Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.
Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Pflegschaftssache der Michaela K*****, geboren am *****, infolge Revisionsrekurses der Martina K*****, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 22. Jänner 1985, GZ 13 R 48/85-28, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mauthausen vom 23. November 1984, GZ P 54/79-25, bestätigt wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht verpflichtete die Mutter der am 24. 1. 1966 geborenen Michaela K*****, dieser ab 1. 10. 1984 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 2.500,-- zu bezahlen. Ein Mehrbegehren von S 500,-- wurde abgewiesen. Das Erstgericht ging von folgendem Sachverhalt aus:
Im Herbst 1983 fiel zunächst die weitere Unterhaltspflicht der Mutter gegenüber ihrer Tochter Martina K***** wegen deren Selbsterhaltungsfähigkeit weg. Michaela K***** legte im Jahre 1984 die Matura am Realgymnasium ab und studiert seit Herbst 1984 an der Universität Salzburg Theologie. Ihre Bedürfnisse haben sich durch das begonnene Studium und den damit verbundenen Aufenthalt im Studentenheim wesentlich erhöht. An den Wochenenden und in den Ferien hält sie sich im Haushalt des Vaters auf und wird dort betreut. Die Mutter verdient monatlich ca. S 10.000,--. Sie hat kein Vermögen und auch keine weiteren Sorgepflichten.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß nunmehr die Selbsterhaltungsfähigkeit von Michaela K***** noch nicht gegeben sei, da eine Realgymnasium-Matura keine abgeschlossene Berufsausbildung darstelle. Sie habe die Matura in kürzester Zeit geschafft, weshalb die für das Studium erforderlichen Fähigkeiten gegeben seien. Der Umstand, daß die Eltern über keine Hochschulbildung verfügten, verwehre es dem Kind nicht, eine solche anzustreben. Der Vater leistet durch die Betreuung an den Wochenenden und in den Ferien seinen Unterhaltsbeitrag. Darüber hinaus müsse er auch einen weiteren finanziellen Beitrag zum Unterhalt leisten, weil mit S 2.500,-- ohnehin der Unterhaltsbedarf eines 18-jährigen Mädchens nicht gedeckt werden könne. Bei ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei der Mutter ein Unterhaltsbetrag von S 2.500,-- zumutbar.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter nicht Folge. Es traf nachstehende ergänzende Feststellungen:
Michaela K***** wohnt seit Beginn ihres Theologiestudiums im Herbst 1984 in Salzburg im Studentenheim *****. Sie ist mindestens zweimal monatlich beim Vater und dessen nunmehriger Ehefrau in Mauthausen und wird in deren Haushalt betreut. Es wird ihr dabei die Wäsche gewaschen und das Essen bereitet. Sie hat dort auch ein eigenes Zimmer. Den Großteil der Ferien verbringt sie im Hause des Vaters. Sein Einkommen beträgt monatlich ca. S 19.000,-- netto. Außer für die Michaela K***** hat er keine Sorgepflichten.
Das Rekursgericht war im wesentlichen der gleichen Ansicht wie das Erstgericht. Es führte ua aus:
Mit der Ablegung der Reifeprüfung an einer allgemein bildenden höheren Schule werde an sich noch nicht die Selbsterhaltungsfähigkeit erlangt. Nach ständiger Judikatur hätten die Eltern zu einer höherwertigen weiteren Berufsausbildung des Kindes beizugetragen, wenn dieses die zum Studium erforderlichen Fähigkeiten besitzt, das Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt und den Eltern nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen eine Beteiligung an den Kosten eines Studiums möglich und zumutbar sei. Der Umstand, daß die Eltern keine Hochschulbildung erhalten haben, verwehre dem Kind nicht, eine solche anzustreben und damit in Zukunft bessere Einkommenschancen zu erwerben. Daß Michaela K***** zum begonnenen Theologiestudium grundsätzlich geeignet ist, ergebe sich zunächst daraus, daß sie die Reifeprüfung mit Erfolg abgelegt hat. Solange sie daher das gewählte Studium zielstrebig und erfolgreich betreibt, könne es ihr nicht mit dem Hinweis verwehrt werden, die primär unterhaltspflichtige Mutter habe selbst keine Hochschulausbildung und sei zur Finanzierung des Studiums außerstande. Die im Rekurs ins Treffen geführten Umstände, daß die Mutter anläßlich der Scheidung vom Vater auf einen Unterhalt verzichtet und diesem ihre Haushälfte und den Hausrat unentgeltlich überlassen habe, seien für die nunmehrige Unterhaltsbemessung ohne jede Bedeutung.
In dem dagegen erhobenen ao. Revisionsrekurs macht die Rekurswerberin offenbare Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Beschlusses geltend, weil sich die Gerichte nicht mit der Frage beschäftigt hätten, ob die Bedürfnisse des das Theologiestudium anstrebenden Kindes den Verhältnissen der unterhaltspflichtigen Mutter angemessen sind; auch sei die Tragweite eines seinerzeitigen Unterhaltsverzichtes nicht gebührend und ihre Vermögenslosigkeit nicht entsprechend in Rechnung gestellt worden.
Demgegenüber ist zwar zunächst festzuhalten, daß der ao. Revisionsrekurs keine bloße Unterhaltsbemessungsfrage zum Gegenstand hat, weil bei seiner Beurteilung in erster Linie die Frage der Ermöglichung des Theologiestudiums von Michaela K***** und damit die Frage von deren Berufsausbildung im Vordergrund steht (EFSlg. 23.610; 5 Ob 663/78; 3 Ob 532/85 ua); damit ist für die ao. Revisionsrekurswerberin aber noch nichts gewonnen:
Die Ermöglichung eines Studiums, die Berücksichtigung der Fragen für und wider und insbesondere auch die Beurteilung der Zumutbarkeit gegenüber dem Unterhaltspflichtigen ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, sondern im Streitfall vom Gericht nach Ermessen zu entscheiden (3 Ob 532/85 ua). Bei einer Ermessensentscheidung kann eine offenbare Gesetzwidrigkeit schon begrifflich nicht vorliegen (SZ 27/159; 3 Ob 538/84 ua). Nur wenn es an den entsprechenden Ermessenserwägungen dahin fehlte, daß nicht alle nach dem Gesetz zu berücksichtigenden Kriterien darin einbezogen worden wären, käme eine offenbare Gesetzwidrigkeit in Betracht (EFSlg. 21.404; 8 Ob 530/83 ua). Davon kann aber im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Das Rekursgericht hat vielmehr unter Heranziehung der Feststellungen des Erstgerichtes und durch deren Ergänzung alle für seine Ermessensentscheidung maßgebenden Kriterien berücksichtigt. Daß es hiebei zu der Ansicht gelangte, daß Michaela K***** für das Theologiestudium geeignet sei und daß der Mutter unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse von Vater und Mutter hiefür ein Unterhaltsbeitrag aufzuerlegen sei, vermag daher den allein geltend gemachten Rekursgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit nicht darzustellen.
Der ao. Revisionsrekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Textnummer
E130948European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00562.850.0619.000Im RIS seit
22.03.2021Zuletzt aktualisiert am
22.03.2021