Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Ing. Hans A, Kaufmann, Wopfing Nr. 9, 2754 Waldegg, vertreten durch Dr. Gernot Hain, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider den Antragsgegner Karl B, Transportunternehmer, Wopfing Nr. 11, 2754 Waldegg, vertreten durch Dr. Ernst Schilcher, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen Durchführung von Erhaltungsarbeiten gemäß § 6 MRG infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 18. Februar 1985, GZ R 461/84-37, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 22. September 1984, GZ 2 Msch 2/83-28, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der Antragsteller schloß im Jahre 1972 mit dem damaligen Eigentümer der Liegenschaft EZ 400 und 401 KG Wopfing einen mündlichen Mietvertrag über die gesamte Liegenschaft. Vor Abschluß dieses Mietvertrages gab es auf der Liegenschaft die 'WOPFINGER-MASCHINENFABRIK'. Im August 1972 wurde über das Vermögen dieser Maschinenfabrik der Konkurs eröffnet. Bis etwa November 1972 wurden die Maschinen dieser Fabrik demontiert und verbracht. Ab 1. Dezember 1972 betrieb der Antragsteller auf dem Gelände eine Armaturenfabrik. Was in der Konkursmasse nicht mehr verwertbar war, blieb auf der Liegenschaft und wurde teilweise nach Instandsetzung zusammen mit neu gekauften Maschinen vom Antragsteller weiter benützt. Eine Betriebspflicht war vertraglich nicht vereinbart; der Antragsteller übernahm von der C D auch keinen Kundenstock. An Mietzins bezahlt er derzeit 6.000 S monatlich ohne Umsatzsteuer; er trägt auch die Kosten der Rauchfangkehrung, Müllabfuhr und Wassergebühr. Grundsteuer, Feuerversicherung und Haftpflichtversicherung für das Gebäude bezahlt er nicht. Auf der Liegenschaft gibt es eine Reihe von Wohngebäuden, die etwa 1928 erbaut wurden; ihr Zustand ist dem Alter entsprechend. Vom Eigentümer der Liegenschaft wurden bisher keine Investitionen zur Renovierung dieser Gebäude vorgenommen. Der Hauptnutzungsgegenstand ist der als Maschinenhalle bezeichnete Gebäudekomplex mit den Büros und dem Turbinenhaus. Die übrigen auf der Liegenschaft befindlichen Gebäude sind Nebengebäude, in denen sich Lagerräume und ein Aufenthaltsraum sowie ein Bad für die Dienstnehmer befinden. Zwischen den Lagerräumen und dem Hauptgebäudekomplex befindet sich ein noch von der C D neu gebautes Zwischenobjekt. Darin steht eine unbrauchbare Presse. Der Arbeitsbereich der Arbeiter und Angestellten erstreckt sich auf den gesamten Bereich des Hauptgebäudes.
Ing. A stellte - nach dem letzten Stand des Verfahrens - den Antrag, Karl B gemäß § 6 MRG den Auftrag zu erteilen, bestimmte Erhaltungsarbeiten am Dach der auf dem Grundstück Nr. 11/1 der Liegenschaft EZ 401 KG Wopfing befindlichen 'Maschinenhalle' durchzuführen. Das Dach der auf der von ihm gemieteten Liegenschaft befindlichen Maschinenhalle weise sich ständig vergrößernde Schäden auf; es fehlten Dachziegel und dürfte auch die Dachkonstruktion schon gelitten haben. Es seien daher verschiedene Zimmermanns-, Dachdecker- und Spenglerarbeiten im Gesamtausmaß von 320.969,44 S erforderlich, um diese ernsten Schäden am Dach zu beheben. Der Antragsgegner könne diese Erhaltungsmaßnahmen aus der vorhandenen Mietzinsreserve decken, zumal diese den Betrag von 576.000 S ausmache.
Der Antragsgegner begehrte die Abweisung des Antrages. Der Antragsteller sei nicht Mieter, sondern Pächter der Liegenschaft, sodaß nicht die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes, sondern jene des ABGB Anwendung fänden. Unabhängig davon sei die Maschinenhalle abbruchreif, für jede sinnvolle Produktionstätigkeit unbrauchbar und wäre die Behebung von etwaigen Schäden am Dach unwirtschaftlich und unzumutbar. Dazu komme noch, daß nur ein kleiner Teil des Daches der Maschinenhalle schadhaft sei und damit, wenn überhaupt, nur dieser Teil zu reparieren wäre. Die vom Antragsteller vorgesehene Sanierung umfasse die gesamte Dachfläche der Maschinenhalle; derart umfangreiche Arbeiten seien auch technisch nicht notwendig. Das Erstgericht trug dem Antragsgegner auf, binnen drei Monaten am Dach der 'Maschinenhalle' die vom Antragsteller begehrten Zimmerer-, Spengler- und Dachdeckerarbeiten im Gesamtausmaß von 320.969,44 S durchzuführen.
Die vom Erstgericht über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus getroffenen Feststellungen lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
Der als 'Maschinenhalle' bezeichnete eingeschoßige Gebäudekomplex umfaßt etwa 1/3 bis 1/4 der Grundfläche des Baubestandes. An diesem Objekt sind wesentliche Schäden an der Dachdeckung vorhanden, wobei eindringendes Niederschlagswasser auch die hölzerne Dachstuhlkonstruktion bereits in Mitleidenschaft gezogen hat. Die übrigen Baulichkeiten befinden sich zwar in keinem guten, aber doch für die nächste Zukunft noch nicht dringend reparaturbedürftigen Zustand. Die Maschinenhalle hat eine Grundfläche von etwa 12 x 43 m, ist ein Massivbau der einen hölzernen Dachstuhl mit durchgehend aufgesetzter First-Laterne trägt. Das Dach ist mit Falzziegel gedeckt und mit Dachrinnen ausgestattet. Die Instandhaltung der Dachdeckung wurde lange Zeit vernachlässigt. Ursprünglich vorhandene altersbedingte Kleinschäden - verwitterte und gesprungene Dachziegel wie auch morsch gewordene vom Wind losgerissene Schalbretter der Laterne - vergrößerten sich durch Wind und Wetter zusehends. So entstand durch eindringendes Niederschlagswasser auch an der Dachstuhlkonstruktion an mehreren Stellen namhafte Schäden, die sogar deren Stand- und Tragsicherheit bereits in Frage stellen. Die Unterlassung der Instandsetzung würde das Gebäude in naher Zukunft der Unbenützbarkeit und dem Verfall preisgeben. Die totale Abräumung der alten Ziegeldeckung und deren Ersatz durch eine gegen Sturm wesentlich widerstandsfähige Eindeckung mit Welleternit ist zweckmäßig, weil kleine Reparaturen an der Ziegeldeckung beim großen Ausmaß der Schäden und deren altersbedingter geringer Resthaltbarkeit unwirtschaftlich wären. Zur Erhaltung des Gebäudes auf dem Grundstück Nr. 11/1 der Liegenschaft EZ 401 KG Wopfing sind die im Kostenvoranschlag der Zimmerei H. E mit einem Kostenaufwand von 68.841,20 S vorgesehenen Zimmererarbeiten, die im Kostenvoranschlag der F GesmbH angebotenen Spenglerarbeiten in der Höhe von 86.798,44 S sowie die Dachdeckerarbeiten laut Kostenvoranschlag der Ing. F KG mit eine Kostenaufwand von 165.329,80 S, insgesamt also Arbeiten in der Höhe von 320.969,44 S erforderlich, wobei hinsichtlich der Zimmererarbeiten der Aufwand für die Regiearbeiten erst nach Abtragung der Ziegeldeckung bestimmbar sein wird. Die in den Kostenvoranschlägen ausgewiesenen Preise sind angemessen. Der vorhandene Schaden an der Dacheindeckung stellt auch eine Gefahr für die im Unternehmen des Antragstellers beschäftigten Dienstnehmer dar. Mit Kaufvertrag vom 27. November 1982 kaufte der Antragsteller die beiden Liegenschaften von Robert G um 700.000 S; außerdem wurde für Anlagewerte ein weiterer Kaufpreis von 350.000 S bezahlt. Im Kaufvertrag wurde festgehalten, daß der Käufer Kenntnis vom Bestand des Bestandverhältnisses des nunmehrigen Antragstellers hat und der Käufer in das bestehende Bestandverhältnis anstelle des Verkäufers mit allen Rechten und Pflichten eintritt, sich jedoch das Recht vorbehält, das Bestandverhältnis - unter Wahrung allenfalls vereinbarter Kündigungsfristen und Kündigungstermine - zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufzulösen. Karl B erwarb die Liegenschaft, um sie als Umkehrplatz und Abstellplatz für LKWs zu verwenden und die Gebäude mit Ausnahme des Hauses auf dem Grundstück Nr. 194 (Haus Nr. 177) abzureißen. Auf Grund des Kaufvertrages vom 27. November 1982 wurde am 30. November 1983 das Eigentumsrecht für den Antragsgegner an den Liegenschaften EZ 400 und 401 KG Wopfing grundbücherlich einverleibt.
Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß zwischen dem Antragsteller und dem Voreigentümer des Antragsgegners im Jahre 1972 ein mündlicher Mietvertrag abgeschlossen wurde, auf den vorliegenden Vertrag daher die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes anzuwenden seien (§ 1 Abs 1 MRG). In dieses Mietverhältnis sei der Antragsgegner eingetreten. Unterläßt der Vermieter durchzuführende Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten, so habe ihm das Gericht gemäß § 6 Abs 1 MRG auf Antrag die Vornahme der Arbeiten aufzutragen. Wenn darunter sich Arbeiten befänden, die nach § 3 Abs 3 Z 2 lit a bis c MRG vorweg durchzuführen seien, so sei die Durchführung dieser Arbeit vorweg aufzutragen und gelte hinsichtlich solcher Arbeiten § 6 Abs 4 MRG nicht. Privilegierte Arbeiten nach § 3 Abs 3 Z 2 lit b MRG seien solche, die der Behebung von Baugebrechen dienten, die die Sicherheit von Personen oder Sachen gefährdeten. Das Dach der Maschinenhalle leide unter Schäden, die die Stand- und Tragsicherheit bereits in Frage stellten. Außerdem sei die Sicherheit der vom Antragsteller beschäftigten Personen gefährdet. Es handle sich also bei den beantragten Arbeiten um privilegierte Arbeiten, deren Durchführung vorweg aufzutragen wäre. Im vorliegenden Fall gelte daher § 6 Abs 4 MRG, der ein Widerspruchsrecht des Vermieters normiere, nicht. Solche privilegierten Arbeiten seien ohne Rücksicht auf die finanzielle Deckung, den sonstigen Zustand des Hauses und dgl. aufzutragen. Dies bedeute, daß bei privilegierten Erhaltungsarbeiten die Frage der Finanzierbarkeit und der Wirtschaftlichkeit der Erhaltungsarbeiten unbeachtet bleiben müßten.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Antragsgegners Folge. Es hob den angefochtenen Beschluß des Erstgerichtes auf und trug diesem die neurliche Entscheidung über den Antrag nach Verfahrensergänzung unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes auf.
Rechtlich führte das Rekursgericht aus, der Vermieter habe gemäß § 6 Abs 1, Abs 4, § 3 Abs 1 und Abs 3 Z 3 MRG nach Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten dafür zu sorgen, daß das Gebäude im jeweils üblichen Standard erhalten werde. Das Gericht habe dem Vermieter auf Antrag binnen angemessener, ein Jahr nicht übersteigender Frist aufzutragen, Erhaltungsarbeiten vorzunehmen. Bei Arbeiten, die kraft eines öffentlich-rechtlichen Auftrages vorzunehmen seien, die der Behebung von Baugebrechen, die die Sicherheit von Personen oder Sachen gefährdeten, dienten, oder die zur Aufrechterhaltung des Betriebes von bestehenden Wasserleitungs-, Lichtleitungs-, Gasleitungs-, Beheizungs-, Kanalisations- und Sanitäranlagen erforderlich seien, sei dabei ein entsprechender Widerspruch des Vermieters unbeachtlich und die Frage der Finanzierbarkeit der Arbeiten nicht zu prüfen. Da das Erstgericht sowohl eine Finanzierbarkeits- als auch eine Wirtschaftlichkeitsprüfung unterlassen habe, sei vorweg zu prüfen, ob es sich bei den beantragten und im Auftrag angegebenen Arbeiten tatsächlich um privilegierte Arbeiten im Sinne des § 3 Abs 3 Z 2 lit a bis c MRG handle. Ob jedoch im vorliegenden Fall überhaupt sogenannte privilegierte Arbeiten vorzunehmen seien, könne den Feststellungen des Erstgerichtes nicht eindeutig entnommen werden. Diese Feststellungen sprächen wohl von einer teilweisen Undichtheit der Dachhaut, besagten aber im übrigen bloß, daß an mehreren Stellen der Dachstuhlkonstruktion namhafte Schäden, die sogar deren Stand- und Tragsicherheit bereits in Frage stellten, bestünden, und die Unterlassung der Instandsetzung des Gebäudes in naher Zukunft dieses der Unbenützbarkeit und dem Verfall preisgeben würde. Um beurteilen zu können, ob es sich tatsächlich um Schäden im Sinne des § 3 Abs 3 Z 2 lit b MRG handle, bei welchen vom Erstgericht mit Recht weder eine Prüfung der Finanzierbarkeit noch eine Wirtschaftlichkeitsprüfung als erforderlich angesehen worden sei, sei es jedoch insbesondere erforderlich, die tatsächlichen Schäden am Dach sowie deren Auswirkungen auf Personen und Sachen festzustellen. Schäden, die die Dichtheit des Daches sowie die Stand- und Tragsicherheit einer Dachstuhlkonstruktion beeinträchtigten, wären wohl als 'privilegiert zu behebende Schäden' zu qualifizieren, das Erstgericht habe jedoch gerade das Vorhandensein des letzteren Schadenskomplexes nicht ausdrücklich festgestellt, sondern dessen Vorhandensein als fraglich hingestellt. Es dürfe auch nicht übersehen werden, daß das Sachverständigengutachten, auf welchem die Feststellungen beruhten, auch gar nicht zu dieser speziellen Unterscheidung der Notwendigkeit von Erhaltungsarbeiten Stellung genommen habe, zumal im entsprechenden Auftrag an den Sachverständigen auf diese Rechtsfragen vom Erstgericht nicht hingewiesen worden sei. Im fortgesetzten Verfahren werde daher durch eine Ergänzung des Sachverständigengutachtens jene Grundlage zu schaffen sein, die eine Beurteilung des Sachverhaltes im Sinne des § 3 Abs 3 Z 2 lit b MRG zulasse. Sollte sich dann ergeben, daß der Mietgegenstand mit Schäden behaftet sei, die behoben werden müßten, damit nicht die Sicherheit von Personen oder Sachen gefährdet werde, so werde auch exakt festzustellen sein, welche Arbeiten erforderlich seien, damit die entsprechende Gefahr (für Personen und Sachen) verhindert werden könne, insbesondere auch, ob nicht eine Teilsanierung als ausreichend angesehen werden könnte. Nur solche Arbeiten könnten ohne Finanzierbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsprüfung vorweg zur Durchführung aufgetragen werden; hinsichtlich darüber hinausgehender Arbeiten hingegen sei dem Vermieter der Einwand der Unwirtschaftlichkeit zuzubilligen und seien auch Finanzierbarkeitserwägungen anzustellen. Das Verfahren sei somit mangelhaft geblieben, weshalb die erstgerichtliche Entscheidung aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen gewesen sei.
Die Beisetzung des Rechtskraftvorbehaltes begründete das Rekursgericht damit, daß es in der für den erkennenden Senat überschaubaren Judikatur noch nicht geklärt sei, inwieweit bei Erteilung des Auftrages an den Vermieter bestimmte Erhaltungsarbeiten, insbesondere privilegierte Arbeiten, durchzuführen, eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im Sinne des § 3 Abs 1 MRG erforderlich sei; es sei auch nicht entschieden, in welchem Umfang privilegiert zu behebende Schäden vorweg durchzuführen seien, wenn allenfalls letztlich weitreichendere Arbeiten am gleichen Teil des Hauses erforderlich seien, für die jedenfalls eine Finanzierbarkeitsrechnung und (nach Ansicht des Rekursgerichtes) auch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung erforderlich sei.
Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, dem Revisionsrekurs Folge zu geben und dem Erstgericht unter überbindung der im Revisionsrekurs vertretenen Rechtsauffassung die Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung aufzutragen. Der Antragsteller hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist im Hinblick auf den Rechtskraftvorbehalt des Rekursgerichtes zulässig, er ist aber nicht berechtigt. In seinem Rechtsmittel wendet sich der Revisionsrekurswerber nicht gegen die Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung, er fühlt sich vielmehr bloß durch die überbindung einer Rechtsansicht des Rekursgerichtes auf das Erstgericht beschwert. Das Rekursgericht habe nämlich zu Unrecht die Ansicht vertreten, bei der Entscheidung über die Prüfung der Voraussetzungen für einen Auftrag zur Durchführung von sogenannten privilegierten Arbeiten im Sinne des § 3 Abs 3 Z 2 MRG sei keine 'Wirtschaftlichkeitsprüfung' vorzunehmen.
§ 3 Abs 1 MRG umschreibe allgemein die Erhaltungspflicht des Vermieters nach rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten. Weder der Bestimmung des § 3 MRG noch jener des § 6 MRG seien Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß einer dieser Auslegungsgrundsätze, nämlich die Frage der Wirtschaftlichkeit bei den privilegierten Arbeiten nicht bedeutsam, also nicht zu prüfen wäre. Da die Frage der Finanzierbarkeit von jener der Wirtschaftlichkeit völlig unabhängig sei, ließe sich aus dem Umstand, daß bei den vorweg vorzunehmenden privilegierten Arbeiten die Finanzierbarkeit nicht zu prüfen sei, nicht ableiten, daß bei diesen Arbeiten auch die Wirtschaftlichkeit nicht zu prüfen sei. Der Gesetzgeber habe daher bei der Regelung, wie diese Erhaltungsarbeiten zu finanzieren seien, die rechtliche, technische und wirtschaftliche Vertretbarkeit derselben vorausgesetzt. Es sei somit auch für privilegierte Arbeiten die Frage der Wirtschaftlichkeit zu stellen.
Dem kann nicht gefolgt werden.
Für den Bereich des Mietrechtsgesetzes ist der Umfang der Erhaltungspflicht des Vermieters - abweichend von der im übrigen ausdrücklich aufrecht erhaltenen Bestimmung des § 1096 ABGB - im § 3, die Durchsetzung dieser Erhaltungspflicht im § 6 geregelt; wie die im Rahmen der Erhaltungspflicht des Vermieters vorzunehmenden Erhaltungsarbeiten zu finanzieren sind, normiert § 3 Abs 3 MRG. In dessen Abs 2 wird angeordnet, daß die dort angeführten sogenannten privilegierten Arbeiten 'jedenfalls vorweg' durchzuführen sind. Diese unbedingte Durchführungspflicht besteht somit ohne Rücksicht auf die finanzielle Deckung ihrer Kosten (vgl. Würth in Rummel, ABGB, Rdz 9 zu § 3 MRG). Verletzt der Vermieter die ihn gesetzlich treffende Erhaltungspflicht, so hat ihm das Gericht auf Antrag die Vornahme der von der Erhaltungspflicht umfaßten Arbeiten aufzutragen. § 6 Abs 4 MRG sieht die Möglichkeit eines Widerspruches (der Mehrheit der Mieter und des Vermieters) gegen die Vornahme von Erhaltungsarbeiten für den Fall vor, daß zur Finanzierung der Kosten dieser Arbeiten eine Mietzinserhöhung notwendig wäre. Dieses Widerspruchsrecht ist aber - wie die Vorinstanzen und der Revisionsrekurswerber auch richtig erkennen - kraft ausdrücklicher Anordnung (§ 6 Abs 4 erster Halbsatz MRG) bei sogenannten 'privilegierten Arbeiten' ausgeschlossen. Solche Arbeiten sind daher ohne Rücksicht auf ihre finanzielle Deckung - wenn sie gemeinsam mit anderen anfallen, vorweg - durchzuführen. Zur Frage des Umfanges der Pflicht des Vermieters zur 'ordnungsgemäßen Erhaltung' des Bestandgegenstandes nach § 6 MG zog die Lehre und Rechtsprechung die Grenzen unter anderem dort, wo Arbeiten für sich allein oder im Zusammenhalt mit weiteren zur Vermeidung des Verfalles des Hauses noch erforderlichen Reparaturen zu einer Mietzinserhöhung führen würden, welche die Mietgegenstände unter Berücksichtigung der Lage und Beschaffenheit des Gebäudes sowie des Angebotes und der Nachfrage am Markt unvermietbar machen, was die Unmöglichkeit zur Folge hätte, die Kosten aus dem Ertrag des Zinses auch in Zukunft hereinzubringen (EvBl 1959/337; MietSlg. 18.321/15 ua.). Die Rechtsprechung ließ daher bei vom Mieter erhobenen Anträgen, den Vermieter gemäß § 8 MG zur Vornahme von Erhaltungsarbeiten zu verhalten, die Einrede der Unwirtschaftlichkeit der begehrten Arbeiten durch den Vermieter zu. Stellte sich die Unwirtschaftlichkeit der Arbeiten in diesem Sinn heraus, so hatte dies zur Folge, daß die beantragten Arbeiten nicht der ordnungsgemäßen Erhaltung der Liegenschaft dienten, was zur Abweisung des Antrages des Mieters führte. Da das Mietrechtsgesetz den Tatbestand der wirtschaftlichen Abbruchreife ebenfalls kennt und als wichtigen Grund für die Aufkündigung eines Mietvertrages normiert (§ 30 Abs 2 Z 14 MRG), muß dem Vermieter in einem Verfahren nach § 6 MRG aus den von der Rechtsprechung bisher entwickelten überlegungen so wie bisher der Einwand der Unwirtschaftlichkeit zugebilligt werden. Solche zukunftsorientierten wirtschaftlichen überlegungen, die weitere Investitionen nicht mehr vertretbar erscheinen lassen, versagen aber dann, wenn sie erforderlich sind, um dem Mieter bei aufrechtem Mietvertrag den bedungenen Gebrauch des Mietgegenstandes unmittelbar zu sichern. Zu diesem Zweck brachte die Mietgesetznovelle 1974 eine wesentliche Stärkung der Mieterrechte (vgl. Bericht des JA 1261 BlgNR 13.GP zur Z 2 des Art. I) insofern, als für den Fall der Unterlassung der Behebung von Baugebrechen, die die Sicherheit von Personen oder Sachen gefährden oder von Arbeiten, die zur Aufrechterhaltung des Betriebes von bestehenden Wasserleitungs-, Lichtleitungs-, Gasleitungs-, Beheizungs- und sanitären Anlagen notwendig sind, jedem Mieter oder der Gemeinde das Recht eingeräumt wurde, bei Gericht zu beantragen, daß der Vermieter zur Vornahme dieser Arbeiten verhalten werde, und zwar ohne Rücksicht auf das Vorhandensein einer Mietzinsreserve (§ 8 Abs 1 Z 2 MG). Dem entspricht auch die Regelung des § 6 MRG, wonach hinsichtlich der im § 3 Abs 3 Z 2 lit a bis c MRG angeführten sogenannten privilegierten Arbeiten der Auftrag zu deren Durchführung ohne Rücksicht auf die Kostendeckung zu ergehen hat (§ 6 Abs 1 und Abs 4 MRG). Unter diesen Umständen kann wegen der Dringlichkeit solcher Arbeiten zum Zwecke der Sicherung des unmittelbaren Benützungsrechtes des Mieters am Bestandgegenstand der Frage der Unwirtschaftlichkeit keine Bedeutung beigemessen werden. Hat der Vermieter solche Arbeiten unterlassen, so ist ihm deren Durchführung auf Antrag der Gemeinde oder eines Hauptmieters des Hauses allein (§ 6 Abs 1 Z 1 MRG) unabhängig von der Frage der Deckung des dafür erforderlichen Aufwandes oder deren Wirtschaftlichkeit aufzutragen. Insoweit der Revisionsrekurswerber sich zur Stützung seines Rechtsstandpunktes auf den Wortlaut des § 3 Abs 1 MRG beruft, wonach der Vermieter nach Maßgab der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten dafür zu sorgen hat, daß das Haus, die Mietgegenstände und die der gemeinsamen Benützung der Bewohner des Hauses dienenden Anlagen im jeweils ortsüblichen Standard enthalten werden, übersieht er, daß es sich bei dem Hinweis auf diese Gegebenheiten und Möglichkeiten um keine konkrete Verpflichtung handelt, darunter nur ein 'Programm und Auslegungsgrundsatz' zu verstehen ist (vgl. Würth-Zingher 2 Anm. 2 zu § 3 MRG und Würth in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 3 MRG; Krejci in Korinek-Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz, 183 f.). Der Oberste Gerichtshof billigt daher die Ansicht des Rekursgerichtes, daß bei den privilegierten Erhaltungsarbeiten im Sinne des § 3 Abs 3 Z 2 lit a bis c MRG der Einwand der Unwirtschaftlichkeit unbeachtlich ist und eine Prüfung deren Wirtschaftlichkeit (nach Maßgabe der wirtschaftlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten im Sinne des § 3 Abs 1 MRG) nicht zu erfolgen hat.
Damit erweist sich aber der Revisionsrekurs als unberechtigt, weshalb ihm der Erfolg zu versagen war.
Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil für den Revisionsrekurs keine Kosten verzeichnet wurden.
Anmerkung
E06003European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00055.85.0702.000Dokumentnummer
JJT_19850702_OGH0002_0050OB00055_8500000_000