsgerichtliche teilweise Klagsstattgebung als zutreffend. Der Revision war demnach ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E05963

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00021.85.0618.000

Dokumentnummer

JJT_19850618_OGH0002_0020OB00021_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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