TE OGH 1985/7/3 3Ob549/85

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Veröffentlicht am 03.07.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marianne A, Hausfrau, 1090 Wien, Nordbergstraße 10, vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn, Dr. Michael Winischhofer, Dr. Martin Schuppich, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Ing. Gerhard A, Prokurist, 1150 Wien, Geibelgasse 12, vertreten durch Dr. Richard Steinpach, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 16. Oktober 1984, GZ 43 R 2106/84-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 30. März 1984, GZ 3 C 2/84-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte vom Beklagten, ihrem Ehemann, einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 14.000 S. Der Beklagte anerkannte, zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 10.645,60 S verpflichtet zu sein, welchen Betrag er bisher immer bezahlt habe, beantragte aber die Abweisung des Mehrbegehrens.

Das Erstgericht gab der Klage hinsichtlich eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 10.645,60 S statt und wies das Mehrbegehren auf Zahlung eines weiteren Unterhaltsbetrages von monatlich 3.354,40 S ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die Revision zulässig sei.

Gegen den abweisenden Teil des Berufungsurteiles wendet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung abzuändern.

Der Beklagte beantragte, der Revision keine Folge zu geben. Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht hätte auf Grund seiner eigenen Berechnungen zu einem etwas höheren Unterhaltsbetrag gelangen müssen, liegt jedenfalls eine Frage der Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes vor, die gemäß § 502 Abs 2 Z 1 ZPO nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden kann. Im übrigen geht es in der Revision vor allem um die von den beiden Vorinstanzen zu Ungunsten der Klägerin beantwortete Frage, welchen Einfluß es auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin hat, daß sie gemäß dem deutschen Bundesentschädigungsgesetz als Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung eine monatliche Rente von derzeit 685 DM = 6.225,53 S bezieht.

Die beiden Vorinstanzen werteten diese Rente als Einkommen der Klägerin, so daß der Klägerin nach den üblichen Unterhaltsbemessungsgrundsätzen nur 40 % des um diese Rente vermehrten Einkommens des Mannes abzüglich des Rentenbetrages gebühre.

Das Berufungsgericht führte aus, daß die strittige Rente wie eine Versehrtenrente als Entschädigung für die beeinträchtigte Erwerbsfähigkeit anzusehen sei und ihr kein Sonderschicksal zukommen könne. Daß dieser Rente der Charakter eines Ausgleiches durch erlittene Schmerzen oder der Wiedergutmachung ideeller Schäden zukomme, könne nicht angenommen werden.

Die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wobei es zwar fraglich sei, ob die Frage nicht zum Komplex der Unterhaltsbemessung gehöre, diese Grenzfrage aber nicht abschließend vom Berufungsgericht beurteilt werden könne.

Die Klägerin verweist in ihrer Revision auf vergleichbare Fälle wie eine Blindenbeihilfe oder den Hilflosenzuschuß, aber auch darauf, daß Zuwendungen Dritter nicht ohne weiteres dem Unterhaltspflichtigen zugute kommen könnten. Daß die strittige Rente nur für Verdienstentgang zugesprochen worden sei, könne dem Rentenbescheid und dem deutschen Bundesentschädigungsgesetz nicht entnommen werden. Aus der Präambel dieses Gesetzes ergebe sich, daß es sich hier vielmehr primär um eine Art moralischer Wiedergutmachung schwerster seelischer und körperlicher Schäden, nicht aber um eine Versorgung im eigentlichen Sinn handeln sollte.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist gemäß § 502 Abs 2 Z 1 ZPO auch in diesem Belange unzulässig, weil durch die Entscheidung des Berufungsgerichtes nur über die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes entschieden wurde.

Zur Unterhaltsbemessung gehört unter anderem die Beurteilung der Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten und der zur Deckung dieser Bedürfnisse vorhandener Mittel, die vor der Leistung des Unterhaltspflichtigen heranzuziehen sind, wie Vermögen, Einkommen, Leistungen dritter Personen und dergleichen (ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes seit Jahren, vgl. zuletzt die bei EFSlg. 41.753, 44.077, 44.083, 44.084 zitierten Entscheidungen, vgl. dazu auch Fasching, Handbuch RZ 1866). Auch die Frage, wie die der Klägerin gebührende Rente nach dem deutschen Bundesentschädigungsgesetz bei der Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes der Klägerin zu veranschlagen sei, stellt daher eine Bemessungsfrage dar. Dabei war auch zu bedenken, daß nach der Praxis der Gerichte erster und zweiter Instanz der angemessene Unterhaltsbeitrag dann, wenn der Unterhaltsberechtigte im Sinne des Standpunktes der Klägerin nicht berufstätig ist und ohne eigenes Einkommen ist, anders bemessen wird, als wenn der Unterhaltsberechtigte im Sinne des Standpunktes der beklagten Partei über ein eigenes Einkommen verfügt (nämlich in einem Fall 33 % des Einkommens des Unterhaltspflichtigen, vgl. Entscheidungen wie EFSlg. 40.029 oder 42.608, bzw. im anderen Fall 40 % des Gesamteinkommens beider Ehegatten abzüglich des Eigenverdienstes des unterhaltsberechtigten Teils, vgl. Entscheidungen wie EFSlg. 40.031, 40.032, 42.613, 42.614). Welche der beiden Prozentsätze anzuwenden ist, stellt selbstverständlich gleichfalls eine Frage der Unterhaltsbemessung dar.

Im Rahmen einer gemäß § 502 Abs 2 Z 1 ZPO unzulässigen Revision kann aber auch auf Rechtsfragen, denen an sich erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukäme, nicht eingegangen werden. Zur problematischen Frage, ob daher die strittige Rente der Klägerin im Sinne der Entscheidung der Vorinstanzen wie ein Einkommen der Klägerin zu werten ist (ähnlich übrigens die Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofes vom 13. April 1983, FamRZ 1983, 674), oder ob diese Rente etwa nur zur Hälfte einzurechnen ist (so eine Entscheidung des OLG Karlsruhe, FamRZ 1981, 452) oder ob sie den Zwecken des deutschen Bundesentschädigungsgesetzes entsprechend bei der Unterhaltsbemessung allenfalls überhaupt unberücksichtigt bleiben hätte müssen, kann daher in diesem Verfahrensstadium vom Obersten Gerichtshof nicht Stellung genommen werden. Die unzulässige Revision war zurückzuweisen.

Da die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, hat sie die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung gemäß §§ 50, 40, 41 ZPO selbst zu tragen.

Anmerkung

E06115

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00549.85.0703.000

Dokumentnummer

JJT_19850703_OGH0002_0030OB00549_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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