TE OGH 1985/6/20 12Os86/85

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Veröffentlicht am 20.06.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Juni 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Walenta, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Rechberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Otto A und Franz B wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1 und 2 Z. 1, 128

Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Franz B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18.April 1985, GZ 6 Vr 4086/84-48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wird der Akt dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Franz B des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1 und 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB

(Punkt 1 des Urteilssatzes), sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB (Punkt 2 a und 2 b) schuldig erkannt. Darnach hat er jeweils in Graz am 6.November 1984 in Gesellschaft des Otto A als Beteiligten dem Egon C die im Spruch des angefochtenen Urteils angeführten fremden beweglichen Sachen in einem 5.000 S, nicht aber 100.000 S übersteigenden Wert durch Einbruch in dessen Geschäft mit Bereicherungsvorsatz weggenommen (zu Punkt 1 des Urteilssatzes); weiters am 13.September 1984 dem Klaus Michael D einen Faustschlag versetzt, was eine Prellung des Unterkiefers und Hautabschürfungen im Bereiche der Lippe zur Folge hatte (Punkt 2 a) und am 25.Oktober 1984 den Ernst E durch einen Faustschlag schwer verlepzt (Verlust von vier Zähnen im Bereiche des Unterkiefers mit damit verbundener Beeinträchtigung der Kaufähigkeit) (zu Punkt 2 b).

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 1, 4, 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Als nichtig im Sinne des erstangeführten Grundes bezeichnet der Angeklagte das Urteil, weil in der Hauptverhandlung am 7.März 1985 der Richter Dr. Bodo F mitgewirkt habe, der in diesem Verfahren als Untersuchungsrichter tätig war und auf den daher der Ausschließungsgrund des § 68 Abs 2 StPO zuträfe. Eine solche Nichtigkeit liegt jedoch nicht vor, da die Hauptverhandlung nach Vertagung i.S. des § 276 a StPO wiederholt wurde, weil mehr als ein Monat verstrichen ist und der genannte Richter an dieser (wiederholten) Verhandlung nicht mehr mitgewirkt hat (vgl. S. 375); abgesehen davon hat der Beschwerdeführer diesen Umstand nicht sofort nach dessen Kenntnis geltend gemacht, sodaß auch ein Verzicht anzunehmen ist (vgl. Mayerhofer/Rieder, StPO, zweite Auflage, ENr. 32 bei § 281 Abs 1 Z. 1 StPO).

Der Verfahrensrüge (Z. 4) mangelt es an der unerläßlichen prozessualen Grundlage, den in der Hauptverhandlung am 7.März 1985 gestellten Beweisantrag auf Beischaffung der roten Tragtasche aus den Eigeneffekten des Angeklagten (S. 346) in der (gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten) Hauptverhandlung am 18.April 1985 nach dem Inhalt der Verhandlungsschrift zu wiederholen (Foregger-Serini, StPO 2 , Anm. II bei § 276 a). Nur auf eine in der Hauptverhandlung beantragte, dann aber - sei es in oder ohne Abweisung des Antrages durch ein Zwischenerkenntnis - unterbliebene Beweisaufnahme hätte eine Geltendmachung der behaupteten Nichtigkeit gestützt werden können.

Mit den weiteren Ausführungen zu diesem Nichtigkeitsgrund - der Beschwerdeführer behauptet unter Hinweis auf eine angebliche öußerung des A nach Schluß der Verhandlung am 7.März 1985, daß der Genannte entgegen seiner Darstellung doch einen Grund gehabt habe, ihn (Beschwerdeführer) zu belasten - wird nur versucht, die Glaubwürdigkeit des Geständnisses des Mitangeklagten Otto A zu bekämpfen, auf welches das Schöffengericht den Schuldspruch zu Punkt 1 des Urteilssatzes im Zusammenhang mit den Aussagen der Zeugen Johann G und Willibald H gestützt hat und dadurch die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers für widerlegt erachtete. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang für die Richtigkeit der Verantwortung des Angeklagten, er sei mit A erst am 5.November 1984 um 21 Uhr in Graz im Gasthaus I zusammengetroffen, Zeugen anführt, von denen der Verteidiger erst am 10.Mai 1985 (also nach der Urteilsfällung) Kenntnis erlangt habe, alles mit dem Ziele, die Verläßlichkeit der Aussage des Otto A zu erschüttern, so ist dieses Vorbringen unbeachtlich. Denn das Nichtigkeitsverfahren dient lediglich der überprüfung des Urteils;

neue Tatsachen oder gar Wiederaufnahmsgründe können daher vom Obersten Gerichtshof nicht berücksichtigt werden (Mayerhofer-Rieder StPO 2 , Entscheidung Nr. 16 und 16 a zu § 281).

Nur die Beweiswürdigung des Erstgerichts wird mit dem Vorbringen bekämpft, der Aussage des A sei kein Glauben zu schenken, wobei auf einen angeblichen Widerspruch in dessen Aussage verwiesen wird, weil der Genannte vor dem Untersuchungsrichter zunächst behauptete, der Beschwerdeführer habe eine bei diesem Einbruch erbeutete Kameraausrüstung in eine Tragtasche gegeben (S. 101), in der Hauptverhandlung dann aber dazu aussagte, daß dieser den Fotoapparat wie ein Urlauber umgehängt gehabt habe. In Wahrheit betrifft diese Darstellung im Vorverfahren das Verhalten der beiden Täter am Einbruchsort (vgl. die Aussage des A, Seite 101, er habe in der Werkstätte des Geschäfts eine Tragtasche genommen, in welcher der Angeklagte diesen Fotoapparat verpackt habe), während in der Hauptverhandlung die Verbringung der Beute vom Tatort geschildert wird (vgl. Seite 376/377). Dieses Vorbringen erschöpft sich daher gleichfalls in dem Versuch, der leugnenden Darstellung des Angeklagten zum Durchbruch zu verhelfen und der Aussage des A den Beweiswert abzusprechen.

In seiner Mängelrüge (Z. 5) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Urteilskonstatierung, er sei nach dem gemeinsam verübten Einbruch zusammen mit Otto A mit dem Taxi zur Wohnung einer Freundin des Genannten in Graz, Schützenhofgasse, gefahren (Seite 416 und 418). Er bringt in diesem Zusammenhang lediglich vor, daß alle Nachforschungen nach dem Fahrer des von A erwähnten Mietwagens ergebnislos blieben und ins Leere gingen. In seiner Verfahrensrüge (Z. 4) verweist er gleichfalls auf diesen Umstand, bezeichnet die Aussage des A deshalb als unrichtig und behauptet, der Beschwerdeführer sei erst am nächsten Tag in die Wohnung gekommen. Damit zeigt er aber keinen Begründungsmangel in der Bedeutung der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO auf, sondern bekämpft im Ergebnis nur die Beweiswürdigung des Erstgerichts.

Die Rechtsrüge (Z. 9 lit b) ist zur Gänze nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Die Beschwerde geht nicht von den Feststellungen des Erstgerichts aus, der Beschwerdeführer sei bei Begehung der im Schuldspruch zu Punkt 2 b angeführten Tat (schwere Verletzung des Ernst E durch einen Faustschlag) zwar alkoholisiert, keinesfalls aber volltrunken gewesen (Seite 421/422), sondern greift auf seine vom Erstgericht als unglaubwürdig abgelehnte Verantwortung zurück und versucht nach Art einer Schuldberufung unter Wiedergabe aus dem Zusammenhang gerissener Teile der Aussage des Zeugen Ernst E und des Gutachtens des Sachverständigen Dr. Richard J die Verfahrensergebnisse anders zu deuten. Weil der geltend gemachte Subsumtionsirrtum demnach nicht, so wie dies das Gesetz für die Relevierung materiellen Nichtigkeitsgrundes erfordert, aus einem Vergleich des als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit den in Betracht kommenden Tatbeständen des materiellen Strafrechts abgeleitet wird, liegt auch hier keine gesetzmäßige Ausführung des angerufenen Nichtigkeitsgrundes vor. In sachlicher Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z. 5 StPO wird im Rahmen der Rechtsrüge die vom Erstgericht angenommene schwere Verletzung des Ernst E (Punkt 2 b des Urteilssatzes) als unzureichend begründet bezeichnet. Die Rüge übergeht dabei aber gänzlich jenes Beweismittel, auf welches das Schöffengericht diese Konstatierung stützte, nämlich das Gutachten des Sachverständigen OSR Dr. Richard J, der über Befragen des Verteidigers auch ausdrücklich dazu Stellung genommen hat, ob dem Zeugen nach dem Inhalt der objektiven Unterlagen auch tatsächlich vier Zähne ausgeschlagen worden sind (Seite 405). Da die Rüge hier nicht auf die gesamten im fraglichen Punkte wesentlichen Entscheidungsgründe abstellt, läßt sie eine prozeßordnungsgemäße Darstellung vermissen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 Z. 1, 285 a Z. 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Mangels gesetzmäßiger Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde war der Akt in sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs 6 StPO dem zur Entscheidung über die - noch zu erledigende - Berufung des Angeklagten zuständigen Oberlandesgericht Graz zuzuleiten.

Anmerkung

E05847

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0120OS00086.85.0620.000

Dokumentnummer

JJT_19850620_OGH0002_0120OS00086_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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