TE OGH 1985/6/26 3Ob577/85

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Veröffentlicht am 26.06.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Jost A, Rechtsanwalt, Eisengasse 21, 6850 Dornbirn, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Ing. Werner B, Techniker, Scheibe 26, 6890 Lustenau, wider die beklagte Partei C Gesellschaft m.b.H., Rennweg 9, 1030 Wien, vertreten durch Dr. Alfred Holzberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Anfechtung im Konkurs (Streitwert S 114.999,20) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 5. Juni 1984, GZ 11 R 122/84-51, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 29. Dezember 1983, GZ 18 Cg 246/80-43, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Die Rechtssache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung:

Die Beklagte erwirkte am 3. August 1978 zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von S 114.999,20 samt Zinsen und Kosten auf Grund des Versäumungsurteiles des Erstgerichtes vom 18. Mai 1978, GZ 6 Cg 180/78-2 die zwangsweise Pfandrechtsbegründung durch die bücherliche Einverleibung des Pfandrechtes auf die dem Schuldner gehörige Liegenschaft EZ 4464 der Katastralgemeinde Lustenau. Am 2. Juli 1979 eröffnete das Landesgericht Feldkirch über das Vermögen des Schuldners den Konkurs.

Mit der am 27. Juni 1980 erhobenen Anfechtungsklage verlangt der Masseverwalter im Konkurs des Schuldners die Feststellung der Unwirksamkeit der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung und die Einwilligung in die Pfandrechtslöschung. Der Schuldner sei schon seit Anfang 1978 zahlungsunfähig gewesen. Die Beklagte habe daher nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit eine Sicherstellung erlangt, die sie nicht zu beanspruchen hatte und sei dadurch vor den anderen Gläubigern durch inkongruente Deckung begünstigt worden (§ 30 Abs 1 Z 1 KO).

Die Beklagte beantragte, das Begehren abzuweisen, weil der Anfechtungstatbestand nicht vorliege. Der Schuldner habe bis knapp vor Konkurseröffnung Zahlungen geleistet. Die Zahlungsunfähigkeit sei daher jedenfalls erst nach der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung eingetreten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es traf dazu die folgenden Feststellungen:

Der Schuldner betrieb ein Konstruktionsbüro. Er erwarb im April 1977 von der Beklagten einen Rechencomputer mit Software. Sein Einkommen im Jahr 1977 war unbedeutend. Zahlreiche Exekutionen waren gegen ihn anhängig. Seit Mitte 1977, spätestens Anfang 1978 war der Schuldner zahlungsunfähig. Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 24. August 1982, GZ 15 b E Vr 1632/82 Hv 642/82-21, unter anderem wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB rechtskräftig vom Strafgericht verurteilt, weil er in der Zeit seit spätestens Anfang 1978 bis Anfang Juli 1979 als Schuldner mehrerer Gläubiger in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung seiner Gläubiger durch Eingehen neuer Schulden, Zahlung von Schulden und Unterlassung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereitelt oder geschmälert hat.

Das Erstgericht stützte sich dabei auf das Gutachten des Buchsachverständigen, das wenigstens hinsichtlich des 'Zeitpunktes der überschuldung' schlüssig sei, die Exekutionsakten und den Strafakt und meinte, es sei nach § 268 ZPO an die dem rechtskräftigen strafgerichtlichen Erkenntnis zugrunde gelegte Tatsache, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners seit Anfang 1978 vorlag, gebunden. Die nicht länger als ein Jahr vor Konkurseröffnung durch Begründung des Zwangspfandrechtes erfolgte Sicherstellung der Beklagten, die nur Anspruch auf Zahlung gehabt habe, sei nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erfolgt und daher nach § 30 Abs 1 Z 1 KO anfechtbar.

Das Berufungsgericht bestätigte.

Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000,-- nicht aber S 300.000,-- übersteigt und daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht lehnte die in der Berufung vorgetragene Ansicht der Beklagten ab, eine Bindung an die vom Strafrichter in seinem rechtskräftigen verurteilenden Erkenntnis angenommene Tatsachenfeststellung, daß Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schon Anfang 1978 vorlag, bestehe nicht. Wenn die Entscheidung von dem Beweise und der Zurechnung einer strafbaren Handlung abhänge, sei der Zivilrichter nach § 268 ZPO an den Inhalt des darüber ergangenen rechtskräftigen verurteilenden Erkenntnisses des Strafgerichtes insoweit gebunden, als dieses die Tatbestandsmerkmale der strafbaren Handlung enthalte, wegen der die Verurteilung erfolge. Die Bindung erstrecke sich auch auf die in das Erkenntnis zur Individualisierung der Tat aufgenommenen konkreten Tatsachen. Dazu zähle die Tatsache, daß der Schuldner die Vereitlungs- und Schmälerungshandlungen in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Anfang 1978 eingetretenen Zahlungsunfähigkeit setzte. Diese Feststellung sei aber auch auf Grund der übrigen Beweisergebnisse zu rechtfertigen, weil der Sachverständige unbedenklich und schlüssig den Zeitpunkt des Eintrittes der Zahlungsunfähigkeit mit spätestens Anfang 1978 ermittelt habe und allein 1977 gegen den Schuldner schon acht Fahrnisexekutionen bewilligt wurden, in keinem Fall die Forderung gedeckt war und weitere pfändbare Gegenstände nicht vorgefunden wurden. Dies alles spreche dafür, daß der Schuldner jedenfalls schon Anfang 1978 seine fälligen Verbindlichkeiten mangels parater Zahlungsmittel nicht erfüllen konnte und daher zahlungsunfähig war. Die erst nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erfolgte Sicherstellung der Beklagten sei nach § 30 Abs 1 Z 1 KO anfechtbar, weil sie keinen materiellrechtlichen Anspruch auf Erwerb eines Pfandrechtes hatte und daher für ihre Forderung eine inkongruente Deckung erlangte, die zu einer objektiven Begünstigung der Beklagten führte. Daß das Pfandrecht - infolge mittlerweile erfolgter Zwangsversteigerung der Liegenschaft - gelöscht wurde, sei als Neuerung im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen. Das Urteil des Berufungsgerichtes bekämpft die Beklagte mit ihrer außerordentlichen Revision wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichtes als nichtig aufzuheben, allenfalls dieses und das Urteil des Erstgerichtes aufzuheben und die Rechtssache zu neuer Entscheidung zurückzuverweisen, allenfalls auch das Urteil des Berufungsgerichtes abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen.

Die Zulässigkeit der Revision begründet die Beklagte im Sinne des § 506 Abs 1 Z 5 ZPO mit der Bedeutung der zu beantwortenden Rechtsfrage nach dem Umfang der Bindungswirkung des Strafurteiles und dem Abweichen der Entscheidung des Berufungsgerichtes von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 268 ZPO. Der Oberste Gerichtshof hat bei der ersten Prüfung der Zulässigkeit der Revision gefunden, daß das außerordentliche Rechtsmittel nicht mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zurückzuweisen ist und daher dem Revisionsgegner mitgeteilt, daß ihm die Beantwortung der Revision freistehe (§ 508 a Abs 2 ZPO).

Der Kläger hat beantragt, die außerordentliche Revision zurückzuweisen, ihr aber jedenfalls nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Der von der Revisionswerberin aufgeworfenen Frage, ob das verurteilende Erkenntnis des Strafgerichtes wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs 1 Z 2 StGB nach § 268 ZPO den Richter auch insoweit bindet, als der Zeitpunkt des Eintrittes der Zahlungsunfähigkeit des Verurteilten festgestellt ist, kommt erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zu. Von ihrer Beantwortung hängt aber auch die Entscheidung über den Anfechtungsanspruch nach § 30 Abs 1 Z 1 KO ab. War nämlich zur Zeit der Erlangung der Sicherstellung der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit bereits eingetreten, ist sie vom Anfechtungsrecht des Masseverwalters betroffen und den Konkursgläubigern gegenüber ohne Rechtswirkung.

Es ist herrschende Ansicht, daß die im § 268 ZPO geschaffene Bindung eigener Art an den Inhalt eines über die Zurechnung einer strafbaren Handlung ergangenen rechtskräftigen verurteilenden Erkenntnisses des Strafgerichtes (Fasching III 250; Holzhammer, Zivilprozeßrecht 2 , 18), nur für Tatsachen gilt, nicht aber für deren rechtliche Qualifikation, und daß nur die Feststellung solcher Tatsachen bindet, die den Beweis oder die Zurechnung der strafbaren Handlung betreffen, soweit sie im Spruch des Strafurteiles genannt oder in den Entscheidungsgründen erwähnt und Tatbestandsmerkmal der Straftat bilden oder zu deren Konkretisierung erforderlich sind (Fasching, Handbuch, Rz 861; EvBl 1974/84; ZVR 1976/177; SZ 54/150; SZ 55/154). Die Vorschrift des § 268 ZPO soll sicherstellen, daß die vom Gesetzgeber als weiterreichend angesehenen (Richtigkeits-)Garantien des offiziosen Strafprozesses bezüglich seiner Wahrheitsforschung dem Zivilgericht zugute kommen (Fasching III 252) und wirkt nicht nur gegen den Verurteilten sondern auch jeden Dritten, gegen den im Zusammenhang mit der dem Strafurteil zugrunde gelegenen Handlung Ansprüche geltend gemacht werden. Die insoweit bindende Wirkung, als die strafbare Handlung erwiesen und der bestimmten Person zuzurechnen ist, gilt auch in Fällen, in denen die im Zivilprozeß durch die Feststellungen des Strafurteils berührte Partei im Strafverfahren gar kein rechtliches Gehör finden konnte, ohne daß darin ein Verstoß gegen Art. 6 Abs 1 MRK läge (RZ 1977/75; EvBl 1982/164; anderer Meinung allerdings Fasching, Handbuch, Rz 862; Bauerreiß in ZVR 1974, 65; Sperl in ÖJZ 1971, 200). Die Bindung nach § 268 ZPO bewirkt, daß der Zivilrichter keine vom Strafurteil abweichenden Feststellungen über den Nachweis der strafbaren Handlung, ihre Zurechnung und den Kausalzusammenhang zwischen der strafbaren Handlung und ihren Folgen treffen darf (SZ 55/154; SZ 42/84; SZ 23/385 ua.). Daß das rechtskräftige verurteilende Erkenntnis des Strafgerichtes durch einen Vermerk nach § 488 Z 7 und § 458 Abs 2 StPO ersetzt wurde, der unter anderem das Erkenntnis über die Schuldfrage enthalten und aussprechen mußte, welcher Tat der Angeklagte schuldig befunden worden ist, und zwar unter ausdrücklicher Bezeichnung der einen bestimmten Strafsatz bedingenden Tatumstände, und welche strafbare Handlung durch die als erwiesen angenommenen Tatsachen, deren der Angeklagte schuldig befunden worden ist, begründet wird (§ 458 Abs 2 Z 1, § 270 Abs 2 Z 4 und § 260 Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO), wenn auch diese Angaben ganz oder teilweise durch Verweisung auf den Strafantrag ersetzt werden können (§ 488 Z 7 StPO), ändert nichts an der bindenden Wirkung des Strafurteils nach § 268 ZPO. Der gegenteiligen Ansicht von Fasching (Handbuch Rz 860) kann nicht gefolgt werden, weil auch der Protokolls- und Urteilsvermerk alle für die Beurteilung der dem Schuldspruch zugrunde gelegten Tatumstände erforderlichen Angaben enthalten muß und enthält, mag auch die Bezugnahme auf in den Entscheidungsgründen angeführte Tatsachen ausscheiden, weil die Entscheidungsgründe nicht beizufügen sind. In der Entscheidung EvBl 1982/164 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß zur Lösung der Frage der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners eine rechtliche Schlußfolgerung (aus dem Verhältnis seiner Mittel zu seiner Schuldenbelastung; so Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht, 32) nötig sei, die trotz der strafgerichtlichen Verurteilung des Gemeinschuldners dem Zivilgericht zukomme. Auch dieser Entscheidung lag eine Anfechtungsklage des Masseverwalters zugrunde, die auf Feststellung gerichtet war, daß von der Gemeinschuldnerin an ihre Bank nach Eintritt der überschuldung geleistete Zahlungen und abgegebene Bürgschaftserklärungen den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam seien. Dort war der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft m.b.H., über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde, rechtskräftig wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146 und 147 Abs 3 StGB verurteilt und in den Entscheidungsgründen festgestellt worden, daß die Gemeinschuldnerin ab einem bestimmten Zeitpunkt zahlungsunfähig und überschuldet war. Auch in anderen bisher unveröffentlicht gebliebenen Entscheidungen (etwa 6 Ob 105/71 vom 26. Mai 1971) hat der Oberste Gerichtshof zum Ausdruck gebracht, daß es zur Lösung der Frage der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners einer rechtlichen Schlußfolgerung bedürfe, die vom Zivilgericht selbständig, also ohne Bindung an die in einem strafgerichtlichen Erkenntnis angenommene Zahlungsunfähigkeit vorzunehmen ist.

Es bedarf daher im Tatsachenbereich einer über den zitierten Protokolls- und Urteilsvermerk hinausgehenden Grundlage, um abschließend beurteilen zu können, ob die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners am 3. August 1978 schon eingetreten war. Die Zahlungsunfähigkeit unterscheidet sich nun von der bloßen Zahlungsstockung, bei der die benötigten Mittel alsbald beschafft werden können (JBl 1970, 382; SZ 38/61 ua.) dadurch, daß ein nicht bloß vorübergehender, sondern dauernder Mangel an Zahlungsmitteln besteht, der den Schuldner hindert, seine fälligen Schulden zu bezahlen, mag er auch noch einzelne Zahlungen leisten (Bartsch-Heil, Insolvenzrecht 4 , Rz 16; Petschek-Reimer-Schiemer, 30 f.;

Bartsch-Pollak 3 II 59; Sprung-Schuhmacher in JBl 1978, 122 ff.;

SZ 40/146; SZ 43/51; SZ 45/57, EvBl 1982/164 ua.).

Die Vorinstanzen gingen davon aus, daß es nicht einer rechtlichen Schlußfolgerung aus Tatsachen bedürfe, um die entscheidende Frage beantworten zu können, ob bei Erwerb der inkongruenten Deckung durch die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schon eingetreten war, weil sie eine Bindung an das strafgerichtliche Erkenntnis annahmen, das vom Eintritt der Zahlungsunfähigkeit spätestens Anfang 1978 ausging. Das Erstgericht hat nun wohl auch darauf hingewiesen, daß sich der 'Zeitpunkt der überschuldung' aus dem 'wenigstens in dieser Hinsicht schlüssigen Gutachten des Sachverständigen' die Vielzahl der gegen den Schuldner anhängig gewesenen Exekutionsverfahren aus den beigeschafften Akten ergebe. Es hat aber seine Annahme, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schon vor August 1978 eingetreten war, nicht auf diese Andeutungen gestützt, sondern mit der Bindung nach § 268 ZPO begründet.

Das Berufungsgericht hat diese rechtliche Beurteilung geteilt und die Zahlungsunfähigkeit seit Anfang 1978 mit dem Strafurteil als erwiesen angesehen. Es hat allerdings beigefügt, daß diese Feststellung auch auf Grund der übrigen Beweisergebnisse gerechtfertigt gewesen wäre, weil das Gutachten dies schlüssig und unbedenklich ergeben habe und gegen den Schuldner schon im Jahr 1977 acht Fahrnisexekutionsverfahren anhängig waren, ohne daß die betriebenen Forderungen gedeckt und weitere pfändbare Gegenstände vorgefunden worden wären.

Da aber auch das Berufungsgericht von der Bindung an das strafgerichtliche Erkenntnis ausging, läßt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit sagen, daß das Berufungsgericht damit im Tatsachenbereich die Entscheidungsgrundlagen geschaffen hat und schaffen wollte, aus denen der rechtliche Schluß gezogen werden kann, der Schuldner sei jedenfalls schon vor dem 3. August 1978 nicht in der Lage gewesen, (alle) seine fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen, weil ihm dafür die Mittel fehlten und auch nicht alsbald herbeigeschafft werden konnten.

Das Berufungsgericht wird aber im Sinne der neuen Vorschrift des § 496 Abs 3 ZPO (vgl. Petrasch, Zivilverfahrens-Novelle 1983, ÖJZ 1985, 264) in der Lage sein, die Tatsachengrundlagen so zu erweitern, daß eine abschließende rechtliche Beurteilung des Anfechtungsanspruches erfolgen kann. Der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, kann die noch fehlenden weiteren Feststellungen über die dem Schuldner im Jahr 1978 zur Verfügung stehenden Mittel, um seine fälligen Schulden alsbald begleichen zu können, nicht nachtragen. Der Einwand der Beklagten, aus gegen den Schuldner erfolglos geführten Exekutionsverfahren lasse sich kein Schluß auf die Zahlungsunfähigkeit ziehen, ist verfehlt. Kann der Schuldner nicht einmal mit Exekution andringende Gläubiger innerhalb zumutbarer Frist befriedigen, wird dies gewiß einen Rückschluß auf die objektiv zu beurteilende Zahlungsfähigkeit erlauben. Ob dann eine große Zahl von Personen zahlungsunfähig wäre, weil gegen zahlreiche Verpflichtete Exekutionen anhängig sind, spielt hier keine Rolle. Der Revisionswerberin ist allerdings zuzugeben, daß es sich bei dem bloßen Hinweis auf anhängig gewesene Exekutionsverfahren ohne nähere Feststellungen über Eintritt der Fälligkeit und die Unfähigkeit des Schuldners, die Forderungen zu befriedigen, wie sie sich etwa aus den im Strafakt erliegenden Gläubigerfragebögen ergeben können, um keine ausreichende Sachverhaltsfeststellung handelt.

Es ist daher der Revision Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.

Anmerkung

E05964

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00577.85.0626.000

Dokumentnummer

JJT_19850626_OGH0002_0030OB00577_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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