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L10011 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Burgenland;Norm
B-VG Art119a Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der Stefanie Maschinda in Wien, vertreten durch Hajek & Boss & Wagner Rechtsanwälte OEG, 7000 Eisenstadt, Blumengasse 5, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 14. Juli 2004, Zl. EU-02-04-36-3 (mitbeteiligte Parteien:
1. Mag. Birgit Rechberger, 2. Hans-Peter Rechberger, 3. Daniela Rechberger, 4. Reinhard Rechberger, alle in 1030 Wien, alle vertreten durch Dr. Andreas Frank, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Albertgasse 6), betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich der nachstehende, für die Erledigung der Beschwerde wesentliche Sachverhalt:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Mörbisch am See vom 19. Mai 2003 wurde den mitbeteiligten Bauwerbern die Bewilligung zur Errichtung zweier Einfamilienhäuser erteilt. Die Beschwerdeführerin brachte in ihrer dagegen erstatteten Berufung vor, dass sie als Anrainerin während der Bauverhandlung Einwendungen erhoben hätte, auf die in der Begründung des Bescheides nicht eingegangen worden sei. Mit Bescheid des Gemeinderates vom 28. Oktober 2003 wurde der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung an den Bürgermeister als Baubehörde
1. Instanz zurückverwiesen. Die mitbeteiligten Bauwerber erhoben dagegen Vorstellung mit dem Vorbringen, dass die Zurückverweisung an den Bürgermeister gemäß § 66 Abs.2 AVG nicht gerechtfertigt sei, da die Erörterung allfälliger Auflagen die gleichzeitige Anwesenheit von Sachverständigen und Parteien des Verfahrens in einer neuerlichen Bauverhandlung nicht erfordere.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung der mitbeteiligten Bauwerber mit der Begründung Folge, Begründungsmängel allein, wie sie im Bewilligungsbescheid erster Instanz wohl vorgelegen hätten, berechtigten die Behörde nicht, eine kassatorische Entscheidung gemäß § 66 Abs.2 AVG zu fällen. Auch das Erfordernis eines ergänzenden Sachverständigengutachten rechtfertige nicht die Aufhebung des Bescheides und die Zurückverweisung an die Behörde erster Instanz. Da die Berufungsbehörde verabsäumt habe, darzulegen, weshalb die Fortsetzung des Verfahrens nicht im Zuge des Berufungsverfahrens erfolgen könne und aus welchen Gründen eine neuerliche mündliche Verhandlung erforderlich sei, sei der Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat als Baubehörde 2. Instanz zu verweisen gewesen.
Der angefochtene Bescheid vom 14. Juli 2004 wurde der Beschwerdeführerin über deren Antrag am 23. März 2005 zugestellt. In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte sie vor, dass ihr der Berufungsbescheid des Gemeinderates vom 28. Oktober 2003 nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Überhaupt seien seit einer im fortgesetzten Verfahren durchgeführten Bauverhandlung am 12. November 2003 keinerlei Zustellungen über Verfahrensschritte mehr an sie erfolgt. Sie sei durch die Zustellung des Vorstellungsbescheides am 23. März 2005 nunmehr erstmalig in die Lage versetzt, die gravierenden Verfahrensmängel im Weg der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof geltend zu machen. Da sie sich durch das Vorgehen der Behörden, und insbesondere der belangten Behörde, in ihrem Recht auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt erachte, beantragte die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid wegen Nichtigkeit des Verfahrens seit der Einbringung ihrer Berufung, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 84 Bgld Gemeindeordnung (LGBl. 55/2003) kann, wer durch den Bescheid eines Gemeindeorgans in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereichs in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, dagegen Vorstellung erheben. Nach Abs. 5 dieser Bestimmung hat die Aufsichtsbehörde den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen. Gemäß Abs. 6 ist die Gemeinde bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einem aufhebenden Vorstellungsbescheid nicht nur hinsichtlich dessen Spruches, sondern auch der tragenden Aufhebungsgründe bindende Wirkung für das fortgesetzte gemeindebehördliche Verfahren zu (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 7. September 2004, Zl. 2001/05/0748 mwN; zur Rechtsprechung im Bereich des hier anzuwendenden Landesrechtes das Erkenntnis vom 27. Oktober 1998, Zl. 97/05/0203). Nicht besteht eine Bindung an Rechtsansichten, die für die Aufhebung nicht maßgeblich waren; daher können die Parteien des aufsichtsbehördlichen Verfahrens einen kassatorischen Vorstellungsbescheid ausschließlich deshalb vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpfen, weil die die Aufhebung tragenden Gründe ihrer Ansicht nach unzutreffend seien (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. September 1998, Zl. 98/05/0132).
Im gegenständlichen Fall wurde der Berufungsbescheid des Gemeinderates von der Vorstellungsbehörde allein deshalb aufgehoben, weil es die Berufungsbehörde verabsäumt habe, darzulegen, aus welchem Grund die Fortsetzung des Verfahrens nicht im Zuge des Berufungsverfahrens erfolgen könne und daher eine neuerliche mündliche Verhandlung in erster Instanz erforderlich sei. Eventuell fehlende Sachverständigengutachten seien nach Ansicht der belangten Behörde keine ausreichende Rechtfertigung für eine Zurückverweisung, weil diese auch von der Berufungsbehörde selbst eingeholt werden könnten. Genauso wenig berechtigten Begründungsmängel des Bescheides erster Instanz zu einer kassatorischen Entscheidung der Berufungsbehörde.
Inwieweit dadurch, dass die Vorstellungsbehörde der Berufungsbehörde die Behandlung der Berufung der Beschwerdeführerin nach § 66 Abs.4 AVG an Stelle von § 66 Abs.2 AVG aufgetragen hat, in die Rechte der Beschwerdeführerin eingegriffen worden sein soll, ist nicht erkennbar, und es wurde diesbezüglich von der Beschwerdeführerin eine Rechtsverletzung auch nicht behauptet; die Beschwerde setzt sich mit der Rechtsauffassung der Vorstellungsbehörde mit keinem Wort auseinander.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich infolge von Zustellmängeln in ihrem Recht auf Teilnahme am Verwaltungsverfahren und ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt. So wäre ihr weder der Berufungsbescheid noch der Vorstellungsbescheid ordnungsgemäß zugestellt worden, sodass ihre jede Möglichkeit genommen worden sei, an der Verfahrensgestaltung zur Wahrung ihrer Rechte entsprechend mitzuwirken.
Eine Verletzung dieser Rechte der Beschwerdeführerin liegt durch den angefochtenen Bescheid nicht vor. Der angefochtene Bescheid entfaltet nur hinsichtlich der Frage, ob die Berufungsbehörde das Verfahren zulässigerweise an die erste Instanz zurückverwiesen hat, bindende Rechtswirkung; allein diese Frage ist jetzt, da von der Beschwerdeführerin unbekämpft, endgültig entschieden. Der Bescheid trifft insbesondere keine Aussage über das Vorliegen der behaupteten Zustellmängel. Diese werden zwar in Punkt 6.2 der Bescheidbegründung erwähnt, stellen jedoch keinen Aufhebungsgrund dar. Da mit der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof nur die bindenden Rechtswirkungen des Vorstellungsbescheides bekämpft werden können, können die behaupteten Verfahrensmängel nur im Rahmen des gemeindebehördlichen Verfahrens oder einer neuerlichen Vorstellung vor der Aufsichtsbehörde vorgebracht und einer Beurteilung unterzogen werden.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, wobei mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Judikatur klargestellte Rechtslage die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.
Wien, am 28. Juni 2005
Schlagworte
Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde ErsatzbescheidEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005050130.X00Im RIS seit
17.08.2005