Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl und Dr. Gamerith, sowie die Beisitzer Dr. Walter Urbarz und Franz Erwin Niemitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Viktor A, Angestellter, Graz, Jakoministraße 17, vertreten durch Dr. Alois Siegl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Hermann B, Lederhaus, Graz, Neutorgasse 17-19, vertreten durch Dr. Helmuth Schmid, Dr. Harold Schmid und Dr. Kurt Klein, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 82.449,-- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 18.Dezember 1984, GZ 2 Cg 66/84-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Graz vom 17.September 1984, GZ 2 Cr 97/84-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.843,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 385,80 Umsatzsteuer und S 600 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war beim Beklagten seit 1.2.1978 als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Am 15.12.1983 wurde er wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung entlassen. Er behauptet, ungerechtfertigt entlassen worden zu sein, und begehrt vom Beklagten an Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung und Abfertigung den der Höhe nach außer Streit stehenden Betrag von S 82.449,-- s.A. Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, den Kläger wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung berechtigt entlassen zu haben.
Beide Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht, das die Rechtssache gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG von neuem verhandelte, traf dieselben Feststellungen wie die erste Instanz. Danach steht folgender wesentlicher Sachverhalt fest:
Der Kläger war schon beim Vater des Beklagten als Lehrling und dann als Angestellter beschäftigt und wurde, nachdem er mehrere Monate unbekannten Aufenthaltes war, entlassen, in der Folge aber wieder neu angestellt. Aufgabe des Klägers war es hauptsächlich, Zustellungen mit dem Lieferwagen vorzunehmen, eingelangte Ware vom Bahnhof oder von der Spedition abzuholen und sie im Geschäft einzuordnen. Der Kläger führte die ihm erteilten Aufträge im allgemeinen anstandslos durch. In den letzten drei Monaten vor der Entlassung weigerte er sich aber mehrmals, ihm aufgetragene Arbeiten durchzuführen, insbesondere dann, wenn er Alkohol getrunken hatte. In solchen Fällen pflegte der Beklagte den Kläger zu ermahnen, er solle sich anständig benehmen und die aufgetragenen Arbeiten durchführen.
Am 15.12.1983 erteilte die (weisungsberechtigte) Angestellte Mathilde C dem Kläger den Auftrag, in das Magazin zu gehen und dort aufzuräumen. Der Kläger sagte zunächst 'ja', weigerte sich aber dann, den Auftrag auszuführen, weil er die (im Magazin in Unordnung geratenen) Schuhschachteln dort nicht abgestellt habe. Der (ebenfalls weisungsberechtigte) Sohn des Beklagten, Heinz B, forderte den Kläger wiederholt auf, in das Lager zu gehen und die ihm aufgetragene Arbeit zu verrichten. Der Kläger tat dies jedoch nicht. Auch durch gutes Zureden und mehrmaliges Verwarnen während eines längeren Zeitraumes war der Kläger nicht dazu zu bewegen. Da sich der Kläger beharrlich weigerte, die ihm aufgetragenen Arbeiten auszuführen, wies ihn Heinz B darauf hin, daß sein Verhalten eine Arbeitsverweigerung darstelle und die fristlose Entlassung nach sich ziehen könne. Der Kläger antwortete darauf, er müsse ja nicht 'bei ihm' arbeiten, sondern könne auch gehen. Hierauf sprach Heinz B die fristlose Entlassung aus und teilte dies seinem Vater mit, der damit einverstanden war und am selben Tag ein Entlassungsschreiben diktierte, das dem Kläger am 16.12.1983 ausgehändigt wurde. In diesem Schreiben wurde dem Kläger die Möglichkeit geboten, am 19.12.1983 zum Beklagten zu kommen, um mit ihm die Sache persönlich zu besprechen. Der Beklagte erklärte sich im Entlassungsschreiben bereit, den Kläger ab 20.12.1983 noch einmal zur Probe einzustellen. Der Kläger war jedoch damit nicht einverstanden und erschien zum vorgeschlagenen Gesprächstermin nicht. Beide Vorinstanzen waren der Ansicht, daß das Verhalten des Klägers eine beharrliche Arbeitsverweigerung und damit einen Entlassungsgrund im Sinne des § 27 Z 4 AngG bilde, so daß er auf die geforderte Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung und Abfertigung keinen Anspruch habe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung ist nicht berechtigt.
Wie schon das Erstgericht hervorhob, verabsäumte es der Kläger trotz wiederholter Aufforderungen und Ermahnungen, die schließlich unter Androhung der Entlassung erfolgten, geflissentlich, eine ihm aufgetragene, in seinen Aufgabenbereich fallende (und auch durchaus zumutbare) Dientleistung zu verrichten. Das Berufungsgericht hat daraus im Sinne der ständigen Rechtsprechung (Arb. 9.493, 10.146, 10.222 uva) zutreffend auf die Nachhaltigkeit, Unnachgiebigkeit und Hartnäckigkeit des in der Dienstverweigerung zum Ausdruck gelangten Willens geschlossen und damit zu Recht das Vorliegen des Entlassungsgrundes der 'beharrlichen' Dienstverweigerung im Sinne des § 27 Z 4 AngG angenommen. Daß der Beklagte vor dem zur Entlassung führenden Vorfall durch mehrere Jahre hindurch mehr oder minder große Pflichtwidrigkeiten des Klägers hingenommen und sich nur mit Ermahnungen begnügt haben soll, war kein Freibrief für das künftige Verhalten des Revisionswerbers. Von einem nur kurzfristig widerstrebenden Verhalten des Klägers, dem das Merkmal der Beharrlichkeit fehlte, kann bei dem festgestellten Sachverhalt keine Rede sein. Der Kläger hat von der ihm vor dem Ausspruch der Entlassung reichlich gebotenen Möglichkeit, es gar nicht zu dieser Konsequenz kommen zu lassen, keinen Gebrauch gemacht. Ob die Verspätung der Geltendmachung der geforderten Kündigungsentschädigung (§ 34 Abs 1 AngG) mangels Einwendung durch den Arbeitgeber von Amts wegen nicht aufzugreifen war (so Arb. 8.900 ua), kann infolge Berechtigung der Entlassung auf sich beruhen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E06237European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00085.85.0709.000Dokumentnummer
JJT_19850709_OGH0002_0040OB00085_8500000_000