Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr.Kuderna und Dr.Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B C
D, 4600 Wels, Hyrtlstraße 2, vertreten durch Dr.Karl Hans Schaumüller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Walter E OHG, 2.) Walter F, Kaufmann, 3.) Anna G,
Handelsfrau, sämtliche 1010 Wien, Postgasse 16, sämtliche vertreten durch Dr.Rudolf Stöhr und Dr.Johann Stöhr, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 330.000,--), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22. Feber 1985, GZ3 R 269/84-18, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 24. September 1984, GZ38 Cg 23/84-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen, welche im Umfang der Stattgebung des Unterlassungsbegehrens (Punkt 1. des Ersturteils) bestätigt werden, werden im übrigen dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:
'Das Mehrbegehren, die klagende Partei werde ermächtigt, den Spruch dieses Urteils binnen 6 Monaten nach Rechtskraft auf Kosten der beklagten Parteien mit Fettdruckumrandung und Fettdrucküberschrift sowie gesperrt geschriebenen Prozeßparteien im Textteil einer Samstagausgabe der periodischen Druckschrift 'Kurier' Ausgabe Wien veröffentlichen zu lassen, wird abgewiesen. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 29.508,85 bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz (darin enthalten S 2.504,44 Umsatzsteuer und S 1.960,-- Barauslagen) sowie die mit S 10.173,16 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 858,01 Umsatzsteuer und S 735,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.'
Die beklagten Parteien sind weiters zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.996,97 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 592,45 Umsatzsteuer und S 480,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist ein Verein, der unter anderem die Bekämpfung aller Erscheinungsformen unlauteren Wettbewerbs und die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen verfolgt. Die Erstbeklagte ist eine offene Handelsgesellschaft, die in 6 Geschäften in Wien den Handel mit Sportartikeln betreibt. Die zweit- und drittbeklagten Parteien sind persönlich haftende Gesellschafter der Erstbeklagten.
Die Klägerin beantragte, die Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr beim Einzelverkauf von Schischuhen an Letztverbraucher einen 3 % übersteigenden Barzahlungsnachlaß zu gewähren. Sie beantragte ferner die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der beklagten Parteien im Textteil einer Samstagausgabe der Tageszeitung 'Kurier' Ausgabe Wien. Die Klägerin brachte vor, am 15.12.1983 sei dem behördlich konzessionierten Detektiv Georg H in einem Geschäft der Erstbeklagten beim Kauf von Schischuhen ein Preisnachlaß von 10,32 % gewährt worden. Gegen die Beklagten sei wegen Verstoßes gegen das Rabattgesetz beim Verkauf von Surfbrettern bereits früher ein Anerkenntnisurteil erflossen.
Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen und wendeten ein, sie hätten vom 15.12.1983 bis 30.12.1983 eine allgemeine Preissenkung für verschiedene Produkte vorgenommen und diese durch Inserate und Flugblätter angekündigt. Im Rahmen dieser Aktion seien die Schischuhe verbilligt abgegeben worden. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:
Die Erstbeklagte führte vom 15. bis 30.12.1983 eine Preissenkungsaktion für verschiedene Typen von Schischuhen durch und warb hiefür mit einem Flugblatt. Während solcher Aktionen dekoriert die Erstbeklagte regelmäßig Auslagen mit Flugblättern und legt diese auch in ihren Geschäften auf. Georg H, ein von der Klägerin beauftragter Detektiv, führte den Testkauf am ersten Tag dieser Aktion, dem 15.12.1983, durch. Zu diesem Zeitpunkt war die geplante Dekoration einer Auslage mit dem genannten Flugblatt im Geschäft der Erstbeklagten noch nicht durchgeführt. Auch im Inneren des Lokals waren keinerlei Hinweise auf die Preisaktion angebracht. H suchte sich Schischuhe der Marke 'Dachstein Lady Team', auf denen ein Schild mit dem Preis 'S 1.695' angebracht war, aus. Der Verkäufer der Erstbeklagten, Hans I, bestätigte die Richtigkeit dieser Preisauszeichnung. H sagte nun zum Verkäufer, er habe 'von einem Bekannten im Ministerium' gehört, daß man Rabatt bekommen könne. Der Verkäufer antwortete, das ginge ohne weiteres, schlug den Preis der Schischuhe auf einer bei der Kassa liegenden Klarsichtfolie nach und stellte eine Rechnung mit folgendem Inhalt aus: 'Dachstein SA S 1.520'.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Ansicht, ein Verstoß gegen das Rabattgesetz liege vor, obwohl der Testkauf während einer Preissenkungsaktion durchgeführt wurde, in Wahrheit also ein individueller Preisnachlaß gar nicht gewährt worden sei. Es komme nämlich nur auf den Eindruck an, der beim angesprochenen Interessenten erweckt würde. Ein durchschnittlicher Interessent werde trotz des Vermerkes 'SA' auf der Rechnung nicht bezweifeln, daß ihm ein individueller Nachlaß gegeben worden sei. Wiederholungsgefahr liege vor, weil die Beklagten den Wettbewerbsverstoß nachdrücklich bestritten. Auch das Veröffentlichungsbegehren sei im Hinblick auf den Umfang der geschäftlichen Tätigkeit der Erstbeklagten in sechs Filialen in Wien berechtigt.
Das Berufungsgericht verwarf die Berufung der Beklagten, soweit sie Nichtigkeit geltend machte und gab ihr im übrigen nicht Folge. Es sprach ferner aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteigt. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen Rechtsansicht. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit den Anträgen, es im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung oder zumindest im Sinne einer Abweisung des Veröffentlichungsbegehrens abzuändern. Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist teilweise berechtigt.
Soweit die Beklagten meinen, das Unterlassungsbegehren sei deshalb nicht berechtigt, weil der Testkäufer ein Detektiv gewesen sei und ihm nicht zugemutet werden könne, er habe persönlich den Eindruck der Gewährung eines unzulässigen Preisvorteils erlangt, kann ihnen nicht beigepflichtet werden. Die festgestellte Vorgangsweise des Verkäufers der Erstbeklagten konnte mangels jeglichen Hinweises auf eine allgemeine Preissenkung nicht anders verstanden werden, als daß damit ein individueller Preisnachlaß gewährt würde. Daß dies tatsächlich nicht der Fall war, weil die Ware ab diesem Tag allgemein zu dem verbilligten Preis abgegeben wurde, ist ohne Bedeutung, weil es nur darauf ankommt, ob beim Käufer der Eindruck erweckt wird, daß ihm ein Preisnachlaß gegenüber den allgemein verlangten Preisen gewährt wird. Es kommt daher nicht darauf an, daß in Wahrheit gar kein individueller Preisnachlaß gewährt wurde (ÖBl.1979,140; ÖBl.1980,141; ÖBl.1983,18 u.a.). Das Unterlassungsbegehren war daher berechtigt, weshalb der Revision in diesem Umfang ein Erfolg zu versagen war.
Hingegen ist die Revision berechtigt, soweit sie sich gegen das Veröffentlichungsbegehren wendet. Erwiesen ist nur, daß die Beklagten den Rabattverstoß gegenüber einem Testkäufer begangen haben, welcher von der Klägerin zur Erhärtung des gegen die Beklagten bestehenden Verdachtes unzulässiger Rabattgewährung eingesetzt wurde. Kontrollorgane dieser Art können schon begrifflich nicht als 'Publikum' angesehen werden, zu dessen Aufklärung es einer Urteilsveröffentlichung bedürfte. Daß die Gesetzesverstöße der Beklagten über diesen beschränkten Personenkreis hinaus in irgendeiner Weise an die Öffentlichkeit gedrungen wären, wurde nicht festgestellt. Sind damit aber schon mangels jeder Publizität des beanstandeten Verhaltens der Beklagten auch in Zukunft keine nachteiligen Auswirkungen dieses Rabattverstoßes zu erwarten, dann fehlt es schon deshalb an einem zureichenden Grund für die Aufklärung der Öffentlichkeit durch Publizierung des Unterlassungsgebotes (ÖBl.1984,81 mwN). Wenn die Klägerin meint, das Veröffentlichungsbegehren sei deshalb gerechtfertigt, weil die Beklagten trotz des Anerkenntnisurteiles im Vorprozeß weiterhin unzulässige Rabatte gewährt hätten, übersieht sie, daß Gegenstand der Aufklärung des Publikums das in diesem Verfahren inkriminierte Verhalten der Beklagten und nicht der Umstand ist, daß sie einen gleichartigen Verstoß trotz vorangegangener Verurteilung begangen hat. Eine Aufklärung des Publikums über den nunmehrigen Verstoß ist aber nicht erforderlich.
In teilweiser Stattgebung der Berufung war daher das Veröffentlichungsbegehren abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens auf die § 43 Abs 1 und 50 ZPO. Dabei war davon auszugehen, daß das Unterlassungsbegehren zwar überwiegt, dem Veröffentlichungsbegehren aber doch eine über die Bewertung durch die Klägerin hinausgehende Bedeutung zukommt, die mit etwa einem Viertel des Streitwertes angenommen werden kann, weshalb der Klägerin die halben Kosten aller Instanzen zuzusprechen waren. Von den verzeichneten vorprozeßesualen Kosten waren nur die Auslagen für den Schuhkauf, nicht aber die Detektivkosten zur Rechtsverfolgung erforderlich.
Anmerkung
E06143European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00348.85.0625.000Dokumentnummer
JJT_19850625_OGH0002_0040OB00348_8500000_000