TE OGH 1985/6/19 8Ob643/84

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Veröffentlicht am 19.06.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Oberste Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Dietlinde H*****, vertreten durch Dr. Karl Leutgeb, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Kommerzialrat Franz H*****, vertreten durch Dr. Heinz Damian, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Juli 1984, GZ 43 R 482/84-54, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 9. Februar 1984, GZ 4 F 5/82-43, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts, der in seinem aufhebenden Teil als unangefochten unberührt bleibt, und die erstgerichtliche Entscheidung in ihren Aussprüchen über die Zuweisung der Räume im 4. Stockwerk des Hauses W*****, an die Antragstellerin werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird auch in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die diesbezüglichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die im Jahre 1953 geschlossene Ehe der Parteien, der drei Kinder entstammen, wurde mit Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 10. 2. 1982 aus dem Verschulden des Antragsgegners geschieden. Der Antragsgegner war seit 1931 Angestellter der Schuhfabrik K***** AG, von der er seit 1953 eine im 3. Stock des Hauses W***** gelegene Dienstwohnung zur Verfügung gestellt erhielt. Im Laufe der folgenden Jahre baute er das Dachgeschoss des Hauses aus und standen ihm in der Folge zwei Stockwerke als Ehewohnung im Gesamtausmaß von über 600 m² zur Verfügung. Nach Beendigung der Ausbauarbeiten wurden für die Antragstellerin und die ehelichen Kinder im 4. Stock Schlafzimmer eingerichtet. Im 3. Stock wurde weiterhin ein Esszimmer, der Salon und die Küche von der gesamten Familie benützt. Die Wohnung im 3. Stock diente dem Antragsgegner auch zu Repräsentationszwecken. Nachdem im 4. Stock des Hauses eine Küche fertiggestellt worden war, hielten sich die Antragstellerin und die Kinder nur mehr im 4. Stock auf. Etwa ein halbes Jahr lang benützte auch der Antragsgegner ein Zimmer des 4. Stockes als Schlafzimmer und benützte er auch die Küche mit. Etwa um Weihnachten 1976 zog sich der Antragsgegner unter Mitnahme jener Gegenstände, die ausschließlich von ihm benützt wurden, in den Teil der Ehewohnung im 3. Stock zurück. Seit dieser Zeit hat er sich die ausschließliche Benützung der Ehewohnung im 3. Stock vorbehalten und stand für die übrige Familie nur mehr jener Teil der Ehewohnung zur Verfügung, der im 4. Stock gelegen ist. Dieser Zustand herrschte von 1976 bis Anfang des Jahres 1982. Die Parteien lebten getrennt in ihren jeweiligen Wohnungen im 3. und 4. Stock. Seit 30. 11. 1977 befindet sich der an Diabetes mellitus leidende Antragsgegner in Pension.

Mit dem am 24. 6. 1982 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrte Dietlinde H*****, ihr die Ehewohnung, bestehend aus den Räumen im 4. Stock gegen Bestimmung eines monatlichen Benützungsentgelts zuzuweisen und den Hausrat aufzuteilen.

Kommerzialrat Franz H***** sprach sich gegen die Anträge seiner geschiedenen Frau aus, beantragte deren Abweisung und stellte im November 1983 hilfsweise den Antrag, seiner geschiedenen Frau eine Ausgleichszahlung in der Höhe von 1 Mio S aufzutragen.

In dem auf die Frage, ob der vom Antrag umfasste Teil der Ehewohnung der Aufteilung unterliegt, eingeschränkten Verfahren, hat das Erstgericht mit Beschluss vom 9. 2. 1984 (ON 43 dA) 1.) die Ehewohnung in dem genannten Haus, bestehend aus der Wohnung im 4. Stock Dachterrasse, der Antragstellerin zugewiesen, 2.) die Bestimmung eines von der Antragstellerin zu leistenden Benützungsentgelts ab 24. 6. 1982 monatlich und die Entscheidung über die Anträge auf Aufteilung des Hausrats weiteren Erhebungen vorbehalten, 3.) den Antrag des Antragsgegners, der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung in der Höhe von 1 Mio S aufzuerlegen, abgewiesen und 4.) die Kostenentscheidung der Entscheidung vorbehalten.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Antragsgegners teilweise Folge; es bestätigte den Beschluss des Erstgerichts, der in seinen Punkten 2.) und 4.) als nicht in Beschwerde gezogen unberührt blieb, in seinem Ausspruch über die Zuweisung der Ehewohnung; hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Leistung einer Ausgleichszahlung an den Antragsgegner (Punkt 3.) hob es die Entscheidung des Erstgerichts auf; in diesem Umfang wurde die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte das Rekursgericht für zulässig.

Gegen den bestätigenden Teil dieses Beschlusses des Rekursgerichts richtet sich der auf die Anfechtungsgründe der Nichtigkeit, Aktenwidrigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der gänzlichen Abweisung des Antrags auf Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin, allenfalls durch Zuweisung des Wohnungsteils im 3. Stock an die Antragstellerin abzuändern; hilfweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragstellerin beantragte, dem Revisionsrekurs keine Folge zu geben.

Schließlich brachte der Antragsgegner noch einen ergänzenden Schriftsatz zum Revisionsrekurs ein.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Die - nach Ablauf der Rekursfrist eingebrachte - Ergänzung des Revisionsrekurses ist hingegen unzulässig, weil der Rechtsmittelwerber nur einen einzigen Rechtsmittelschriftsatz einbringen darf (EFSlg 37.177, 37.355, 39.586 f ua). Der ergänzende Schriftsatz musste daher zurückgewiesen werden.

Die von den Vorinstanzen über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus getroffenen Feststellungen lassen sich - soweit sie für das Revisionsrekursverfahren bedeutsam sind - im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Die Schuhfabrik K***** Aktiengesellschaft, mit der der Antragsgegner ein Dienstverhältnis auf Lebensdauer hatte, wurde nach dem Schillingeröffnungsbilanzgesetz 1963 in die Schuhfabrik K***** F. H***** OHG mit den Sitz in K***** und die S*****-Vertriebsgesellschaft m.b.H. mit Sitz in Wien geteilt. In den Dienstvertrag mit dem Antragsgegner trat auf der Arbeitgeberseite mit 24. 12. 1945 die K***** S*****-Vertriebsges.m.b.H. ein. In dieser GesmbH fungierte der Antragsgegner von Anfang an als Geschäftsführer. Die Schuhfabrik K***** F. H***** OHG - die die Kosten des Ausbaus des Dachgeschosses getragen hat -, wurde am 30. 11. 1977 in die K***** S*****-VertriebsgesmbH eingebracht. Gesellschafter der F. H***** OHG waren damals Franz H*****, Julius H*****, Heinz H***** und Hilde P*****. Durch den Einbringungs- und Übernahmsvertrag vom 30. 11. 1977 ging das Eigentum an der Liegenschaft W***** auf die K***** S*****-VertriebsgesmbH über. In diesem Vertrag wurde unter anderem festgehalten, dass hinsichtlich der Benützung der Dienstwohnung im Dezember 1974 ein Annex zu den Dienstverträgen errichtet wurde. In diesem Annex zu den Dienstverträgen mit den Brüdern Franz, Julius und Heinz H***** wurde ausgeführt, dass Franz H***** ohne besondere Entschädigung Anspruch auf die Dienstwohnung im Firmenhaus in W***** bestehend aus den Räumen des 3. Stockwerks mit dem ausgebauten Dachgeschoss hat. In diesem Annex heißt es weiter, dass die Benützer der (im Annex selbst angeführten) Wohnbestände samt allfälligem Garten die auf die einzelnen Objekte ihrer Benützung entfallenden anteiligen Betriebskosten sowie Gebühren für Wasser, Kanalisierung, Rauchfangkehrung, Kanalräumung, Unratsabfuhr oder Liftbenützung selbst zu tragen oder direkt bei Fälligkeit abzustatten haben; ferner müssen die Benützer dieser Objekte die hiefür anlaufenden Kosten der Beheizung, Beleuchtung und die Gebühren für ihre Telefone aus eigenem tragen und jeweils bei Fälligkeit abstatten. Außerdem ist vorgesehen, dass die Vermögenssteuer, Grundsteuer und die Hausversicherung die F. H***** OHG oder ihre Rechtsnachfolger trägt. Die ordentliche Instandhaltung der Objekte im Inneren der Gebäude obliegt dem Benützer; die bauliche Erhaltung und die Erhaltung der Außenseite der Gebäude dem Hauseigentümer. Außerdem wurde festgehalten, dass die vorstehend angeführten Rechte der Geschwister H***** diesen auf Lebensdauer gewährt werden und nach dem Ableben eines Geschwisterteils dem anderen Eheteil das lebenslängliche Recht der Fortbenützung der bisherigen Objekte jedoch gegen die Entrichtung eines ortsüblichen Mietzinses und der fristgerechten Tragung der vorstehend angeführten Betriebskosten und Abgaben verbleibt. Sollte eines der vorerwähnten bewohnten Objekte aufgrund eines einhelligen Gesellschafterbeschlusses veräußert werden, so steht dem Benützer des zur Veräußerung gelangenden Objekts das Recht zu, auf Kosten der Eigentümerin (Firma) einen angemessenen Ersatz zu den übrigen gleichen Bedingungen zu beanspruchen. Dieser Annex wurde von Franz H*****, Julius H***** und Heinz H***** unterfertigt. Die K***** S*****-Vertriebsgesellschaft mbH führt seit 30. 11. 1977 die Firma F. H***** S*****-Vertriebsgesellschaft mbH mit Sitz in K*****. Diese Gesellschaft ist heute Eigentümerin des Hauses W*****. Geschäftsführer dieser Gesellschaft ist seit 1. 12. 1980 der emiritierte Rechtsanwalt Dr. Herbert T*****. Die Gesellschaft hat ihre Geschäftsaktivitäten eingestellt. Zwischen dem Geschäftsführer und der Antragstellerin haben Verhandlungen über die Begründung eines Mietvertrags an der Wohnung, die im 4. Stock des genannten Hauses liegt, stattgefunden. Am 7. 12. 1982 fand eine Aufsichtsratssitzung der F. H***** S*****-Vertriebsgesellschaft mbH statt. Ein Tagesordnungspunkt dieser Sitzung betraf die allfällige Errichtung eines Mietvertrags. Die Gesellschafter kamen überein, einen abwartenden Standpunkt einzunehmen. Direktor Heinz H*****, die Witwe nach Julius H***** und Hilde P***** haben keine Einwände gegen die Errichtung eines Mietvertrags zwischen der Antragstellerin und der F. H***** VertriebsgesmbH. Der Geschäftsführer der Gesellschaft kann jedoch mangels Zustimmung des Antragsgegners einen Mietvertrag mit der Antragstellerin nicht begründen. Im Juli 1982 unterbreitete der Antragsgegner der Antragstellerin eine Vereinbarung unter welchen Umständen er einer Vermietung des 4. Geschosses des genannten Hauses einschließlich aller Ausbauten an die Antragstellerin keine Einwendungen erheben würde. Mit Schreiben vom 9. 12. 1982 an Dr. Herbert T***** als Geschäftsführer der F. H***** S*****-Vertriebs GesmbH erklärte sich der Antragsgegner unter bestimmten Bedingungen mit der Errichtung eines Mietvertrags zwischen der Gesellschaft und der Antragstellerin einverstanden. Infolge andauernder Auseinandersetzungen zwischen den Parteien kam es jedoch zu keiner derartigen außergerichtlichen Vereinbarung und zog der Antragsgegner sein Anbot gegenüber der Hausverwaltung des Hauses, seine Zustimmung zur Errichtung eines Mietvertrags mit der Antragstellerin rechtsverbindlich zu erklären, zurück. Der Antragsgegner benützt die ihm zur Verfügung gestellte Dienstwohnung im 3. und 4. Stock derzeit kostenlos und nur gegen Bezahlung der Betriebskosten. Die Antragstellerin war und ist bereit, einen angemessenen Hauptmietzins zu bezahlen. Diesem Anbot entsprechend hat die Antragstellerin am 14. 10. 1982 dem vom Antragsgegner geforderten Betrag von 49.347,59 S für Strom-Gas-Bezug im Jahr 1982 auf ein Bankkonto des Antragsgegners überwiesen. Die Vorschreibung der Wiener Stadtwerke für Strom-Gas-Bezug im Dezember 1982 wurde ebenfalls von der Antragstellerin bezahlt. Am 15. 3. 1982 brachte der Antragsgegner beim Erstgericht wider die Antragstellerin eine Räumungsklage ein; in diesem Verfahren trat am 23. 7. 1982 Ruhen des Verfahrens ein. Anlässlich der Errichtung der Dienstverträge der Brüder H***** und des Annexes vom 27. 12. 1974 zu diesen Dienstverträgen wurde die Möglichkeit einer Scheidung oder Auflösung der Ehe der Geschwister H***** nicht bedacht und für diesen Fall keine Regelung vorgesehen.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhalts ging das Erstgericht davon aus, dass die Ehewohnung auch dann in das Aufteilungsverfahren einzubeziehen sei, wenn sie in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder von einem Dritten geschenkt worden sei. Die Streitteile hätten die Wohnung im Haus W*****, 3. Stock, ab dem Zeitpunkt ihrer Verehelichung als Ehewohnung benützt; nach dem Ausbau des 4. Stockwerks für Wohnzwecke sei der 4. Stock vorwiegend von den Familienangehörigen benützt worden, der 3. Stock des Hauses auch zu Repräsentationszwecken des Antragsgegners. Gemäß § 88 EheG könne das Gericht eine Anordnung hinsichtlich der Benützung einer Dienstwohnung nur mit Zustimmung des Dienstgebers treffen, wenn die Zuweisung der Wohnung im Hinblick darauf, dass sie überwiegend der Erfüllung der Dienstpflichten diene, wesentliche Interessen des Dienstgebers verletzen könnte, oder die Wohnung unentgeltlich oder gegen ein bloß geringfügiges wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt benützt werde oder die Wohnung vom Dienstgeber als Teil des Entgelts für die geleisteten Dienste zur Verfügung gestellt werde. Eine Weigerung der Gesellschaft F. H***** S*****-Vertriebsgesellschaft als Dienstgeber liege nicht vor. Die Gesellschafter hätten lediglich einen abwartenden Standpunkt eingenommen. Die Gesellschafter Heinz H*****, Hilde P***** und die Witwe nach Julius H***** hätten nichts gegen die Begründung eines Mietverhältnisses mit der Antragstellerin einzuwenden. Der Geschäftsführer könne ein derartiges Mietverhältnis jedoch nicht begründen, weil der Antragsgegner seine Zustimmung verweigere. Der Antragsgegner befinde sich im Ruhestand und diene die gegenständliche Wohnung seither nicht mehr der Erfüllung seiner Dienstpflichten. Der Antrag auf Auferlegung einer Ausgleichszahlung für den Fall der Einräumung eines Rechtsverhältnisses zugunsten der Antragstellerin in der Höhe von 1 Mio S stelle eine Antragsausdehnung dar, die jedoch nach Verstreichung der Frist des § 85 EheG nicht mehr zulässig sei. Das Erstgericht erachtete unter diesen Umständen die Zuweisung der aus den Räumen im 4. Stock (Dachterrasse) bestehenden Ehewohnung an die Antragstellerin und die Abweisung des Antrags des Antragsgegners, der Antragstellerin die Leistung einer Ausgleichszulage in der begehrten Höhe aufzutragen, als berechtigt.

Das Gericht zweiter Instanz vertrat hinsichtlich der Zuweisung des 4. Stockes der Wohnung an die Antragstellerin die Ansicht, dass die Bestimmung des § 88 EheG im Interesse des Dienstgebers die Möglichkeit der Zuweisung der Ehewohnung an einen der Ehegatten einschränke; unter den dort aufgezählten Voraussetzungen erscheine es dem Gesetzgeber für den Dienstgeber unzumutbar, dass gegen dessen Willen vom Gericht eine Regelung getroffen werde. Es sollten die Interessen des Dienstgebers und nicht jene des anderen Ehegatten durch diese Bestimmung geschützt werden. Demnach könne sich der Antragsgegner nicht mit Erfolg auf die mangelnde Zustimmung des Dienstgebers berufen. Im Übrigen könne das Verhalten des Dienstgebers unter Würdigung aller Umstände iSd § 863 ABGB nur dahin ausgelegt werden, dass er keinen Einwand gegen eine Zuweisung des im 4. Stock gelegenen Teils der Ehewohnung an die Antragstellerin erhebe. Äußerungen des Dienstgebers in der Richtung, er nehme eine abwartende Haltung ein, wo er die Einbeziehung der von ihm zur Verfügung gestellten Dienstwohnung durch eine bloße Erklärung, er stimme nicht zu, ohne weiteres hätte verhindern können, könne zweifellos als stillschweigende Zustimmung gewertet werden. Aufgrund der vorliegenden Korrespondenz und den Zeugenaussagen finde die Feststellung des Erstgerichts, es liege keine Weigerung des Dienstgebers vor, ihre Deckung. Inwieweit darin eine Aktenwidrigkeit erblickt werden könnte, könne den Verfahrensergebnissen entgegen den Rekursausführungen nicht entnommen werden. Lediglich der Vollständigkeit halber sei noch darauf verwiesen, dass der Dienstgeber nach Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung beim Antragstellervertreter schriftlich angefragt habe, welche Benützungsgebühr bzw welchen Hauptmietzins die Antragstellerin im Falle der rechtskräftigen Zuweisung der Wohnung zahlen würde und der Dienstgeber im Übrigen selbst kein Rechtsmittel gegen die gerichtliche Zuweisung eines Teils der Dienstwohnung an die Antragstellerin eingebracht habe. Die ausdrückliche Zustimmung habe seitens des Dienstgebers offensichtlich nur deshalb nicht erteilt werden können, weil der Antragsgegner in seiner Eigenschaft als Gesellschafter dies bisher verhindert habe. Das Erstgericht sei daher zutreffend zum Ergebnis gekommen, dass im vorliegenden Fall die Bestimmung des § 88 EheG einer Zuweisung eines Teils der Ehewohnung an die Antragstellerin nicht entgegenstehe. Im Übrigen erachtete das Rekursgericht die vom Erstgericht vorgenommene Aufteilung im Sinne der Zuweisung der Räume des 4. Stockwerks an die Antragstellerin unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falls als der Billigkeit entsprechend. Der Rekurs sei jedoch insofern berechtigt, als er sich gegen die Abweisung des Antrags richte, der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung aufzuerlegen. Es sei zwar richtig, dass nach Ablauf der Jahresfrist nicht weitere, bisher von der Antragstellerin nicht umfasste Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens in das Verfahren eingezogen werden könnten, doch stehe der Ablauf dieser Frist der Auferlegung einer Ausgleichszahlung nicht entgegen, wenn eine solche iSd § 94 EheG notwendig sei, um allenfalls noch bestehende Unbilligkeiten bei der Aufteilung auszugleichen. Der vom Antragsgegner hier gestellte Antrag stelle kein selbständiges Begehren dar, sodass ihm die Jahresfrist nicht entgegenstehe, zumal eine Ausgleichszahlung auch von Amts wegen auferlegt werden könne. Da erst nach Aufteilung des übrigen verfahrensgegenständlichen Gebrauchsvermögen beurteilt werden könne, ob die Leistung einer Ausgleichszahlung notwendig sei, sei der angefochtene Beschluss diesbezüglich aufzuheben gewesen.

In seinem Revisionsrekurs wendet sich der Antragsgegner gegen die Annahme der Vorinstanzen, es liege eine Zustimmung des früheren Dienstgebers zur Zuweisung eines Teils der Ehewohnung an die Antragstellerin vor. Dem ist insofern beizupflichten, als das bisherige Verfahren doch keine ausreichende Entscheidungsgrundlage für die Beantwortung dieser Frage bietet.

Dass es sich bei der gegenständlichen Ehewohnung im Hinblick auf das deren Benützung durch die Parteien zugrundeliegende Rechtsverhältnis, das im Zusammenhang mit dem Dienstvertrag des Antragsgegners begründet wurde, um eine Dienstwohnung iSd § 88 Abs 1 EheG handelt, wird von den Parteien mit Recht nicht bekämpft. Da diese Wohnung dem Antragsgegner auf Lebenszeit zur Verfügung gestellt wurde, besteht auch kein Zweifel, dass die Beendigung seines Dienstvertrags und sein Übertritt in den Ruhestand ohne Einfluss auf die Qualifikation dieser Wohnung als Dienstwohnung im Sinne der genannten Bestimmung blieb. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wird die Wohnung vom Antragsgegner unentgeltlich benützt, zumal die von ihm zu tragenden bzw von der Antragstellerin übernommenen, im Zuge der Benützung der Wohnung auflaufenden Kosten kein dem Hauseigentümer zufließendes Entgelt für die Wohnungsüberlassung darstellen. Wird aber eine Dienstwohnung unter anderem unentgeltlich benützt, so darf der Außerstreitrichter über sie nur im Einverständnis mit dem Dienstgeber oder dem für die Vergabe der Wohnung zuständigen Rechtsträger verfügen. In diesem Sinn ist das im § 88 Abs 1 EheG normierte Erfordernis der „Zustimmung“ des Dienstgebers zu verstehen (vgl Migsch in Floretta, Das neue Ehe- und Kindschaftsrecht 1979, 72). Die „Zustimmung“ des Dienstgebers ist - entgegen der Meinung des Revisionsrekurswerbers - allerdings keine formale Prozesserklärung des Dienstgebers, dem in diesem Verfahren Beteiligtenstellung zukommt (vgl SZ 53/48 ua), sie stellt vielmehr eine materiellrechtliche Voraussetzung für den Anspruch des geschiedenen Ehegatten des (früheren) Dienstgebers auf Zuweisung der Wohnung zur alleinigen Benützung dar. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist von Amts wegen zu klären. Die darüber ergehende rechtliche Beurteilung des Gerichts kann von allen am Verfahren beteiligten Personen im Rechtsmittelweg bekämpft werden. Auch die Unterlassung eines Rechtsmittels durch den Dienstgeber nimmt keinem der geschiedenen Ehegatten die Rechtsmittelbefugnis, weil ihnen dadurch allein ein Bedürfnis auf Rechtsschutz gegen die gerichtliche Entscheidung nicht genommen wird. Der Antragsgegner ist daher ungeachtet des Unterbleibens der Einbringung eines Rechtsmittels seines früheren Dienstgebers gegen die hier angefochtene Entscheidung berechtigt, die der rechtlichen Beurteilung zuzuordnende Annahme der Vorinstanzen zu bekämpfen, es liege die vom Gesetz geforderte Zustimmung seines früheren Dienstgebers vor. Dem Revisionsrekurswerber kann allerdings darin nicht gefolgt werden, dass aufgrund der Ergebnisse des bisherigen Verfahrens bereits gesagt werden kann, die erforderliche Zustimmung sei nicht gegeben. Die der Beurteilung dieser Frage zugrundeliegenden Feststellungen der Vorinstanzen gehen lediglich dahin, dass im Aufsichtsrat der H***** S*****-Vertriebsgesellschaft mbH die Frage der „allfälligen Errichtung eines Mietvertrags“ mit der Antragstellerin erörtert wurde, „die Gesellschafter übereingekommen seien, einen abwartenden Standpunkt einzunehmen“ und Direktor Heinz H*****, die Witwe nach Julius H***** und Hilde P***** „keine Einwände gegen die Errichtung eines Mietvertrags zwischen der Antragstellerin und der H***** S*****-Vertriebsgesellschaft mbH“ hätten. Eine Feststellung darüber, ob diese Gesellschaft (als Träger von Rechten und Pflichten) oder der Hausverwalter als Vertreter der Eigentümerin der von der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren begehrten Zuweisung eines Teils der Ehewohnung zustimmen, wurde nicht getroffen. Der hier festgestellte Sachverhalt, der auch durchaus sinnvoll mit den Feststellungen über die vom Antragsgegner seiner geschiedenen Frau gemachten, letztlich aber nicht aufrecht erhaltenen Anboten über sein Einverständnis zum Abschluss eines Mietvertrags zwischen ihr und der Gesellschaft, in Einklang gebracht werden kann, stellt jedenfalls keine geeignete Grundlage für die Annahme einer konkludenten Zustimmung der Gesellschaft selbst zu dem von der Antragstellerin gewünschten richterlichen Eingriff in ihre Rechte dar. Unter diesen Umständen kommt auch der vom Revisionsrekurswerber - entgegen der Vorschrift des § 232 Abs 2 AußStrG, wonach lediglich die unrichtige rechtliche Beurteilung der Entscheidung des Rekursgerichts bekämpft werden kann - unter dem Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit aufgeworfenen Frage, ob die Feststellungen der Vorinstanzen über die Bereitschaft von drei anderen Gesellschaftern zum Abschluss eines Mietvertrags mit der Antragstellerin in den diesbezüglichen Angaben des Geschäftsführers Deckung finden, mangels rechtlicher Relevanz keine Bedeutung zu. Lässt der festgestellte Sachverhalt aber eine abschließende Beurteilung über die Frage des Einverständnisses des ehemaligen Dienstgebers des Antragsgegners mit der beantragten gerichtlichen Regelung nicht zu, so ist eine Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen unumgänglich.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren der genannten Gesellschaft in geeigneter Weise - unter Bedachtnahme auf die für eine allfällige Willensbildung erforderliche Zeit - die Möglichkeit einzuräumen haben, sich zum Verfahrensgegenstand zu äußern. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass die frühere Dienstgeberin des Antragsgegners vom Gericht zu einer Zustimmung nicht verhalten werden kann, dass aber für ihre Bereitschaft, zu dem hier gestellten Antrag ihr Einverständnis zu erklären, unter Umständen die Kenntnis der voraussichtlichen Höhe des für den Fall einer Zuweisung der Wohnung (bzw des begehrten Wohnungsteils) festzusetzenden Benützungsentgelts mitentscheidend sein könnte (vgl EFSlg 38.900). Es könnte daher angezeigt sein, mit den Beteiligten auch die Frage der Höhe des ortsüblichen Entgelts zu erörtern, das für Wohnungen vergleichbarer Größe, Lage und Qualität gezahlt wird.

Damit erweist sich aber der Revisionsrekurs als berechtigt, weshalb ihm Folge zu geben und die Rechtssache nach Aufhebung der Entscheidungen beider Instanzen im Rahmen der Anfechtung auch in Ansehung des Zuspruchs der Ehewohnung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen war.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 234 AußStrG.

Textnummer

E94874

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00643.84.0619.000

Im RIS seit

20.09.2010

Zuletzt aktualisiert am

20.09.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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