TE OGH 1985/6/25 4Ob338/85

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Veröffentlicht am 25.06.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr.Kuderna und Dr.Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B C D, Wien 4, Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr.Walter Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei 'SPORT K***' Sportartikel Handelsgesellschaft mbH., Wiener Neudorf, Indurstriezentrum Eüd, Straße 3, Objekt 16, vertreten durch Dr.Hans Perner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 200.000,--), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 7. März 1985, GZ 2 R 225/84-9, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 6.September 1984, GZ 38 Cg 420/84-4, teilweise abgeändert wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Nach dem von den Untergerichten als bescheinigt angenommenen Sachverhalt erschien in der Kronen-Zeitung vom 13.Juli 1984 ein die halbe Seite einnehmendes Inserat der beklagten Partei. Unter der überschrift 'Räumungsverkauf' wurden 25 Artikel aus den Bereichen Tennis, Fitness, Camping, Freizeit- und Sportswear angeboten. Hiebei handelte es sich zum überwiegenden Teil um Textilkleidungen und Schuhe, die zu - teilweise beträchtlich - reduzierten Preisen, welchen die ehemaligen Preise der beklagten Partei gegenübergestellt waren, angeboten wurden. Durch die Größe der Schrift wurden die Billigpreise, die überschrift und der Name der beklagten Partei besonders hervorgehoben. Die schräg gesetzten Bezeichnungen der Artikelgruppen 'Tennis', 'Fitness', 'Camping' und 'Sportswear' sprangen ebenfalls ins Auge (AS 59). In der überschrift wurde durch ein Sternchen auf folgenden fünfzeiligen, am Ende des Inserates gedruckten Text verwiesen, der die gleiche Schriftgröße wie die Bezeichnung der im Inserat angeführten Warenartikel hatte: 'Die Artikel sind filialmäßig unterschiedlich sortiert und werden zu den Terminen des Sommerräumungsverkaufs 1984 angeboten. Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich und Wien vom 14.Juli-4.August, Salzburg, Vorarlberg vom 21.Juli-4.August, Tirol vom 21.Juli- 11. August, Steiermark vom 28.Juli-8.August, Kärnten vom 4.August- 25. August Stattpreise = ehem. F G Preise.' Die Kammern der gewerblichen Wirtschaft haben in den jeweiligen Bundesländern für den Sommerschlußverkauf 1984 gemäß dem § 5 Abs1 AusVG (mit Ausnahme der Bundesländer Burgenland und Vorarlberg, für welche - ebenso wie für das Bundesland Oberösterreich - kein Termin festgelegt wurde) die vorgenannten Zeiträume festgesetzt. Es kann nicht als bescheinigt angenommen werden, daß die beklagte Partei am 13.Juli 1984 in den Bundesländern Salzburg, Tirol, Steiermark und Kärnten mit den Saisonschlußverkaufsveranstaltungen begonnen hat. Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab, mit welcher der beklagten Partei verboten werden sollte, einen Saisonschlußverkauf mit dem Wort 'Räumungsverkauf' oder sinnähnlichen Ausdrücken außerhalb der von den Landeskammern der gewerblichen Wirtschaft festgesetzten und kundgemachten Saisonschlußverkaufszeiträumen anzukündigen und/oder Sonderverkäufe, wie mit dem Wort 'Räumungsverkauf' oder sinnähnlichen Ausdrücken, Preisgegenüberstellungen und besonderen Preisherabsetzungen vier Wochen vor der von der zuständigen Kammer der gewerblichen Wirtschaft gemäß dem § 5 Abs1 AusVG festgesetzten Saisonschlußverkaufsfrist bekanntzumachen und mitzuteilen. Das Erstgericht vertrat die Auffassung, der in dem beanstandeten Inserat enthaltene Hinweis auf die für die einzelnen Bundesländer geltenden Zeiträume sei zwar nicht besonders auffällig, sei aber doch kaum zu übersehen. Da in Wien und Niederösterreich der Sommerschlußverkauf am Tag nach dem Erscheinen des Inserates begonnen habe, liege ein Verstoß gegen den § 5 Abs4 AusVG nicht vor. In bezug auf die anderen Bundesländer liege zwar ein Fristverstoß vor, doch sei das Erscheinen dieses Inserates in den betreffenden regionalen Ausgaben der Kronen-Zeitung nicht bescheinigt, sodaß ein Wettbewerbsverstoß nicht bejaht werden könne.

Infolge des Hinweises auf die in den einzelnen Bundesländern geltenden Zeiträume liege auch nicht eine Vorwegnahme des Saisonschlußverkaufs im Sinne des § 5 Abs3 AusVG vor. Entgegen der Rechtsansicht der beklagten Partei sei die Bestimmung des § 5 Abs4 AusVG eine wettbewerbsregelnde und keine wettbewerbsneutrale Vorschrift.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung teilweise dahin ab, daß es die beantragte einstweilige Verfügung unter Ausklammerung der siebentägigen Frist des § 5 Abs4 AusVG erließ; für diesen Zeitraum hat es das Mehrbegehren abgewiesen. Es sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, der Gesamtwert des Streitgegenstandes hingegen nicht S 300.000,-- übersteigt und daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Rekursgericht vertrat die Rechtsauffassung, der Sicherungsantrag berücksichtige nicht die vorerwähnte siebentägige Frist und sei daher in diesem Umfang nicht berechtigt. Wenn auch nicht bescheinigt sei, daß das beanstandete Inserat nicht nur in Wien und Niederösterreich, sonder darüberhinaus auch in den regionalen Ausgaben der Kronen-Zeitung für Kärnten, Tirol, Salzburg und Steiermark erschienen sei, beschränke sich die Wirkung eines solchen Inserates nicht auf jene Teile Österreichs, in denen die entsprechende Ausgabe der Kronen-Zeitung erschienen sei. Abgesehen davon, daß die Landesgrenzen kein Hindernis dafür bildeten, einen Filialbetrieb der beklagten Partei in einem benachbarten Bundesland aufzusuchen, sei es einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise möglich, in einem Urlaubsort den Bedarf zu decken. Das beanstandete Inserat sei eine für ganz Österreich wirksame 'Bekanntmachung' im Sinne der Bestimmungen des § 5 AusVG. Dieses Inserat sei aber hinsichtlich der Bundesländer Salzburg, Tirol, Kärnten und Steiermark vor der siebentägigen Frist des § 5 Abs4 AusVG erschienen. Unter Bedachtnahme auf den hiefür maßgebenden Gesamteindruck der Ankündigung auf den flüchtigen Durchschnittsinteressenten sowie auf die in das Auge springenden Worte 'Räumungsverkauf' und 'G' entstehe für den flüchtigen Leser der Eindruck, der Saisonschlußverkauf habe bereits am 13.Juli 1984 und somit vor dem offiziellen Beginn begonnen, zumal der Hinweis auf die einzelnen Sommerschlußverkaufszeiträume nicht besonders auffällig sei. Die Ankündigung verstoße daher auch gegen den § 5 Abs3 AusVG. Die Bestimmungen dieses Gesetzes dienten dem Schutz des lauteren Wettbewerbs und seien daher nicht wettbewerbsneutral. Gegen diese Entscheidung richtet sich der auf eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzielende Revisionsrekurs der beklagten Partei.

Die klagende Partei beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig - die Fragen des wettbewerbsregelnden Charakters des § 5 Abs4 AusVG sowie der Wirkung einer Ankündigung im Sinne des § 5 leg.cit. über die Grenzen des lokalen Bereiches, in dem sie in Form eines Inserates erfolgte, hinaus, wurden in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes noch nicht behandelt -; er ist aber nicht berechtigt.

Der Auffassung der beklagten Partei, die Bestimmungen des § 5 Abs3 und 4 AusVG seien wettbewerbsneutrale Vorschriften, sodaß ein Wettbewerbsverstoß schon aus diesem Grund nicht vorliege, kann nicht zugestimmt werden. Diese Bestimmungen sollen die Saisonschlußverkäufe an bestimmte Zeiträume binden und auf diese Weise für alle beteiligten Unternehmen insoweit gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht 14 1361; 4 Ob 329/85). Ohne eine solche Bindung könnte das Bestreben der einzelnen Mitbewerber, den anderen bei der Ankündigung der Abstoßung der Saisonware zuvorzukommen und sich dadurch einen größeren Interessentenkreis zu sichern, zu einem immer früheren, betriebswirtschaftlich nicht mehr zu rechtfertigenden Beginn der Abschlußverkäufe führen und durch eine solche übersteigerung des Wettbewerbs schließlich den Zweck der Einrichtung vereiteln (4 Ob 328/85). Diesem Zweck dient auch die siebentägige Frist des § 5 Abs4 AusVG betreffend die Bekanntmachungen und Mitteilungen über Verkaufsveranstaltungen im Sinne des § 5 Abs1 leg.cit. Auch diese Vorschrift regelt einen Teilbereich des Wettbewerbs und dient daher dem Schutz des lauteren Wettbewerbs. Die Unterschiedlichkeit der für die einzelnen Bundesländer geltenden Zeiträume sowie der Umstand, daß in einzelnen Bundesländern die zuständigen Kammern der gewerblichen Wirtschaft keinen Zeitraum festsetzen, sind entgegen der Meinung der beklagten Partei auf die Frage des wettbewerbsregelnden Charakters ohne Einfluß. Der beklagten Partei kann aber auch in ihrer Auffassung, das beanstandete Inserat verstoße nicht gegen den § 5 Abs4 AusVG, nicht gefolgt werden. Nach der Bestimmung des § 5 Abs4 AusVG dürfen Bekanntmachungen und Mitteilungen über Vekaufsveranstaltungen gemäß dem § 5 Abs1 AusVG nicht früher als 7 Tage vor dem Beginn der Verkaufsveranstaltung erfolgen und haben den Zeitraum, innerhalb dessen die Verkaufsveranstaltung stattfindet, anzugeben. Gegen diese Bestimmung verstößt das beanstandete Inserat deshalb, weil es hinsichtlich der Bundesländer Salzburg, Tirol, Kärnten und Steiermark, auf deren Räumungsverkaufstermine ausdrücklich hingewiesen wird, vor Beginn der siebentägigen Frist erschienen ist. In welchem Ausmaß das Inserat in bezug auf diese Bundesländer tatsächlich eine Werbewirkung entfaltet hat, ist für die Beurteilung seiner Wettbewerbswidrigkeit ohne Bedeutung. Entscheidend ist, daß die beklagte Partei auch für die in diesen Bundesländern gelegenen Filialen ihres Unternehmens geworben hat, mag die Zeitung in diesen Bundesländern vertrieben und gelesen worden sein oder nicht. Sie hätte, um einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 5 Abs4 AusVG zu vermeiden, in dem Inserat nicht nur den Hinweis auf die außerhalb der siebentägigen Frist liegenden Räumungsverkaufstermine unterlassen, sondern überdies darauf hinweisen müssen, daß diese Ankündigung nur für jene - namentlich anzuführenden - Bundesländer gelte, deren Räumungstermin innerhalb der siebentägigen Frist liegt. Das Rekursgericht hat nach den Ergebnissen des Provisorialverfahrens in diesem Punkt mit Recht einen Wettbewerbsverstoß als bescheinigt angenommen.

Hinsichtlich des vom Rekursgericht gleichfalls als bescheinigt angenommenen Verstoßes der beklagten Partei gegen die Bestimmung des § 5 Abs3 AusVG ist vom Gesamteindruck der Ankündigung auf den flüchtigen Durchschnittsinteressenten und nicht von dem Eindruck auszugehen, den einzelne Teile der Ankündigung hervorrufen (ÖBl.1984, 79 mwH). Diese vom Berufungsgericht in übereinstimmung mit der Rechtssprechung des Obersten Gerichtshofes vertretene Rechtsauffassung wird im Revisionsrekurs nicht bekämpft. Die beklagte Partei wendet sich lediglich gegen die vom Rekursgericht auf dieser Grundlage für den konkreten Fall gezogenen Folgerungen und meint, der flüchtige Durchschnittsinteressent habe beim Lesen des beanstandeten Inserates nicht den Eindruck eines vorweggenommenen Saisonschlußverkaufs gewinnen können. Die Richtigkeit der vom Rekursgericht vorgenommenen Beurteilung dieser Ankündigung nach dem Gesamteindruck kann jedoch vom Obersten Gerichtshof im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels nicht überprüft werden, weil der Frage, ob eine bestimmte Bekanntmachung oder Mitteilung nach ihrem Gesamteindruck den Eindruck einer vorweggenommenen Verkaufsveranstaltung im Sinne des § 5 Abs1 AusVG vermittelt, keine über den konkreten Einzelfall hinausreichende, für die Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung im Sinne der §§ 502 Abs4 Z 1, 528 Abs2 1.Satz ZPO zukommt (ÖBl.1984, 79 mwH). Die Beurteilung dieses Teiles der im vorliegenden Fall beanstandeten Ankündigung ließe auch keine über den Einzelfall hinausgehenden Anwendungskriterien für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes im Einzelfall gewinnen.

Der Revisionsrekurs muß daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 78, 393 Abs1, 402 EO, 40, 50, 52 ZPO begründet.

Anmerkung

E05989

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00338.85.0625.000

Dokumentnummer

JJT_19850625_OGH0002_0040OB00338_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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